The­ra­pie­un­ter­stüt­zung beim Eigen­trai­ning von Pati­en­ten nach Schlag­an­fall mit­tels App und Vir­tu­al Reality

B.Tevnan
Jährlich erleiden etwa 15 Millionen Menschen weltweit einen Schlaganfall; in Deutschland sind es etwa 270.000 jährlich.

Bei einem Drit­tel aller Pati­en­ten ver­blei­ben anhal­ten­de Defi­zi­te nach einem Schlag­an­fall; 20 % die­ser Pati­en­ten mit Defi­zi­ten sind jün­ger als 60 Jah­re 1 2. Die­se Zah­len stel­len eine Her­aus­for­de­rung für die Betreu­ung von Pati­en­ten nach einem Schlag­an­fall dar. So haben der­zeit nur 20 % aller Pati­en­ten nach einem Schlag­an­fall in Deutsch­land Zugang zu leit­li­ni­en­ge­rech­ter Ver­sor­gung nach Ent­las­sung aus dem kli­ni­schen Set­ting 3. Das Start-up Rewel­lio möch­te mit sei­ner App als Medi­zin­pro­dukt hel­fen, die­se Lücke zu ver­klei­nern. Ein inter­dis­zi­pli­nä­res Team hat es sich dabei zum Ziel gesetzt, die The­ra­pie nach einem Schlag­an­fall neu zu gestal­ten. Ein repe­ti­ti­ves Trai­ning soll an die App aus­ge­la­gert und Pati­en­ten im Eigen­trai­ning gestärkt und unter­stützt wer­den. Dadurch soll gemein­sam mit den The­ra­peu­ten vor Ort die indi­vi­du­el­le Ver­sor­gung opti­miert werden.

Ein­lei­tung

Pati­en­ten nach einem Schlag­an­fall wer­den oft nach der ers­ten inten­si­ven Reha­bi­li­ta­ti­ons­pha­se ins häus­li­che Umfeld und in die the­ra­peu­ti­sche Nach­ver­sor­gung zu Hau­se ent­las­sen. Der Wech­sel von einer hoch­fre­quen­ten The­ra­pie im sta­tio­nä­ren Bereich zu ein bis zwei Stun­den The­ra­pie pro Woche im häus­li­chen Umfeld ist jedoch ungüns­tig – die wis­sen­schaft­li­che Evi­denz spricht für ein hoch­fre­quen­tes, inten­si­ves und repe­ti­ti­ves Trai­ning 4. Zudem stellt der emo­tio­na­le Trans­fer vom „Behan­delt wer­den“ zum „eigen­ver­ant­wort­li­chen Trai­nie­ren“ eine gro­ße Her­aus­for­de­rung dar, bie­tet ande­rer­seits aber auch gro­ßes Poten­zi­al für Pati­en­ten nach einem Schlag­an­fall 5. Stu­di­en wie die von Luker et al. bestä­ti­gen den Wunsch von Pati­en­ten nach mehr Auto­no­mie und akti­ver Teil­ha­be am Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­zess 6. Es soll­te aber nicht die allei­ni­ge Auf­ga­be der Pati­en­ten sein, die Moti­va­ti­on über den gesam­ten Zeit­raum der Reha­bi­li­ta­ti­on und dar­über hin­aus aufrechtzuerhalten.

Viel­mehr soll­te die Eigen­ver­ant­wor­tung durch The­ra­peu­ten und Ange­hö­ri­ge unter­stützt wer­den. Zur Qua­li­täts­si­che­rung und zur Gewähr­leis­tung the­ra­peu­ti­scher Stan­dards die­nen Leit­li­ni­en, die evi­denz­ba­sier­te Ansät­ze hin­sicht­lich The­ra­pie­in­ten­si­tät und ‑dau­er umfas­sen. Für die post­sta­tio­nä­re Pha­se nach einem Schlag­an­fall geben meh­re­re inter­na­tio­na­le Leit­li­ni­en 7 8 einen inter­dis­zi­pli­nä­ren Zugang zur Behand­lung und Betreu­ung von Pati­en­ten vor. So sieht bei­spiels­wei­se die aktu­el­le S2k-Leit­li­nie „Reha­bi­li­ta­ti­on von sen­so­mo­to­ri­schen Stö­run­gen“ der Deut­schen Gesell­schaft für Neu­ro­lo­gie (DGN) eine the­ra­peu­ti­sche Ver­sor­gung weit über die Akut­pha­se hin­aus vor 7. Die Leit­li­nie „Schlag­an­fall“ der Deut­schen Gesell­schaft für All­ge­mein­me­di­zin und Fami­li­en­me­di­zin (DEGAM) wird der­zeit über­ar­bei­tet; sie gab zuletzt 30 bis 60 Minu­ten Ergo­the­ra­pie sowie Phy­sio­the­ra­pie wöchent­lich vor 8. In der Rea­li­tät ist eine ganz­heit­li­che inter­dis­zi­pli­nä­re Ver­sor­gung über den sta­tio­nä­ren Auf­ent­halt hin­aus jedoch der­zeit kaum umsetz­bar: Einer­seits stel­len der Zugang zu the­ra­peu­ti­scher Ver­sor­gung und die Not­wen­dig­keit einer maxi­ma­len Moti­va­ti­on und eines maxi­ma­len Auf­wands poten­zi­el­le Hin­der­nis­se für Pati­en­ten dar. Ande­rer­seits lei­det die Qua­li­tät the­ra­peu­ti­scher Inter­ven­tio­nen sowohl unter man­geln­dem inter­dis­zi­pli­nä­rem Aus­tausch als auch unter der feh­len­den Mess­bar­keit und Über­prü­fung des The­ra­pie­fort­schritts. Hin­zu kommt der Aspekt, dass auch die all­ge­mei­ne Ver­sor­gung eine Her­aus­for­de­rung dar­stellt: In Deutsch­land konn­te bei­spiels­wei­se in den letz­ten 20 Jah­ren ein Rück­gang von Inves­ti­tio­nen ins Reha­bi­li­ta­ti­ons­sys­tem beob­ach­tet wer­den 9. Viel zu oft fehlt eine umfang­rei­che und aus­rei­chen­de The­ra­pie für Pati­en­ten nach einem Schlag­an­fall. Haus­be­su­che wer­den oft nicht ange­bo­ten, und War­te­lis­ten sind lang. Kom­men The­ra­peu­ten ins Haus, so beträgt die ver­ein­bar­te Fre­quenz in den meis­ten Fäl­len nur ein­mal pro Woche. Ein bis zwei Stun­den The­ra­pie pro Woche mit dem The­ra­peu­ten sind aber ins­be­son­de­re für Pati­en­ten nach einem Schlag­an­fall zu wenig 3.

In der Lite­ra­tur wird eine signi­fi­kan­te Ver­bes­se­rung des Zustands nach einem Schlag­an­fall bei opti­ma­ler Aus­wahl der The­ra­pie­mit­tel sowie einer Erhö­hung der The­ra­pie­in­ten­si­tät um min­des­tens 240 % beschrie­ben. Dabei geht man aller­dings bereits von einer Inten­si­tät von fünf­mal wöchent­lich 45 Minu­ten aus. Tele­me­di­zin und Übungs­pro­gram­me zur häus­li­chen Anwen­dung bie­ten zwar eine opti­mis­ti­sche Alter­na­ti­ve. Dazu benö­ti­gen Pati­en­ten jedoch ein geeig­ne­tes Werk­zeug, umfas­sen­de Unter­stüt­zung und viel Moti­va­ti­on 10 11. Nur ein indi­vi­du­ell ange­pass­tes und effek­ti­ves Eigen­trai­ning kann auch tat­säch­lich für umfang­rei­che Fort­schrit­te sor­gen. In die­sem Zusam­men­hang zei­gen Stu­di­en, dass durch den Ein­satz von VR-Anwen­dun­gen eine Stei­ge­rung der Akti­vi­täts­gra­de bei Heim­übun­gen um 10 % im Ver­gleich zu the­ra­peu­ti­schem Eigen­trai­ning erzielt wer­den kann 12. Die im Herbst 2019 gestar­te­te E‑He­alth-Initia­ti­ve in Deutsch­land eröff­net Chan­cen für Gesund­heits­ver­sor­ger im digi­ta­len Bereich. Vor die­sem Hin­ter­grund und um ent­spre­chen­de Lösun­gen zu ent­wi­ckeln, wur­de 2017 das Start-up Rewel­lio gegrün­det. Dabei lau­te­te das Ziel nicht, The­ra­peu­ten zu erset­zen, son­dern eine qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge, umfas­sen­de und inter­dis­zi­pli­nä­re Trai­nings­mög­lich­keit für Pati­en­ten nach einem Schlag­an­fall als Zusatz zur kon­ven­tio­nel­len The­ra­pie zu schaf­fen. Bereits eine Stei­ge­rung von 2 % auf 12 % der wöchent­li­chen Zeit­res­sour­cen für The­ra­pie oder akti­ven Gebrauch des mehr betrof­fe­nen Arms (Abb. 1) kann sowohl eine signi­fi­kan­te Ver­bes­se­rung der moto­ri­schen Fähig­kei­ten als auch der Teil­ha­be für Pati­en­ten bedeu­ten 13.

Das Poten­zi­al von Spie­len und spiel­ar­ti­gem Trai­ning in der Neu­ro­re­ha­bi­li­ta­ti­on ist bekannt. Die Umset­zung die­ser in den Leit­li­ni­en emp­foh­le­nen Stra­te­gie ist Basis für vie­le Anwen­dun­gen im Rah­men der hier vor­ge­stell­ten App 14. Eine ziel­füh­ren­de Reha­bi­li­ta­ti­on nach einem Schlag­an­fall erfor­dert eine umfas­sen­de Zusam­men­ar­beit und Koor­di­na­ti­on aller Betei­lig­ten: The­ra­peu­ten, Ärz­te, Ange­hö­ri­ge und Pati­en­ten. Nur der gemein­sa­me Ein­satz und die Fest­le­gung rele­van­ter Zie­le bie­ten opti­ma­le Vor­aus­set­zun­gen für Ver­bes­se­run­gen auf Funk­ti­ons- und Par­ti­zi­pa­ti­ons­ebe­ne 15.

Häus­li­che The­ra­pie per App

Das Haupt­pro­blem, das die Autoren und Ent­wick­ler der App bei der häus­li­chen The­ra­pie beob­ach­te­ten, war die unzu­rei­chen­de Aus­schöp­fung der eige­nen Res­sour­cen der Pati­en­ten sowie eine man­geln­de Unter­stüt­zung in der „Extrem­si­tua­ti­on Schlag­an­fall“. Die App „Rewel­lio“ (Rewel­lio GmbH, Bad Ischl, Öster­reich) ermög­licht als zer­ti­fi­zier­tes Medi­zin­pro­dukt ein eigen­stän­di­ges tablet­ge­stütz­tes Trai­ning für die Berei­che „visu­el­le Funk­tio­nen“, „Bewe­gungs­vor­stel­lung“ der obe­ren Extre­mi­tät sowie „kogni­ti­ves Trai­ning“ (Abb. 2).

Kom­bi­niert mit der VR-Bril­le „Ocu­lus Quest“ (Ocu­lus, Irvine/Kalifornien, USA) und ent­spre­chen­den „Hand­con­trol­lern“ erlaubt die App eine moto­ri­sche The­ra­pie in einer Vir­tu­el­len Rea­li­tät („vir­tu­al rea­li­ty“, VR). Die App ist für Smart­phones bzw. Tablet­com­pu­ter ab den Betriebs­sys­te­men Android 7 oder iOS 11 ver­füg­bar. Nach Ablauf einer 30-Tage-Test­ver­si­on kann „Rewel­lio“ im Abon­ne­ment gegen eine monat­li­che Zah­lung genutzt wer­den. Eine spe­zi­el­le Ver­si­on mit Erwei­te­run­gen wie Assess­ments und Ver­net­zungs­funk­tio­nen steht The­ra­peu­ten gra­tis zur Verfügung.

Basis­in­hal­te der App sind evi­denz­ba­sier­te The­ra­pie­ver­fah­ren wie Moto­ri­sches Ler­nen, Cons­traint-Indu­ced Move­ment The­ra­py (CIMT) und Spie­gel­the­ra­pie. Kern­aspek­te die­ser Ver­fah­ren wie die Akti­vie­rung von Spie­gel­neu­ro­nen und repe­ti­ti­ves Trai­ning wer­den von Anfang an in die Ent­wick­lung neu­er Übun­gen inte­griert. Durch ein auto­ma­ti­sier­tes maschi­nel­les Ler­nen im Hin­ter­grund wer­den die Übun­gen in der App stu­fen­los und indi­vi­du­ell an die Pati­en­ten ange­passt 16 . Der Pati­ent selbst ent­schei­det jedoch gemein­sam mit den Betreu­ungs­per­so­nen über die indi­vi­du­el­le Aus­rich­tung des Trainings.

Die App „Rewel­lio“ ermög­licht somit eine umfas­sen­de und indi­vi­dua­li­sier­te The­ra­pie. Trai­ning ist damit nicht nur auf der Funk­ti­ons­ebe­ne, son­dern auch im glo­ba­len Kon­text der Par­ti­zi­pa­ti­on mög­lich. Durch eine ange­pass­te Stei­ge­rung der Anfor­de­run­gen kön­nen ver­schie­de­ne Funk­tio­nen in einem Trai­ning kom­bi­niert erar­bei­tet wer­den. Dadurch ent­ste­hen all­tags­na­he Her­aus­for­de­run­gen wie das Suchen und Grei­fen nach Objek­ten im Raum. Ver­schie­de­ne Modu­le erlau­ben einen geziel­ten Fokus auf das indi­vi­du­el­le Trai­ning. Die App ver­folgt dabei einen ganz­heit­li­chen Reha­bi­li­ta­ti­ons­an­satz, indem sie häu­fig auf­tre­ten­de Sym­pto­me bei Schlag­an­fall-Pati­en­ten behan­delt, bei­spiels­wei­se Arm- und Hand­läh­mun­gen sowie kogni­ti­ve oder Seh- und Sprachstörungen.

Vir­tu­al Rea­li­ty (VR) – Trai­nie­ren mit dem Avatar

Ein­schlä­gi­ge Stu­di­en der letz­ten Jah­re beto­nen den moti­vie­ren­den spie­le­ri­schen Ansatz von VR in der Reha­bi­li­ta­ti­on 17 18 19. Durch „Rewel­lio“ und die VR-Bril­le „Ocu­lus Quest“ wird die Ver­la­ge­rung des repe­ti­ti­ven Trai­nings in einen reiz­ar­men Raum ermög­licht. Im vir­tu­el­len Raum sind für den Pati­en­ten nur noch trai­nings­re­le­van­te Din­ge sicht­bar. Unter der Super­vi­si­on eines Lai­en (ein Ange­hö­ri­ger oder eine Betreu­ungs­per­son; Abb. 3) zur Steue­rung der App sowie zur Absi­che­rung der Umge­bung kann so spie­le­risch mit dem soge­nann­ten Ava­tar (Abb. 4), einer Gra­fik­fi­gur als vir­tu­el­lem The­ra­peu­ten, trai­niert wer­den. Die Objekt­plat­zie­rung im vir­tu­el­len Raum wird indi­vi­du­ell an die jewei­li­gen Fähig­kei­ten ange­passt. Auch Aspek­te wie „erlern­ter Nicht­ge­brauch“ einer Hand wer­den durch geziel­tes Set­zen und Hem­men von Rei­zen mit­ein­be­zo­gen. So wird zum Bei­spiel an der Funk­ti­on der Hand, aber auch am tat­säch­li­chen Ein­satz der Hand im All­tag gear­bei­tet. Spie­le­risch kann der akti­ve Ein­satz der mehr betrof­fe­nen obe­ren Extre­mi­tät mit­tels geziel­ter Reiz­set­zung und Fokus­sie­rung auf die Auf­ga­be und nicht auf nur eine Bewe­gung erar­bei­tet wer­den (Abb. 5). Der der­zei­ti­ge Fokus der VR-Übun­gen bei der Nut­zung von „Rewel­lio“ liegt auf vier Aspekten:

  • der Erwei­te­rung des akti­ven Greif­raums durch geziel­tes Plat­zie­ren von Objek­ten im vir­tu­el­len Raum,
  • dem ver­mehr­ten Ein­satz der stär­ker betrof­fe­nen Extremität,
  • der Explo­ra­ti­on im All­ge­mei­nen sowie
  • sdem Ziel, das repe­ti­ti­ve Trai­ning durch Lob und durch einen spie­le­ri­schen Ansatz moti­vie­rend zu gestalten.

Über­blick über die per­sön­li­che Trai­nings­si­tua­ti­on per „Dash­board“

Im soge­nann­ten Dash­board (Abb. 6) wer­den die bei den Übun­gen gewon­ne­nen reha­bi­li­ta­ti­ons­re­le­van­ten Daten gra­fisch auf­be­rei­tet. Der Nut­zer kann anhand des­sen sei­ne Fort­schrit­te über­prü­fen. Dies kommt der The­ra­pie zugu­te, denn eine adäqua­te Selbst­wirk­sam­keit und das Über­neh­men von Ver­ant­wor­tung für den Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­zess stel­len häu­fig die größ­ten Her­aus­for­de­run­gen für Pati­en­ten und ihre Ange­hö­ri­gen dar. Indi­vi­du­el­le Coping­stra­te­gien zur Ver­ar­bei­tung des Schlag­an­falls sind völ­lig nor­mal und legi­tim 20. Es kommt jedoch dar­über hin­aus dar­auf an, die Fort­schrit­te zu objek­ti­vie­ren, um sie nach­voll­zieh­bar doku­men­tie­ren zu kön­nen. Daher besteht der Zweck des Dash­boards zum einen dar­in, die per­sön­li­chen Fähig­kei­ten auf­zu­zei­gen und die Moti­va­ti­on hoch zu halten.Zum ande­ren wer­den Fort­schrit­te auf­ge­zeich­net und mess­bar gemacht. Für die betreu­en­den The­ra­peu­ten sind dar­über hin­aus zusätz­li­che Assess­ments frei­ge­schal­tet, die ergo- und phy­sio­the­ra­peu­tisch eine über­grei­fen­de Ver­laufs­do­ku­men­ta­ti­on ermöglichen.

Die lau­fen­de Aus­wer­tung und Auf­zeich­nung der Bewe­gungs­da­ten ermög­licht eine indi­vi­du­el­le Anpas­sung und eine stu­fen­lo­se Gra­du­ie­rung der ein­zel­nen Übun­gen. Als Neben­ef­fekt kön­nen die­se Daten zum Bei­spiel auch Ver­bes­se­run­gen hin­sicht­lich des Greif­raums auf­zei­gen (Abb. 7).

Moti­va­ti­on ist einer der größ­ten Moto­ren  – daher soll die­se durch Mei­len­stei­ne und Lob durch den Ava­tar in den Übun­gen mit­tels der App geför­dert wer­den (Abb. 8).

Tech­ni­sche Voraussetzungen

Als zer­ti­fi­zier­tes Medi­zin­pro­dukt ist die App „Rewel­lio“ der­zeit in Euro­pa, den USA, Kana­da und Aus­tra­li­en zuge­las­sen und mit­tels Down­loads für Tablet­com­pu­ter sowie Smart­phones mit den Betriebs­sys­te­men iOS bzw. Android erhält­lich. Um die Leis­tung und Qua­li­tät der elek­tro­ni­schen Gerä­te zu gewähr­leis­ten, inte­griert „Rewel­lio“ ver­füg­ba­re Unter­hal­tungs­elek­tro­nik. Die Hard­ware – Tablet­com­pu­ter oder Smart­phone – wird durch die App mit der Ocu­lus-Quest-VR-Bril­le ver­bun­den und ermög­licht so ein eigen­stän­di­ges Trai­ning ohne Therapeuten.

Prak­ti­sche Anwendung

Im Zuge der Ent­wick­lung stell­te sich die Fra­ge, inwie­fern Pati­en­ten nach einem Schlag­an­fall mit einem Durch­schnitts­al­ter von über 60 Jah­ren eine The­ra­pie mit einer VR-Bril­le akzep­tie­ren. Gemein­sam mit dem Neu­ro­lo­gi­schen The­ra­pie­zen­trum Gmund­ner­berg (Ober­ös­ter­reich) hat der Her­stel­ler daher eine inter­ne Anwen­der­stu­die durch­ge­führt. Die Stu­die ergab, dass VR als Tech­no­lo­gie in der The­ra­pie durch­aus auch in die­ser Alters­grup­pe anwend­bar ist. Die Befrag­ten bekun­de­ten zudem ein deut­li­ches Inter­es­se an inno­va­ti­ven Lösun­gen für die Heim­the­ra­pie. Auf der Grund­la­ge evi­denz­ba­sier­ter The­ra­pie­in­ter­ven­tio­nen wie Bewe­gungs­vor­stel­lung, moto­ri­sches Ler­nen, Aspek­te aus der Spie­gel­the­ra­pie und CIMT wur­de die App zudem als Medi­zin­pro­dukt zuge­las­sen. Um einen opti­ma­len und pati­en­ten­na­hen Fort­schritt der Ent­wick­lung zu gewähr­leis­ten, wer­den aktu­ell Pilot­kun­den sowohl im ambu­lan­ten als auch im sta­tio­nä­ren Set­ting ver­sorgt – der­zeit tes­ten 20 Kli­ni­ken in Deutsch­land, Öster­reich, Groß­bri­tan­ni­en und den USA die App.

Ers­te Rück­mel­dun­gen zei­gen, dass Pati­en­ten von ihrem tat­säch­li­chen Arm­ein­satz in der Vir­tu­el­len Rea­li­tät posi­tiv über­rascht sind. So wird zum Bei­spiel in der Bewe­gungs­ana­ly­se die sub­jek­ti­ve Wahr­neh­mung des eige­nen Kön­nens einer­seits und des tat­säch­li­chen Bewe­gungs­aus­ma­ßes ande­rer­seits rela­ti­viert. Pati­en­ten beschrei­ben in die­sem Zusam­men­hang ihre Über­ra­schung über ihre tat­säch­li­chen moto­ri­schen Fähig­kei­ten. Alte „Glau­bens­sät­ze“ wie „Die Hand kann nichts!“ kön­nen auf die­se Wei­se durch­bro­chen wer­den. Stu­di­en zur Evi­denz einer The­ra­pie per „Rewel­lio“ sind für 2020 und 2021 in Koope­ra­ti­on mit Kli­nik­part­nern geplant.

Fazit

Die der­zei­ti­ge Ver­sor­gungs­la­ge nach der Ent­las­sung von Pati­en­ten aus dem kli­ni­schen Set­ting nach einem Schlag­an­fall stellt eine Her­aus­for­de­rung dar. Die Digi­ta­li­sie­rung kann in die­sem Zusam­men­hang Lösun­gen anbie­ten. Deutsch­land posi­tio­niert sich mit der E‑He­alth-Initia­ti­ve als Vor­rei­ter für digi­ta­le Ver­sor­gungs­stra­te­gien. Die der­zeit erhält­li­che App „Rewel­lio“ wird im Jahr 2020 lau­fend aus­ge­baut und opti­miert. Als ganz­heit­li­cher The­ra­pie­an­satz soll die App The­ra­peu­ten unter­stüt­zen und Pati­en­ten im Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­zess fördern.

Inter­es­sen­kon­flikt

Die Autorin ist Mit­ar­bei­te­rin der Fir­ma Rewel­lio GmbH.

Die Autorin:
Bir­git Tev­nan, MSc
Cli­ni­cal Spe­cia­list / Rewel­lio GmbH
Tech­no­park­stra­ße 3/16
A‑4820 Bad Ischl
Öster­reich
birgit@rewellio.com

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
Tev­nan B. The­ra­pie­un­ter­stüt­zung beim Eigen­trai­ning von Pati­en­ten nach Schlag­an­fall mit­tels App und Vir­tu­al Rea­li­ty. Ortho­pä­die Tech­nik. 2020; 71 (3): 52–56
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