Notwendig dafür seien Leitverträge, die die Qualität, den Bürokratieabbau und das Wirtschaftlichkeitsgebot in der Versorgung sichern. Zugleich warnt das Bündnis vor hohen Folgekosten durch die vom GKV-Spitzenverband geforderte Rückkehr zu Ausschreibungen. Die Vorschläge des Verbandes, unnötige Bürokratie abzubauen und einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz für Hilfsmittel einzuführen, begrüßt WvD dagegen ausdrücklich.
„Leitverträge sorgen für einen fairen Wettbewerb nach einheitlichen Standards – im Interesse der gesetzlich Versicherten“, erklären die WvD-Generalsekretäre Kirsten Abel und Patrick Grunau. In den vergangenen Jahren sei durch das bestehende System ein teures Bürokratiewirrwarr aus mehr als 1.000 Verträgen gewachsen. „Zugleich haben Patientinnen und Patienten den Überblick über die ihnen zustehenden Leistungen längst verloren. Vergleichen können sie schon gar nicht. Leitverträge dagegen schaffen klare Bedingungen – auch für alle Mitbewerber im Markt“, so Abel und Grunau weiter. Zudem sorge das Reformkonzept von WvD für einen effektiven Bürokratieabbau. Verwaltungskosten würden so gespart und Ressourcen für die eigentliche Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln freigesetzt.
Dass die Krankenkassen in der aktuellen Reformdiskussion mit irreführenden Zahlen Nebelkerzen werfen, statt in einen offenen und ehrlichen Dialog einzutreten, sei nicht hinnehmbar, betonen Abel und Grunau. „Die Datenlage zeigt, dass die Abweichung bei den durchschnittlichen jährlichen Steigerungsraten der Hilfsmittelausgaben zwischen der Zeit vor (2007–2018) und den vier Jahren nach der Abschaffung von Ausschreibungen gerade mal etwa ein Prozent beträgt.“ Man müsse die Ausgabenlage in ihrer Gesamtheit betrachten und nicht auf Kostensteigerungen bei Nischenprodukten wie Elektrostimulationsgeräten verweisen und dadurch fälschlicherweise suggerieren, es gäbe exorbitante Kostensteigerungen bei Hilfsmitteln seit Ende der Ausschreibungen. „Diese Irreführung der Krankenkassen grenzt aus unserer Sicht hart an einer bewussten Desinformation von Politik und Öffentlichkeit“, ergänzen Abel und Grunau.
Grund für die wachsenden Ausgaben im Hilfsmittelbereich sei insbesondere der demografische Wandel. Etwa die Hälfte der Ausgaben im Hilfsmittelbereich entfalle auf Menschen über 65 Jahre. Zwischen 2007 und 2022 sei die Zahl um 13,3 Prozent gestiegen. Ein Trend, der sich fortsetzen werden. „Wir haben es mit einer zunehmend älteren Bevölkerung zu tun, die länger im Erwerbsleben verbleibt. Damit verbunden sind höhere Erkrankungszahlen – zum Beispiel Gelenkverschleiß, Diabetes, Tumore“, erläutern Abel und Grunau. In der Folge steige der Bedarf an Hilfsmitteln wie Orthesen, Prothesen und orthopädischen Einlagen.
Laut WvD habe die Vergangenheit gezeigt, dass Ausschreibungen auf diese Kostenentwicklungen keinen Einfluss haben. Statistiken zeigten, dass weder die Einführung von Ausschreibungen in 2007 noch ihre Abschaffung in 2019 einen nachweislichen Effekt auf die Ausgabenentwicklung bei Hilfsmitteln hatten. „Mit großer Sorge blicken wir vor diesem Hintergrund auf die vom GKV-Spitzenverband geforderte Rückkehr zu Ausschreibungen, die angeblich zu Kostensenkungen und größerer Wirtschaftlichkeit im Bereich Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenkassen führen soll“, erläutern Abel und Grunau. Das Gegenteil sei der Fall: Ausschreibungen würden sowohl die Qualität als auch die Wirtschaftlichkeit in der Versorgung gefährden. Werde in der Folge von Billigausschreibungen etwa eine Diabeteserkrankung nicht adäquat versorgt, drohten hohe Folgekosten zum Beispiel durch die Entstehung eines Diabetischen Fußsyndroms (DFS) bis hin zur Amputation mit zusätzlichen Behandlungen und Belastungen für die Betroffenen sowie Mehraufwänden in der Pflege. Während beispielsweise die konservative Versorgung mit Einlagen zum Schutz vor einem DFS gerade einmal Kosten von 113,86 Euro pro Halbjahr verursacht, liegen diese für die Versorgung eines DFS bei etwa 1.300 Euro pro Quartal.
„Ausschreibungen haben sich sowohl als schädlich für Patientinnen und Patienten als auch als unwirtschaftlich herausgestellt“, so Abel und Grunau weiter. „Daher hat der Gesetzgeber 2019 die Abschaffung der Ausschreibungen auch zu Recht mit dem Risiko für die Versorgungsqualität und dem gescheiterten Qualitätswettbewerb begründet. Vor diesem Hintergrund darf es nun kaum vier Jahre später keine Rückkehr zur Ausschreibungspraxis geben.“
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