Einleitung
Gonarthrose ist eine Erkrankung des Kniegelenkes, die sich durch einen belastungsabhängigen Schmerz bemerkbar macht. Es handelt sich um eine irreversible, degenerative und primär nicht entzündliche Erkrankung 1. Sie hängt eng mit der Belastung des Knies zusammen. Daher wird jedem adipösen Betroffenen zu einer Gewichtsreduktion geraten, um die Belastung des Gelenkes zu verringern 2.
Die Gründe für die Degeneration des Gelenkknorpels sind weitgehend unbekannt 3. Laut Michael et al. 3 werden mechanische und enzymatische Faktoren diskutiert. Es ist darüber hinaus schwer zu definieren, was der Begriff Arthrose genau umfasst. Daraus resultiert, dass es nur schwer möglich ist, zu definieren, wann bei einem Patienten eine Arthrose vorliegt 4.
Mittlerweile wird die Arthrose als multifaktorielle Erkrankung betrachtet. Arthrose kann daher als progressives Organversagen bezeichnet werden, das nicht nur eine primäre Schädigung, sondern auch fortlaufende Adaptions- und Reparaturvorgänge des Organs umfasst 4. Die WHO sieht für eine Arthrose die vier Risikofaktoren Alter, Familiengeschichte, Fettleibigkeit und Gelenktraumata 5, wohingegen Dreinhöfer die sechs Faktoren Alter, genetische Determinanten, Geschlecht, Gewicht, Verletzungen und Gelenkdeformitäten auflistet 4. Bezüglich der Gonarthrose besteht weitgehende Einigkeit, dass diese Form der Arthrose speziell bei Menschen mit pathologischer Varus- oder Valgusstellung auftritt 6 3.
Die Statistik in Abbildung 1 stellt die im Jahr 2006 an Gonarthrose und Coxarthrose (Hüftgelenkarthrose) sowie an Arthrose der Fingerendgelenke und der Mittelhand-/Handwurzelgelenke Erkrankten gegenüber. Daraus ist abzulesen, dass hinsichtlich der Gonarthrose Frauen öfter als Männer betroffen sind, und die Prävalenz mit dem Alter steigt. Knapp 25 % aller Frauen und etwa 21 % aller Männer im Alter von 65 bis 74 Jahren leiden an Gonarthrose.
Die Belastungslinie im leicht gebeugten Bein verläuft vom Zentrum des Hüftgelenkes hin zur Mitte des Talus des Fußes. Dabei sollte die Linie idealerweise durch das Zentrum des Kniegelenkes führen, alle Gelenke sollten auf einer Geraden liegen. Abweichungen von der natürlichen Belastungslinie sind als Varus- oder Valgusstellung bekannt. Weicht die Belastungslinie stark von der natürlichen ab, kann dies zu unnatürlichen Belastungen des medialen und lateralen Kniebereiches führen und das Risiko, an Gonarthrose zu erkranken, erhöhen 6. Die Fehlstellung bedingt eine einseitig verstärkte Belastung des Knorpelgewebes im Knie und kann infolgedessen zu Abrieb des Gewebes führen. Dadurch wandelt sich der Aufbau des Knies und auch die Belastungslinie verändert sich leicht. Aufgrund der resultierenden unnatürlichen Belastung kann der Druck im Knie ansteigen und das Knorpelgewebe nicht mehr ausreichend ernährt werden. Infolgedessen kann sich das Volumen des Knorpels reduzieren.
Je nach Grad des Knorpelschwundes werden verschiedene Stufen der Gonarthrose unterschieden 7. Im schlimmsten Fall wurde das Knorpelgewebe komplett zerstört, der Kniegelenkspalt ist sehr eng und Knochen reibt auf Knochen (Grad IV und V). Die nachfolgend betrachtete milde bis mittlere Gonarthrose bezeichnet einen Knorpelabrieb, der zu einem bis zur Hälfte verkleinerten Gelenkspalt führt (Grad I und II) 7.
Es gibt viele Behandlungsmöglichkeiten, wobei die konservativen den operativen Therapien aufgrund des geringeren Risikos vorgezogen werden. Zu den operativen werden u. a. die Arthroskopie, die Umstellungsosteotomie, der Kniegelenkersatz oder die Gelenkarthrodese (Gelenkversteifung) gezählt 8. Eine konservative Behandlungsmöglichkeit ist beispielsweise die physikalische Therapie. Hierzu gehören Thermotherapie oder Elektrotherapie, die unter anderem zur Verbesserung der Beweglichkeit, zur Muskelkräftigung, zur Koordinationsschulung und zur Prävention von sekundären Einbußen weiterer Funktionen dienen 9. Weiterhin gehören die medikamentöse Behandlung der Symptome mittels NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) zur Schmerzstillung und Entzündungshemmung sowie intraartikuläre Injektion und Punktion wie auch die Hilfsmittelversorgung mittels Bandagen, Orthesen zur Achskorrektur, Kompressionsbandagen und Schuhzurichtung wie beispielsweise valgisierende Pronationsleisten zu den konservativen Behandlungsmöglichkeiten 10. Letztere sind keilförmige Schuheinlagen, die bei medialer Gonarthrose lateral und bei lateraler Gonarthrose medial erhöht sind. Aufgrund dieser einseitigen Erhöhung wird eine Verschiebung der Belastungslinie innerhalb des Beines vermutet, sodass die Belastung im Knie auf die gesunde Seite verlagert wird. Dadurch könnte sich das Knorpelgewebe der erkrankten medialen bzw. lateralen Kniefläche ausdehnen und möglicherweise regenerieren. Sie dienen als zu untersuchendes Hilfsmittel in der beschriebenen Studie.
Untersuchungen an mit valgisierenden Pronationsleisten versorgten Patienten mit Gonarthrose ergaben, dass diese weniger NSAR einnehmen müssen als Patienten ohne keilförmige Schuheinlagen 11 12 13. Keating et al. berichteten bereits 1993, dass die Schmerzlinderung durch valgisierende Pronationsleisten innerhalb der ersten drei Tage bis zu einer Woche des Tragens eintritt. Patienten, die in dieser Zeit keine Verbesserung spürten, konnten den Effekt auch nach weiterem Tragen nicht wahrnehmen 7. Weiterhin war eine vergrößerte Compliance bei den Patienten mit valgisierenden Pronationsleisten zu beobachten 11 12 13. Als ein Ergebnis der Untersuchungen der Studiengruppe von Shelburne et al. stellte sich heraus, dass valgisierende Pronationsleisten die Belastung während des Gehens reduzieren 14. Sasaki et al. Fanden heraus, dass valgisierende Pronationsleisten bei Patienten mit starker Gonarthrose, also weitestgehend zerstörtem Knorpelgewebe im Knie, keinen Effekt brachten 15. Auch die an milder Gonarthrose erkrankten Patienten wurden mit den keilförmigen Schuheinlagen versorgt. Diese berichteten hingegen über Erfolge wie: verringerte Schmerzen im Kniegelenk, Verbesserungen des Laufens, ein Gefühl von gesteigerter Sicherheit des Knies während des Bewegens und über gesteigerte Muskelstärke der unteren Extremität. Weiterhin äußerten sich versorgte Patienten über reduzierte Schmerzen im unteren Rückenbereich 15.
Es gibt ebenfalls publizierte Untersuchungen, die keine Wirkung von valgisierenden Pronationsleisten herausfinden konnten. Keilförmige Schuheinlagen sind laut Bennell et al. eine preiswerte und leicht erreichbare konservative Behandlungsmethode, allerdings konnte kein Vorteil gegenüber flachen Einlegesohlen herausgefunden werden 16. Zwar konnte ein reduzierter medialer Druck beobachtet werden, die physische Auswirkung auf das Kniegelenk konnte nicht abschließend geklärt werden. Baker et al. haben ebenfalls keinen klinisch relevanten Effekt auf die Verbesserung der Gonarthrose herausgefunden 17.
Letztendlich sind valgisierende Pronationsleisten eine kostengünstige, nichtinvasive Möglichkeit der Symptombehandlung von Gonarthrose. Da anhand der durchsuchten Literatur jedoch keine klare Aussage über die Wirksamkeit der Einlagen getroffen werden kann, soll eine weitere Untersuchung erfolgen.
Ziel des Projektes ist die Untersuchung der Auswirkung von valgisierenden Pronationsleisten mit 5 mm Höhe auf Patienten mit geringer bis mittlerer Gonarthrose. Zur Ermittlung des Kniespaltes wird ein nichtinvasives bildgebendes Verfahren (Magnetresonanztomographie) und zur Bestimmung der Schmerzen eine klinikinterne Schmerzskala genutzt.
Material und Methode
Für die Untersuchungen wird eine kleine Patientengruppe, die an milder Gonarthrose leidet, mit 5 mm hohen valgisierenden Pronationsleisten versorgt. Die ersten Aufnahmen werden mithilfe des Magnetresonanztomographen (MRT) direkt nach der Versorgung (T1) angefertigt, um den Aufbau des Knies vor der Versorgung als Vergleich heranziehen zu können. Weitere Aufnahmen werden eine Woche (T2) und einen Monat (T3) nach der Versorgung angefertigt.
Bevor die Patienten den MRT betreten dürfen, werden sie über das Gerät, dessen Wirkungsweise und die dabei zu beachtenden Regeln (z. B.: kein Herzschrittmacher, keine Metallteile am Körper) aufgeklärt. Zum Ablauf der Messungen: Die Patienten geben vor jeder Messung ihre Schmerzen mithilfe einer klinikinternen Schmerzskala an. Diese reicht von 0…10, wobei null für keinerlei Schmerzen und zehn für „untolerierbare Schmerzen, Aggression, Depression und Gedanken von Suizid“ steht.
Nachdem die Patienten diese Angabe gemacht haben, werden vier verschiedene Aufnahmen mithilfe des MRT binnen 15 Minuten angefertigt. Die Aufnahmen werden mit und ohne Pronationsleiste jeweils mit 10…25 % KG (Körpergewicht) und 35…50 % KG Belastung erzeugt. Die Position der Patienten ist von ihnen selbst zu halten, es erfolgt keine Zwangsfixierung, um die physiologische Belastung des Knies nicht zu beeinträchtigen. Für jede Messung wird mittels geeigneter Software eine farbkodierte Karte erstellt, die den Abstand zwischen Femur und Tibia unter verschiedenen Bedingungen darstellt.
Der für die Messungen zur Verfügung stehende MRT der Firma Esaote ist ein Niederfeld-MRT und verfügt über eine um 90° in die Vertikale schwenkbare Patientenliege. Da die Aufnahmen aufgrund der verschiedenen Belastungen des Knies in einer aufrechten Position angefertigt werden, wird das Gerät in eine 84°-Stellung gebracht. Schnelle dreidimensionale MRT-Sequenzen (SSF, TR=20, TE=10, FA=65, FOV 240 x 240 x 120 mm, Matrix 200 x 128, Schichtdicke 1,9 mm, Aufnahmedauer 1.28 min) werden optimiert, um einen Kompromiss zwischen Bildqualität (Auflösung, Signal) und Aufnahmedauer (Zeit, in der der Patient möglichst still in einer bestimmten Belastungssituation stehen sollte) zu erlangen.
Um die Aufnahmen verschiedener Patienten vergleichen zu können, sind genaues Einhalten und Beachten der Messszenarien unabdingbar. Daher muss die gewünschte Belastungssituation gemessen und überwacht werden. Dies wird mithilfe einer an der TU Berlin entwickelten MRT-kompatiblen Belastungsmessvorrichtung, zugehöriger Software und zugehörigem Scheinwerfer realisiert. Die Vorrichtung enthält vier Kraftsensoren (KD140, ME-Messsysteme GmbH, Deutschland), die mit einem Trägerfrequenzverstärker (MVD2555, Hottinger Baldwin Messtechnik GmbH, Deutschland) verbunden ist. Die ebenfalls an der TU Berlin entwickelte Software für die Messwert- und die Belastungserfassung wurde mit Matlab (The Mathworks, Inc., USA) erstellt. Mithilfe der Trägerfrequenztechnik und guter Schirmung mittels Kupfermantel können die MRT-Aufnahmen parallel zu den Belastungserfassungen erstellt werden. Der für die Patienten angebrachte Scheinwerfer mit blauen, grünen und roten LED stellt ein leicht zu verstehendes Feedback-System dar. Mithilfe der Farben wird dargestellt, ob die Belastung zu gering (blau), korrekt (grün) oder zu hoch (rot) ist. Über die Frequenz wird die Abweichung vom vorgegebenen Bereich dargestellt (steigende Frequenz mit steigendem Abstand). Die Patienten können so die Belastung selbst nachregulieren. Nachfolgende Phasen wie Segmentierung, Registrierung und Berechnung des Kniespaltes werden ebenfalls mithilfe einer an der TU Berlin in Matlab entwickelten Software durchgeführt. Es wird versucht, so viele automatische Schritte wie möglich einzubauen, um subjektive Einflüsse zu minimieren. Für die Segmentierung wurde ein halbautomatisches Livewire-System, für die Registrierung ein auf einer automatischen Optimierung basierender Ansatz und ein auf dem Verfahren der „ray-triangle-intersection“ (Schnittpunkt von Strahlen mit Dreiecken) basierender Algorithmus zur Berechnung des Kniespaltes erstellt.
Dabei wird die Transversalebene, die sich im Knie zwischen Tibia und Femur befindet, beliebig oft unterteilt. Die Auflösung der endgültigen Farbkarte wird dabei durch die Anzahl der Unterteilungen der Ebene gebildet. Mithilfe der „ray-triangle-intersection“ kann der Abstand zwischen Femur und Tibia entlang eines Strahles der Belastungsrichtung für jedes Teil des Rasters annähernd ermittelt und somit eine farbkodierte Karte des Kniespaltes dargestellt werden.
Weiterhin kann unter Zuhilfenahme der Registrierung von Femora und Tibiae die Translation und Rotation von Femur oder Tibia mittels der Verschiebungsmatrix errechnet werden.
Ergebnisse
Die untersuchten Patienten leiden beide unter milder medialer Gonarthrose, die nach innen liegende Seite des Knies ist erkrankt. Ein Patient hat dieses Leiden am linken, der andere am rechten Bein. Beide werden aufgrund der medialen Erkrankung mit einer lateralen Schuhaußenranderhöhung am betroffenen Bein versorgt. Diese soll die Belastungslinie etwas verschieben, sodass die mediale erkrankte Seite entlastet wird.
Beide Patienten verspürten während des Tragens der Pronationsleisten einen Rückgang der Schmerzen (Abb. 2) und hatten das Gefühl besserer Kniestabilität. Das Diagramm in Abbildung 2 enthält die verschiedenen Untersuchungszeitpunkte am Tag der Versorgung (T1), eine Woche (T2) und einen Monat (T3) später und die anhand der klinikinternen Skala angegebenen Schmerzen.
Der geringe Anstieg des Patienten 2 vom zweiten auf den dritten Zeitpunkt der Untersuchung könnte durch langes Gehen verursacht worden sein. Der Patient teilte während der Untersuchung mit, dass er nach dem Zeitpunkt T2 aufgrund besseren Wohlbefindens aktiver wurde.
Die Abbildungen 3 und 4 zeigen die farbkodierten Karten für zwei verschiedene Aufnahmesituationen. Jedes Bild zeigt von links nach rechts in der ersten Zeile: den Kniespalt unter der Bedingung eins, den Kniespalt unter der Bedingung zwei, Differenz der Kniespalte; zweite Zeile: 3D-Modell seitlich, 3D-Modell von oben, Translations- und Rotationsparameter zwischen der ersten und zweiten Bedingung. In den 3D-Modellen sind die Tibia (grau) und zwei übereinander gelegte Femora (blau und rot) zu sehen, dabei wurde die Tibia beider Aufnahmen digital mithilfe der bereitstehenden Software übereinander gelegt. Der zu Grunde liegende Prozess wird Registrierung genannt: Die verschiedenfarbigen Femora zeigen an, inwieweit sich diese zwischen den Aufnahmen unterscheiden. Die Parameter geben an, welche Lage beide Femora gegenüber der Tibia eingenommen haben. Bei der Registrierung muss stets auf die Exaktheit geachtet werden, da auf dieser Grundlage die Kniespalte berechnet werden und es ansonsten zu fehlerhaften Werten kommt. Mithilfe der berechneten Kniespalte kann nachfolgend eine Aussage über die Volumenänderung des Knorpels getroffen werden.
Abbildung 3 visualisiert den Unterschied zwischen dem Kniespalt mit (oben links) und ohne Pronationsleiste (oben mittig) des Patienten mit medialer Gonarthrose am rechten Bein. Die Bilder wurden bei der stärkeren Belastung von 35…50 % KG direkt nach der Versorgung mit der Pronationsleiste aufgenommen.
In den ersten beiden Bildern der oberen Reihe in Abbildung 3 ist zu erkennen, dass der Kniespalt an der medialen Seite des rechten Beines (untere Bildhälfte) eine intensivere Rotfärbung aufweist als die laterale (obere Bildhälfte). Dies ist auf einen stark verengten Kniespalt der medialen erkrankten Seite zurückzuführen. Wird die Differenz (drittes Bild der oberen Reihe) zwischen dem ersten Bild mit Schuheinlage und dem zweiten Bild ohne Einlage gebildet, kann der Effekt der Pronationsleiste beschrieben werden. An der medialen Seite hat sich kaum etwas verändert, was als Grünfärbung zu erkennen ist. An der lateralen Seite hingegen gab es eine Veränderung. Die Gelbfärbung weist auf eine Verkleinerung des Kniespaltes hin. Dieser Effekt bekräftigt somit die These, dass Pronationsleisten die gesunde Seite belasten und die erkrankte Seite entlasten. Die Gelbfärbung deutet dabei auf die Belastung der gesunden Seite hin. Die mediale und erkrankte Seite sollte hingegen entlastet werden, dabei wäre ein vergrößerter Kniespalt (Blaufärbung) erwartet worden. Da die Aufnahmen jedoch direkt nach der Versorgung angefertigt wurden, konnte sich die erkrankte Knieseite noch nicht erholen und daher konnte noch kein Effekt der Erholung beobachtet werden.
Die Ergebnisse in Abbildung 4 zeigen vergleichende Aufnahmen des Patienten mit medialer Gonarthrose am linken Bein zum Zeitpunkt T1 (oben links) und T3 (oben mittig) ohne die verschriebene valgisierende Pronationsleiste. Während der Aufnahmen belastete der Patient das zu vermessende Bein mit 10…25 % KG.
Die erkrankte mediale Seite des linken Beines ist auch hier an der intensiveren Rotfärbung der ersten beiden Bilder der oberen Reihe in Abbildung 4 zu erkennen, die auf einen verkleinerten Kniespalt hinweist. Die gebildete Differenz (rechts oben) des ersten Bildes direkt nach der Versorgung und des zweiten Bildes nach einem Monat bekräftigt ebenfalls die These über die Wirksamkeit von Pronationsleisten. Die Gelbfärbung der lateralen Seite signalisiert eine Verengung des Kniespaltes, die Grün- bis Blaufärbung der medialen Seite weist hingegen auf eine Vergrößerung hin. Unter der Beachtung, dass beide Bilder ohne Pronationsleiste aufgenommen wurden, kann festgestellt werden, dass sich der Kniespalt der erkrankten medialen Seite vergrößert, der gesunde laterale Kniespalt hingegen etwas verengt hat. Die Pronationsleiste hat somit für eine Entlastung der medialen Seite gesorgt, das Gewebe scheint sich erholt zu haben. Allerdings bestätigte nicht jede Aufnahme die getroffene These so deutlich.
Die Aufnahmen in Abbildung 5 sind stark von der Flexion des Knies überlagert, was sehr gut im Differenzbild (oben rechts) zu erkennen ist. Während die Dunkel- bis Hellblaufärbung eine Spaltvergrößerung visualisiert, wird durch die Rottöne eine Spaltverkleinerung dargestellt. Da die Spaltverkleinerung lediglich an der posterioren Seite des Knies zu finden ist, handelt es sich um eine eindeutige Flexion (Beugung). Dieser Effekt konnte während der Aufnahmen nicht vermieden werden, da keine Zwangsfixierung des Knies vorgenommen wurde, um nicht in die natürliche Belastung einzugreifen.
Zusammenfassung
Bei beiden Patienten konnte ein positiver Effekt der Pronationsleisten auf den Kniespalt festgestellt werden. Die These, dass die erkrankte Knieseite entlastet wird und sich infolgedessen erholt, kann durch eine Grün- bis Blaufärbung in Abbildung 4 (Kniespaltvergrößerung) belegt werden. Laut These wird die gesunde Seite infolge der valgisierenden Pronationsleisten etwas mehr belastet. Dies kann durch die Gelbfärbung, wie beispielsweise in Abbildung 3, bewiesen werden. Auch die reduzierten Schmerzangaben und die Aussagen über verbesserte Stabilität der Patienten stützen den herausgefundenen positiven Effekt.
Ausblick
Diese neue Methode der quantitativen Bestimmung des Kniespaltes bei Patienten mit Gonarthrose erweist sich als gute Herangehensweise, bei der die Patienten wenig belastet werden. Die farbkodierten Karten des Kniespaltes und die ermittelbaren Translations- und Rotationsparameter geben Aufschluss über den Einfluss auf die Gonarthrose. Derzeit stellt der Überlagerungseffekt der Flexion noch ein Problem dar, an dem gearbeitet werden sollte.
Da die farbkodierten Karten nicht immer eindeutig zu verstehen sind und nur eine sehr kleine Gruppe von Patienten vermessen wurde, können die gezeigten Ergebnisse lediglich als Trend interpretiert werden. Die mit dem MRT angefertigten Aufnahmen decken sich mit den Angaben der Patienten auf der Schmerzskala. Da beide Patienten ein besseres Gefühl während des Gehens und weniger Schmerzen hatten, ist aus Sicht der Autoren kein Grund zu finden, warum Patienten mit Gonarthrose nicht mit valgisierenden Pronationsleisten versorgt werden sollten. Es sollte eine Studie folgen, bei der mehr Patienten untersucht und eventuell zusätzlich höhere Einlagen (7…10 mm) genutzt werden.
Danksagung
Wir möchten der Stiftung Oskar-Helene-Heim in Berlin, Deutschland für die perfekte Unterstützung und für die Förderung dieses Projektes danken.
Für die Autoren:
Dipl.-Ing. Marko Faber
Fachgebiet Medizintechnik
Technische Universität Berlin
Dovestr. 6
10587 Berlin
m.faber@tu-berlin.de
Begutachteter Beitrag/Reviewed paper
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