Hilfs­mit­tel­re­form: Hand­werk kon­tert GKV-Forderungen

Der GKV-Spitzenverband hat am vergangenen Mittwoch, 14. Juni, seine eigenen Vorschläge für eine Hilfsmittelreform vorgelegt. Diese wurden geschlossen von den Gesundheitshandwerken scharf kritisiert. Zuvor hatte bereits das Bündnis „Wir versorgen Deutschland“ (WvD) aus der Branche heraus erste Vorschläge in die Diskussion gebracht.

In einem Posi­ti­ons­pa­pier wer­den sechs For­de­run­gen des GKV-Spit­zen­ver­ban­des unter der Über­schrift „Vor­aus­set­zun­gen für eine wirt­schaft­li­che und qua­li­täts­ge­si­cher­te Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung“ zusam­men­ge­fasst und begrün­det. Unter ande­rem sol­len Aus­schrei­bun­gen und Fest­be­trä­ge ermög­licht, der Wett­be­werb gestärkt, Ver­si­cher­te fair bera­ten, unnö­ti­ge Büro­kra­tie abge­baut sowie die Mehr­wehr­steu­er gesenkt wer­den. Bei den The­men Büro­kra­tie­ab­bau und Mehr­wert­steu­er fin­den sich ober­fläch­li­che Schnitt­men­gen mit den Reform­vor­schlä­gen aus der Ortho­pä­die-Tech­nik. Ins­ge­samt kri­ti­sie­ren die Gesund­heits­hand­wer­ke die For­de­run­gen der Kran­ken­kas­sen scharf. „Der GKV-Spit­zen­ver­band hat am 14. Juni 2023 poli­ti­sche For­de­run­gen gestellt, wel­che eine qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung betrof­fe­ner Men­schen in wei­ten Tei­len ver­hin­dert“, steht in einer als Reak­ti­on auf das Posi­ti­ons­pa­pier ver­öf­fent­lich­ten Stel­lung­nah­me der Gesundheitshandwerke.

Wett­be­werb, so die Hand­wer­ke, wer­de durch die Pra­xis der Kos­ten­trä­ger ver­hin­dert, die durch zu nied­rig fest­ge­setz­te Fest­be­trä­ge die Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung unter­fi­nan­zie­ren wür­de. Zudem wür­de nun gefor­dert, dass das Bei­tritts­recht für Leis­tungs­er­bin­ger zu bestehen­den Ver­trä­gen beschnit­ten wird vor dem Hin­ter­grund, dass Kos­ten­trä­ger dadurch ein­zel­ne Unter­neh­men bevor­zu­gen könnten.

Erst 2019 wur­de das Aus­schrei­bungs­ver­bot von der Gesetz­ge­bung umge­setzt – nun, nicht ein­mal ein hal­bes Jahr­zehnt spä­ter – for­dert der GKV-Spit­zen­ver­band eine Rück­kehr zu Aus­schrei­bun­gen. „Bei Aus­schrei­bun­gen hat der nied­rigs­te Preis und nicht die bes­te Ver­sor­gungs­qua­li­tät den Wett­be­werb bestimmt“, kri­ti­sie­ren die Gesund­heits­hand­wer­ke. Schlecht- und Unter­ver­sor­gun­gen auf Ver­si­cher­ten­sei­te und Insol­ven­zen auf Leis­tungs­er­brin­ger­sei­te waren in der Ver­gan­gen­heit die Kon­se­quen­zen der Aus­schrei­bun­gen. „Der GKV-Spit­zen­ver­band for­dert Open­house-Ver­trä­ge, die der Gesetz­ge­ber aus den glei­chen Grün­den unter­sagt hat, wie die KO-Aus­schrei­bun­gen. Unter Open­house-Ver­trä­gen ver­steht man sol­che, bei denen die Kran­ken­kas­se die kom­plet­ten Ver­trags­be­din­gun­gen, ein­schließ­lich der Prei­se, vor­ge­ben und jeder Leis­tungs­er­brin­ger nur dann die Ver­sor­gung der gesetz­lich Ver­si­cher­ten wei­ter­füh­ren darf, der die­se Bedin­gun­gen erfüllt und dem Ver­trag ohne vor­he­ri­ge Ver­trags­ver­hand­lun­gen oder Nach­ver­hand­lung bei­tritt. Dies wäre ein Preis­dik­tat der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung (GKV), wel­ches Leis­tungs­wett­be­werb unter­bin­det“, füh­ren die Leis­tungs­er­brin­ger wei­te­re Argu­men­te an und for­dern auch die „Hin­ter­tü­ren“ für Open­house-Ver­trä­ge zu schlie­ßen bzw. nicht wie­der zu öff­nen. Dies wür­de gesche­hen, wenn der Gesetz­ge­ber der For­de­rung des GKV-Spit­zen­ver­ban­des nach mehr Ein­zel­ver­trä­gen nachgäbe.

Bei der grund­sätz­li­chen Einig­keit zwi­schen Leis­tungs­er­brin­ger und Kos­ten­trä­ger in Bezug auf den Büro­kra­tie­ab­bau, gibt es auch dort Raum für Kri­tik sei­tens der Gesund­heits­hand­wer­ke. Mit Ver­wun­de­rung haben die­se zur Kennt­nis genom­men, dass der GKV-Spit­zen­ver­band eine For­de­rung für einen schein­ba­ren Büro­kra­tie­ab­bau in dem Posi­ti­ons­pa­pier plat­ziert hat. Die Doku­men­ta­ti­ons- und Infor­ma­ti­ons­pflich­ten der Leis­tungs­er­brin­ger hin­sicht­lich der Bera­tung der Ver­si­cher­ten über die Mög­lich­keit der auf­zah­lungs­frei­en Ver­sor­gung sol­len erhöht wer­den, um den Auf­wand für die Kran­ken­kas­sen redu­zie­ren zu kön­nen — im Prin­zip kein Ab- son­dern ein Umbau von Bürokratie.

Deut­li­che Wor­te fin­den der Zen­tral­ver­band der Augen­op­ti­ker und Opto­me­tris­ten (ZVA), Bun­des­in­nung der Hör­akus­ti­ker (biha), Ver­band Deut­scher Zahn­tech­ni­ker-Innun­gen (VDZI) sowie der Bun­des­in­nungs­ver­band für Ortho­pä­die-Tech­nik (BIV-OT) zum Vor­wurf der enor­men Kos­ten­stei­ge­run­gen seit 2019. „Der GKV-Spit­zen­ver­band schürt durch fal­sche Ver­knüp­fun­gen die Angst vor Bei­trags­an­he­bun­gen durch eine qua­li­täts­ge­si­cher­te Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung. So ist die Begrün­dung des Anstiegs der Hilfs­mit­tel­aus­ga­ben seit 2019 mit dem Aus­schrei­bungs­ver­bot ein plum­per Ver­such, mit fal­schen sta­tis­ti­schen Anga­ben die Rück­kehr zu pati­en­ten­ge­fähr­den­den Dum­ping­prei­sen zu for­dern. Viel­mehr muss der abso­lu­te Anstieg der Hilfs­mit­tel­aus­ga­ben sta­tis­tisch berei­nigt, vor allem vor dem Hin­ter­grund des demo­gra­phi­schen Wan­dels, dem Zuwachs an GKV-Ver­si­cher­ten sowie dem Anstieg durch wei­te­re Leis­tungs­emp­fän­ger (bspw. 1,2 Mil­lio­nen geflüch­te­te Men­schen aus der Ukrai­ne) gese­hen werden.“

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