Hilfs­mit­tel sind kei­ne gewöhn­li­chen Produkte

Die Online-Versorgung mit medizinischen Einlagen war unter anderem Thema beim Besuch von Maria Klein-Schmeink, Mitglied des Deutschen Bundestages (MdB), Mitglied im Gesundheitsausschuss und gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis90/Die Grünen, im Münsteraner Sanitätshaus Micke & Co am 9. September 2021.

Die Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te infor­mier­te sich vor Ort im Gespräch mit den bei­den Ortho­pä­die­tech­ni­ker-Meis­tern Mat­thi­as Roß­mann und Andre­as Rid­der sowie mit Micha­el Möl­ler, tech­ni­scher Chair der AG Fuß und Schuh der Deut­schen Gesell­schaft für inter­pro­fes­sio­nel­le Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung e. V. (DGIHV), über mög­li­che Gesund­heits­ri­si­ken einer Online-Versorgung.

Anzei­ge

„Hilfs­mit­tel sind kei­ne gewöhn­li­chen Pro­duk­te. Pro­duk­te wer­den erst durch ihre Inte­gra­ti­on in einen Ver­sor­gungs­pro­zess zu per­sön­li­chen Hilfs­mit­teln“, erklär­te Klein-Schmeink im Gespräch über die Online-Ein­la­gen­ver­sor­gung. Jede Ver­sor­gung sei so indi­vi­du­ell wie der Pati­ent oder die Pati­en­tin. Sie ste­hen im Mit­tel­punkt und mit ihnen wer­de der Ver­sor­gungs­be­darf fest­ge­stellt. Aus die­sem engen per­sön­li­chen Kon­takt gin­gen dann the­ra­peu­ti­sche Lösun­gen her­vor. Digi­ta­li­sie­rung die­ne dabei immer der Qua­li­tät der Ver­sor­gung. Durch Ver­bes­se­rung der Pro­zes­se oder durch bes­se­re Ver­fah­ren. „Eine Selbst­ver­mes­sung eines Pati­en­ten auf ana­lo­gen Ver­fah­ren ohne Fach­mann hat mit E‑Health nichts zu tun. Hier wird die Gesund­heit gefähr­det“, stell­te die Abge­ord­ne­te fest. Vor die­sem Hin­ter­grund sei es not­wen­dig, die Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung nicht vom Pro­dukt, son­dern von den kon­kre­ten Ver­sor­gungs­an­sprü­chen der Pati­en­ten aus zu den­ken. Ein Ansatz, um die­sen Gedan­ken umzu­set­zen, sei­en die Stär­kung von Gesund­heits­fach­be­ru­fen und die Ver­an­ke­rung von inte­grier­ten Versorgungskonzepten.

Haf­tung ungeklärt

Fili­al­lei­ter Mat­thi­as Roß­mann warnt vor den mög­li­chen Fol­gen einer Selbst­ver­mes­sung: „Wir kön­nen von unse­ren Pati­en­ten nicht erwar­ten, dass sie sich selbst kor­rekt ver­mes­sen. Dafür braucht es aus gutem Grund eine fach­män­ni­sche Aus­bil­dung. Ein Hilfs­mit­tel, das nicht benutzt wird, weil es nicht passt oder Fol­ge­schä­den ver­ur­sacht, hilft nicht und kann nur Scha­den anrich­ten“, erklär­te Roß­mann. Außer­dem gab er zu beden­ken, dass die Haf­tungs­über­nah­me bei mög­li­chen Fol­ge­schä­den, die aus der Selbst­ver­mes­sung durch den Pati­en­ten oder die Pati­en­tin ent­ste­hen kön­nen, nicht gere­gelt sei: „Wenn bei­spiels­wei­se ein dia­be­ti­scher Fuß feh­ler­haft ver­sorgt wird und dar­aus eine Fuß- oder Unter­schen­kel­am­pu­ta­ti­on folgt: Ist dann der Pati­ent selbst schuld? Eine skan­da­lö­se Vorstellung.“

Para­me­ter Kun­den­zu­frie­den­heit zweifelhaft

Der Bereich der Ein­la­gen­ver­sor­gung zei­ge exem­pla­risch, dass es Qua­li­täts­stan­dards in der Hilfs­mit­tel­bran­che brau­che, die sich dann auch im Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis und schließ­lich in der all­täg­lich geleb­ten Pati­en­ten­ver­sor­gung wider­spie­geln, wie Micha­el Möl­ler unter­streicht. Die­se Qua­li­täts­stan­dards müss­ten dann auch bun­des­ein­heit­lich ver­bind­lich gere­gelt sein und durch Kran­ken­kas­sen und den Medi­zi­ni­schen Dienst ent­spre­chend kon­trol­liert wer­den. „Es kann nicht sein, dass Kran­ken­kas­sen gel­ten­de Stan­dards wie Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis und Rege­lun­gen der Pati­en­ten­si­cher­heit selbst unter­lau­fen“, beton­te Möl­ler. Zudem stel­le Kun­den­zu­frie­den­heit kei­nen Beweis für Ver­sor­gungs­qua­li­tät dar: „Wie soll der Pati­ent allein dar­über ent­schei­den, ob die Ein­la­ge den gewünsch­ten Behand­lungs­er­folg erzielt? Das Aus­se­hen der Ein­la­ge oder die Betreu­ung per Chat sind mit Sicher­heit nicht die geeig­ne­ten Para­me­ter, um die Qua­li­tät einer Ver­sor­gung zu bewerten.“

 

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