Bio­lo­gisch-gene­ti­sche Zeit­fens­ter, Neu­ro­plas­ti­zi­tät, Früh­the­ra­pie – Neue Kon­zep­te für Kin­der mit Bewegungsstörungen

C. Stark, E. Schönau
Der wichtigste Faktor für die Skelettentwicklung ist die aktive Nutzung der Muskulatur. Kinder mit Bewegungsstörungen sind nicht in der Lage, Muskelaktivität durch Bewegung zu erzeugen, und entwickeln sekundäre Skeletterkrankungen. Zur Aktivierung der Muskulatur haben sich verschiedene physiotherapeutische Konzepte bewährt, z. B. das vibrationsunterstützte Training. Dieses ist Bestandteil des Reha-Konzeptes “Auf die Beine": Intervalle von kurzen stationären Aufenthalten werden mit häuslichem Training kombiniert. Für unterschiedliche Formen der Mobilitätsstörung konnten hierdurch Verbesserungen der Mobilität erreicht werden. Mit zunehmender Evidenz kristallisieren sich intensive, zielorientierte und gerätegestützte Verfahren als die effektivsten heraus, mit Tendenz zu einem frühen Behandlungsbeginn.

Die funk­tio­nel­le Muskel-Knochen-Einheit

Zur Beur­tei­lung des mus­ku­los­ke­letta­len Sys­tems im Kin­des- und Jugend­al­ter hat sich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren das Kon­zept der funk­tio­nel­len Mus­kel-Kno­chen-Ein­heit zuneh­mend eta­bliert. Der wich­tigs­te Fak­tor für die Ske­let­t­ent­wick­lung im Kin­des- und Jugend­al­ter ist die akti­ve Nut­zung des Ske­lett­sys­tems durch die Mus­ku­la­tur. Vor mehr als 100 Jah­ren beschrieb der Ana­tom Juli­us Wolff in sei­nem „Gesetz der Trans­for­ma­ti­on der Kno­chen” den Zusam­men­hang zwi­schen Mus­ku­la­tur und Ske­let­t­ent­wick­lung 1. Die­ses Gesetz besagt, dass sich das Kno­chen­sys­tem den äuße­ren Bedin­gun­gen bzw. den auf das Ske­lett­sys­tem ein­wir­ken­den Kräf­ten anpasst. Hier­aus ent­wi­ckel­te sich unter Ein­fluss des Ortho­pä­den Harald Frost die „Mecha­nostat-Hypo­the­se” 2 3. Im Zen­trum die­ses Modells zur Kno­chen­ent­wick­lung steht die akti­ve Mus­ku­la­tur. Durch die von der Mus­ku­la­tur aus­ge­lös­ten Kno­chen­ver­for­mun­gen kommt es zur Akti­vie­rung von Oste­oblas­ten und Osteo­klas­ten und somit zur Anpas­sung der Kno­chen­fes­tig­keit. Hohe Kräf­te durch star­ke Mus­keln erzeu­gen einen Kno­chen­auf­bau, gerin­ge Kräf­te, wie sie z. B. bei Immo­bi­li­tät auf­tre­ten, einen Abbau von Kno­chen und somit eine Reduk­ti­on der Kno­chen­fes­tig­keit. Das Modell des Mecha­nosta­ten ist in Abbil­dung 1 dar­ge­stellt und wird durch ver­schie­de­ne nicht­me­cha­ni­sche Ein­flüs­se wie Hor­mo­ne, Ernäh­rung und Medi­ka­men­te modi­fi­ziert. Die trei­ben­de Kraft für die Ske­let­t­ent­wick­lung bleibt jedoch die akti­ve Nut­zung der Muskulatur.

Bewe­gungs­stö­run­gen und phy­sio­the­ra­peu­ti­sche Konzepte

Kin­der mit Bewe­gungs­stö­run­gen sind auf­grund ihrer pri­mä­ren Erkran­kung nicht in der Lage, adäqua­te Mus­kel­ak­ti­vi­tät durch Bewe­gung zu erzeu­gen, und ent­wi­ckeln auf­grund des­sen sekun­där Ske­lett-Erkran­kun­gen. Zur Akti­vie­rung der Mus­ku­la­tur haben sich ver­schie­de­ne phy­sio­the­ra­peu­ti­sche Trai­nings­pro­gram­me bewährt 4. Ins­be­son­de­re kön­nen für ziel­ori­en­tier­te, inten­si­ve und gerä­te­ge­stütz­te Ver­fah­ren nach dem aktu­el­len Stand der Wis­sen­schaft bestimm­te Effek­te nach­ge­wie­sen wer­den 4. Phy­sio­the­ra­peu­ti­sche Kon­zep­te im All­ge­mei­nen zie­len auf eine akti­ve Nut­zung der Mus­ku­la­tur ab. Unter Berück­sich­ti­gung der funk­tio­nel­len Mus­kel-Kno­chen-Ein­heit führt eine akti­ve­re Mus­kel­nut­zung zu einem osteo­ana­bo­len Effekt und somit zu einer Sta­bi­li­sie­rung des Ske­lett­sys­tems und einer Reduk­ti­on der sekun­dä­ren Osteoporose.

Vibra­ti­ons­un­ter­stütz­te Physiotherapie

Eine neue­re Mög­lich­keit zur Unter­stüt­zung des phy­sio­the­ra­peu­ti­schen Trai­nings ist der Ein­satz der sei­ten­al­ter­nie­ren­den Ganz­kör­per­vi­bra­ti­on mit dem Sys­tem Gali­leo® (Novo­tec Medi­cal, Pforz­heim) (Abb. 2). Die Galileo®-Vibrationsplatte erzeugt eine sei­ten­al­ter­nie­ren­de Bewe­gung ähn­lich einer Wip­pe, die den Kör­per in Schwin­gun­gen ver­setzt. Die ein­ge­lei­te­ten Schwin­gun­gen lösen in schnel­ler Fol­ge Refle­xe aus, die eine Kon­trak­ti­on der Mus­kel­grup­pen zur Fol­ge haben und so zu einem Zuwachs an Mus­kel­kraft und Mus­kel­leis­tung füh­ren 5 6. Durch die sei­ten­al­ter­nie­ren­den Wech­sel in hoher Fre­quenz wer­den Ago­nis­ten und Ant­ago­nis­ten sti­mu­liert, ähn­lich dem Bewe­gungs­mus­ter beim Gehen. Die Schwin­gun­gen wer­den durch die zwei Kenn­grö­ßen „Fre­quenz” und „Ampli­tu­de” cha­rak­te­ri­siert. Die Fre­quenz ist belie­big ein­stell­bar (5–30 Hertz) und kann somit an die indi­vi­du­el­le kör­per­li­che Belast­bar­keit und die Bedürf­nis­se des Pati­en­ten ange­passt wer­den. Nied­ri­ge Fre­quen­zen (5–12 Hertz) die­nen der Mobi­li­sa­ti­on, der Mus­kel­ent­span­nung und dem Gleich­ge­wicht. Mitt­le­re Fre­quen­zen (12–20 Hertz) trai­nie­ren die Koor­di­na­ti­on der Mus­ku­la­tur (Kontraktion/Relaxation) und die Deh­nung des Mus­kel- und Seh­nen­ap­pa­rats. Hohe Fre­quen­zen (20–30 Hertz) stei­gern die Mus­kel­leis­tung und stel­len die Mus­kel­kraft wie­der her. Die Ampli­tu­de kann über die Posi­ti­on des Pati­en­ten auf der Vibra­ti­ons­plat­te zwi­schen 0 und 12 mm ein­ge­stellt wer­den. Die Ein­lei­tung der Schwin­gun­gen in den Kör­per und somit in die ver­schie­de­nen Mus­kel­grup­pen kann durch ver­schie­de­ne Varia­tio­nen der Kör­per­hal­tung erzielt wer­den. Durch die­se reflex­ge­steu­er­te Form des Trai­nings kön­nen bei Pati­en­ten mit Bewe­gungs­stö­run­gen Mus­kel­kraft und Koor­di­na­ti­on unab­hän­gig von der wil­lent­li­chen Ansteue­rung ver­bes­sert wer­den. Steh­fä­hi­ge Kin­der trai­nie­ren auf einem Stand­ge­rät, nicht steh­fä­hi­ge Kin­der auf einem Kipp­tisch, der am Fußen­de mit einer Vibra­ti­ons­plat­te kom­bi­niert wird (Abb. 3). Der Win­kel der Ver­ti­ka­li­sie­rung kann somit stu­fen­los ein­ge­stellt werden.

In Pilot­stu­di­en mit Kin­dern und Jugend­li­chen mit unter­schied­li­chen immo­bi­li­sie­ren­den Erkran­kun­gen konn­te ein siche­rer Ein­satz die­ser Metho­de gezeigt wer­den. Bei Kin­dern mit einer Osteo­ge­ne­sis imper­fec­ta konn­te eine Zunah­me der Mus­kel­kraft nach­ge­wie­sen wer­den 7 8. Auch bei Kin­dern mit einer mus­ku­lä­ren Ursa­che für ihre Immo­bi­li­tät wur­de das Vibra­ti­ons­trai­ning unter­sucht, und es zeig­te sich ein siche­rer Ein­satz bei Kin­dern mit Mus­kel­dys­tro­phie Duchen­ne und spi­na­ler Mus­kel­atro­phie 9. Auch bei ande­ren chro­ni­schen Erkran­kun­gen, die zu einer redu­zier­ten kör­per­li­chen Belast­bar­keit füh­ren, wur­de die Wirk­sam­keit und Sicher­heit der Ganz­kör­per­vi­bra­ti­on unter­sucht 7 8; an jun­gen Erwach­se­nen mit einer cys­ti­schen Fibro­se wur­de eine Zunah­me der mus­ku­lä­ren Leis­tungs­fä­hig­keit nach­ge­wie­sen 10.

Mul­ti­mo­da­les Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­gramm “Auf die Beine”

Aus den oben genann­ten Erkennt­nis­sen ent­stand das mul­ti­mo­da­le Reha­bi­li­ta­ti­ons­kon­zept der Regel­ver­sor­gung „Auf die Bei­ne”. Kur­ze, inten­si­ve sta­tio­nä­re Pha­sen wer­den dabei mit 6 Mona­ten häus­li­chem Ganz­kör­per­vi­bra­ti­ons­trai­ning kom­bi­niert, wel­ches durch die Eltern durch­ge­führt wird; somit wer­den die Eltern zu Co-The­ra­peu­ten und kön­nen die The­ra­pie zu Hau­se fort­füh­ren. Das Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­gramm ist auf die Behand­lung von Kin­dern und Jugend­li­chen mit Bewe­gungs­stö­run­gen aus­ge­rich­tet und besteht aus einem zwei­wö­chi­gen sta­tio­nä­ren Auf­ent­halt zu Beginn und einem sechs­tä­gi­gen Auf­ent­halt nach 3 Mona­ten. Zur Kon­trol­le und Erfas­sung der Nach­hal­tig­keit erfol­gen ambu­lan­te Unter­su­chun­gen 6 Mona­te nach Beginn und nach 12 Mona­ten (Abb. 4). Wäh­rend des ers­ten sta­tio­nä­ren Auf­ent­hal­tes wer­den die Eltern und Pati­en­ten für ein häus­li­ches sechs­mo­na­ti­ges Ganz­kör­per­vi­bra­ti­ons­trai­ning ange­lei­tet. Das Trai­nings­ge­rät wird den Fami­li­en für 6 Mona­te zur Ver­fü­gung gestellt. Das häus­li­che Trai­ning wird 10 Mal pro Woche für 3 mal 3 Minu­ten durch­ge­führt; die häus­li­chen Übun­gen wer­den ent­spre­chend der indi­vi­du­el­len Ziel­set­zung ausgewählt.

Wäh­rend der sta­tio­nä­ren Trai­nings­blö­cke erhält der Pati­ent 4 bis 5 Stun­den Phy­sio­the­ra­pie täg­lich mit und ohne Unter­stüt­zung durch Gerä­te: Zwei­mal täg­lich wird in jeweils einer Stun­de funk­tio­nel­len Trai­nings an der indi­vi­du­el­len Ziel­set­zung des Pati­en­ten gear­bei­tet. Eben­falls täg­lich erhal­ten die Pati­en­ten 3 Ein­hei­ten Ganz­kör­per­vi­bra­ti­ons­trai­ning. Zur zwei­mal täg­li­chen funk­tio­nel­len Phy­sio­the­ra­pie und zum drei­mal täg­li­chen Vibra­ti­ons­trai­ning kom­men 3 wei­te­re Kom­po­nen­ten wöchent­lich zur Stei­ge­rung der Inten­si­tät hin­zu: iso­lier­tes Mus­kel­kraft­trai­ning, Lauf­band­the­ra­pie oder Geh­trai­ning mit dem Loko­mat® und The­ra­pie im Bewegungsbad.

Ergeb­nis­se des Rehabilitationsprogramms

Ins­ge­samt wur­den die Ergeb­nis­se des mul­ti­mo­da­len Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­gramms bis­her für 469 Pati­en­ten beschrie­ben: 356 Kin­der und Jugend­li­che mit Cere­bral­pa­re­se (CP) (durch­schnitt­li­ches Alter 8.9 ± 4.4 Jah­re, GMFCS-Level I–IV; GMFCS = Gross Motor Func­tion Clas­si­fi­ca­ti­on Sys­tem), 60 mit Spi­na bifi­da (durch­schnitt­li­ches Alter 8.71 ± 4.7 Jah­re) und 53 mit Osteo­ge­ne­sis imper­fec­ta (OI) (durch­schnitt­li­ches Alter: 9.1 ± 0.61 Jah­re). Bei den 356 Kin­dern mit einer zere­bra­len Bewe­gungs­stö­rung konn­te eine posi­ti­ve Ent­wick­lung der Mobi­li­tät nach Teil­nah­me am Kon­zept „Auf die Bei­ne” gezeigt wer­den, die auch nach 6 Mona­ten nach Been­di­gung der Maß­nah­me erhal­ten blieb 11. Die­se Ergeb­nis­se konn­ten auch bei den ande­ren bei­den Grup­pen (Spi­na bifi­da und OI) beob­ach­tet wer­den 12 13. Vor­an­ge­gan­ge­ne Arbei­ten zeig­ten, dass das Trai­ning inner­halb des Kon­zep­tes „Auf die Bei­ne” durch die ver­bes­ser­te Mobi­li­tät auch einen posi­ti­ven Effekt auf die gesam­te Ske­let­t­ent­wick­lung hat 14.

Wann ist der opti­ma­le Behandlungsbeginn?

Die oben beschrie­be­nen Ergeb­nis­se wei­sen auf einen Effekt ziel­ge­rich­te­ter, inten­si­ver, tech­no­lo­gie­ge­stütz­ter phy­sio­the­ra­peu­ti­scher Ver­fah­ren hin. Wann ist jedoch der opti­ma­le Behand­lungs­be­ginn? Die von den Ver­fas­sern unter­such­ten Pati­en­ten­grup­pen waren im Durch­schnitt 8 bis 9 Jah­re alt, mit einer Alters­span­ne von ca. 2 bis 25 Jah­ren. In der Grup­pe der Kin­der mit zere­bra­ler Bewe­gungs­stö­rung war eine grö­ße­re Zunah­me der moto­ri­schen Fähig­kei­ten im jun­gen Alter zu beob­ach­ten. Dies ist jedoch nicht unge­wöhn­lich, denn im jun­gen Lebens­al­ter wird eine grö­ße­re Ent­wick­lung der moto­ri­schen Fähig­kei­ten erwar­tet (wie auch bei einem gesun­den Kind). Rosen­baum et al. (2002) zeig­ten, dass Kin­der mit zere­bra­ler Bewe­gungs­stö­rung 90 % des Maxi­mums ihrer moto­ri­schen Fähig­kei­ten im Alter von 4,8 Jah­ren (GMFCS Level I), 4,4 Jah­ren (GMFCS Level II), 3,7 Jah­ren (GMFCS Level III), 3,5 Jah­ren (GMFCS Level II) und 2,7 Jah­ren (GMFCS Level I) errei­chen 15. Nach dem Errei­chen die­ser moto­ri­schen Ent­wick­lungs­gren­zen bleibt das moto­ri­sche Niveau bis zum Erwach­se­nen­al­ter rela­tiv sta­bil, und die Mög­lich­kei­ten einer Ver­bes­se­rung des moto­ri­schen Niveaus sind limi­tiert 16 17, sowohl durch phy­sio­the­ra­peu­ti­sche Maß­nah­men als auch durch Ope­ra­tio­nen. Jedoch ist dies im jun­gen Alter vor dem zwei­ten Lebens­jahr nicht der Fall. Vor dem zwei­ten Lebens­jahr ist das GMFCS-Level noch nicht sta­bil, und es kann mit einem Wech­sel in ein nächst­hö­he­res GMFCS-Level gerech­net wer­den 18. Es ist anzu­neh­men, dass rela­tiv klei­ne Ver­bes­se­run­gen der moto­ri­schen Fähig­kei­ten eines Kin­des mit zere­bra­ler Bewe­gungs­stö­rung vor dem zwei­ten Lebens­jahr zu grund­sätz­lich bes­se­ren moto­ri­schen Ver­läu­fen in der spä­te­ren Ent­wick­lung füh­ren. Die­se Beob­ach­tun­gen wei­sen auf ein „bio­lo­gisch-gene­ti­sches” Zeit­fens­ter hin, in dem die moto­ri­sche Ent­wick­lung noch varia­bel ist und eine posi­ti­ve Beein­flus­sung der zukünf­ti­gen moto­ri­schen Ent­wick­lung mög­lich scheint. Wie dies jedoch am bes­ten umzu­set­zen sei, ist der­zeit noch nicht geklärt und Gegen­stand wis­sen­schaft­li­cher Unter­su­chun­gen mit unter­schied­li­chen Ergeb­nis­sen, z. B. 19 20.

Neu­ro­wis­sen­schaft­li­cher Hintergrund

Auch aus dem Bereich der Neu­ro­wis­sen­schaf­ten gibt es in der aktu­el­len Lite­ra­tur Emp­feh­lun­gen zum früh­zei­ti­gen Behand­lungs­be­ginn, wenn das Gehirn noch sehr plas­tisch ist 21. Mus­keln und Ner­ven pas­sen sich kon­ti­nu­ier­lich den wech­seln­den Anfor­de­run­gen der moto­ri­schen Akti­vi­tät an. Es konn­te nach­ge­wie­sen wer­den, dass dadurch bei häu­fi­ger, ziel­ge­rich­te­ter Bewe­gung posi­ti­ve Effek­te im Hin­blick auf die Moto­rik gezeigt wer­den kön­nen, aber auch nega­ti­ve Effek­te bei Immo­bi­li­tät und Fehl­be­las­tung ent­ste­hen 22. Dies zeigt die Not­wen­dig­keit für opti­ma­le, ziel­ge­rich­te­te phy­sio­the­ra­peu­ti­sche Stra­te­gien, aber auch die Dring­lich­keit der Ver­mei­dung von fal­schen, feh­len­den oder inad­äqua­ten phy­sio­the­ra­peu­ti­schen Inter­ven­tio­nen, die zur Ver­schlech­te­rung füh­ren 23.

Fazit

Das mul­ti­mo­da­le Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­gramm „Auf die Bei­ne” für Kin­der und Jugend­li­che mit Bewe­gungs­stö­run­gen ist trans­la­tio­nal aus Model­len zur funk­tio­nel­len Mus­kel-Kno­chen-Ein­heit ent­stan­den und wird wei­ter­hin kon­ti­nu­ier­lich wis­sen­schaft­lich beglei­tet und wei­ter­ent­wi­ckelt. Es konn­te eine posi­ti­ve Ent­wick­lung der Mobi­li­tät bei Kin­dern und Jugend­li­chen mit Mobi­li­täts­stö­run­gen nach Teil­nah­me am Kon­zept „Auf die Bei­ne” gezeigt wer­den, die auch 6 Mona­te nach Been­di­gung der Maß­nah­me erhal­ten blieb. Funk­tio­nel­le The­ra­pien sind wich­tig für ein gutes Akti­vi­täts­ni­veau der Kin­der mit Bewe­gungs­stö­run­gen 24 25, und Trai­ning hat einen posi­ti­ven neu­ro­na­len Effekt 26; jedoch wis­sen wir bis heu­te nicht, wel­che Arten von Bewe­gung oder Übun­gen wann und in wel­chem Umfang am erfolg­reichs­ten sind. Mit zuneh­men­der Evi­denz kris­tal­li­sie­ren sich inten­si­ve, ziel­ori­en­tier­te und gerä­te­ge­stütz­te Ver­fah­ren als die effek­tivs­ten her­aus – mit Ten­denz zu einem frü­hest­mög­li­chen Behandlungsbeginn.

Für die Autoren:
Prof. Dr. Chris­ti­na Stark
Kli­nik und Poli­kli­nik für Kin­der- und Jugendmedizin

Uni­kli­nik Köln
Ker­pe­ner Stra­ße 62
50931 Köln
christina.stark@uk-koeln.de

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
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