Evidenzbasierte Vorträge und Best-Practice-Beispiele aus Deutschland sowie den USA vermitteln wissenschaftliche Inhalte und liefern Inspiration für den komplexen Versorgungsalltag betroffener Patient:innen.
200.000 Kinder und Jugendliche mit schweren Behinderungen lebten laut Statistischem Bundesamt zum Stichtag 31. Dezember 2021 in Deutschland. Freies Sitzen, Krabbeln und eigenständiges Laufen markieren bedeutende Entwicklungsschritte in der frühkindlichen Motorik. Gesunde Kleinkinder meistern diese Schritte meist innerhalb der ersten 15 Monate ihres Lebens. Kinder mit angeborenen bzw. erworbenen Erkrankungen oder auch Verletzungen am muskuloskelettalen System benötigen umfangreiche medizinische Unterstützung und ein eingespieltes Versorgungsteam, um diese Entwicklungsschritte in ihrem Tempo zu meistern.
Expert:innen aus Orthopädie-Technik, Orthopädie-Schuhtechnik, Orthopädie, Neurologie, Physiotherapie und Ergotherapie sowie weitere Fachkräfte arbeiten Hand in Hand, um maßgeschneiderte Behandlungspläne zu entwickeln, die den individuellen Bedürfnissen jedes Kindes gerecht werden. Die Behandlung zielt nicht nur darauf ab, akute Probleme zu lösen, sondern auch langfristige Auswirkungen auf die Entwicklung und Lebensqualität der jungen Patient:innen zu berücksichtigen.
Als zentrales Herzensthema der beiden Kongresspräsidenten Prof. Dr. Thomas Wirth, Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Klinik, Olgahospital, Klinikum Stuttgart, sowie Dipl.-Ing. (FH) und Orthopädietechnik-Meister Ingo Pfefferkorn, technischer Betriebsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung bei Orthopädie-Technik Scharpenberg e. K. Rostock, wird der Kinder‑, Jugend- und Neuroorthopädie im Weltkongress besondere Aufmerksamkeit zuteil.
„Nichts ist mit dem Glück eines jungen Menschen zu vergleichen, der Teilhabe an Spiel, Spaß und Schule erlebt“, erklärt Wirth. „Gleichzeitig ist die Behandlung der jungen Menschen ungemein komplex. Ein Austausch unter allen an der Versorgung der Patienten beteiligten Berufsgruppen ist daher dringend notwendig und sorgt bei jedem einzelnen im Versorgungsteam für einen Wissensvorsprung zugunsten der Kinder und Jugendlichen.“
„Besonders wichtig war uns bei der Programmgestaltung, dass die Kongressbeiträge zum Schwerpunktthema den facettenreichen Behandlungsalltag in Klinik sowie Praxis widerspiegeln und so jeder Teilnehmer Impulse für die fachübergreifende Versorgung in seinem Alltag mitnimmt“, erläutert Pfefferkorn. „Jeder einzelne Impuls kann für eine verbesserte Lebensqualität gerade der jungen – aber ebenso auch der älteren – Patienten sorgen und damit einen entscheidenden Unterschied für deren weiteren Lebensweg bedeuten.“
Behandlung von Skelettdysplasien und weichen Knochen
In Kooperation mit der Vereinigung für Kinderorthopädie geben Expert:innen in dem Symposium „Zusammenspiel konservativer, orthetischer und orthopädisch-chirurgischer Maßnahmen in der Behandlung von Patienten mit Skelettdysplasien und weichen Knochen“ einen Einblick in spezifische Therapieansätze, um die Notwendigkeit eines umfassenden Ansatzes für die Behandlung von Patienten mit komplexen muskuloskelettalen Erkrankungen zu verdeutlichen. Unter der Leitung von Wirth und Pfefferkorn bietet das Symposium einen einzigartigen Einblick in die ganzheitliche Therapie dieser vielschichtigen Patientengruppe und zugleich Gelegenheit für den Austausch zwischen Expert:innen auf dem Gebiet der Kinderorthopädie.
Internationaler Austausch zu Spina bifida
Spina bifida, umgangssprachlich auch als „offener Rücken“ bezeichnet, ist eine Neuralrohrfehlbildung, die bei etwa einer von 1.000 Geburten auftritt. Die Nerven treten an der offenen Stelle des Rückenmarkskanals in einer Blase sichtbar nach außen. Von Sensibilitätsstörungen bis hin zur Querschnittlähmung können die Auswirkungen je nach Position des Wirbelbogendefektes und dem Ausmaß der geschädigten Nervenstränge sehr unterschiedlich sein. Das Symposium „Modern Treatment and Innovations for the patient with Spina bifida – US-German Exchange: Pediatric O&P“ schafft ein ganzheitliches Verständnis der Versorgung von Patienten mit Spina bifida. Den internationalen Austausch führen Dipl.-Ing. (FH) Merkur Alimusaj sowie Lauren Levey aus Philadelphia (USA) an.
Lähmungen machen komplexe Versorgungen notwendig
Laut der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e. V. sind etwa 140.000 von einer Querschnittlähmung betroffene Patient:innen in Behandlung, jährlich kommen rund 2.350 Menschen mit einer neu erworbenen Rückenmarksschädigung hinzu (Daten von 2018). In dem Symposium „Orthetik und Hilfsmittelversorgung bei angeborenen und erworbenen Lähmungen“ unter der Leitung von Dr. Ulrich Hafkemeyer und Michael Volkery wird die Komplexität der Hilfsmittelversorgung im Kontext von angeborenen und erworbenen Lähmungen aus medizinischer und handwerklicher Perspektive näher beleuchtet. Die Inhalte versprechen eine facettenreiche Darstellung der Herausforderungen bei neuro-orthopädischen Krankheitsbildern und deren Versorgungsmöglichkeiten. Angefangen bei stadiengerechten Versorgungsansätzen bis hin zu operativen Maßnahmen präsentieren Experten wie Dr. Frank Schiedel und Michael Möller wegweisende Strategien für die Versorgung von Lähmungen.
Kindgerechte Ansätze
Die individuellen Bedürfnisse und Wachstumsphasen von Kindern machen die Armprothetik besonders komplex. Prothesen müssen nicht nur funktional sein, sondern auch das Selbstbewusstsein und die soziale Integration der Kinder fördern. Die Anpassungsfähigkeit der Prothesen ist entscheidend, da Kinder schnell wachsen und sich ihre Bedürfnisse ändern. Armprothetik und Hilfsmittelversorgung erfordern neben der technischen Präzision aber auch einfühlsame, kindgerechte Ansätze, um eine bestmögliche Lebensqualität für junge Patient:innen zu gewährleisten.
Über das DRG-Vergütungssystem (Diagnosis Related Groups) wurden in Krankenhäusern in Deutschland im Jahr 2022 insgesamt knapp 73.000 Amputationen abgerechnet. Davon entfielen knapp 51.000 auf die Exartikulation von Füßen, gut 16.000 auf die untere Extremität, rund 5.100 auf Handamputationen sowie 237 Fälle auf Exartikulation der oberen Extremität.
In Zusammenarbeit mit dem Verein für Qualitätssicherung in der Armprothetik (VQSA e. V.) widmet sich eine hochkarätig besetzte Expertenrunde den besonderen Anforderungen und innovativen Lösungsansätzen in der armprothetischen Versorgung von jungen Patient:innen. Unter der Leitung von Michael Schäfer und Dipl.-Ing. (FH) Merkur Alimusaj bietet das Symposium „Besondere Anforderungen und Möglichkeiten in der armprothetischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen“ einen tiefen Einblick in die komplexen Anforderungen und die vielfältigen Möglichkeiten der Versorgung von Kindern und Jugendlichen.
Weitere Veranstaltungen rund um das Thema Kinder‑, Jugend- und Neuroorthopädie sind ab Mitte Januar 2024 im Online-Kongressprogramm zu finden.
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