OT: Herr Beermann, Sie haben sich zu der Renovierung einer Ihrer Filialen entschieden. Welche Rolle spielte bei Ihrer Planung die Etablierung eines zeitgemäßen Auftritts eines Sanitätshauses?
Henning Beermann: Kurzum: eine große Rolle. Hierzu muss man aber auch wissen, dass unsere Filiale vorher sehr stark mit Holzmöbeln zugebaut war und das sowohl in der Breite als auch bis zur recht niedrigen, abgehängten Decke. Die Beleuchtung war nicht mehr zeitgemäß, uns fehlte eine zweite Anprobe, der Platz, den der Kunde im Laden für sich nutzen konnte, war sehr begrenzt und die EDV- sowie die generelle elektrische Infrastruktur waren schlecht.
OT: Stichwort Image: Was für einen ersten Eindruck haben Patient:innen und Kund:innen, wenn diese nun zu Ihnen kommen?
Beermann: Es ist deutlich mehr Ladenfläche begehbar und somit erlebbar. Die Deckenhöhe hat sich deutlich gesteigert. Weiter führt die Beleuchtung nicht mehr zu so einem großen Schattenwurf wie vorher. Gerade dies war uns sehr wichtig. In der Filiale kommt es regelmäßig zu brustprothetischen Versorgungen, die alte Beleuchtung führte unter anderem dazu, dass sich der Anblick von Personen im Spiegel, gerade nach schwerer Krankheit, eher schlecht darstellte. Dies war eine Sache, die wir unbedingt ändern wollten. Überhaupt ist der „Wohlfühlcharakter“ deutlich gestiegen.
OT: Welche Erfahrung haben Sie durch Gespräche mit Ihren Kund:innen gesammelt, wenn es darum geht, wie sich Menschen, die erstmals Kontakt mit einem Sanitätshaus haben, dieses vorstellen?
Beermann: Unser Eindruck ist leider der, dass viele Kunden keine klare Vorstellung von einem Sanitätshaus haben. Oft werden sie erst auf uns aufmerksam, wenn z. B. eine Bandage benötigt wird. Ich glaube, die Meinung vor einem Erstkontakt ist weder positiv noch negativ, vielmehr beschäftigt sich ohne triftigen Anlass, im normalen Alltag, kaum jemand mit Sanitätshäusern.
OT: Hat die Branche aus Ihrer Sicht ein Imageproblem?
Beermann: Leider ja. Es gibt ein großes Gefälle zwischen Sanitätshäusern, welche z. B. in der Reha-Technik oder in der Orthopädie-Technik tätig sind. In beiden Bereichen kann man hochindividuell arbeiten, die Vergütung und damit die Möglichkeiten sind aber sehr unterschiedlich. Überhaupt haben wir ein großes Problem mit unserer generellen Außendarstellung. Manche Versorgungen sind – je nach Art und Krankenkasse – teils sehr bürokratisch und stoßen bei Kunden, welche schnell eine Versorgung benötigen, auf Unverständnis. Auch sehe ich hier einen starken Unterschied zu anderen Gesundheitsgewerken, etwa den Apotheken. Dort wird eine ärztliche Verordnung benötigt, welche dann in der Regel ohne Unterschrift eingelöst werden kann. Bei uns werden seit einigen Jahren eine Unterschrift für den Erhalt, eine Unterschrift für die erfolgte Beratung – ohne wird uns anscheinend nicht geglaubt – , eine für Mehrkosten etc. benötigt. Ich fürchte, im direkten Vergleich geben wir hier schon einen gewissen „zwielichtigen“ Eindruck ab. Darüber hinaus fehlt mir leider auch eine gewisse Wertschätzung. In der kompletten Pandemiesituation haben wir weiterhin ganz nah am Patienten Versorgungen durchgeführt und jeder Mitarbeiter ist hier auch sicherlich persönliche Risiken eingegangen. Große Coronaprämien – wie in manch anderen Gewerken – waren aber leider nicht möglich. Vielmehr hat sich die wirtschaftliche Situation trotz dieses Einsatzes durch massive Erhöhungen von Einkaufspreisen und erneut verschärften gesetzlichen Regularien stark verschlechtert.
Anerkennung der Leistung der Branche wäre hier wünschenswert gewesen.
OT: Fehlt der Branche ein einheitliches „Erkennungszeichen“, wie beispielsweise das rote „A“ der Apotheker?
Beermann: Ich glaube nicht. Andere Gesundheitsgewerke haben ebenfalls keinen einheitlichen Auftritt. Wir sollten einfach nur ganz selbstbewusst unsere hohe Fachkenntnis und unsere wertvolle Arbeit am Menschen vertreten. Wir sind immerhin ganz oft ein Begleiter über Jahre und Jahrzehnte und helfen in dieser Zeit Menschen, ihren Alltag möglichst selbstständig und eigenbestimmt leben zu können. Das ist unser Erkennungszeichen.
OT: Viele Sanitätshäuser verzichten auf das „Sanitätshaus“ in ihrem Namen. Sie nicht. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht den Namen zu ändern, um sich in der Außendarstellung anders aufzustellen?
Beermann: Nein, noch nie. Wir sind als Sanitätshaus Ansprechpartner für private Kunden wie auch für Kunden, welche eine Verordnung vom Arzt haben. Ich denke, dass dieser Aspekt bei dem Begriff Sanitätshaus klar wird. Ich, ganz persönlich, wäre mir als Außenstehender ansonsten mitunter vielleicht nicht ganz sicher, ob es sich um einen Einzelhändler/ein Kaufhaus handelt, in dem ich nur privat Artikel kaufen kann oder ob ich mich hier auch mit einer Verordnung an die Mitarbeiter wenden kann.
OT: Die Digitalisierung hat ja schon längst den Weg in die Werkstätten und Sanitätshäuser gefunden, um eine moderne Versorgung zu gewährleisten. Spielte dies auch eine Rolle bei der Umgestaltung Ihrer Filiale?
Beermann: Natürlich. Unser Bedarf an EDV-Lösungen ist im Laufe der vergangenen Jahre deutlich gewachsen. Somit wurden immer wieder neue Leitungen – auf die ein oder andere Art und Weise – verlegt. Jetzt war für uns die Gelegenheit, diesen Bedarf einmal zu überdenken und uns gut aufzustellen.
OT: Welche Player sind an so einem Umbau beteiligt, haben Sie die Koordination selbst übernommen und wie haben Sie Ihre Bedürfnisse definiert? Gab es eine Art Baukasten, aus dem Sie sich bedienen konnten, haben Sie mit Ihren Mitarbeiter:innen über aktuelle und zukünftige Bedarfe gesprochen?
Beermann: Wir hatten das große Glück, dass mit der Firma OBV Objektbau Bomers ein sehr gut aufgestellter Ansprechpartner direkt am Standort unserer Filiale in Vreden ansässig ist. Für uns stand, auch auf Grund der bekannten Referenzen, von Anfang an fest, dass wir hier zusammenarbeiten möchten. Die Koordination der verschiedenen Gewerke und der Einrichtung wurde komplett von OBV übernommen. Das wäre für uns, neben unserem Alltagsgeschäft, auch gar nicht anders handhabbar gewesen. Natürlich hatten wir seitens der Geschäftsführung Vorstellungen, haben uns aber auch ganz klar auf unsere Mitarbeiter als Experten vor Ort verlassen. Die Kollegen und Kolleginnen kennen ihre Filiale und Bedürfnisse am Standort viel besser. Wir haben uns hier zum Beispiel die Meinung der Mitarbeiter eingeholt, was ihre aktuelle Filiale positiv auszeichnet, was der Charakter unserer Filiale ist und beibehalten werden sollte sowie natürlich auch Wünsche oder aktuelle Probleme. Dies ist in die Planung eingeflossen. Weiter gab es auch während des weiteren Prozesses einen kontinuierlichen Austausch zwischen der Geschäftsführung, den Mitarbeitern und OBV.
OT: Bei einem Hausbau fällt Bewohner:innen in der Regel in den ersten Tagen nach dem Einzug immer etwas auf, was sie hätten anders machen sollen. Hatten Sie so ein „Aha-Erlebnis“ auch nach dem Umbau?
Beermann: Gute Frage. Ich kann das privat und auch geschäftlich nur unterstreichen. Wir haben in einer Kabine ein Oberlicht einsetzen lassen. Hier kam es tatsächlich, neben der generell ausgezeichneten Kommunikation, zu einem Missverständnis. Zum Glück zu keinem Großen. Ansonsten ist es aber, wundersamerweise, eigentlich nicht zu diesem „bekannten Effekt“ gekommen.
Die Fragen stellte Heiko Cordes.
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