Aus­wahl pro­the­ti­scher Fuß­pass­tei­le unter Berück­sich­ti­gung bio­me­cha­ni­scher Aspekte

J. Becker
Die Auswahl prothetischer Fußpassteile für die Versorgung eines Amputierten stellt zuallererst die individuellen patientenspezifischen Vorgaben in den Vordergrund. Diese müssen im Rahmen der Zustandserhebung gewissenhaft erhoben werden. Im Kontext des physiologischen Ganges ergeben sich daraus Aufgaben, die das Fußpassteil erfüllen muss. Die technische Umsetzung im Fußpassteil kann unterschiedlich erfolgen. Daher sind Kenntnisse über die zugrunde liegenden Funktionsprinzipien erforderlich, um eine Erstauswahl treffen zu können. Die Erfüllung der Anforderungen an ein Fußpassteil ist stets kritisch am Patienten zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, um die bestmögliche Funktion zu gewährleisten. Maßstab für eine korrekte Funktion ist und bleibt die Physiologie.

Ein­lei­tung: Der mensch­li­che Gang als Referenz

Die Phy­sio­lo­gie des mensch­li­chen Gan­ges ist die Refe­renz zur Beur­tei­lung der Ver­sor­gungs­qua­li­tät. Eben­so las­sen sich von der Phy­sio­lo­gie des Gan­ges Funk­tio­nen ablei­ten, die es grund­sätz­lich zu erfül­len gilt. Um das The­ma zu struk­tu­rie­ren, ist es sinn­voll, den mensch­li­chen Gang auf sei­ne wesent­li­chen Funk­tio­nen zu redu­zie­ren. Der Gang­zy­klus mit den ­­8 Gang­pha­sen nach RLANRC 1 erfüllt die­se Anforderungen.

Abge­lei­tet von der Stand- und Schwung­pha­se des Gan­ges erge­ben sich drei Haupt­auf­ga­ben­fel­der: die Gewichts­über­nah­me, der Ein­bein­stand sowie die Schwung­bein-Vor­wärts­be­we­gung. Abbil­dung 1 zeigt, wie die ein­zel­nen Gang­pha­sen zuzuordnen
sind.

Näher betrach­tet zeigt sich, dass die Gewichts­über­nah­me eine der schwie­rigs­ten Auf­ga­ben dar­stellt: Es muss die Sta­bi­li­tät der Extre­mi­tät bei gleich­zei­ti­ger Stoß­dämp­fung und mög­lichst opti­ma­ler Aus­nut­zung des Schwun­ges von der initia­len Stand­pha­se bis hin zur Stoß­dämp­fungs­pha­se gege­ben sein. Das heißt, die plötz­lich wir­ken­den Kräf­te müs­sen kon­trol­liert und regu­liert werden.

Der Ein­bein­stand vom Beginn der mitt­le­ren Stand­pha­se bis zur ter­mi­na­len Stand­pha­se erfor­dert höchs­te Sicher­heit der last­tra­gen­den Extre­mi­tät und des Rump­fes sowie die Erhal­tung der Fortbewegung.

Die Schwung­bein-Vor­wärts­be­we­gung fin­det statt von der Vor­schwung­pha­se bis zur ter­mi­na­len Schwung­pha­se. Hier bestehen die Anfor­de­run­gen im Wesent­li­chen dar­in, Boden­frei­heit des Fußes und ein frei­es Vor- und Durch­schwin­gen der Extre­mi­tät zu gewähr­leis­ten 1. Dar­aus erge­ben sich fol­gen­de Anfor­de­run­gen an ein Fußpassteil:

  • „Sicher­heit”; Sta­bi­li­tät der Extre­mi­tät muss gewähr­leis­tet wer­den durch: 
    • die Wie­der­her­stel­lung der Bodenunterstützungsfläche
    • die Wie­der­her­stel­lung von Vor- und Rückfußhebel
  • Stoß­dämp­fung
  • Erhal­tung der Fort­be­we­gung, Energierückgabe
  • Mul­tiaxia­li­tät
  • Dor­sal­ex­ten­si­on in Schwungphase

Wei­te­re, grund­sätz­li­che Anforderungen:

  • Wie­der­her­stel­lung des kos­me­ti­schen Erscheinungsbildes
  • Anpass­bar­keit an ver­schie­de­ne Absatzhöhen

Aus­wahl­kri­te­ri­en für Fußpassteile

Die vom ver­sor­gen­den Ortho­pä­die-Tech­ni­ker durch­zu­füh­ren­de Zustands­er­he­bung lie­fert wert­vol­le Erkennt­nis­se über die Anfor­de­run­gen an ein Fuß­pass­teil, um eine Vor­auswahl tref­fen zu kön­nen. Fol­gen­de Para­me­ter sind als Basis­in­for­ma­ti­on zu erheben:

  • Akti­vi­täts­grad
  • Kör­per­ge­wicht
  • Fuß­sei­te
  • Fuß­län­ge/-grö­ße

Mit die­sen Kri­te­ri­en lässt sich eine Fuß­aus­wahl tref­fen, die kor­rekt in Bezug auf die Belast­bar­keit des Fuß­pass­tei­les ist. Über die Eigen­schaf­ten des Fuß­pass­tei­les sagt dies jedoch noch nichts aus. Ein spe­zi­fi­sche­res Anfor­de­rungs­pro­fil muss erstellt wer­den, wobei auch die indi­vi­du­el­le All­tags­si­tua­ti­on des Pro­the­sen­trä­gers genau ana­ly­siert wer­den muss. Dazu zäh­len Aspek­te wie:

  • Ampu­ta­ti­ons­hö­he (Wie vie­le Gelen­ke müs­sen pro­the­tisch ersetzt werden?)
  • Stumpf­si­tua­ti­on (Stumpf­län­ge, End­be­last­bar­keit, Haut)
  • Begleit­erkran­kun­gen
  • häus­li­ches Umfeld/Topografie am Wohn­ort (Trep­pen, Schrä­gen, Gar­ten usw.)
  • pri­va­te Fak­to­ren (Kin­der, zu pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge, Sport usw.)
  • beruf­li­che Situation/Arbeitsplatz (Trag­las­ten, ste­hen­de Tätig­keit, häu­fi­ge Rich­tungs­wech­sel beim Lau­fen usw.).

Bei­spie­le

  • Die Beschaf­fen­heit eines emp­find­li­chen Stump­fes oder eine Arthro­se in höhe­ren Gelen­ken der Extre­mi­tät kann eine zusätz­li­che Dämp­fungs­ein­heit erfordern.
  • Die Arbeits­tä­tig­keit erfolgt über­wie­gend ste­hend und gehend auf kur­zen Distan­zen mit häu­fi­gen Abbrems­pha­sen und Rich­tungs­wech­seln. Hier kann ein Rota­ti­ons­ele­ment auf Dau­er eine Ent­las­tung des Stump­fes bewirken.
  • Ist eine Ver­sor­gung mit gesperr­tem oder fixier­tem Knie­ge­lenk erfor­der­lich (ob Pro­the­se oder Orthop­ro­the­se), so kann ein Fuß­pass­teil durch pas­si­ve oder akti­ve Dor­sal­ex­ten­si­on die Boden­frei­heit ver­bes­sern, Aus­gleichs­be­we­gun­gen und das Sturz­ri­si­ko verringern.

Sicher­heit

Unter dem Stich­wort Sicher­heit las­sen sich vie­le Aspek­te ver­ei­nen, jedoch ist einer davon her­vor­zu­he­ben und muss pri­mär berück­sich­tigt wer­den: die Wie­der­her­stel­lung der Boden­un­ter­stüt­zungs­flä­che. Der Stand wäre nur ein­bei­nig mög­lich, wenn die ampu­tier­te Sei­te nicht adäquat bis zum Boden ver­län­gert und somit unter­stützt wird. Auch im Zwei­bein­stand ist es güns­tig, den Kör­per­schwer­punkt über einer gro­ßen Flä­che aus­ta­rie­ren zu kön­nen (Abb. 2). Wäh­rend des Gan­ges, im Ein­bein­stand, ist zum einen die Grö­ße, zum ande­ren die Lage die­ser Flä­che relevant.

Wie viel Boden­un­ter­stüt­zungs­flä­che soll­te ein Pro­the­sen­fuß bie­ten? So viel Flä­che, wie der mensch­li­che Fuß bie­tet, d. h. die vol­le Fuß­län­ge und die vol­le Fuß­brei­te. Güns­tig ist es hier­bei, wenn der Pro­the­sen­fuß, z. B. mit einer Car­bon­fe­der, einen lan­gen Hebel bis in die Fuß­spit­ze bie­tet und so die maxi­ma­le Län­ge des Fußes nutzt (Abb. 3). Das Glei­che gilt für den Fer­sen­be­reich. Aller­dings führt dies auch zu einem Pro­blem: Das Durch­schwin­gen wird erschwert, der Pro­the­sen­fuß kann hän­gen­blei­ben. Abhil­fe schafft ein inte­grier­tes, adap­ti­ves Knö­chel­teil, wel­ches den Pro­the­sen­fuß in einer Dor­sal­ex­ten­si­on hält, um das Durch­schwin­gen zu erleichtern.

Geschäum­te Füße mit fes­tem Innen­kern bie­ten eine weni­ger effek­ti­ve Boden­un­ter­stüt­zungs­flä­che, da die wei­che­ren Berei­che der Fer­se und des Vor­fu­ßes unter Belas­tung nach­ge­ben (Abb. 4).

Die­ser Effekt kann gewünscht sein, wenn die Abrol­lung erleich­tert wer­den soll, aller­dings mit dem Nach­teil gerin­ge­rer Sicher­heit. Kri­tisch ist das Schaum­ma­te­ri­al unter dem Aspekt Alte­rung zu sehen. Die Eigen­schaf­ten des Mate­ri­als ändern sich mit der Alte­rung meist hin zu weni­ger Stei­fig­keit. So ver­rin­gert sich bei einem geal­ter­ten Schaum­ma­te­ri­al des Pro­the­sen­fu­ßes auch der Wider­stand im Vorfußbereich.

Die Brei­te der effek­ti­ven Boden­un­ter­stüt­zungs­flä­che spielt eine wich­ti­ge Rol­le, im Beson­de­ren, wenn sich der Pro­the­sen­trä­ger im Ein­bein­stand befin­det. Hier wird der Kör­per­schwer­punkt nur in der Flä­che eines Fußes unter­stützt. Oft berich­ten Pro­the­sen­trä­ger bei sehr schma­len Fuß­kon­struk­tio­nen von einem unsi­che­ren Gang­ge­fühl, da seit­li­che Kipp­mo­men­te entstehen.

Wich­tig sind die Wider­stän­de des Pro­the­sen­fu­ßes gegen eine Bewe­gung in Rich­tung Dor­sal­ex­ten­si­on bzw. Plant­ar­fle­xi­on. Inter­es­san­ter­wei­se ver­hält sich eine gerin­ge Stei­fig­keit des Pro­the­sen­fu­ßes ana­log zur über­mä­ßi­gen Dor­sal­ex­ten­si­on oder Plant­ar­fle­xi­on des Pro­the­sen­fu­ßes. Ein Bei­spiel: Wenn der Wider­stand gegen die Dor­sal­ex­ten­si­on zu schwach aus­fällt, kippt der Pro­the­sen­fuß erst in eine stär­ke­re Dor­sal­ex­ten­si­on, bevor der Moment der ein­set­zen­den Knie­stre­ckung erreicht wird. Es kann kein suf­fi­zi­en­tes knie­stre­cken­des Moment ent­ste­hen, trotz lan­gen Vor­fuß­he­bels und kor­rek­ten Pro­the­sen­auf­baus. Die­ses Defi­zit kann im Ste­hen zum Teil kom­pen­siert wer­den 2, im Gang zei­gen sich jedoch stär­ke­re Auswirkungen.

Nicht zu ver­nach­läs­si­gen ist die Mul­tiaxia­li­tät eines Pro­the­sen­fu­ßes. Oft wird die­ser Aspekt nur im Zusam­men­hang mit unebe­nen Unter­grün­den als vor­teil­haft bewer­tet. Dabei gibt es beim Abrol­len des gesun­den Fußes eine deut­li­che Bewe­gung zwi­schen der Inver­si­on und der Ever­si­on von min­des­tens 10°, abhän­gig von der Fuß­au­ßen­ro­ta­ti­on 3. Der Pro­the­sen­trä­ger wird auch auf ebe­nen Unter­grün­den siche­rer lau­fen, wenn der Pro­the­sen­fuß Bewe­gung zulässt. Seit­li­che Kipp­mo­men­te wer­den ver­rin­gert, das voll­flä­chi­ge Auf­lie­gen des Fußes ver­bes­sert 4. Aller­dings muss der Bewe­gungs­um­fang durch einen gewis­sen Wider­stand begrenzt sein, bes­ten­falls gibt es einen progressiven
Anstieg des Wider­stan­des bis zum „fes­ten Anschlag“.

Stoß­dämp­fung

Fuß­pass­tei­le kön­nen durch ihre jewei­li­ge Kon­struk­ti­on oder durch sepa­ra­te, ein­ge­bau­te Bau­tei­le eine Stoß­dämp­fung zulas­sen. Auch besteht die Mög­lich­keit, ein­zel­ne Stoß­dämp­fungs­ein­hei­ten modu­lar zu ergän­zen. Phy­sio­lo­gisch wird eine Stoß­dämp­fung zum gro­ßen Teil durch eine kon­trol­lier­te Fle­xi­on der Gelen­ke durch exzen­tri­sche Mus­kel­ar­beit unter Last erreicht. Außer­dem ent­steht eine Stoß­dämp­fung durch kon­trol­lier­te Val­gi­sie­rung des Cal­ca­neus unter Last. Für einen Pro­the­sen­fuß bedeu­tet das: Er muss die Plant­ar­fle­xi­on unter Last kon­trol­liert zulas­sen, und der Fer­sen­be­reich muss eine stoß­dämp­fen­de Funk­ti­on aufweisen.

Grund­sätz­lich besteht Bedarf an einer suf­fi­zi­en­ten Stoß­dämp­fung. Wäh­rend beim lang­sa­men Gehen die Boden­re­ak­ti­ons­kraft unge­fähr dem Kör­per­ge­wicht ent­spricht, so kann beim Lau­fen die­se Kraft auf mehr als das Dop­pel­te des Kör­per­ge­wich­tes anstei­gen. Dem­entspre­chend ist eine Mög­lich­keit zur indi­vi­du­el­len Anpas­sung funk­tio­nell sinn­voll. Ist die Fer­se des Pro­the­sen­fu­ßes bei­spiels­wei­se zu weich, so gibt es kei­ne suf­fi­zi­en­te Dämp­fung des Sto­ßes, und der Pati­ent sinkt zu stark im Fer­sen­be­reich ein. Dadurch ent­steht ein frü­her Voll­fuß­kon­takt, und das wei­te­re Abrol­len wird erschwert. Ist die Fer­se zu fest, gibt es eben­falls eine unzu­rei­chen­de Dämp­fung und einen schnel­len Vor­schub des Unter­schen­kels in die mitt­le­re Stand­pha­se. Dar­aus folgt eine Knie­in­sta­bi­li­tät, gera­de in einer Gang­pha­se, in der Sicher­heit ele­men­tar ist. Oft kann der Pro­the­sen­trä­ger dies durch Mus­kel­ar­beit kom­pen­sie­ren, aller­dings ent­steht dadurch ein höhe­rer meta­bo­li­scher Umsatz. Letzt­end­lich begüns­tigt eine nicht kor­rekt abge­stimm­te Stoß­dämp­fung den soge­nann­ten „Dop­pel­schlag” im Kniegelenk.

Erhal­tung der Fortbewegung

Eine ener­gie­spa­ren­de Fort­be­we­gung ist grund­sätz­lich anzu­stre­ben. Um die­ses Ziel zu errei­chen, gilt es, den Bewe­gungs­ab­lauf so har­mo­nisch wie mög­lich zu gestal­ten, die gene­rier­te Vor­wärts­be­we­gung weit­ge­hend bei­zu­be­hal­ten und die­se nicht durch Fehl­be­we­gun­gen zu stö­ren. Die­se Aspek­te kom­men bereits bei der initia­len Stand­pha­se zum Tra­gen. Eine pas­sen­de Fer­sen­dämp­fung (nicht zu weich) und ein suf­fi­zi­en­ter Rück­fuß­he­bel wer­den eine ers­te Abrol­lung des Fußes über die Fer­se zulas­sen. Die hin­ter dem pro­the­ti­schen Knö­chel­ge­lenk ver­lau­fen­de Boden­re­ak­ti­ons­kraft­li­nie bewirkt zusam­men mit dem Fer­sen­kipp­he­bel („heel rocker”) eine Plant­ar­fle­xi­on des Fußes und eine Vor­wärts­be­we­gung des Unter­schen­kels 5. Ist die Fer­se zu weich, tritt ein zu frü­her Voll­fuß­kon­takt ein und bremst die wei­te­re Abrol­lung aus. In der Regel weist ein Car­bon­fe­der­fuß in die­ser Gang­pha­se eine Vor­span­nung der Fer­sen- und Haupt­fe­der auf. Bei­de Federn bewir­ken durch ihre Vor­span­nung eine Vor­wärts­be­we­gung des Unter­schen­kels nach ante­rior und somit die nöti­ge Tibia­pro­gres­si­on. Wenn der Vor­fuß­be­reich den Boden berührt, fin­det die wei­te­re Abroll­be­we­gung im pro­the­ti­schen Knö­chel­ge­lenk statt, als soge­nann­ter „ank­le rocker”. Bis zur Ent­span­nung begüns­ti­gen Fer­sen- und Haupt­fe­der eine Tibia­pro­gres­si­on bis in die mitt­le­re Stand­pha­se hinein.

Bei eini­gen Gelenk­fuß­kon­struk­tio­nen las­sen sich die Wider­stän­de der Abrol­lung im Knö­chel­ge­lenk bes­ser anpas­sen, z. B. durch ver­schie­de­ne Puf­fer. Der Car­bon­fe­der­fuß ist meist vor­kon­fi­gu­riert. Wich­tig ist ein har­mo­ni­scher Über­gang in der Bewe­gung zwi­schen Plant­ar­fle­xi­on und Dor­sal­ex­ten­si­on. Die wei­te­re Abrol­lung ab der mitt­le­ren Stand­pha­se im Knö­chel­ge­lenk lässt den Unter­schen­kel nach vor­ne kip­pen; es fin­det eine Dor­sal­ex­ten­si­on unter Last im Knö­chel­ge­lenk statt 5. Damit ein­her­ge­hend wird die Vor­fuß­fe­der nun vor­ge­spannt; nach Ablö­sen der Fer­se fin­det die Abrol­lung als „fore­foot rocker” statt, die Dor­sal­ex­ten­si­on unter Last wird ver­stärkt. Zum einen wird ein Exten­si­ons­mo­ment im Knie­ge­lenk gene­riert, zum ande­ren wird die Grund­la­ge gelegt, um die Extre­mi­tät aus der zurück­lie­gen­den Posi­ti­on in die Schwung­pha­se zu beschleu­ni­gen. Hier ist die pas­sen­de Här­te der Vor­fuß­fe­der sowie die vor­han­de­ne, effek­ti­ve Vor­fuß­he­bel­län­ge ent­schei­dend. Eben­so zeigt sich eine posi­ti­ve Wir­kung des lan­gen Vor­fuß­he­bels auf die Becken­be­we­gung. Es fällt am Ende der pro­the­sen­sei­ti­gen Stand­pha­se ­weni­ger stark ab. So ergibt sich ein gerin­ge­rer Ener­gie­ver­brauch und eine gerin­ge­re Mehr­be­las­tung der kon­tra­la­te­ra­len Seite.

Fuß­kon­struk­tio­nen

Der Markt bie­tet eine gro­ße Viel­falt an ver­schie­dens­ten pro­the­ti­schen Fuß­pass­tei­len. Daher muss der ver­sor­gen­de Tech­ni­ker ein grund­le­gen­des Ver­ständ­nis der Kon­struk­ti­ons­prin­zi­pi­en mit­brin­gen, um ent­spre­chen­de Eigen­schaf­ten ablei­ten zu können.

Nach BUFA wer­den Füße mit „ech­tem” Gelenk und sol­che ohne Gelenk unter­schie­den. Die­se kön­nen jeweils eher ener­gie­spei­chern­d/-rück­ge­bend oder eher ener­gie­ab­sor­bie­rend sein. Teil­wei­se sind adap­ti­ve Knö­chel­ge­len­ke vor­han­den. Außer­dem wird die mög­li­che Beweg­lich­keit in 3 Ebe­nen ange­ge­ben (Abb. 5).

Ist eine Jus­tie­rung des Fuß­pass­teils nötig, so besteht häu­fig, je nach Her­stel­ler und Modell, die Mög­lich­keit, das Fuß­pass­teil indi­vi­du­ell anzu­pas­sen, z. B.:

  • Anpas­sen der Fer­sen­dämp­fung (durch Aus­tausch des Fersenkeils/Änderung des Luftdruckes)
  • Anpas­sen der ver­ti­ka­len Dämp­fung (durch Aus­tausch von Pufferelementen/Änderung des Luftdruckes)
  • Anpas­sen der Vor­fuß­stei­fig­keit (durch Aus­tausch von Elastomereinheiten)
  • Anpas­sen des Dor­sal-/Plant­ar­an­schla­ges (durch Puffer)
  • Anpas­sen des Ver­hält­nis­ses Vor­fuß-/Rück­fuß­he­bel (durch ein­ge­bau­ten Verschiebeadapter).

Zu erwäh­nen bleibt noch, dass der ver­sor­gen­de Tech­ni­ker nicht davor zurück­schre­cken darf, auch die Kate­go­rie („Här­te­grad”) des Fußes zu wech­seln, gera­de wenn das Kör­per­ge­wicht im Grenz­be­reich einer Kate­go­rie liegt. In der Regel besteht das Ange­bot, Pro­the­sen­fü­ße für einen gewis­sen Zeit­raum zu tes­ten. Außer­dem muss der Pro­the­sen­trä­ger das aus­ge­wähl­te Fuß­pass­teil unter rea­len Bedin­gun­gen im All­tag erpro­ben können.

Fazit

Die erfolg­rei­che Anpas­sung eines pro­the­ti­schen Fuß­pass­teils wird in der Pra­xis von vie­len Fak­to­ren beein­flusst. Pri­mär müs­sen die indi­vi­du­el­len Bedürf­nis­se und Gege­ben­hei­ten des Pati­en­ten ermit­telt wer­den und als Grund­la­ge die­nen. Das Wis­sen des ver­sor­gen­den Tech­ni­kers spielt eine wich­ti­ge Rol­le, kann er doch die Auf­ga­be umset­zen, das pas­sen­de Fuß­pass­teil nach dem „Cha­rak­ter” aus­zu­wäh­len. Eine Bewer­tung der Ver­sor­gungs­qua­li­tät kann nur mit Hin­ter­grund­wis­sen über den phy­sio­lo­gi­schen Gang des Men­schen sowie Wis­sen über Gang­mus­ter des Ampu­tier­ten erfol­gen. Die Bewer­tung ist aus­sa­ge­kräf­tig, wenn die Erpro­bung des Fuß­pass­teils unter all­täg­li­chen Bedin­gun­gen statt­fin­det. Im Lau­fe der Ver­sor­gung wird eine indi­vi­du­el­le Anpas­sung des Fuß­pass­teils nötig sein, die in jedem Fall durch­zu­füh­ren ist, um das momen­ta­ne Ver­sor­gungs­er­geb­nis zu verbessern.

Der Autor:
Jan Becker
Ortho­pä­die-Tech­ni­ker-Meis­ter (CPO‑G)
Fach­leh­rer für Trans­ti­bia­le Prothetik
Bun­des­fach­schu­le für Orthopädie-Technik
Schliep­stra­ße 6–8
44135 Dort­mund
J.Becker@ot-bufa.de

Begut­ach­te­ter Beitrag/Reviewed paper

Zita­ti­on
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