Hygie­ne­an­for­de­run­gen und Maß­nah­men zur Redu­zie­rung des Infek­ti­ons­ri­si­kos im ortho­pä­die­tech­ni­schen Betrieb

J. Glotz
Orthopädietechnische Betriebe und Sanitätshäuser unterliegen besonderen hygienischen Risiken. Eine Übertragung krankheitserregender Keime ist sowohl im Kontakt mit Kunden als auch bei der Aufbereitung gebrauchter Medizinprodukte und Hilfsmittel möglich. Der Artikel beschreibt zunächst die zugrunde liegenden Anforderungen, stellt anschließend die unterschiedlichen Wege der Übertragung von Keimen vor und vermittelt abschließend eine Übersicht über die möglichen Gegenmaßnahmen.

Anfor­de­run­gen

Die hygie­ni­schen Anfor­de­run­gen an einen ortho­pä­die­tech­ni­schen Betrieb erge­ben sich aus fol­gen­den Ver­ord­nun­gen und Empfehlungen:

  • DIN EN ISO 13485:2007–10: Medi­zin­pro­duk­te – Qua­li­täts­ma­nage­ment­sys­te­me – Anfor­de­run­gen für regu­la­to­ri­sche Zwecke
  • § 4 MPBe­treibV (Ver­ord­nung über das Errich­ten, Betrei­ben und Anwen­den von Medizinprodukten)
  • Emp­feh­lung der Kom­mis­si­on für Kran­ken­haus­hy­gie­ne und Infek­ti­ons­prä­ven­ti­on (KRINKO) beim Robert Koch-Insti­tut (RKI) und des Bun­des­in­sti­tu­tes für Arz­nei­mit­tel und Medi­zin­pro­duk­te (BfArM) zu den „Anfor­de­run­gen an die Hygie­ne bei der Auf­be­rei­tung von Medi­zin­pro­duk­ten” 1

Es wer­den 2 Über­tra­gungs­we­ge unterschieden:

  • Über­tra­gung durch direk­ten Kon­takt: Kun­de 1 ➝ Mit­ar­bei­ter ➝ Kun­de 2 oder Kun­de 1 ➝ Kun­de 2
  • Über­tra­gung durch indi­rek­ten Kon­takt: Mensch ➝ Ware ➝ Mensch

Die bei­den Über­tra­gungs­we­ge wer­den im Fol­gen­den genau­er erläu­tert und ent­spre­chen­de Gegen­maß­nah­men genannt.

Über­tra­gungs­weg 1

Eine Infek­ti­on mit krank­ma­chen­den Kei­men durch Über­tra­gung von Mensch zu Mensch kann in allen Ver­sor­gungs­fäl­len vor­kom­men, ob im kli­ni­schen Bereich, in Alten- und Pfle­ge­ein­rich­tun­gen, beim Haus­be­such beim Kun­den bzw. im Unternehmen.

Beson­ders pro­ble­ma­tisch wird die Situa­ti­on dadurch, dass in den meis­ten Fäl­len kei­ne Hin­weis­pflicht auf eine anste­cken­de Erkran­kung vor­liegt und somit min­des­tens ein Betei­lig­ter in der Über­tra­gungs­ket­te ahnungs­los ist. Daher ist es erfor­der­lich, ent­spre­chen­de Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men für Mit­ar­bei­ter und Kun­den zu treffen.

Dies sind in ers­ter Linie:

  • Hand­des­in­fek­ti­on vor und nach Kundenkontakt
  • Flä­chen­des­in­fek­ti­on nach Kundenkontakt

Idea­ler­wei­se sind die­se Vor­ge­hens­wei­sen durch einen Hygie­ne-Leit­fa­den im QM-Sys­tem fest­ge­legt. Die posi­ti­ven Aus­wir­kun­gen von Hand­des­in­fek­ti­ons­mit­teln auf Alko­hol­ba­sis im öffent­li­chen Dienst auf Gesund­heit und Mit­ar­bei­ter-Per­for­mance wur­de in einer unab­hän­gi­gen Stu­die der Uni­ver­si­tät Greifs­wald 2 wie folgt beschrieben:

  • Rück­gang der Anzahl der mit Viren kon­ta­mi­nier­ten Ober­flä­chen um 62 %
  • signi­fi­kan­ter Rück­gang von Erkäl­tungs­er­kran­kun­gen um 65 %

Nach­fol­gend wer­den bei­spiel­haft eini­ge geeig­ne­te Pro­duk­te zur Hand- und Haut­pfle­ge bzw. zur Flä­chen­des­in­fek­ti­on und Instru­ment­endes­in­fek­ti­on vorgestellt:

Haut­pfle­ge-Pro­duk­te

  • Sto­ko­lan Pfle­ge­creme, Deb-Sto­ko Euro­pe GmbH, Krefeld
    För­dert das Abklin­gen von Haut­rei­zun­gen und wirkt beru­hi­gend auf die Haut
  • Tra­v­a­bon, Deb-Sto­ko Euro­pe GmbH, Krefeld
    Schützt die Haut vor öli­gen und was­ser­un­lös­li­chen Arbeits­stof­fen, erleich­tert die Haut­rei­ni­gung bei star­ken Verschmutzungen

Hän­de-Anti­sep­ti­ka/­Des­in­fek­ti­ons­mit­tel

  • Poly-Alco­hol Hän­de-Anti­sep­ti­cum, Labo­ra­to­ri­um Dr. Dep­pe GmbH, Kem­pen Alko­ho­li­sches Händedesinfektionsmittel
  • Man­ora­pid Syn­er­gy, Anti­sep­ti­ca chem.-pharm. Pro­duk­te GmbH, Pulheim/Brauweiler Viru­zi­des Hän­de­des­in­fek­ti­ons­mit­tel für Berei­che mit erhöh­tem Kontaminationsrisiko

Flä­chen­des­in­fek­ti­ons­mit­tel

  • Bacil­lol, AF Schnell­des­in­fek­ti­on, Bode Che­mie, Hamburg
    Eig­net sich zur Schnell­des­in­fek­ti­on alko­hol­be­stän­di­ger Ober­flä­chen im Wisch­ver­fah­ren, wenn nicht nur eine schnel­le Wir­kung, son­dern auch ein rück­stands­frei­es Auf­trock­nen gefor­dert ist. Durch sei­ne fun­gi­zi­de Eigen­schaft spe­zi­ell geeig­net für den Sani­täts­fach­han­del, Ortho­pä­die-Tech­ni­ker und Ortho­pä­die-Schuh­tech­ni­ker bzw. deren Gerä­te und Inven­tar, die unter das Medi­zin­pro­duk­te­ge­setz fallen
  • Bigu­acid Liquid, Anti­sep­ti­ca chem.-pharm. Pro­duk­te GmbH, Pulheim/Brauweiler Flä­chen­des­in­fek­ti­ons­mit­tel für Medi­zin­pro­duk­te und medi­zi­ni­sches Inventar

Instru­ment­endes­in­fek­ti­ons­mit­tel

  • Lys­e­tol FF, Schül­ke & Mayr GmbH, Norderstedt
    Für die manu­el­le Des­in­fek­ti­on und des­in­fi­zie­ren­de Rei­ni­gung von Instru­men­ten und medi­zi­ni­schen Geräten

Bei Hilfs­mit­tel­ver­sor­gun­gen durch den Außen­dienst emp­fiehlt sich der Ein­satz soge­nann­ter Hygie­ne-Sets, mit deren Hil­fe der Mit­ar­bei­ter auch im Außen­dienst über geeig­ne­te Mit­tel und Pro­duk­te zur Durch­füh­rung von Hygie­ne­maß­nah­men ver­fügt. Bei­spiel­haft ist der Inhalt eines sol­chen Hygie­ne-Sets nach­fol­gend aufgeführt:

  • 1 Box Kos­me­tik­tü­cher (Box à 100 Tücher, 2‑lagig, Tissue)
  • 2 Ein­weg­kit­tel weiß, PE, Universalgröße
  • 1 WetTask-Wisch­Box mit Wisch­tuchrol­le + Nachfüllung
  • 1 Bigu­acid Liquid Flä­chen­des­in­fek­ti­ons­mit­tel (Fla­sche 1 l)
  • 1 Poly-Alco­hol Hän­de Anti­sep­ti­cum ­(Fla­sche 500 ml)
  • 1 Man­ora­pid Syn­er­gy viru­zi­des Hän­de­des­in­fek­ti­ons­mit­tel (Fla­sche 150 ml)
  • 1 Sto­ko­lan Pfle­ge­creme für Hän­de (Tube 100 ml)
  • 1 Box Latex-Unter­su­chungs­hand­schu­he, unste­ril, puder­frei, 100 Stück

Über­tra­gungs­weg 2

Rück­ho­lung bzw. Rück­nah­me von Hilfsmitteln

Bei der Rück­ho­lung von Hilfs­mit­teln durch den Außen­dienst bzw. bei der Rück­nah­me aus­ge­ge­be­ner Hilfs­mit­tel gilt es eben­falls bestimm­te Regeln strikt zu beach­ten. Die kon­se­quen­te Tren­nung von Aus­lie­fer- und Rück­hol­wa­re muss im Unter­neh­men, aber auch in den zum Ein­satz kom­men­den Fahr­zeu­gen sicher­ge­stellt wer­den. Dies wird z. B. erreicht, indem zurück­ge­hol­te Ware in ver­schließ­ba­re Säcke ver­packt wird, bevor sie ins Fahr­zeug gelangt. Dar­über hin­aus ist es sinn­voll, bei der Rück­ho­lung bzw. Rück­nah­me aus­ge­ge­be­ner Hilfs­mit­tel Aus­kunft über das Vor­lie­gen anste­cken­der Erkran­kun­gen ein­zu­ho­len. Wei­te­re Maß­nah­men sind das Sepa­rie­ren von Ein­mal­ar­ti­keln mit anschlie­ßen­der Ent­sor­gung, die Beach­tung der Anwen­dung geeig­ne­ter Mate­ria­li­en (z. B. bei Kunst­le­der mit Hin­weis auf Des­in­fi­zier­bar­keit), die Ver­wen­dung geeig­ne­ter Des­in­fek­ti­ons­mit­tel (RKI-Lis­te) sowie bei der Anwen­dung von Des­in­fek­ti­ons­mit­teln die Beach­tung der not­wen­di­gen Ein­wirk­zeit anhand der Gebrauchsanleitung.

Beim Über­tra­gungs­weg 2 spie­len Pro­duk­te und Waren eine wesent­li­che Rol­le. Ange­sichts der feh­len­den Hin­weis­pflicht auf anste­cken­de Erkran­kun­gen gel­ten hier fol­gen­de Regeln:

  • Ein­mal­ar­ti­kel müs­sen ent­sorgt werden.
  • Wie­der­ein­satz­fä­hi­ge Arti­kel soll­ten auf­be­rei­tet wer­den, wenn möglich.

Bei Ein­mal­ar­ti­keln han­delt es sich z. B. um Sto­ma- und Inkon­ti­nenz­pro­duk­te bzw. Ver­band­stof­fe. Die­se sind nach Gebrauch zu ent­sor­gen. Auch ange­bro­che­ne Gebin­de dür­fen nicht bei ande­ren Pati­en­ten ein­ge­setzt wer­den, es sei denn, der ein­zel­ne Arti­kel ist ste­ril verpackt.

Es gibt jedoch auch Pro­duk­te, bei denen ein Mehr­fach­ge­brauch mög­lich ist. Bei einem Mehr­fach­ge­brauch durch den­sel­ben Pati­en­ten wird das Pro­dukt nach Gebrauch gewa­schen und wei­ter­be­nutzt, bis die Leis­tungs­gren­ze des the­ra­peu­ti­schen Nut­zens erreicht ist.

Nach Auf­be­rei­tung von Medi­zin­pro­duk­ten kön­nen die­se erneut ein­ge­setzt wer­den. An die Auf­be­rei­tung von Medi­zin­pro­duk­ten wer­den beson­ders hohe Anfor­de­run­gen gestellt. Dabei han­delt es sich um einen kri­ti­schen Pro­zess mit der Ziel­set­zung, opti­ma­le hygie­ni­sche Sicher­heit für das Medi­zin­pro­dukt und damit für die Pati­en­ten zu gewährleisten.

„Die Medi­zin­pro­duk­te-Betrei­ber­ver­ord­nung for­dert, dass Kran­ken­häu­ser und ande­re Ein­rich­tun­gen, die Medi­zin­pro­duk­te der Risi­ko­stu­fe ‚kri­tisch C‘ auf­be­rei­ten, eine Zer­ti­fi­zie­rung des Qua­li­täts­ma­nage­ment­sys­tems nach DIN EN ISO 13485 unter Berück­sich­ti­gung der RKI-Emp­feh­lung des Robert-Koch-Insti­tuts nach­wei­sen müs­sen. Für alle ande­ren, die Medi­zin­pro­duk­te der übri­gen Risi­koklas­sen auf­be­rei­ten, emp­fiehlt sich eine frei­wil­li­ge Zer­ti­fi­zie­rung nach DIN ISO 13485.” 3 Tabel­le 1 erläu­tert die Risi­ko­be­wer­tung und Ein­stu­fung von Medi­zin­pro­duk­ten lt. RKI-Empfehlung.

Haf­tung bei Wiederaufbereitung

Eine Wie­der­auf­be­rei­tung die­ser Pro­duk­te ist grund­sätz­lich mög­lich. Aller­dings geht die Pro­dukt­haf­tung dabei auf den Wie­der­in­ver­kehr­brin­ger über. Der Wie­der­auf­be­rei­ter muss für das wie­der­auf­be­rei­te­te Pro­dukt die Kon­for­mi­tät erklä­ren (CE-Kenn­zeich­nung). In die­sem Zusam­men­hang ver­langt die Richt­li­nie über Medi­zin­pro­duk­te 93/42/EWG eine nach geprüf­ten Ver­fah­ren erstell­te Vor­ge­hens­wei­se zur hygie­ni­schen Wie­der­auf­be­rei­tung und zur sicher­heits­tech­ni­schen Mate­ri­al­prü­fung mit ent­spre­chen­der Doku­men­ta­ti­on. Die­se beschrie­be­nen Pro­zes­se müs­sen bei der Erstel­lung und Inte­gra­ti­on eines Wie­der­auf­be­rei­tungs­ver­fah­rens im Risi­ko- und Qua­li­täts­ma­nage­ment­sys­tem des Wie­der­auf­be­rei­ters berück­sich­tigt werden.

Im Fol­gen­den wird der Wie­der­ein­satz an eini­gen bei­spiel­haf­ten Hilfs­mit­teln dargestellt:

  • Unter­schen­kel-Orthe­sen (Wal­ker) und Knieorthesen
  • Kran­ken­bet­ten und Roll­stüh­le bzw. Rehamittel
  • Anti-Deku­bi­tus-Sys­te­me
  • Beatmungs­ge­rä­te

Wie­der­ein­satz von Unter­schen­kel-Fuß-Orthe­sen bzw. Knieorthesen

In stei­gen­dem Maße wer­den Unter­schen­kel-Fuß-Orthe­sen bzw. Knie­or­the­sen im Wie­der­ein­satz­ver­fah­ren ein­ge­setzt. Hier­zu wer­den teil­wei­se sehr kon­tro­ver­se Dis­kus­sio­nen geführt. Auch sei­tens der Her­stel­ler die­ser Pro­duk­te gibt es sehr unter­schied­li­che Aus­sa­gen bzw. Emp­feh­lun­gen. Um Haf­tungs­fäl­len ent­ge­gen­zu­wir­ken, ist in jedem Fall ein klar defi­nier­ter und beschrie­be­ner Ablauf ein­zu­hal­ten. Die­ser beinhal­tet min­des­tens die nach­fol­gen­den Punkte:

  • Ent­fer­nung von Pols­tern und Verschlüssen
  • Flä­chen­des­in­fek­ti­on
  • Über­prü­fung der last­tra­gen­den Tei­le auf Beschädigungen
  • Mon­tie­rung neu­er Pols­ter und Verschlüsse

Laut Stu­di­en der Uni­ver­si­täts­kli­nik Frei­burg und der Ruhr-Uni­ver­si­tät Bochum kann es zu Ver­un­rei­ni­gun­gen mit patho­ge­nen Kei­men und ver­schleiß­be­ding­ten Brü­chen kom­men 4.

Knie­or­the­sen sol­len erst dann erneut ein­ge­setzt wer­den, wenn sie zuvor gründ­lich über­prüft und sach­ge­mäß wie­der­auf­be­rei­tet wur­den. Das geschieht am bes­ten dort, wo die Orthe­se ursprüng­lich gefer­tigt wur­de: beim jewei­li­gen Her­stel­ler, der somit auch in der Haf­tung bleibt.

Wie­der­ein­satz von Krankenbetten/Rollstühlen bzw. Rehabilitationsmitteln

Im Bereich der Reha­bi­li­ta­ti­ons­mit­tel ist der Wie­der­ein­satz schon seit eini­ger Zeit eta­bliert, unab­hän­gig von den Eigen­tums­ver­hält­nis­sen des Hilfs­mit­tels. Hier gilt regel­haft der nach­fol­gen­de Ablauf:

  • unrei­ner Wareneingang
  • Vor­rei­ni­gung mit Hoch­druck­rei­ni­ger in Desinfektionskabine
  • Schaum-Flä­chen­des­in­fek­ti­on
  • Voll­rei­ni­gung mit Hoch­druck­rei­ni­ger, alter­na­tiv Trockeneisreinigung
  • alter­na­tiv: auto­ma­ti­sche Sys­te­me, z. B. Reha-Wash (Wasch­ma­schi­ne zur Reinigung/Desinfektion von Reha­mit­teln = vali­dier­tes Verfahren)

Bei der Auf­be­rei­tung von Reha­mit­teln ist in jedem Fall eine strik­te Tren­nung von rei­ner und unrei­ner Ware über den gesam­ten Pro­zess sicherzustellen.

Wie­der­auf­be­rei­tung von Anti-Dekubitus-Systemen

Bei Anti-Deku­bi­tus-Sys­te­men besteht in der Regel Kon­takt mit ver­sehr­ter Haut bzw. Wun­den. Dadurch besteht ein hohes Risi­ko durch eine grö­ße­re Wahr­schein­lich­keit einer Keim­über­tra­gung. Daher erge­ben sich hier für die Auf­be­rei­tung beson­de­re Anfor­de­run­gen. Die­sen kann der Leis­tungs­er­brin­ger in eige­ner Regie in den wenigs­ten Fäl­len gerecht wer­den. Daher hat sich in die­sem Pro­dukt­be­reich die Auf­be­rei­tung durch Her­stel­ler oder durch spe­zia­li­sier­te Dienst­leis­ter durch­ge­setzt. Dabei über­nimmt der Dienst­leis­ter die Auf­be­rei­tung der Pro­duk­te nach einem vali­dier­ten Ver­fah­ren und über­gibt mit dem Pro­dukt ein ent­spre­chen­des Zertifikat.

Wie­der­auf­be­rei­tung von Beatmungsgeräten

Bei Beatmungs­ge­rä­ten besteht durch den Kon­takt mit der Schleim­haut eben­falls ein hohes Risi­ko durch die gro­ße Wahr­schein­lich­keit einer Keim­über­tra­gung. Daher muss sowohl die Rück­ho­lung als auch die Auf­be­rei­tung nach streng fest­ge­leg­ten Regeln und Pro­ze­du­ren erfolgen.

Bei­spiel­haft soll hier ein Keim­re­du­zie­rungs­ver­fah­ren mit­tels eines sog. Kere­du­sy-Sys­tems vor­ge­stellt wer­den. Bei dem Kere­du­sy-Sys­tem KR1000 wer­den die Beatmungs­ge­rä­te mit Ozon behan­delt und dadurch desinfiziert.

Bau­li­che Voraussetzungen

Die Auf­be­rei­tung erfolgt in einem sepa­ra­ten Bereich. Die­ser besteht aus einem Vor­raum, in dem die kon­ta­mi­nier­te Ware gela­gert wird. Von die­sem Vor­raum gelangt man in einen soge­nann­ten Arbeits­raum, in dem die Gerä­te aus­ge­packt wer­den und eine Flä­chen- und Wisch­des­in­fek­ti­on durch­ge­führt wird. Anschlie­ßend wer­den die Gerä­te für den Kere­du­sy-Vor­gang bereit­ge­stellt. Idea­ler­wei­se gelan­gen die Gerä­te über eine Schleu­se bzw. geschlos­se­ne Durch­rei­che in den eigent­li­chen Kere­du­sy-Raum. In die­sem Raum fin­det die Bega­sung mit Ozon statt. Die­ser Raum ist nur von der rei­nen Sei­te begeh­bar und ist mit einem Ozon-Alarm­sys­tem aus­ge­stat­tet. Wäh­rend des Kere­du­sy-Vor­gangs darf sich nie­mand in dem Raum auf­hal­ten. Die Steue­rung des Sys­tems erfolgt über einen außer­halb des Kere­du­sy-Rau­mes instal­lier­ten Rech­ner. Der Kere­du­sy-Raum muss von außen ein­seh­bar sein. Nach Abschluss des Kere­du­sy-Vor­gangs wird das Gerät in den Rein­be­reich über­nom­men. Der gesam­te Vor­gang erfolgt nach einem streng fest­ge­leg­ten Ablauf­plan und ist in einer Arbeits­an­wei­sung geregelt.

Da bei Beatmungs­ge­rä­ten gene­rell ein höhe­res Kon­ta­mi­na­ti­ons­ri­si­ko besteht, soll­te die­ser Vor­gang obli­ga­to­risch bei allen Beatmungs­ge­rä­ten durch­ge­führt wer­den. Die Instal­la­ti­on und Auf­recht­erhal­tung eines sol­chen Sys­tems ist sehr kos­ten- und zeit­auf­wen­dig. Bei sehr vie­len Kos­tenträgern wird jedoch der Auf­wand für die­se Vor­ge­hens­wei­se nicht oder nicht aus­rei­chend ver­gü­tet bzw. wird im Rah­men einer „Misch­kal­ku­la­ti­on” als Bestand­teil vorausgesetzt.

Anfor­de­run­gen an den Betrei­ber von Medizinprodukten

  • Erfas­sung der Medi­zin­pro­duk­te in einem geeig­ne­ten System
  • Risi­ko­be­wer­tung und Ein­stu­fung für jedes Medi­zin­pro­dukt unter Ein­be­zie­hung der für die Auf­be­rei­tung unmit­tel­bar Zuständigen
  • Doku­men­ta­ti­on der Ergeb­nis­se der Ein­stu­fung und Risikobewertung
  • Fest­le­gung der not­wen­di­gen Auf­be­rei­tungs­schrit­te und kla­re Rege­lung in Arbeits- und Verfahrensanweisungen

Zur Erfül­lung die­ser Anfor­de­run­gen muss sich der Betrei­ber fol­gen­de Fra­gen stellen:

  • Ist die Mög­lich­keit der Auf­be­rei­tung gegeben?
  • Ent­spre­chen die Räum­lich­kei­ten den Anforderungen?
  • Sind die erfor­der­li­chen Arbeits­mit­tel vorhanden?
  • Ist das Per­so­nal aus­rei­chend qualifiziert?

Zur Auf­be­rei­tung der Medi­zin­pro­duk­te hat der Betrei­ber auch die Her­stel­ler­an­ga­ben (DIN EN ISO 17664) zu berück­sich­ti­gen, und zwar nach fol­gen­den Gesichtspunkten:

  • ob, wie und wie oft die Auf­be­rei­tung zu erfol­gen hat,
  • mit wel­chen Ver­fah­ren die Auf­be­rei­tung durch­ge­führt wird,
  • unter wel­chen Bedin­gun­gen die Auf­be­rei­tung vor­ge­nom­men wird und
  • wie die Lage­rung der Medi­zin­pro­duk­te zu erfol­gen hat.

Hier­aus ergibt sich, dass der Betrei­ber von Medi­zin­pro­duk­ten einer beson­de­ren Ver­ant­wor­tung sowohl im Hin­blick auf die Erfül­lung der Hygie­ne­an­for­de­run­gen als auch in der Auf­be­rei­tung von Medi­zin­pro­duk­ten unter­liegt. Im Fol­gen­den sind die wesent­li­chen Auf­ga­ben­stel­lun­gen für den Betrei­ber dar­ge­stellt, um die­ser Ver­ant­wor­tung gerecht zu werden:

  • „Sorg­falts­pflicht durch Erfül­lung aller Anfor­de­run­gen (RKI-Richt­li­nie)
  • Sicher­stel­lung der inner­be­trieb­li­chen Orga­ni­sa­ti­on (QM)
  • Rege­lun­gen der Zustän­dig­kei­ten für alle Schrit­te der Aufbereitung
  • Die prak­ti­sche Durch­füh­rung der Ver­fah­ren ist vor der Auf­be­rei­tung in allen Ein­zel­schrit­ten festzulegen.
  • stan­dar­di­sier­te Arbeits­an­wei­sun­gen für jeden ein­zel­nen Schritt
  • Sicher­stel­lung der Erfül­lung durch das Per­so­nal unter Berück­sich­ti­gung der Qua­li­fi­ka­ti­on und der Position
  • hoher Aus­bil­dungs­stand und regel­mä­ßi­ge Unterweisungen
  • bei Fremd­auf­be­rei­tung im Ver­trags­werk fest­le­gen, dass erfor­der­li­ches QM vor­han­den und Auf­be­rei­tung nach RKI-Richt­li­nie erfolgt
  • Über­ga­be, Auf­be­rei­tung, Rück­ga­be von Medi­zin­pro­duk­ten beson­ders schrift­lich fest­le­gen” 5

Durch gesetz­li­che Rege­lun­gen bzw. durch EU-Richt­li­ni­en ist zukünf­tig mit einer wei­te­ren Zunah­me an Anfor­de­run­gen für die Auf­be­rei­tung bzw. für den Betrieb von Medi­zin­pro­duk­ten zu rech­nen. Gleich­zei­tig wer­den die Ver­gü­tungs­prei­se immer wei­ter gesenkt. Wie aktu­el­le Bei­spie­le zei­gen, besteht die Gefahr, dass dadurch die Sicher­heit bei der Auf­be­rei­tung von Medi­zin­pro­duk­ten zu Las­ten der Pati­en­ten beein­träch­tigt wird.

Der Autor:
Joa­chim Glotz
Ortho­pä­die-Mecha­ni­ker-Meis­ter
Vital-Zen­trum Sani­täts­haus Glotz GmbH
Die­sel­str. 19–21
70839 Ger­lin­gen
J.Glotz@Glotz.de

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
Glotz J. Hygie­ne­an­for­de­run­gen und Maß­nah­men zur Redu­zie­rung des Infek­ti­ons­ri­si­kos im ortho­pä­die­tech­ni­schen Betrieb. Ortho­pä­die Tech­nik, 2015; 66 (1): 54–57
  1. Anfor­de­run­gen an die Hygie­ne bei der Auf­be­rei­tung von Medi­zin­pro­duk­ten. Emp­feh­lung der Kom­mis­si­on für Kran­ken­haus­hy­gie­ne und Infek­ti­ons­prä­ven­ti­on (KRINKO) beim Robert Koch-Insti­tut (RKI) und des Bun­des­in­sti­tu­tes für Arz­nei­mit­tel und Medi­zin­pro­duk­te (BfArM). Bun­des­ge­sund­heits­bl, 2012; 55: 1244–1310,http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/Medprod_Rili_2012.pdf?__blob=publicationFile
  2. Hüb­ner NO, Hüb­ner C, Wod­ny M, Kampf G, Kra­mer A. Effec­ti­ve­ness of alco­hol­ba­sed hand dis­in­fec­tants in a public admi­nis­tra­ti­on: impact on health and work per­for­mance rela­ted to acu­te respi­ra­to­ry sym­ptoms and diar­rhoea. BMC Infect Dis, 2010; 10: 250. doi: 10.1186/1471–2334-10–250.
  3. Schwarz­kopf A. Hygie­ne in der Arzt­pra­xis. Grund­la­gen für die Erstel­lung eines Hygie­ne­kon­zepts. 3., voll­stän­dig über­ar­bei­te­te und ergänz­te Aufl. Wies­ba­den: mhp Ver­lag, 2014
  4. Poh­len E. Das Risi­ko trägt der Pati­ent. MTD, 2007; (4): 38–39
  5. http://www.kvb.de/fileadmin/kvb/dokumente/UeberUns/Termine/2014/Hygiene-tag/KVB-Termin-Hygienetag-2014-Vortrag-Sachse.pdf
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