Das Symposium trug den Namen: „Real-World Evidence and Innovations in Prosthetic Integration: Insights on the Genium X4 on biomechanics and mobility, Socket Technology Advancements, and Tailored Physiotherapy Training for Microprocessor-Controlled Knees in the Socket vs. Osseo-Integration“ und wurde von Dipl.-Ing. (FH) Merkur Alimusaj, Leiter der Technischen Orthopädie, Abteilung für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegie am Universitätsklinikum Heidelberg, moderiert.
Zu den Expertenvorträgen gehörten Beiträge von Kat Sizer, Physiotherapeutin Dorset Orthopaedic aus Großbritannien, Tim Baumeister, Leiter der Prothetik der unteren Extremitäten bei der Pohlig GmbH, Thomas Maximilian Köhler, Forschungsingenieur für Orthopädie-Technik bei Ottobock sowie Dr. Ernesto G. Trejo, Klinischer Projektmanager ebenfalls bei Ottobock.
Das Online-Symposium beleuchtete die Auswirkungen der neuen mikroprozessorgesteuerten Knieprothese (MPK) Genium X4 auf die Biomechanik, die Mobilität und die Behandlungsergebnisse für Patient:innen, die neuesten Fortschritte in der Schafttechnologie, das personalisierte physiotherapeutische Training und die Herausforderungen bei der der Integration von mikroprozessorgesteuerten Knien in Schaft- und Osseointegrationssysteme.
Dr. Ernesto Trejo aus Wien gab einen Überblick über die Studien, die während der Entwicklungsphase des „Genium X4“-Kniegelenks durchgeführt wurden. Er betonte, dass jene Studien nicht nur für die Überprüfung der Einhaltung von Sicherheits- und Leistungsstandards von entscheidender Bedeutung sind, sondern auch zeigen, dass die Teilnehmer:innen messbare Vorteile aus den neuen Technologie ziehen. Des Weiteren präsentierte er die Ergebnisse der aktuellen klinischen Studie in Deutschland. Dabei handelt es sich um eine Pilotstudie mit acht Teilnehmer:innen, die die „Genium X4“-Zielgruppe repräsentieren. Die Ergebnisse, die zur Bewertung der Erfahrungen der Teilnehmer:innen mit dem neuen MPK herangezogen wurden, konzentrierten sich auf: die Sicherheit (Stolpern und Stürze), die Nutzung der Prothese, die Mobilität und spezifische Situationen, in denen die neuen Funktionen Anwendung fanden. Weitere Punkte beschäftigten sich mit den Auswirkungen der neuen Funktionen auf die Aktivitäten des täglichen Lebens, die Präferenzen und die Zufriedenheit der Teilnehmer:innen.
„Es ist schwierig, bei einigen dieser Ergebnisse Verbesserungen zu erkennen, da das Genium und Genium X3 bereits die sichersten MPK auf dem Markt sind“, sagte Trejo. Dennoch verzeichnet die Studie einen Rückgang von Stolper- und Sturzunfällen sowie ein positives Feedback zu Faktoren wie Anstrengung, benötigte Konzentration, Komfort und Nützlichkeit der neuen Funktionen. „Die Teilnehmenden bezeichneten das Genium X4 als leichter, intuitiver und natürlicher“, so Trejo weiter.
Auf der Grundlage der biomechanischen Studie und der von Patient:nnen berichteten Ergebnisse stellte Thomas Maximilian Köhler die wichtigsten Merkmale des Prothesenkniegelenks vor und erläuterte, wie die neuen Funktionen den Patientennutzen verbessern. „Das Genium X4 bietet Einstellmöglichkeiten zur Feinabstimmung der Stand- und Schwungphasensteuerung, um den Bedürfnissen des Nutzers individueller gerecht zu werden. Darüber hinaus wurden drei völlig neue Funktionen implementiert“, so Köhler. Diese drei neuen Funktionen sind erstens „Start-to-Walk“, das Bewegungen in überfüllten Umgebungen erleichtert, zweitens „Optimized Backwards Walking“ zur Verbesserung des Gleichgewichts und drittens „Optimized Slope Ascent“ für ein optimiertes Gehen auf Schrägen.
Tim Baumeister berichtete über die Designvarianten von Prothesenschäften bei MPK: „Das Hauptaugenmerk bei der prothetischen Versorgung von Amputierten liegt auf der Verbindung zwischen den industriell gefertigten Pass‑, Struktur- und Funktionsteilen und dem Amputationsstumpf. Dem Schaft kommt bei der prothetischen Versorgung eine besondere Bedeutung zu. Er ist die wichtigste Komponente.“
Er betonte die vielfältigen Anforderungen an den Schaft. Dieser muss sowohl alle in axialer und horizontaler Richtung wirkenden Kräfte übertragen, das Stumpfvolumen aufnehmen, die Steuerung der Prothese ermöglichen als auch die statische Struktur in Abhängigkeit von der individuellen Fehlstellung realisieren.
Um die Qualität der Schaftversorgung zu optimieren, erfasst Pohlig im Rahmen des „PBSS-Projekts“ (Pohlig Bionic Socket System) biometrische Daten der Stümpfe und pflegt diese in Datenbanken ein. In der Entwicklung statistischer Modelle zur Generierung von Informationen über die Schaftmodellierung sieht Baumeister eine große Chance in der Digitalisierung. Hierdurch könnte man in Zukunft den Anforderungen an eine individualisierte, qualitativ hochwertige Prothesenversorgung gerecht werden.
Kat Sizer stellte in ihrem Vortrag verschiedene Hilfsmittel und Ressourcen vor, die Therapeut:innen zur Verfügung stehen, um Patient:innen beim Kennenlernen der Funktionen ihrer MPK zu unterstützen. Die im Vereinigten Königreich tätige Sizer hob relevante Richtlinien und Grundsätze hervor, die Therapeut:innen dabei helfen, die modernen Hilfsmittel effektiv mit ihren Patient:innen auszuprobieren. Sie arbeitete mit zahlreichen Patient:innen eng zusammen, die auf Mikroprozessortechnologie umgestiegen sind. Dabei konzentrierte sie sich insbesondere auf die Modelle Genium und Genium X3.
Sizer erörterte Strategien zur Unterstützung des Lernprozesses. Sie betonte, wie wichtig es ist, verschiedene Lehrmethoden anzuwenden, um Patient:innen die Funktionen ihrer Knie verständlich zu machen. Darüber hinaus hob sie die Notwendigkeit hervor, dass jede Funktion in verschiedenen Umgebungen effektiv und sicher genutzt wird. Sizer ging auch auf die Zeit ein, die Patient:innen benötigen, um sich an ein neues Knie zu gewöhnen, und wies darauf hin, dass verschiedene Faktoren den Zeitplan für diese Anpassung erschweren können.
Das Symposium wurde aufgezeichnet und kann nach Registrierung auf der Website von Ottobock noch einmal angeschaut werden.
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