Was denkt die Zukunft der OT über das Handwerk?

Wie tickt der OT-Nachwuchs? Dieser spannenden Frage ist der Verlag OT in einem Pilotprojekt zusammen mit dem Max-Born-Berufskolleg in Recklinghausen über mehrere Monate auf den Grund gegangen.

Ein wesent­li­cher Bestand­teil der Koope­ra­ti­on war das soge­nann­te Azu­bi-Baro­me­ter, ein Feed­back­ka­ta­log, den rund 100 Schüler:innen der Berufs­schu­le anonym im Unter­richt beant­wor­te­ten. So gab mehr als die Hälf­te der Befrag­ten an, dass jeweils die Inter­es­sen „Hand­werk“, „Gesund­heit“ und „Tech­nik“ maß­geb­lich ihre Ent­schei­dung beein­flusst hät­ten, eine Aus­bil­dung zum/zur Orthopädietechniker:in zu begin­nen. Dage­gen spiel­te die „Aus­sicht auf einen siche­ren Arbeits­platz“ nur bei etwa 15 Pro­zent eine wich­ti­ge Rol­le. „Kar­rie­re­mög­lich­kei­ten“ waren sogar nur bei 5 % aus­schlag­ge­bend. Etwas mehr als ein Vier­tel der Azu­bis hat­te bereits vor der Wahl der Aus­bil­dung über das per­sön­li­che Umfeld Ein­blick in den Beruf. So ver­wun­dert es auch nicht, dass Fami­lie, Freun­de und Bekann­te neben dem Inter­net als Haupt­informationsquelle im Vor­feld genannt wur­den. Mit etwas Abstand folg­ten der direk­te Kon­takt zum Sani­täts­haus und der Gang zum Berufsinformationszentrum.

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Ohne finan­zi­el­le Unter­stüt­zung geht es oft nicht

Ein pre­kä­res The­ma bleibt die Ent­loh­nung der Aus­zu­bil­den­den. Weni­ger als 10 Pro­zent der Befrag­ten gaben an, von ihrem Gehalt aus­rei­chend ihren Lebens­un­ter­halt bestrei­ten zu kön­nen. Fast die Hälf­te wohnt noch bei ihren Eltern und muss dadurch nur einen Teil der anfal­len­den Kos­ten selbst tra­gen. Knapp 40 % benö­ti­gen finan­zi­el­le Unter­stüt­zung wäh­rend der Aus­bil­dung. Eine Ver­kür­zung der Aus­bil­dungs­zeit auf 2,5 Jah­re kommt aller­dings nur für weni­ge infra­ge. Für 90 % der Befrag­ten dau­ert die­se regu­lär 3 Jah­re. Knapp zwei Drit­tel der Schüler:innen emp­fin­det die Dau­er der Aus­bil­dung als „genau rich­tig“. Zwar gaben auch etwa 20 % an, kei­ne kla­re Mei­nung zu haben, aber als „zu lang“ oder „zu kurz“ hal­ten nur jeweils 5 % den ent­spre­chen­den Zeitraum.

Maxi­mal drei Ant­wort­op­tio­nen konn­ten die Azu­bis auf die Fra­ge in Anspruch neh­men, was sie sich denn von ihrem Aus­bil­dungs­be­trieb wün­schen wür­den. Fast die Hälf­te gab an, Inter­es­se an erwei­ter­ten Fort- und Wei­ter­bil­dungs­mög­lich­kei­ten wie dem Besuch von Kon­gres­sen und Mes­sen zu haben. Rund jeweils ein Drit­tel hät­te ger­ne „mehr Zeit zum Üben“ und „mehr Kon­takt zu Patient:innen“. Mit Blick in Rich­tung Berufs­schu­le gab es mit 60 % eine her­aus­ge­ho­be­ne Ant­wort: „Mehr Pra­xis­be­zug“! Eben­falls in Sum­me 60 % der Befrag­ten gaben an, den eige­nen Aus­bil­dungs­plan als „sehr gut“ oder „gut“ zu emp­fin­den. Als „schlecht“ beur­teil­ten die­sen nur etwa 5 %.

Digi­ta­le Aus­stat­tung mit Luft nach oben

Zwei Fra­gen des Azu­bi-Baro­me­ters beschäf­tig­ten sich expli­zit mit der digi­ta­len Aus­stat­tung in den Betrie­ben. Im Kon­text der Mög­lich­kei­ten zum Scan­nen und Model­lie­ren ver­gab ein Drit­tel der Aus­zu­bil­den­den das Prä­di­kat „gut“, rund 40 % ten­dier­ten zu einer „in Ordnung“-Bewertung. Weni­ger schmei­chel­haft sieht es in der Addi­ti­ven Fer­ti­gung aus. Jeweils etwas mehr als ein Vier­tel der Befrag­ten gab der Aus­stat­tung der Betrie­be ein „gut“ oder „in Ord­nung“, aber ein Drit­tel ant­wor­te­te mit einem ein­deu­ti­gen „schlecht“. Hier besteht also defi­ni­tiv Verbesserungsbedarf.

Nach ihrer beruf­li­chen Zukunft gefragt, sind vie­le Aus­zu­bil­den­de noch unschlüs­sig. Die Hälf­te von ihnen ant­wor­te­te mit einem „weiß ich noch nicht“ auf die Fra­ge, ob sie eine Meis­ter­prü­fung ins Auge gefasst hät­ten. Den­noch darf das Hand­werk bei die­sem Punkt opti­mis­tisch sein, denn mehr als ein Drit­tel ant­wor­te­te hier mit „ja“. Anders ver­hält es sich in Bezug auf ein mög­li­ches Stu­di­um, das nur etwas mehr als 10 Pro­zent anstre­ben. Fast 60 % schlie­ßen die­sen wei­te­ren Bil­dungs­weg zum jet­zi­gen Zeit­punkt aus.

Quer­ein­stieg in die Orthopädie-Technik

Und wie schaut es mit einer Betriebs­über­nah­me aus? Wäh­rend sich etwa ein Vier­tel der Befrag­ten in die­ser ver­ant­wort­li­chen Posi­ti­on sieht, ist ein Drit­tel der­zeit noch unschlüs­sig. Zu ergän­zen ist an die­ser Stel­le die Tat­sa­che, dass knapp 5 % der Schü­ler­schaft bereits ein Stu­di­um und 20 % eine ander­wei­ti­ge Aus­bil­dung abge­schlos­sen haben. Hier zeigt sich das Poten­zi­al, Quereinsteiger:innen für die Ortho­pä­die-Tech­nik zu gewin­nen. Bei den klas­si­schen Schul­ab­schlüs­sen ist das Abitur (mehr als 40 %) pri­mär genannt wor­den, gefolgt von Fach­hoch­schul­rei­fe und Mitt­le­rem Schul­ab­schluss (jeweils zu einem Vier­tel). Dass das Hand­werk schon seit eini­ger Zeit kein klas­si­scher „Männer­beruf“ mehr ist, war bereits bekannt und wird in die­ser Umfra­ge noch ein­mal bestä­tigt, denn mehr als die Hälf­te der Befrag­ten ist weiblich.
Zur Abrun­dung der Umfra­ge ging der Blick abschlie­ßend noch weg von Werk- und Schul­bank und hin zur Social-Media-Nut­zung. Sat­te 80 % gaben an, einen Insta­gram-Account zu besit­zen, zwei Drit­tel schau­en regel­mäßig Vide­os auf You­tube, die Hälf­te nutzt regel­mä­ßig Snap­chat und immer­hin noch 40 % Tik­Tok. Dage­gen spielt Face­book nur noch bei einer Min­der­heit (15 %) eine Rol­le. Die Busi­ness-Por­ta­le ­Lin­ke­dIn und Xing wer­den von den Aus­zu­bil­den­den so gut wie gar nicht genutzt.

Fazit

Wie las­sen sich die genann­ten Zah­len nun für die Bran­che nut­zen? Wel­che Leh­ren soll­ten gezo­gen wer­den? Um über­haupt auf das eige­ne Berufs­bild auf­merk­sam zu machen, ist es wich­tig, sicht­bar zu sein. Zum einen durch ein auch für jun­ge Men­schen inter­es­san­tes Erschei­nungs­bild im sta­tio­nä­ren Han­del, zum ande­ren durch digi­ta­le Prä­senz auf ziel­grup­pen-rele­van­ten Social-Media-Kanä­len. Betrie­be kön­nen sich außer­dem aktiv an die Berufsbildungszen­tren in ihrer Umge­bung wen­den, um dort das eige­ne Hand­werk als span­nen­den Arbeits­platz zu hin­ter­le­gen. Inves­tie­ren Sie als Sani­täts­haus in moder­ne Arbeits­plät­ze, um den Nach­wuchs über die Aus­bil­dung hin­aus im Fach zu hal­ten. Er­arbeiten Sie krea­ti­ve Mög­lich­kei­ten, um die Azu­bis über das klas­si­sche Gehalt hin­aus zu unter­stüt­zen. Schaf­fen Sie Frei­räu­me für den Besuch von Fach­ver­an­stal­tun­gen, wie ­z. B. über das Ange­bot „Jugend.Akademie TO“ des Bun­des­in­nungs­ver­ban­des zur OTWorld und zum DKOU-Kongress.

Die Chan­cen für eine nach­hal­ti­ge För­de­rung neu­er Fach­kräf­te ste­hen grund­sätz­lich gut. Denn, das zeigt das Azu­bi-Baro­me­ter, der Beruf an sich ist bei den Aus­zu­bil­den­den sehr beliebt. Der Nach­wuchs ist lei­den­schaft­lich ger­ne Orthopädietechniker:in. Eine Wei­ter­ent­wick­lung zum/zur Meister:in ist bei vie­len zumin­dest eine Opti­on, und auch für die Über­nah­me eines Betriebs ist die Bereit­schaft in aus­rei­chen­dem Maße gege­ben. Die­ses Poten­zi­al gilt es nun vom Fach gemein­schaft­lich für die Zukunft des Hand­werks zu nutzen.

Fach­ma­ga­zin auf dem Prüfstand
Als Ver­lag woll­ten wir von den Schüler:innen des Max-Born-Berufs­kol­legs nicht nur wis­sen, wie sie ihre Aus­bil­dung bewer­ten, son­dern auch, wie sie das Fach­ma­ga­zin beur­tei­len. Vor allem Pro­dukt­neu­hei­ten und Infor­ma­tio­nen zur Aus- und Wei­ter­bil­dung (jeweils mehr als 55 %) sind für den Nach­wuchs rele­vant. Direkt im Anschluss fol­gen bereits wis­sen­schaft­li­che Bei­trä­ge (40 %). Jeweils ein Drit­tel zeigt her­aus­ge­ho­be­nes Inter­es­se an Ver­an­stal­tun­gen, Bei­trä­gen zum Sani­täts­fach­han­del und zur Digi­ta­li­sie­rung. Auf der Wunsch­lis­te ste­hen u.  a. „mehr Pati­en­ten­ge­schich­ten“, „mehr inter­na­tio­na­le Inhal­te“ und eine grö­ße­re Anrei­che­rung der Arti­kel mit Bild­ma­te­ri­al. Ein Vier­tel der Azu­bis gab an, dass die wis­sen­schaft­li­chen Bei­trä­ge für sie „sehr ver­ständ­lich“ sei­en, zwei Drit­tel ant­wor­te­ten mit „teil­wei­se ver­ständ­lich“ und jeweils etwas weni­ger als 10 % emp­fin­den die Bei­trä­ge als „schwer ver­ständ­lich“ oder ent­hiel­ten sich einer Antwort. 

 

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