Ver­sor­gungs­kon­zept beim dia­be­ti­schen Char­cot-Fuß mit Fokus auf Typ San­ders 2–4

T. B. Budny, J. Hardes, G. Gosheger
Die Charcot-Arthropathie ist eine charakteristische Komplikation des diabetischen Fußes. Sie kann mit ausgeprägten Fehlstellungen bzw. Luxationen mit daraus resultierender Ulkusbildung und einem hohen Amputationsrisiko einhergehen, bedingt durch Superinfektionen. Traditionell wird die aktivierte NOAP konservativ behandelt, jedoch können massive Instabilitäten, Fehlstellungen und rezidivierende Ulzera des Fußes eine chirurgische Therapie notwendig machen, um eine Amputation zu verhindern. Das operative Management dieser Hochrisikopatienten stellt hohe Anforderungen an das interdisziplinäre Team; dessen Zusammenspiel ist der entscheidende Schlüssel für den Langzeiterfolg. In dem Beitrag wird das Münsterische Versorgungskonzept beim diabetischen Charcot-Fuß vorgestellt.

Einführung/Definition

Die Char­cot-Arth­ro­pa­thie bzw. neu­ro­pa­thi­sche Osteo­ar­th­ro­pa­thie (NOAP) des Fußes und Sprung­ge­len­kes ist eine schwer­wie­gen­de Form des Dia­be­ti­schen Fuß­syn­droms. Es ist ein defor­mie­ren­der und zer­stö­re­ri­scher Pro­zess auf dem Boden einer Poly­neu­ro­pa­thie, der zu gra­vie­ren­den Insta­bi­li­tä­ten, rezi­di­vie­ren­den Ulzera und bak­te­ri­el­len Super­in­fek­tio­nen füh­ren kann (Abb. 1). Schluss­end­lich kann die­ses Erkran­kungs­bild bis zur Ampu­ta­ti­on füh­ren. Ziel der Behand­lung des Char­cot-Fußes ist es daher, eine Ampu­ta­ti­on zu ver­hin­dern. Dies gilt vor allem für die Majo­ram­pu­ta­ti­on, da die­ser Ein­griff ins­be­son­de­re beim dia­be­ti­schen Pati­en­ten sta­tis­tisch signi­fi­kant mit erhöh­ter Mor­bi­di­tät und Mor­ta­li­tät ein­her­geht 123.

Anzei­ge

Die Char­cot-Arth­ro­pa­thie des Fußes wur­de bei vie­len Ätio­lo­gien wie Syphi­lis, Lepra, Syrin­go­mye­lie, Anal­ge­sie­syn­drom, her­edi­tä­ren Neu­ro­pa­thien, Mor­bus Bureau-Bar­riè­re, trau­ma­ti­scher Quer­schnitts­sym­pto­ma­tik und zahl­rei­chen wei­te­ren ange­bo­re­nen und erwor­be­nen Erkran­kun­gen des peri­phe­ren oder zen­tra­len Ner­ven­sys­tems beschrie­ben 4. Unter den vie­len Ätio­lo­gien stellt der Dia­be­tes mel­li­tus in unse­rer moder­nen Zeit die Haupt­ur­sa­che für den Char­cot-Fuß dar, weil er in ca. 75 % der Fäl­le als Haupt­ur­sa­che für eine dista­le sym­me­tri­sche Poly­neu­ro­pa­thie kau­sal ver­ant­wort­lich ist 5. Eine dia­be­ti­sche Neu­roos­teo­ar­th­ro­pa­thie (DNOAP) ent­wi­ckelt sich bei ca. 9 bis 32 % aller Pati­en­ten mit dia­be­ti­scher Neu­ro­pa­thie – mit hoher Dun­kel­zif­fer 6789. Die Char­cot-Arth­ro­pa­thie stellt eine hohe Gefahr einer Ulzer­a­ti­on im Fuß­be­reich mit kon­se­ku­ti­ver Super­in­fek­ti­on und dro­hen­der (Teil-)Amputation dar, ins­be­son­de­re wenn sie spät oder gar nicht dia­gnos­ti­ziert wur­de. Bei mani­fes­ter Char­cot-Arth­ro­pa­thie ist mit einer jähr­li­chen Ampu­ta­ti­ons­ra­te von 2,7 % zu rech­nen 10.

Der genaue Pathome­cha­nis­mus der dia­be­ti­schen neu­ro­pa­thi­schen Osteo­ar­th­ro­pa­thie bleibt in vie­len Punk­ten unklar und ist seit mehr als 100 Jah­ren umstrit­ten. Für die Ent­ste­hung der Osteo­ar­th­ro­pa­thie ist stets eine Poly­neu­ro­pa­thie ver­ant­wort­lich, zuerst der sen­si­blen, spä­ter auch der moto­ri­schen und sym­pa­thi­schen Ner­ven­fa­sern. Eine Hypo­the­se in die­sem Zusam­men­hang basiert auf der neu­ro­vas­ku­lä­ren Theo­rie: Mit Schä­di­gung des Ner­ven­sys­tems kommt es dem­nach zu einer gestei­ger­ten peri­phe­ren Zir­ku­la­ti­on infol­ge einer Gefäß­weit­stel­lung und damit zu einem Aus­wasch­phä­no­men des Kno­chens mit Ver­lust der Belastbarkeit.

Eine zwei­te Hypo­the­se basiert auf dem neurotraumatischen/inflammatorischen Modell: Durch den weit­ge­hen­den Ver­lust der Sen­so­mo­to­rik kommt es zu repe­ti­ti­ven Mikro­trau­ma­ta. Dies führt zur Frei­set­zung inflamm­a­to­ri­scher Boten­stof­fe, die eine Ent­zün­dungs­ket­te akti­vie­ren. Die­se ent­spricht kli­nisch dem typi­schen Bild einer aku­ten Osteo­ar­th­ro­pa­thie mit hoch­ro­tem, geschwol­le­nem und über­wärm­tem Fuß.

Kli­nik

Kli­nisch impo­niert die akti­vier­te DNOAP typi­scher­wei­se mit einem ein­sei­tig geschwol­le­nen, gerö­te­ten und über­wärm­ten Fuß ohne oder mit gerin­gen Schmer­zen bei meist erhal­te­nen Fuß­pul­sen. Auf­fäl­lig ist eine Poly­neu­ro­pa­thie, die durch Tes­tung der Sen­si­bi­li­tät, der Refle­xe und des Vibra­ti­ons­emp­fin­dens schnell und sicher iden­ti­fi­ziert wer­den kann. Die Beweg­lich­keit kann ein­ge­schränkt sein, oder es kön­nen auch patho­lo­gi­sche Bewe­gun­gen bei Insta­bi­li­tä­ten – oft schmerz­los – pro­vo­ziert wer­den. Äußerst sel­ten ist die Sym­pto­ma­tik gleich­zei­tig beid­seits. Dage­gen ist die Wahr­schein­lich­keit für die bila­te­ra­le Ent­wick­lung eines Char­cot-Fußes, die nicht zeit­gleich erfolgt, höchst­wahr­schein­lich groß 11. Sie schwankt aber stark in den unter­such­ten Pati­en­ten­kol­lek­ti­ven – zwi­schen 9 % und 75 % 12.

Die­se impo­san­te Sym­pto­ma­tik kann zur Fehl­dia­gno­se der Infek­ti­on füh­ren. Als Kon­se­quenz dar­aus droht in die­sen Fäl­len die Ampu­ta­ti­on des Fußes zur Ver­hin­de­rung der vita­len Gefähr­dung des Pati­en­ten 13. Das Labor hilft eben­falls nicht sicher, eine kli­nisch nicht aus­zu­schlie­ßen­de Osteo­mye­li­tis von der DNOAP labor­che­misch zu unter­schei­den, da bei bei­den erhöh­te Leu­ko­zy­ten- und CRP-Wer­te vor­lie­gen kön­nen. Aktu­ell bleibt daher die Kennt­nis der Kli­nik Grund­la­ge der Dia­gnos­tik. Bleibt die Dia­gno­se wei­ter unklar, kön­nen intra­ope­ra­tiv gewon­ne­ne Gewe­be­pro­ben zur his­to­lo­gi­schen und mikro­bio­lo­gi­schen Unter­su­chung wei­ter­hel­fen 141516. Häu­fig jedoch fin­det sich simul­tan zur DNOAP eine Super­in­fek­ti­on – ins­be­son­de­re beim Vor­lie­gen tief­ge­hen­der Ulzera bis zum Kno­chen. Das kau­sa­le Krank­heits­ge­sche­hen stellt jedoch die DNOAP dar, die einer kon­ser­va­ti­ven oder im Fal­le der Ulzer­a­ti­on ope­ra­ti­ven The­ra­pie bedarf.

Die DNOAP wird klas­sisch nach Eichen­holtz (kli­nisch und radio­lo­gisch) in 3 Sta­di­en eingeteilt:

  • Sta­di­um I (Auf­lö­sung): Kli­nisch zeigt sich ein geschwol­le­ner und über­wärm­ter Fuß. Die Haut ist ange­spannt und manch­mal blu­tig unter­lau­fen. Radio­lo­gisch sind ein deut­li­ches Weich­teilö­dem sowie eine Kno­chen­dich­te­min­de­rung teil­wei­se bis zur kom­plet­ten Auf­lö­sung von Gelen­ken und Kno­chen sichtbar.
  • Sta­di­um II (Repa­ra­ti­on, Auf­räu­men): Schwel­lung und Über­wär­mung sind rück­läu­fig. Radio­lo­gisch liegt eine Remi­ne­ra­li­sie­rung und Skle­ro­sie­rung des Kno­chens bei rück­läu­fi­gem Ödem vor.
  • Sta­di­um III (Resti­tu­ti­on, Wie­der­auf­bau): Die kli­ni­schen Sym­pto­me sind ver­schwun­den. Der Fuß kann teil­wei­se gro­tes­ke Fuß­fehl­stel­lun­gen auf­wei­sen. Radio­lo­gisch kommt eine Kon­den­sa­ti­on mit Remo­del­lie­rung des Kno­chens unter Auf­he­bung der ana­to­mi­schen Gelenk­gren­zen mit knö­cher­ner oder fibrö­ser Anky­lo­se zur Darstellung.

Durch die Ein­füh­rung der MRT-Tech­no­lo­gie wur­de die Ein­tei­lung von Shi­ba­ta, Tada und Hash­i­zu­me modi­fi­ziert durch die Ein­füh­rung eines „inflamm­a­to­ry or 0 stage“ 1718. Kli­nisch zeigt sich dabei die Sym­pto­ma­tik aus Sta­di­um 1. In der kon­ven­tio­nell radio­lo­gi­schen Unter­su­chung zei­gen sich aber kei­ne oder nur mini­ma­le Ver­än­de­run­gen. Im MRT zei­gen sich dage­gen Öde­me des Kno­chen­marks bzw. klei­ne nicht­dis­lo­zier­te patho­lo­gi­sche Frak­tu­ren. In jüngs­ter Zeit wird aber emp­foh­len, in akti­ve (Sta­di­um 0–2 nach Eichen­holtz) oder inak­ti­ve (Sta­di­um 3 nach Eichen­holtz) Sta­di­en zu dif­fe­ren­zie­ren, um den inflamm­a­to­ri­schen bzw. aus­ge­brann­ten Zustand der Char­cot-Arth­ro­pa­thie zu beschrei­ben 19.

Zur topo­gra­phi­schen, rein radio­lo­gi­schen Ein­tei­lung nach Befalls­mus­ter wird meist die Klas­si­fi­ka­ti­on nach San­ders u. Fryk­berg ver­wen­det. In Anleh­nung an die Unter­tei­lung von San­ders wird die dia­be­tisch-neu­ro­pa­thi­sche Osteo­ar­th­ro­pa­thie in fünf Haupt­ty­pen klas­si­fi­ziert, die den Haupt­prä­di­lek­ti­ons­stel­len der Erkran­kung am Fuße ent­spre­chen. Dabei wird die Häu­fig­keit für den Befall von San­ders & Fryk­berg wie folgt ange­ge­ben: Typ I = 15 % ‚Typ II = 40 % , Typ III = 30 % , Typ IV = 10 % und Typ V = 5 %. Kol­ler ermit­tel­te ähn­li­che Ergeb­nis­se in sei­ner Stu­die 20. Die häu­figs­ten Ver­än­de­run­gen am Fuß der dia­be­tisch-neu­ro­pa­thi­schen Osteo­ar­th­ro­pa­thie ent­fal­len somit auf die Typen I, II und III (ca. 80 %). Nicht sel­ten zeigt sich ein kom­bi­nier­tes Befalls­mus­ter (Abb. 2) 21.

  • Typ I: Beim Typ I fin­det man Kno­chen­ne­kro­sen im Bereich der Meta­tar­so­phal­an­ge­al­ge­len­ke. Die­se Nekro­sen kön­nen zur soge­nann­ten „can­dy stick defor­mi­ty“ („Zucker­stän­gel-Defor­mi­tät“) des Kno­chens füh­ren, mit der Gefahr der knö­cher­nen Durch­spie­ßung der Fußsohlenhaut.
  • Typ II: Typ II betrifft die Tar­so­me­ta­tar­sal­ge­len­ke, also den Bereich des Lis­franc-Gelenks, und hat als wesent­li­che Kon­se­quenz – wie beim Typ III – den Ver­lust der Rück­fuß­sta­tik zur Fol­ge. Es kommt häu­fig zur Aus­bil­dung eines Knick-Platt­fu­ßes mit deut­li­cher Vorfußabduktion.
  • Typ III: Beim Typ III der DNOAP ist die Nekro­se haupt­säch­lich auf den Bereich des Cho­part-Gelenks, den Bereich zwi­schen Talus und Os navicu­la­re, begrenzt. Hier ent­wi­ckelt sich der klas­si­sche Tin­ten­lösch­erfuß mit völ­li­gem Ein­bre­chen des Längs­ge­wöl­bes und Druck­über­las­tung in der Mit­te der Fußsohle.
  • Typ IV: Bei die­sem Typ, der zu den sel­te­ne­ren Ver­laufs­for­men zählt, zeigt sich die Ver­än­de­rung im Bereich des obe­ren Sprung­ge­lenks (OSG). Es kommt dabei häu­fig zu mas­si­ven Instabilitäten.
  • Typ V: Die­se sel­te­ne Ver­laufs­form der DNOAP betrifft den Cal­ca­neus und das dazu­ge­hö­ri­ge talo­cal­ca­nea­re Gelenk. Es führt zum Zusam­men­bre­chen die­ses Gelenk­ab­schnit­tes mit der zwangs­läu­fi­gen Ver­plum­pung des gesam­ten Rück­fu­ßes oder zu Schna­bel­frak­tu­ren des Cal­ca­neus, bedingt durch den Zug der Achillessehne.

Es exis­tie­ren noch wei­te­re Ein­tei­lun­gen, die das kli­ni­sche Bild aber nicht wesent­lich prä­zi­ser klas­si­fi­zie­ren. CT, MRT und Szin­ti­gra­phie kön­nen wei­ter­ge­hen­de Infor­ma­tio­nen z. B. zur Kno­chen­stel­lung bei­tra­gen, gehö­ren aber nicht zur Stan­dard­dia­gnos­tik. Sen­si­ti­vi­tät und Spe­zi­fi­tät die­ser Unter­su­chun­gen erlau­ben aber eben­falls kei­ne siche­re Abgren­zung einer aku­ten DNOAP von einer Kno­chen­in­fek­ti­on oder DNOAP mit Kno­chen­in­fek­ti­on. Ledig­lich im frü­hen Sta­di­um 0 der DNOAP ohne vor­he­ri­ge Ulzera erlau­ben Ver­än­de­run­gen im MRT mit typi­scher Kli­nik eine nahe­zu siche­re Dia­gnos­tik der DNOAP 22.

The­ra­pie­kon­zept

Das Manage­ment der DNOAP (Abb. 3) ist kom­plex und häu­fig mit Kom­pli­ka­tio­nen behaf­tet. Die Ein­tei­lung in akti­ve und inak­ti­ve Sta­di­en ist von größ­ter Bedeu­tung für das the­ra­peu­ti­sche Vor­ge­hen. Im kli­nisch akti­ven Sta­di­um hat die kon­ser­va­ti­ve Behand­lung mit­tels Total-Cont­act-Cast Vor­rang; etwa 75 % der Pati­en­ten kön­nen kon­ser­va­tiv behan­delt wer­den 23. Der Total-Cont­act-Cast gilt als Gold­stan­dard in der Behand­lung des akti­vier­ten Char­cot-Fußes, wobei der Wal­ker eine Alter­na­ti­ve dar­stellt, ins­be­son­de­re wenn kei­ne TCC-Behand­lung mög­lich oder nicht gewünscht ist. Die The­ra­pie im Total-Cont­act-Cast wird für 6 bis 12 Wochen durch­ge­führt. Erfolgt sie früh­zei­tig und effi­zi­ent, kann ein Zusam­men­bre­chen der knö­cher­nen Struk­tu­ren ver­hin­dert wer­den 24.

Anschlie­ßend hat sich eine Ver­sor­gung in einer Unter­schen­kel­or­the­se für wei­te­re 3 bis 12 Mona­te bewährt 25. Hier­bei muss aller­dings die deut­lich ver­zö­ger­te Kno­chen­hei­lung bei DNOAP berück­sich­tigt wer­den. Ist es zu einer knö­cher­nen Kon­so­li­die­rung gekom­men bzw. ist der Char­cot-Fuß inak­tiv, kann der Pati­ent mit ortho­pä­di­schen Maß­schu­hen ver­sorgt und mobi­li­siert werden.

Bei kon­ser­va­tiv nicht beherrsch­ba­rer kom­ple­xer Fehlstellung/Instabilität, chro­ni­schen Ulzera oder auf­ge­setz­ter Osteo­mye­li­tis besteht eine Ope­ra­ti­ons­in­di­ka­ti­on. Tritt ein mas­si­ver, tie­fer Infekt mit sep­ti­schen Zei­chen ein, muss schnellst­mög­lich gehan­delt wer­den, um fata­le Fol­gen wie Ampu­ta­tio­nen oder sogar das Ver­ster­ben an einer Sep­sis zu verhindern.

The­ra­pie­ziel ist stets die Ver­hin­de­rung einer Ampu­ta­ti­on. Eine Aus­nah­me bil­det die Char­cot-Arth­ro­pa­thie nach Sanders/Frykberg Typ 1. In die­sem Fall wird bei einer not­wen­di­gen ope­ra­ti­ven Ver­sor­gung in der Kli­nik der Ver­fas­ser eine „inne­re Ampu­ta­ti­on“ nach Baum­gart­ner durch­ge­führt. Wei­te­re Zie­le sind eine schmerz­freie Geh­fä­hig­keit in ortho­pä­di­schem Schuh­werk sowie die­Er­hö­hung der Akti­vi­täts­klas­se der Patienten.

Die Art und Wei­se einer adäqua­ten ope­ra­ti­ven The­ra­pie wird stark kon­tro­vers dis­ku­tiert. Nach Auf­fas­sung der Ver­fas­ser ist die exter­ne Fix­a­ti­on ein geeig­ne­tes, effek­ti­ves und äußerst varia­bles Ver­fah­ren mit rela­tiv gerin­ger Kom­pli­ka­ti­ons­ra­te. Es kön­nen sowohl akti­ve als auch inak­ti­ve Osteo­ar­th­ro­pa­thien mit einem Fix­a­teur exter­ne behan­delt wer­den. In der Regel wird eine Arthro­de­se oder zumin­dest eine straf­fe und belast­ba­re Pseud­arthro­se her­ge­stellt, die eine schmerz­freie Mobi­li­sa­ti­on unter Voll­be­las­tung ermöglicht.

Das Ver­sor­gungs­kon­zept bei der ope­ra­ti­ven Schie­ne ähnelt dem kon­ser­va­ti­ven Kon­zept. Die Fix­a­teur-exter­ne-The­ra­pie wird für 6 bis 12 Wochen durch­ge­führt. Die Ver­fas­ser zie­hen 8 bis 12 Wochen vor, die The­ra­pie­dau­er ist aber abhän­gig von der Com­pli­ance und der Mit­ar­beit des Pati­en­ten und kann sich auf ein Mini­mum von 6 Wochen redu­zie­ren. Anschlie­ßend hat sich eine Ver­sor­gung in einer Unter­schen­kel­or­the­se für wei­te­re 3 bis 9 (12) Mona­te bewährt. Ist es zu einer knö­cher­nen Kon­so­li­die­rung bzw. straf­fen Pseud­arthro­se gekom­men, kann der Pati­ent mit ortho­pä­di­schen Maß­schu­hen ver­sorgt und mobi­li­siert werden.

Das ope­ra­ti­ve Ver­fah­ren im Einzelnen

Der ope­ra­ti­ve Zugang erfolgt abhän­gig von der Loka­li­sa­ti­on der Char­cot-Arth­ro­pa­thie. Bei aus­ge­präg­ten Defor­mi­tä­ten zie­hen die Ver­fas­ser einen bila­te­ra­len Zugang vor. Neben einer sorg­fäl­ti­gen Ent­fer­nung avi­ta­len Kno­chen­ge­we­bes erfolgt gege­be­nen­falls eine Resek­ti­on infi­zier­ten Gewe­bes sowie eine Abtra­gung von Pseu­do­exosto­sen. Die allei­ni­ge Abtra­gung von Pseu­do­exosto­sen kann in eini­gen Fäl­len als allei­ni­ge ope­ra­ti­ve Behand­lungs­me­tho­de aus­rei­chend sein. Bei vor­han­de­nen Ulzera bzw. Infek­tio­nen wer­den gen­ta­micin­hal­ti­ge Anti­bio­ti­ka­trä­ger appli­ziert. Auto­lo­ge Spon­gio­sa bzw. Kno­chen­er­satz­stof­fe kön­nen in die rest­li­chen Defek­te nach Repo­si­ti­on und Anfri­schung der Gelenk­part­ner inter­po­niert wer­den. Fix­a­teur-Pins mit zen­tra­lem Gwin­de wer­den in die Meta­tar­sa­li­a­köpf­chen­rei­he, den Cal­ca­neus und die Tibia ein­ge­bracht. Nach Repo­si­ti­on des Fußes wird der Fix­a­teur exter­ne mon­tiert, in der Kli­nik der Ver­fas­ser der Hoff­mann-II-Fix­a­teur als bila­te­ra­le Rah­men­kon­struk­ti­on (Abb. 4). Ziel­vor­ga­be für die drei­di­men­sio­na­le Stel­lungs­kor­rek­tur ist hier­bei die lot­ge­rech­te Ein­stel­lung des Fußes in der fron­ta­len Ebe­ne mit plan­ti­gra­der Belast­bar­keit (Abb. 5a u. b). Wäh­rend der Tra­ge­dau­er des Fix­a­teurs erfolgt eine voll­stän­di­ge Ent­las­tung der betrof­fe­nen Extre­mi­tät. Der Pati­ent ist für die­se Zeit im Roll­stuhl oder bes­ten­falls an Unter­arm­geh­stüt­zen mobi­li­siert. Sechs bis zwölf Wochen post­ope­ra­tiv wird das Mate­ri­al ent­fernt. Die voll­stän­di­ge Mate­ri­al­ent­fer­nung kann ohne Nar­ko­se unter Anal­ge­sie durch­ge­führt wer­den. Bis zur Ver­sor­gung mit einer Orthe­se wird der Fuß vor der Über­be­las­tung des repo­nier­ten Fußes mit einem Cast geschützt.

Nach­be­hand­lung

Die Ver­fas­ser ver­sor­gen den Pati­en­ten post­ope­ra­tiv mit einer indi­vi­du­ell nach Gips­ab­druck ange­fer­tig­ten Unter­schen­kel­or­the­se. Die­se hat ven­tral eine geschlos­se­ne Tibia­an­la­ge, die eine rota­ti­ons­sta­bi­le Ruhig­stel­lung des Fußes ermög­licht. Mit pass­ge­rech­ter Orthe­se ist eine Voll­be­las­tung des Fußes mög­lich. Eine sol­che wird zum frü­hest­mög­li­chen Zeit­punkt ange­strebt, um eine wei­te­re knö­cher­ne Demi­ne­ra­li­sie­rung der betrof­fe­nen Sei­te sowie eine Über­las­tung der kon­tra­la­te­ra­len Extre­mi­tät zu ver­mei­den. Die Belas­tungs­dau­er soll­te suk­zes­siv gestei­gert wer­den. Die Ver­fas­ser emp­feh­len, dass die Abnah­me der Orthe­se stets durch den Ver­ord­ner bzw. in die­sem Fall durch den Ope­ra­teur erfol­gen soll­te. Erst die Kom­bi­na­ti­on aus adäqua­ter Ope­ra­ti­on und geeig­ne­tem Hilfs­mit­tel macht das Behand­lungs­kon­zept aus Sicht der Ver­fas­ser erfolg­reich. Bei guter Stel­lung und aus­rei­chen­der Sta­bi­li­tät des Fußes ist nach ca. 3- bis 12-mona­ti­ger Tra­ge­dau­er der Unter­schen­kel­or­the­se die Ver­sor­gung mit ortho­pä­di­schen Maß­schu­hen mög­lich. Auch hier emp­feh­len die Ver­fas­ser, dass die Abnah­me der ortho­pä­di­schen Maß­schu­he durch den Ope­ra­teur erfol­gen soll­te. Dabei erfolgt die radio­lo­gi­sche Kon­trol­le im Schuh und im Ste­hen (Abb. 6). Die Ver­fas­ser füh­ren regel­mä­ßi­ge kli­ni­sche und radio­lo­gi­sche Kon­trol­len in den ers­ten 2 Jah­ren durch. Die Kon­troll­in­ter­val­le erfol­gen, abhän­gig vom kli­ni­schen Bild, alle 6 bis 12 Wochen. Die Kon­trol­len in die­sem Behand­lungs­zeit­raum ermög­li­chen das früh­zei­ti­ge Erken­nen von Pro­ble­men (z. B. neue Ulzer­a­tio­nen oder Druck­stel­len, neu auf­ge­tre­te­ne Schmer­zen). Ab dem 3. Jahr kön­nen die kli­ni­schen Kon­trol­len halb­jähr­lich erfol­gen. Radio­lo­gi­sche Kon­trol­len erfol­gen fakultativ.

Fazit

Vie­le Ampu­ta­tio­nen las­sen sich durch den hier vor­ge­stell­ten Behand­lungs­al­go­rith­mus ver­mei­den; die Wahr­schein­lich­keit des Auf­tre­tens wei­te­rer Kom­pli­ka­tio­nen oder Rezi­di­ve wird ver­min­dert sowie eine deut­li­che Ver­bes­se­rung der Akti­vi­täts­klas­se der Pati­en­ten erzielt. In der Kli­nik der Ver­fas­ser wur­den zwi­schen 1996 bis 2012 ca. 300 Pati­en­ten mit einem nicht kon­ser­va­tiv beherrsch­ba­ren Char­cot-Fuß ope­riert. Im spä­te­ren Ver­lauf muss­ten ca. 3 bis 4 % der Pati­en­ten auf­grund nicht beherrsch­ba­rer Infek­tio­nen der Kno­chen ampu­tiert wer­den. Die meis­ten der Pati­en­ten konn­ten schluss­end­lich mit einem ortho­pä­di­schen Maß­schuh ver­sorgt wer­den, die rest­li­chen Pati­en­ten wur­den mit einer dau­er­haf­ten Orthe­se ver­sorgt. Zusam­men­fas­send ist fest­zu­stel­len, dass die Behand­lung des Char­cot-Fußes nur in einer inter­dis­zi­pli­nä­ren Zusam­men­ar­beit aus ortho­pä­di­schen Chir­ur­gen, Ortho­pä­die-Tech­ni­kern und Ortho­pä­die-Schuh­ma­chern die sinn­volls­te und opti­ma­le Opti­on ist, um auch bei Hoch­ri­si­ko­pa­ti­en­ten erhal­ten­de Erfol­ge zu erzie­len (Abb. 7).

Für die Autoren:
Dr. med. Tymo­teusz Budny
Kli­nik für All­ge­mei­ne Ortho­pä­die und Tumororthopädie
Uni­ver­si­tät Münster
Albert-Schweit­zer-Cam­pus 1
Gebäu­de A1
48149 Müns­ter
budny@uni-muenster.de

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
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