Wis­sen ver­brei­ten für bes­se­re Ver­sor­gung der Patienten

Das Wissen über die konservativen und operativen Therapieoptionen zu verbreiten, bringe messbare Verbesserungen in der Qualität der Patientenversorgung, erklärt Dr. med. Alexander Florek. Der leitende Oberarzt an der Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Brustchirurgie, Elblandkliniken Stiftung & Co. KG/Elblandklinikum Radebeul, ist unter anderem spezialisiert auf die Behandlung des Lymphödems sowie des Lipödems. Auf der OTWorld 2022 war er einer der beiden Chairs des Kurses „Lip-Lymphödem“.

OT: Herr Dr. Flo­rek, war­um war es so wich­tig, sich auf der OTWorld der Ver­sor­gung die­ser Krank­heits­bil­der zu widmen?

Anzei­ge

Dr. Alex­an­der Flo­rek: Das pri­mä­re und sekun­dä­re ­Lymph­ödem sind chro­ni­sche, die Lebens­qua­li­tät zum Teil mas­siv beein­träch­ti­gen­de Krank­hei­ten. Auch wenn es zuneh­men­de Ver­su­che gibt, das Krank­heits­bild ope­ra­tiv zu behan­deln, bleibt die Kom­ple­xe Phy­si­ka­li­sche Ent­stau­ungs­the­ra­pie (KPE) samt Kom­pres­si­ons­ver­sor­gung und Lymph­drai­na­ge für die aller­meis­ten Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten die lebens­läng­li­che Stan­dard­the­ra­pie der Wahl. Das Wis­sen über die kon­ser­va­ti­ven und ope­ra­ti­ven The­ra­pie­op­tio­nen zu ver­brei­ten bringt mess­ba­re Ver­bes­se­run­gen in der Qua­li­tät der Pati­en­ten­ver­sor­gung. Auch das Lipö­dem ist heut­zu­ta­ge noch in aller­ers­ter Linie eine Domä­ne der kon­ser­va­ti­ven The­ra­pie mit­tels KPE.

OT: Wel­che neu­en Erkennt­nis­se gibt es hin­sicht­lich der – auch ope­ra­ti­ven – Behandlung?

Flo­rek: Bei­de Krank­hei­ten, das Lymph­ödem sowie das Lipö­dem, sind heut­zu­ta­ge noch in aller­ers­ter Linie eine Domä­ne der kon­ser­va­ti­ven The­ra­pie mit­tels KPE. Leit­li­ni­en­ge­recht erfolgt die Prü­fung der ope­ra­ti­ven The­ra­pie­op­tio­nen ja erst nach dem Aus­schöp­fen der kon­ser­va­ti­ven Maß­nah­men. Die ope­ra­ti­ven Tech­ni­ken zur The­ra­pie des Lymph­ödems wer­den kon­ti­nu­ier­lich wei­ter­ent­wi­ckelt – aller­dings nur durch eini­ge weni­ge, an der The­ma­tik inter­es­sier­ten Kolleg:innen. Gute Ergeb­nis­se kön­nen wir auf dem Gebiet der Lymph­kno­ten­trans­plan­ta­ti­on ver­zeich­nen. Aber auch die eigent­lich aus dem Bereich der Lipö­dem-The­ra­pie bekann­te Tech­nik des Fett­ab­sau­gens (Lipo­suk­ti­on) wird zuneh­mend erfolg­reich beim fort­ge­schrit­te­nen Lymph­ödem angewandt.

OT: Wie erfolg­reich ist eine Lipo­suk­ti­on bei einem Lipödem?

Flo­rek: Es exis­tiert nur eine Hand­voll Stu­di­en von gerin­gem wis­sen­schaft­li­chen Wert. Des­halb hat der Gemein­sa­me Bun­des­aus­schuss (G‑BA) im letz­ten Jahr eine kli­ni­sche Stu­die zur Wirk­sam­keit sowie vor allem auch zur Nach­hal­tig­keit des The­ra­pie­er­folgs initi­iert. Die Stu­die wird vor­aus­sicht­lich 2025 ers­te Ergeb­nis­se brin­gen. Mei­ne per­sön­li­che Erfah­rung mit der Ope­ra­ti­ons­tech­nik lässt mich jedoch begrün­det dar­auf hof­fen, dass für eini­ge Typen und Sta­di­en des Lipö­dems eine Kos­ten­über­nah­me durch die Kran­ken­kas­se mit­tel­fris­tig zu erwar­ten ist.

OT: Haben Betrof­fe­ne jetzt einen leich­te­ren Zugang zur Lipo­suk­ti­on, nach­dem das Lipö­dem ab dem Sta­di­um 3 in bestimm­ten Fäl­len zur GKV-Regel­leis­tung gewor­den ist?

Flo­rek: In der Tat ist es für die von einem 3°-Lipödem betrof­fe­nen Pati­en­tin­nen jetzt leich­ter eine Kos­ten­über­nah­me­be­stä­ti­gung zu erhal­ten. Aller­dings ist die Anzahl der durch­füh­ren­den Kli­ni­ken mit hohem Qua­li­täts­an­spruch gering. Hier spie­le ich auf das The­ma Lymph­ge­fäß-scho­nen­de Absaug­tech­nik an. Kor­re­spon­die­rend dazu ist mei­ner Mei­nung nach jedoch eben­so die Anzahl der ech­ten 3°-igen Lipö­de­me ohne wesent­li­che Adi­po­si­tas nicht zu hoch, sodass die Zahl an ope­ra­ti­ven Ein­grif­fen bei E 88.22 (ICD-10-Code Lipö­dem 3°) noch über­schau­bar bleibt.

OT: Zur­zeit wird eben­falls über den Zusam­men­hang Lipödem/Adipositas dis­ku­tiert – wie oft spie­len Lipö­dem und Adi­po­si­tas zusam­men bzw. tau­chen zusam­men auf nach Ihrer Erfahrung?

Flo­rek: Bei zuneh­men­dem BMI wird die Dia­gno­se Lipö­dem von eini­gen, nicht vor­wie­gend lym­pho­lo­gisch täti­gen Kol­le­gen zu häu­fig dia­gnos­ti­ziert. Dies kann bei den Betrof­fe­nen zu einer Fixie­rung auf das Krank­heits­bild Lipö­dem füh­ren, dem eine chro­ni­sche Pro­gre­di­enz (Fort­schrei­ten) nach­ge­sagt wird. Die Moti­va­ti­on zur eigent­lich wich­ti­gen Gewichts­re­duk­ti­on wird damit in vie­len Fäl­len genom­men. Den Anteil an ech­ten Lipö­de­men in mei­ner Spe­zi­al­sprech­stun­de für Lip- und Lymph­ödem­pa­ti­en­tin­nen wür­de ich daher mit 20 bis 30 Pro­zent ansetzen.

Die Fra­gen stell­te Cath­rin Günzel.

 

Kom­ple­xe Phy­si­ka­li­sche Ent­stau­ungs­the­ra­pie (KPE) ist Goldstandard
Obwohl bei­de Erkran­kun­gen ver­schie­de­ne Ursa­chen haben, wird sowohl beim Lymph­ödem als auch beim Lipö­dem – beson­ders in frü­hen Sta­di­en – die Kom­ple­xe Phy­si­ka­li­sche Ent­stau­ungs­the­ra­pie (KPE) ein­ge­setzt. Zum the­ra­peu­ti­schen Team gehö­ren neben der Ärz­te­schaft eben­so Therapeut:innen und die Fach­leu­te im Sani­täts­fach­han­del. Spe­zi­ell bei der Behand­lung des Lipö­dems ist unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen eine Lipo­suk­ti­on (Fett­ab­sau­gung) eine Opti­on. Zur­zeit gehört sie für eini­ge Betrof­fe­ne befris­tet bis 31. Dezem­ber 2024 zu den Regel­leis­tun­gen der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung (GKV). Vor­aus­set­zun­gen für eine GKV-Leis­tung sind: Lipö­dem ab Sta­di­um 3, Body-Mass-Index unter 35, Erfolg­lo­sig­keit der kon­ser­va­ti­ven Behand­lung; ab BMI über 35 soll zusätz­lich eine Adi­po­si­tas-The­ra­pie durch­ge­führt wer­den und ab BMI über 40 ist Lipo­suk­ti­on kei­ne Kas­sen­leis­tung, hier soll eine Adi­po­si­tas-Behand­lung erfolgen. 

 

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