Ampu­ta­tio­nen am Unter­schenkel – Versorgungskriterien

L. Brückner, G. Dwornik, G. O. Hofmann
Die Unterschenkelamputation wird aus den unterschiedlichsten Gründen sehr oft durchgeführt. Stumpfprobleme, die eine prothetische Versorgung erschweren, kommen häufiger vor. Bei Beachtung einfacher Grundsätze bei der Amputation können viele Stumpfprobleme vermieden werden. Diese Grundsätze und der Umgang mit den einzelnen Gewebestrukturen werden im vorliegenden Artikel ausführlich dargelegt.

Ein­lei­tung

Eine idea­le Stumpf­bil­dung ist die grund­le­gen­de Vor­aus­set­zung für eine gute pro­the­ti­sche Ver­sor­gung. Aller­dings wird die­ser Grund­satz nicht immer berück­sich­tigt. Noch zu häu­fig gibt es schwer ver­sorg­ba­re Stümp­fe, weil grund­le­gen­de Vor­aus­set­zun­gen nicht beach­tet wurden.

Ampu­tie­ren ist auch für den sonst uner­schro­cke­nen Ope­ra­teur eine gro­ße Her­aus­for­de­rung, weil letzt­lich ein Stück des Kör­pers unwi­der­ruf­lich abge­setzt wird. Hin­zu kommt, dass zu den Kennt­nis­sen über eine gute Stumpf­bil­dung Erfah­rung in der tech­ni­schen Ortho­pä­die not­wen­dig ist. Die­se wie­der­um wird kaum an den Uni­ver­si­tä­ten gelehrt und spä­ter im Rah­men der Fach­arzt­wei­ter­bil­dung nicht zur Pflicht gemacht. Ande­rer­seits lie­ße sich vie­les ver­bes­sern, wenn es eine enge­re Zusam­men­ar­beit zwi­schen Ope­ra­teur und Ortho­pä­die-Tech­ni­ker gäbe. Die­se inter­dis­zi­pli­nä­re Zusam­men­ar­beit muss drin­gend ver­bes­sert wer­den. Gera­de bei der Behand­lung von Pro­blem­stümp­fen ist sie zu for­dern, da hier­bei bei­de Sei­ten von­ein­an­der ler­nen bzw. gemein­sam for­schen. Zu Recht ver­langt der Bun­des­ver­band für Men­schen mit Arm- oder Bein­am­pu­ta­ti­on e. V. 1 wenigs­tens in jedem Bun­des­land eine inter­dis­zi­pli­nä­re Sprech­stun­de zur Beur­tei­lung von even­tu­el­len Fehl­ver­sor­gun­gen bzw. Hil­fe bei der Suche nach ande­ren Ver­sor­gungs­mög­lich­kei­ten, wie sie in der BG-Kli­nik Berg­manns­trost in Halle/Saale besteht.

Der Autor, der seit Lan­gem sol­che inter­dis­zi­pli­nä­ren Sprech­stun­den durch­führt, kann sowohl von Pro­ble­men bei der Stumpf­ge­stal­tung als auch von unzu­rei­chen­der pro­the­ti­scher Ver­sor­gung berich­ten. Zwar ist solch eine inter­dis­zi­pli­nä­re Sprech­stun­de auch eine Zeit­fra­ge. Aller­dings gibt fast jeder Pati­ent nach der Bera­tung an, noch nie so gründ­lich unter­sucht und bera­ten wor­den zu sein. Allein das schafft Ver­trau­en und för­dert den Ver­sor­gungs­er­folg. Die erkann­ten Stumpf­pro­ble­me wer­den mit Ein­ver­ständ­nis der Pati­en­ten vom Autor selbst revi­diert, so dass der post­ope­ra­ti­ve Ver­lauf beob­ach­tet und das Ope­ra­ti­ons­er­geb­nis ein­ge­schätzt wer­den kann – letzt­lich eine Metho­de der Qua­li­täts­kon­trol­le, die die Erfah­rung aller Betei­lig­ten bereichert.

Mög­lich­kei­ten zur Verbesserung

Zunächst muss die Indi­ka­ti­on zutref­fen. Die zur Ampu­ta­ti­on füh­ren­de Ursa­che bestimmt u. a. die Ampu­ta­ti­ons­hö­he. Die chro­nisch arte­ri­el­le Ver­schluss­krank­heit ver­langt nach einem rela­tiv kur­zen Stumpf im pro­xi­ma­len Drit­tel des Unter­schen­kels 2 3 4 5, wäh­rend eine Ampu­ta­ti­on wegen Tumor bzw. nach Trau­ma in Abhän­gig­keit von der Situa­ti­on erfolgt. Hier­bei gilt es, mög­lichst viel Län­ge zu erhalten.

Sehr lan­ge Unter­schen­kel­stümp­fe (kurz ober­halb der Spon­gio­sa der dista­len Tibia) sind auf die Dau­er wegen der Gefahr zuneh­men­der tro­phi­scher Stö­run­gen über die Jah­re auch bei sehr gerin­gem End­kon­takt in der Pro­the­se pro­ble­ma­tisch (Abb. 11). Vie­le Jah­re scheint ein lan­ger US-Stumpf gut ver­sorg­bar zu sein, wenn die Ampu­ta­ti­on im Kin­des­al­ter statt­fin­det und wenn Tibia- und Fibu­laen­de sich fast auf glei­cher Höhe befin­den und somit eine brei­te­re Auf­la­ge­flä­che für den End­kon­takt dar­stel­len (Abb. 12). Gewe­be und arte­ri­el­le Durch­blu­tung stel­len sich offen­bar im Kin­des­al­ter auch bes­ser auf die Gesamt­si­tua­ti­on ein. All­ge­mein gilt aber: Der bes­te Unter­schen­kel­stumpf ist der, der mit Mus­ku­la­tur unter phy­sio­lo­gi­scher Vor­span­nung gedeckt ist.

Ein­tei­lung der Unter­schen­kel­stümp­fe ent­spre­chend ihrer Länge:

  • lan­ger Unter­schen­kel­stumpf im dista­len Drittel,
  • mit­tel­lan­ger Unter­schen­kel­stumpf im mitt­le­ren Drittel,
  • kur­zer Unter­schen­kel­stumpf im pro­xi­ma­len Drittel,
  • ultra­kur­zer Unter­schen­kel­stumpf (gera­de noch Erhalt der Tube­ro­si­tas tibiae).

Zuord­nung der mög­li­chen Ope­ra­ti­ons­ver­fah­ren zur Ampu­ta­ti­ons­hö­he und Amputationsursache

Mit­tel­lan­ger und Über­gang von mit­tel­lan­gem zu lan­gem Stumpf:

  • Ope­ra­ti­on nach Ertl/Dederich (Trau­ma, Tumor) 6: sau­be­res Arbei­ten mit dem Peri­ost­schlauch not­wen­dig, sonst spä­ter spit­ze Ver­knö­che­run­gen am Stumpfende;
  • Ope­ra­ti­on nach Pin­to (Gue­des) und Har­ris (Osteo­mye­li­tis, teil­wei­se dia­be­ti­sche Neu­ro­pa­thie) 7: lan­ges Ein­wach­sen der ein­ge­bolz­ten Fibula;
  • Ope­ra­ti­on nach Robin­son (u. a. peri­phe­re Gefäß­er­kran­kung) 8: die Nar­be ver­läuft ungüns­tig schräg über das Stump­fen­de; eine Beur­tei­lung der Mus­ku­la­tur ist schwie­rig im Hin­blick auf Kon­se­quen­zen bei der Stumpfdeckung;
  • Ope­ra­ti­on nach Pers­son 9 bis Kurz­stumpf (alle Indi­ka­tio­nen); Nar­be ver­läuft sagit­tal über das Stump­fen­de; Mus­kel­be­ur­tei­lung sehr schwierig.

Kurz­stumpf (9 bis 12 cm)

Der kur­ze Stumpf (pro­xi­ma­les Drit­tel) bedeu­tet im Kno­chen mehr Spon­gio­sa. Das wie­der­um bedeu­tet wegen der bes­se­ren Last­ver­tei­lung eine höhe­re Stump­fendbe­last­bar­keit um 80 bis 90 %. Höhe­re Stump­fendbe­last­bar­keit bedingt mehr Pro­prio­zep­ti­on. Somit wird der Ver­lust bes­se­rer Bio­me­cha­nik gegen­über dem mit­tel­lan­gen Stumpf teil­wei­se aus­ge­gli­chen. Die Reha­bi­li­ta­ti­on gestal­tet sich in der Regel unkom­pli­ziert. Die Ent­fer­nung der Fibu­la ist kein Nach­teil für die pro­the­ti­sche Ver­sor­gung, da der Stumpf eine Drei­ecks­form besitzt. Im Gegen­teil, das Fibu­la­köpf­chen wird nicht pro­mi­nent, was die Kurz­stumpf­ver­sor­gung erleichtert.

  • Ope­ra­ti­on nach Pers­son 9;
  • Ope­ra­ti­on nach Robin­son 8;
  • Ope­ra­ti­on nach Bur­gess 2 bis mit­tel­lan­ger Stumpf (alle Indi­ka­tio­nen): sub­jek­ti­ve Beur­tei­lung der Mus­ku­la­tur mit ent­spre­chen­der Feh­ler­mög­lich­keit; Gefahr der Wund­hei­lungs­stö­rung vor­wie­gend im M. tibia­lis anterior-Bereich;
  • Stan­dar­di­sier­te Ope­ra­ti­on nach Brück­ner 3: alle Indi­ka­tio­nen; rela­tiv hohe Sicher­heit durch die wis­sen­schaft­lich begrün­de­te, stan­dar­di­sier­te Ent­fer­nung nekro­ti­schen Gewe­bes; Mus­ku­la­tur unter phy­sio­lo­gi­scher Vorspannung.

Die Behand­lung der ein­zel­nen Gewebestrukturen

Ner­ven

Bei Revi­sio­nen ist auf­fal­lend, dass Ner­ven zum Teil bis in den Stump­fendbe­reich lie­gen­ge­las­sen wor­den sind (sie­he Abb. 8). Man soll­te sich auf die Nn. fibu­la­res, den N. tibia­lis und den N. sura­lis konzentrieren.

Alle Ner­ven wer­den um etwa 5 cm, wenn mög­lich mehr, gekürzt und in die Weich­tei­le ver­legt, so dass ent­ste­hen­de Neu­ro­me mehr oder weni­ger geschützt lie­gen. Bei der Abset­zung erfolgt eine Unter­bin­dung des Nervs mit beglei­ten­dem Gefäß, wenn es sich um einen nicht durch­blu­tungs­ge­stör­ten Stumpf handelt.

Kno­chen

Die Län­ge des Kno­chens ist für die Bio­me­cha­nik des Stump­fes wesent­lich ver­ant­wort­lich. Sie rich­tet sich nach der Beschaf­fen­heit der Weich­tei­le und der Durch­blu­tung des Unter­schen­kels. Vom Kno­chen wird prin­zi­pi­ell nicht das Peri­ost ent­fernt. Die Tibia wird ven­tral ange­schrägt, so dass beson­ders bei kür­ze­ren Stümp­fen noch eine brei­te End­kon­takt­flä­che (Spon­gio­sa) ver­bleibt (Abb. 13). Im dista­len Bereich (lan­ger US-Stumpf), also im Röh­ren­kno­chen­an­teil, soll­te man die Kno­chen­kan­ten gut bre­chen, damit kein zusätz­li­cher Druck von innen gegen die dort gerin­gen Weich­tei­le (Haut, Seh­nen) herrscht.

Haut-Nar­ben

Nar­bi­ge, schlecht durch­blu­te­te, gering unter­pols­ter­te, atro­phi­sche und mit der Unter­la­ge ver­wach­se­ne Haut ist nicht gut geeig­net. Eine peri­phe­re Ampu­ta­ti­on kann auch bei pri­mär ungüns­ti­gen Haut­ver­hält­nis­sen (z. B. Trau­ma) zunächst sinn­voll sein, wenn zu erwar­ten ist, dass durch spä­te­re plas­ti­sche Maß­nah­men eine Voll­haut­de­ckung erreicht wer­den kann. Beim intra­ope­ra­ti­ven Umgang mit der Haut soll­te man auf sich kreu­zen­de Nar­ben ach­ten und vor­be­stehen­de Nar­ben mög­lichst entfernen.

Beur­tei­lung der Durch­blu­tung und der intra­ope­ra­ti­ve Umgang mit den Gefäßen

Die objek­ti­ve Beur­tei­lung der Durch­blu­tung kann beson­ders bei chro­nisch arte­ri­el­ler Ver­schluss­krank­heit intra­ope­ra­tiv schwie­rig sein. Die gro­ßen Gefä­ße sind nicht sel­ten voll­stän­dig ver­schlos­sen und der Umge­hungs­kreis­lauf bezüg­lich sei­ner Suf­fi­zi­enz intra­ope­ra­tiv schwer beur­teil­bar. Die Beur­tei­lung nach Far­be, Durch­blu­tung und Kon­trak­ti­ons­ver­hal­ten der Mus­ku­la­tur 2 ist sehr sub­jek­tiv. Weni­ger Erfah­re­nen unter­lau­fen dabei rela­tiv leicht Fehl­ein­schät­zun­gen. Des­halb wur­de nach wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­sen über die Mus­ku­la­tur im Sta­di­um IV nach Fon­taine die „Stan­dar­di­sier­te Unter­schen­kel­am­pu­ta­ti­on” 3 mit Besei­ti­gung des sub­jek­ti­ven Feh­lers und gutem Erfolg bei der wich­ti­gen Knie­er­hal­tung ein­ge­führt. Klei­ne Gefä­ße des Umge­hungs­kreis­lau­fes wer­den ent­we­der gar nicht oder mit spar­sa­mer Elek­tro­ko­agu­la­ti­on behan­delt. Gro­ße Gefä­ße wer­den, obwohl sie nicht mehr durch­gän­gig sind, aus foren­si­schen Grün­den dop­pelt unter­bun­den. Bei nicht durch­blu­tungs­ge­stör­ten Stümp­fen gilt dies ohne­hin. Obli­te­rier­te und/oder infi­zier­te Gefäß­pro­the­sen soll­ten voll­stän­dig ent­fernt werden.

Seh­nen

Bei Seh­nen han­delt es sich um bra­dy­tro­phes Gewe­be, das durch Dif­fu­si­on und nicht durch direk­te Durch­blu­tung ernährt wird. Somit ist die Gefahr einer Gewebs­ne­kro­se gegen­über gut durch­blu­te­tem Gewe­be stets grö­ßer. Des­halb wer­den Seh­nen am Unter­schen­kel nicht genäht. Bei durch­blu­tungs­ge­stör­ten Stümp­fen wird erreich­ba­res bra­dy­tro­phes Gewe­be sorg­fäl­tig entfernt.

Die Bedeu­tung der Muskulatur

Mit der Ampu­ta­ti­on kommt es zum Ver­lust der Ago­nis­ten-Ant­ago­nis­ten-Wir­kung. Die Fol­ge ist Atro­phie und zuneh­men­der Ver­lust der Durch­blu­tung bei fet­ti­ger Dege­ne­ra­ti­on. Bei der chro­nisch arte­ri­el­len Ver­schluss­krank­heit ent­ste­hen aller­dings schon prä­ope­ra­tiv eine Mus­kel­fa­ser­atro­phie und eine Rare­fi­zie­rung der kon­trak­ti­len Ele­men­te in der Mus­ku­la­tur. Sie sind Aus­druck einer bereits vor­her bestehen­den Immobilität.

Beson­ders beim neu­ro­pa­thi­schen Fuß-Syn­drom mit gestör­ter ner­va­ler Ansteue­rung ver­än­dert sich auch die phy­sio­lo­gi­sche Faser­ver­tei­lung. Das heißt, die nor­ma­le Mus­kel­fa­ser­ver­tei­lung und die Mus­kel­fa­ser­flä­che unter­lie­gen Ver­än­de­run­gen, die u. a. in einem Zusam­men­hang mit der Wund­hei­lung 5 ste­hen. Es han­delt sich am Unter­schen­kel um toni­sche (Halte-)Muskeln (M. gas­tro­c­ne­mi­us, M. soleus) mit vor­wie­gend oxi­da­tiv­er Aus­stat­tung bzw. um schnell kon­tra­hie­ren­de pha­si­sche Mus­keln (M. tibia­lis ante­rior, Mm. pero­naei) mit glykolytisch/oxidativer Aus­stat­tung, wobei gera­de die pha­si­sche Mus­ku­la­tur zuerst der Nekro­se unter­wor­fen ist und so zu Wund­hei­lungs­stö­run­gen vor­wie­gend late­ral im Bereich des M. tibia­lis ante­rior füh­ren kann.

Phy­sio­lo­gi­sche Vorspannung

Mit dem Ver­lust der knö­cher­nen Län­ge kommt es zur Ver­min­de­rung der Distanz zwi­schen Ursprung und Ansatz, zum Ver­lust der Ago­nis­ten-Ant­ago­nis­ten-Wir­kung und zum Ver­lust der für die Erhal­tung der nor­ma­len Mus­kel­funk­ti­on not­wen­di­gen phy­sio­lo­gi­schen Vor­span­nung. Die Fol­ge ist neben Atro­phie und fet­ti­ger Dege­ne­ra­ti­on auch eine Durch­blu­tungs­min­de­rung durch Bil­dung arte­rio-venö­ser Shunts und eine Ver­min­de­rung der Akti­vie­rung des sen­so­mo­to­ri­schen Sys­tems. Somit ver­min­dert sich das von den Mus­kel- und Seh­nen­spin­deln kom­men­de Affe­renz­si­gnal. Affe­renz­ko­pie und Effe­renz­ko­pie stim­men nicht mehr über­ein und sind u. a. für die Ent­ste­hung von Phan­tom­schmer­zen im Rah­men der kor­ti­ka­len Reor­ga­ni­sa­ti­on ver­ant­wort­lich. Es gilt als „con­di­tio sine qua non”, für eine opti­ma­le Mus­kel­funk­ti­on die Mus­ku­la­tur nach einer Ampu­ta­ti­on unter phy­sio­lo­gi­sche Vor­span­nung, nicht aber unter Span­nung zu bringen.

Um hier das rich­ti­ge Maß zu fin­den, bedarf es einer gewis­sen Erfah­rung. Am bes­ten geeig­net ist dafür der dor­sa­le Haut-Mus­kel-Lap­pen. Die phy­sio­lo­gi­sche Deh­nung der Mus­kel­fa­ser wird über das Zyto­ske­lett am Zell­kern wirk­sam. Mikro­me­cha­ni­sche Ver­än­de­run­gen am DNS-Sys­tem bedin­gen eine Akti­vie­rung der zel­lu­lä­ren Syn­the­se­pro­zes­se. Der intra­ope­ra­ti­ve Umgang mit der Mus­ku­la­tur unter­liegt bei allen Autoren außer bei 3 der sub­jek­ti­ven Beur­tei­lung der Mus­ku­la­tur. Wie unter­schied­lich und schwie­rig das sein kann, gibt Abbil­dung 14 wie­der. Mit der phy­sio­lo­gi­schen Vor­span­nung gilt es eine phy­sio­lo­gi­sche Belas­tung der Rest­mus­ku­la­tur zu errei­chen, um das Ver­hält­nis zwi­schen patho­lo­gisch bzw. phy­sio­lo­gisch ange­steu­er­ten Hirn­area­len zuguns­ten der Letz­te­ren zu beeinflussen.

Weiss et al. 10 konn­ten die Wir­kung der phy­sio­lo­gi­schen Vor­span­nung auf den Phan­tom­schmerz indi­rekt mit akti­ven Arm­pro­the­sen der obe­ren Extre­mi­tät (akti­ve Sau­er­bruch-Bie­der­mann-Pro­the­se) nach­wei­sen. Mit die­sen Pro­the­sen wird stän­dig ein bestimm­ter Mus­kel phy­sio­lo­gisch bewegt. Die­se Pati­en­ten haben wesent­lich gerin­ge­re Phan­tom­schmer­zen als z. B. mit pas­si­ven Pro­the­sen ver­sorg­te Patienten.

Stumpf­nach­be­hand­lung

Lage­rung

Die Lage­rung erfolgt bei allen Indi­ka­tio­nen mit gestreck­tem Knie, auch mit ent­spre­chen­der Auf­la­ge­mög­lich­keit im Roll­stuhl. Unter das Knie soll­te kei­ne Rol­le gelegt wer­den, um die Ten­denz zur Knie­beu­gung nicht noch zu unter­stüt­zen, wor­aus die Gefahr einer Knie­beu­ge­kon­trak­tur resultiert.

Stumpf­for­mung

Bei Durch­blu­tungs­stö­run­gen soll­te der Stumpf mit elas­ti­scher IDE­AL-Bin­de gewi­ckelt wer­den. Dabei muss man auf den Bin­den­druck, beson­ders über Kno­chen­vor­sprün­gen (z. B. Patel­la), achten.

Man soll­te lie­ber täg­lich zwei- bis drei­mal wickeln, als eine Wicke­lung 12 Stun­den zu belas­sen, um dann eine Druck­ne­kro­se kon­sta­tie­ren zu müs­sen. Von distal nach pro­xi­mal soll­te mit abneh­men­dem Druck gewi­ckelt wer­den, wobei bei chro­nisch arte­ri­el­ler Ver­schluss­krank­heit all­ge­mein nicht so straff wie bei einer Ampu­ta­ti­on nach Tumor, Trau­ma etc. gewi­ckelt wer­den soll­te. In der spä­te­ren post­ope­ra­ti­ven Pha­se kann auf einen elas­ti­schen Stumpf­strumpf über­ge­gan­gen werden.

Stumpf­pfle­ge

Hier­zu gehö­ren Auf­klä­rung bei der Pfle­ge des Stump­fes, der Pfle­ge der Pro­the­se und der Prothesenstrümpfe.

Schluss­fol­ge­rung

Die auf­tre­ten­den Pro­ble­me im Umgang mit den ein­zel­nen Gewe­be­struk­tu­ren im Rah­men einer Unter­schen­kel­am­pu­ta­ti­on zei­gen auf, dass die ange­bo­te­nen Fort­bil­dun­gen im Rah­men der Initia­ti­ve ’93 der DGOOC von den Orthopäden/Unfallchirurgen sowie der Ana­to­mie-Kurs der ISPO-Aus­tria im Sep­tem­ber jeden Jah­res ver­stärkt ange­nom­men wer­den soll­ten. Die Erfah­run­gen im Rah­men einer pro­the­ti­schen Erst­ver­sor­gung wei­sen nicht sel­ten dar­auf hin, dass eine Ver­sor­gung im Allein­gang, noch dazu zu zei­tig vor­ge­nom­men, von vorn­her­ein Schwie­rig­kei­ten berei­ten kann. Des­halb erscheint die For­de­rung ange­mes­sen, die Erst­ver­sor­gung im Team (kom­pe­ten­te Reha-Kli­nik oder koope­ra­tiv arbei­ten­de Spe­zi­al­sprech­stun­den) vor­zu­neh­men. Den Zeit­punkt der Frei­ga­be zur Erst­ver­sor­gung bestimmt dann das Team.

Für die Autoren:
Priv.-Doz. Dr. med. habil. Lutz Brückner
Naun­ho­fer Stra­ße 99,
04299 Leip­zig
LuBrue@web.de

Begut­ach­te­ter Beitrag/Reviewed paper

Zita­ti­on
Brück­ner L, Dwor­nik G, Hof­mann GO. Ampu­ta­tio­nen am Unter­schen­kel – Ver­sor­gungs­kri­te­ri­en. Ortho­pä­die Tech­nik, 2014; 65 (3): 39–45

Mög­li­che Feh­ler bei der Unterschenkelamputation

Im Fol­gen­den wer­den anhand von Fotos aus dem Archiv des Ver­fas­sers eini­ge ein­schlä­gi­ge Fäl­le vor­ge­stellt, um häu­fig vor­kom­men­de Feh­ler auf­zu­zei­gen (Abb. 1–10).

  1. Bun­des­ver­band für Men­schen mit Arm- und Bein­am­pu­ta­ti­on. For­de­rungs­ka­ta­log. Ampu­tee, 2012; 1: 6
  2. Bur­gess EM. The below-knee ampu­ta­ti­on. Bull Pro­sthet Res, 1968; 10 (9): 19–25
  3. Brück­ner L. Die Bestim­mung der Ampu­ta­ti­ons­hö­he und die Tech­nik der Unter­schen­kel­am­pu­ta­ti­on bei chro­nisch arte­ri­el­ler Ver­schluß­krank­heit im Sta­di­um IV nach Fon­taine. Dis­ser­ta­ti­on B (BRD – Habil.). Leip­zig: Karl-Marx-Universität,1984
  4. Brück­ner L. Die stan­dar­di­sier­te Unter­schen­kel­am­pu­ta­ti­on nach Brück­ner bei chro­nisch arte­ri­el­ler Ver­schluss­krank­heit im Sta­di­um IV nach Fon­taine. Ope­rat Orthop Trau­ma­tol, 1992; 4: 63–72
  5. Brück­ner L, Pie­per KS, Appelt D, Schar­schmidt F. His­to- und bio­che­mi­sche Mus­kel­ver­än­de­run­gen bei chro­nisch arte­ri­el­ler Ver­schluss­krank­heit im Sta­di­um IV nach Fon­taine (III. Mit­tei­lung). Beitr Orthop Trau­ma­tol (DDR), 1986; 33: 1–12
  6. Dede­rich R. Ampu­ta­tio­nen der Glied­ma­ßen. Stutt­gart-New York: Georg Thie­me, 1987
  7. Pin­to MA, Har­ris WW. Fibu­lar seg­ment bone bridging. Med Orthop Techn (MOT), 2006; 126: 45–49
  8. Robin­son KP. Skew-flap below-knee ampu­ta­ti­on. Ann R Coll Surg Engl, 1991; 73 (3): 155–157
  9. Pers­son BM, Berei­ter H, Lied­berg E. Unter­schen­kel­am­pu­ta­ti­on mit sagit­ta­ler Schnitt­füh­rung bei Gefäß­er­kran­kun­gen – Eine Stu­die von 692 Pati­en­ten. Beitr Orthop u Trau­ma­tol (DDR), 1981; 28: 656–663
  10. Weiss T, Milt­ner WMR, Brück­ner L. Der Phan­tom­schmerz in Abhän­gig­keit von der Funk­tio­na­li­tät der Mus­ku­la­tur des Stump­fes. Ortho­pä­die Tech­nik, 2006; 57: 904–907
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