Opta-Data-Zukunfts­tag: Blick nach vorn

Seit fast zwei Jahrzehnten richtet die Opta Data ihren Zukunftstag aus und damals wie heute geht es darum, die Aufgaben der Zukunft bereits jetzt in Angriff zu nehmen. Dafür kamen in Essen erneut eine Vielzahl an Expert:innen zusammen, um Impulse zu geben, wie die Zukunft des deutschen Gesundheitswesens aussehen könnte.

Vertreter:innen aus Medi­zin, Poli­tik, Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung, Ret­tungs­dienst und For­schung sowie der Ver­wal­tung tausch­ten sich im Sanaa Gebäu­de auf Zeche Zoll­ver­ein aus und ver­rie­ten dabei eini­ges Neues.

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Das Pro­gramm des Zukunfts­ta­ges bestand aus drei Tei­len. Zunächst gab es auf der Haupt­büh­ne ein gemein­sa­mes Pro­gramm für alle Teil­neh­men­den, ehe sich die Anwe­sen­den nach der Mit­tags­pau­se auf die vier Berei­che Pfle­ge, Heil­mit­tel, Trans­port- und Ret­tungs­diens­te sowie Hilfs­mit­tel auf­teil­ten. Abschlie­ßend gab es noch ein­mal ein gemein­sa­mes Pro­gramm, bei dem vor allem das The­ma Cyber­si­cher­heit im Gesund­heits­we­sen im Mit­tel­punkt stand.

„Es geht auch wie­der abwärts!“

Emo­tio­na­ler Höhe­punkt war das Gespräch zwi­schen Prof. Dr. Tho­mas Druy­en, Geschäfts­füh­rer der Opta-Data-Zukunfts­stif­tung, und Samu­el Koch. Der Schau­spie­ler und Red­ner, der seit sei­nem Unfall wäh­rend der Live­sen­dung von „Wet­ten, dass…“ im Jahr 2010 Tetra­ple­gi­ker ist, gab Ein­bli­cke in sei­ne Gedan­ken- und Lebens­welt. Dabei fie­len Sät­ze wie „Rat­schlä­ge kön­nen auch Schlä­ge sein“ oder „Kei­ne Sor­ge, es geht auch wie­der abwärts“. Letz­te­re Aus­sa­ge war ein Gedan­ke, der Koch kam, als ein ande­rer Pati­ent ihn als Inspi­ra­ti­on für sei­nen eige­nen Weg aus­er­ko­ren hat­te. Es zeigt, dass Kochs Geschich­te kei­ne Hel­den­ge­schich­te ist, die nur den Weg nach oben kennt, son­dern auch Täler durch­schrei­tet. Wäh­rend des Gesprächs nah­men Druy­en und Koch eini­ge The­men in den Fokus, bei­spiels­wei­se, wie wich­tig eine inter­dis­zi­pli­nä­re und schnel­le Ver­sor­gung ist und dass man sein Leben lang auf Pfle­ge­per­so­nal ange­wie­sen ist.

Apro­pos Pfle­ge­per­so­nal: In der anschlie­ßen­den Podi­ums­dis­kus­si­on mit den bei­den Opta-Data-Geschäfts­füh­rern Andre­as Fischer und Mark Stein­bach sowie Chris­ti­na Vog­ler, Prä­si­den­tin des Deut­schen Pfle­ge­ra­tes, kam das The­ma Ver­gü­tung von Pfle­ge­per­so­nal zur Spra­che. Dabei über­rasch­te Druy­en mit der Aus­sa­ge, dass die Bezah­lung nicht die pri­mä­re Stell­schrau­be sei, um mehr Pfle­ge­per­so­nal zu bekom­men. Koch hielt – ehr­lich und offen – dage­gen: „Ich weiß, dass die Pfle­ger in mei­nem Team zu wenig Geld für das, was sie tun, bekommen.“

Sorgten für den emotionalen Höhepunkt beim Zukunftstag: Samuel Koch (links) und Prof. Thomas Druyen. Foto: Opta Data
Sorg­ten für den emo­tio­na­len Höhe­punkt beim Zukunfts­tag: Samu­el Koch (links) und Prof. Tho­mas Druy­en. Foto: Opta Data

 

Antrei­ber der Digitalisierung

„Wir trei­ben mit unse­rem Fach seit Jah­ren die Digi­ta­li­sie­rung im Gesund­heits­we­sen vor­an“, erklär­te Alf Reu­ter, Prä­si­dent des Bun­des­in­nungs­ver­ban­des für Ortho­pä­die-Tech­nik (BIV-OT), in sei­nem Vor­trag. Scan­nen, Model­lie­ren oder Dru­cken – digi­ta­le Werk­zeu­ge gehö­ren längst in jede ortho­pä­die­tech­ni­sche Werk­statt. Täg­lich kom­men neue Tools hin­zu. Nur die Pro­zes­se mit den Kos­ten­trä­gern sind noch geprägt von For­mu­la­ren in Papierform.

„Wir wer­den dank des demo­gra­fi­schen Wan­dels mehr Men­schen mit chro­ni­schen und kom­ple­xen Krank­heits­bil­dern denn je ver­sor­gen müs­sen. Wir brau­chen also mehr Fach­leu­te, die her­vor­ra­gend aus­ge­bil­det sind. Gleich­zei­tig sind die Kos­ten­trä­ger finan­zi­ell stark unter Druck“, kon­sta­tier­te Alf Reu­ter. Auf die Gesell­schaft käme eine schier unlös­ba­re Auf­ga­be zu. „Trotz­dem leis­ten wir uns in die­ser Lage eine Büro­kra­tie, die Ber­ge an Papier erzeugt, den Hilfs­mit­tel­ver­sor­gern die Zeit am Pati­en­ten nimmt, den Fach­kräf­te­man­gel ver­stärkt und kom­plet­te Intrans­pa­renz im Sys­tem schafft“, bemän­gel­te der BIV-OT-Prä­si­dent. Auf der Agen­da des Spit­zen­ver­ban­des des Hand­werks steht daher auf allen Ebe­nen: „Wir müs­sen Pro­zes­se wie­der dar­auf zurück­füh­ren, was ihr Sinn und Zweck ist: Das Leben von Men­schen mit Mobi­li­täts­ein­schrän­kung ver­bes­sern und Teil­ha­be zu sichern – qua­li­täts­ge­si­chert, schnell, trans­pa­rent und wirt­schaft­lich“, for­der­te Alf Reu­ter. Das beginnt mit der Stan­dar­di­sie­rung der mehr als 1.000 Ver­trä­ge, der Ver­wal­tung der mehr als 380.000 Bei­trit­te, der Digi­ta­li­sie­rung der E‑Verordnung inklu­si­ve der abrech­nungs­be­glei­ten­den Unter­la­gen über die Ver­ein­heit­li­chung der Erhe­bungs­bö­gen und Ver­ein­fa­chung der Abrech­nung. „Das alles muss mit dem Gebot der The­ra­pie­frei­heit des Arz­tes und dem frei­en Wahl­recht des Pati­en­ten und dem Recht auf eine wohn­ort­na­he Regel­ver­sor­gung nach Stand der Tech­nik ver­knüpft sein“, so der BIV-OT-Prä­si­dent abschließend.

Dies bestä­tig­te auch Kirs­ten Abel, Spre­che­rin des Prä­si­di­ums des BIV-OT, die zum Zukunfts­tag das 2021 begon­ne­ne Pilot­pro­jekt „E‑Verordnung für ortho­pä­di­sche Hilfs­mit­tel“ unter der Lei­tung des BIV-OT vor­stell­te. Es ist Teil des Pilot­pro­jek­tes E‑Verordnung für Hilfs­mit­tel, das 2021 auf Initia­ti­ve der Gesund­heits­hand­wer­ke auf­ge­setzt wurde.

„Unser Ziel ist es, einen Gesamt­pro­zess für die elek­tro­ni­sche Ver­ord­nung der ortho­pä­di­schen Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung zu gestal­ten und zu erpro­ben. Stu­fen­wei­se opti­mie­ren wir den Pro­zess für alle Nut­zer der E‑Verordnung – Ärz­te, Sani­täts­häu­ser, Pati­en­ten und Kos­ten­trä­ger“, erläu­ter­te Kirs­ten Abel. „Die Schnitt­stel­len wer­den trans­pa­rent gestal­tet und das Pilot­pro­jekt wett­be­werbs­neu­tral an der Infra­struk­tur und den Schnitt­stel­len der Gema­tik aus­ge­rich­tet. Zudem ist jeg­li­che Pati­en­ten­len­kung über die E‑Verordnung für ortho­pä­di­sche Hilfs­mit­tel aus­ge­schlos­sen.“ Der­zeit befin­det sich das ehe­ma­li­ge Rezept-Mus­ter 16 für Orthopädie(schuh)technik in einer ers­ten Test­pha­se, in der bereits der Pro­zess einer digi­ta­len Ver­ord­nung von ortho­pä­di­schen Hilfs­mit­teln durch­ge­spielt wird.

Mar­kus Jochem aus dem Ver­sor­gungs­ma­nage­ment der Tech­ni­ker Kran­ken­kas­se stell­te in Essen das zwei­te – von Kos­ten­trä­gern initi­ier­te Pro­jekt zur E‑Verordnung unter dem Namen „eGe­sund­heit“ vor. Die zwei Pro­jek­te unter­schei­den sich in eini­gen Punk­ten, doch Jochem bot an, dass bei­de Sei­ten Gesprä­che füh­ren soll­ten, bezie­hungs­wei­se, dass bereits ein Aus­tausch statt­fin­det. „Ich neh­me Ihre Hand, die Sie uns rei­chen, an“, erklär­te dar­auf­hin Jens Sell­horn, Geschäfts­füh­rer von Reha­vi­tal. Er stell­te, eben­so wie Ulf Dos­ter für Sani­täts­haus Aktu­ell, die umfang­rei­chen Digi­ta­li­sie­rungs­be­mü­hun­gen der Ver­bund­grup­pe vor und erklär­te, wel­che Pro­jek­te sich bereits jetzt in der Umset­zung befinden.

„Mit Blick auf die aktu­el­len Ent­wick­lun­gen im Gesund­heits­we­sen und die dyna­mi­schen Ver­än­de­run­gen, die unse­ren Markt prä­gen, ist es für uns uner­läss­lich, im Aus­tausch mit allen wich­ti­gen Vertreter:innen im Sys­tem zu blei­ben und vor allem die Gesund­heits­fach­be­ru­fe unter­stüt­zend zu beglei­ten. Des­halb ist es wich­tig, dass wir gesund­heits­po­li­ti­sche Maß­nah­men sek­tor­über­grei­fend pla­nen. Die Digi­ta­li­sie­rung eröff­net die Mög­lich­keit, eine funk­tio­na­le Ver­flech­tung der ver­schie­de­nen Leis­tungs­er­brin­ger zu schaf­fen – von Ärz­tin­nen und Ärz­ten bis hin zu den zahl­rei­chen gesund­heits­fach­be­ruf­li­chen Berufs­grup­pen –, für mehr Effi­zi­enz und eine bes­se­re Ver­sor­gung der Patient:innen“, zog Mark Stein­bach sein Fazit zum Zukunftstag.

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