Damit sei, so das Argument des Spitzenverbandes, eine wohnortnahe Versorgung nicht möglich. Hintergrund: Der Vertrag sieht die Versorgungsleistung mit diversen Hilfsmitteln im Versandweg ohne persönliche Beratung und ohne Montage vor Ort vor. Hierdurch kann nach Ansicht des BIV-OT ein erhöhtes Sturz- und Verletzungsrisiko der Patientinnen und Patienten entstehen.
Dieser Einzelvertrag soll nun laut BIV-OT als Blaupause für die bundesweite Versorgung der etwa drei Millionen Versicherten der IKK Classic dienen. Sanitätshäuser, die diesem Vertrag nicht beitreten, dürfen keine Versicherten der IKK versorgen.
Schiedsstelle nicht angerufen
Dem Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik wurde zuvor ebenfalls ein Vertrag angeboten – aber dieser orientierte sich an den Ergebnissen der inzwischen verbotenen Ausschreibungen. Nach einem Jahr zäher Auseinandersetzungen erklärte die IKK Classic die Verhandlungen in diesem Jahr einseitig für gescheitert. Die Schiedsstelle, die die Gesetzgebung für diese Fälle vorsieht, wurde von ihr allerdings nicht angerufen. Stattdessen wurde ein Vertrag mit einem Einzelunternehmen, der SaniMed GmbH, unterschrieben. Inzwischen sind weitere Einzelbetriebe dem Vertrag beigetreten.
„Seit September 2019 versuchen wir mit der IKK Classic einen Vertrag mit einer ordentlichen Flächendeckung und einer entsprechenden Versorgungsqualität zu schließen. Das uns angebotene Preisniveau liegt zum Teil mehr als 40 Prozent unter dem aktuellen Marktpreis und orientiert sich klar an den verbotenen früheren Ausschreibungsverträgen“, erklärt Albin Mayer, Vizepräsident und Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses des BIV-OT, die Problematik aus Sicht des Spitzenverbandes. Auf Grund der großen Verantwortung gegenüber den eigenen Betrieben sowie den Patientinnen und Patienten könne man keine Verträge mit diesen Preisen unterschreiben, so Mayer weiter. Eine wirtschaftliche Versorgung im Einklang mit den gesetzlichen verankerten Qualitätsansprüchen sei somit unmöglich, erklärt der BIV-OT-Vizepräsident und ergänzt: „Denn dann würden wir nicht nur verantwortungslos handeln, sondern gegen das Gesetz agieren.“
Beschwerde beim BAS eingereicht
Die an den Verhandlungen beteiligten Verbände haben bereits eine Beschwerde beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) eingereicht, der Aufsichtsbehörde unter anderem über die bundesunmittelbaren Träger der gesetzlichen Krankenversicherung. Zugleich wurde ein Beschwerdeschreiben an den Vorstandsvorsitzenden des IKK e.V. und Präsidenten des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer, gerichtet.
„Wir sind entsetzt, wie einige Krankenkassen vorgehen. Eigentlich sollte allen Parteien im Gesundheitswesen bewusst sein, welch hohe Verantwortung sie tragen. Natürlich hat die Mehrheit der Krankenkassen sicherlich das Wohl der Patientinnen und Patienten im Blick. Trotzdem richten Einzelne durch ihr Vorgehen erheblichen Schaden an“, unterstreicht Alf Reuter, Präsident des BIV-OT, die Position seines Verbandes.
„Sie scheinen nicht verstanden zu haben, dass ein Unterschied zwischen einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung nach § 12 Sozialgesetzbuch (SGB V, Wirtschaftlichkeitsgebot) und Budgeteinsparungen zu Lasten der Gesundheit der Versicherten sowie der Qualität der Versorgung besteht“, erklärt er weiter und fordert ein Ende von Preisdumping auf dem Rücken von Versicherten. Um dies zu erreichen, setzt er sich für eine dritte Gesetzesinitiative ein, die die aktuelle Rechtsprechung mit dem Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) und dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) ergänzt.
„Es kann nur auf das Verbot für Krankenkassen hinauslaufen, mit einzelnen Marktteilnehmern Verträge über die flächendeckende Versorgungen zu schließen. Sonst ruinieren Wenige den guten Standard unseres Gesundheitssystems“, so der Apell Reuters.
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