Hintergrund ist, dass die Gesundheitshandwerke zwar für die Versorgung als wichtig klassifiziert, jedoch nicht als systemrelevant angesehen werden. Gerade während des Lockdowns im Frühjahr 2020 haben aber die Gesundheitshandwerke durch ihre Arbeit bewiesen, wie unersetzlich sie für die Versorgung der Menschen sind.
Die Folgen der fehlenden einheitlichen Definition des Begriffs „systemrelevant“ werden in dem Brief wie folgt dargestellt: „Aufgrund der unterschiedlichen Landesverordnungen ergaben sich in der Umsetzung erhebliche Probleme in der gewerberechtlichen Zuordnung unserer Berufe. Fälschlicherweise wurden teilweise Betriebe der Gesundheitshandwerke dem Einzelhandel mit der Folge zugeordnet, dass Ordnungsämter die Schließungen dieser Betriebe anordneten.“
Durch solche Maßnahmen sei die bundesweite Sicherstellung einer wohnortnahen und flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Hilfsmitteln nicht mehr gewährleistet gewesen.
Wirtschaftliche Einbußen
Des Weiteren bemängeln die Gesundheitshandwerke einen fehlenden finanziellen „Rettungsschirm“ für die eigenen Betriebe. Durch die höhere Belastung der Hygienemaßnahmen, geringerer Umsatz und bereits angekündigter Sparmaßnahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung seien wirtschaftliche Verlust unvermeidbar gewesen. In vier vom Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV-OT) in Auftrag gegebenen Betriebsbefragungen wird dies noch einmal verdeutlicht: Stets gab die Mehrzahl der befragten Betriebe an, dass sowohl Umsatz- als auch Auftragslage gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres eingebrochen sei. Beispielsweise habe bei 62,9 Prozent der Befragten demnach der Umsatz im Juni 2020 im Vergleich zum Juni 2019 abgenommen bzw. stark abgenommen. Für die Auftragslage sagten dies im gleichen Zeitraum 59,2 Prozent.
„Auch wenn die Rückgänge nicht mehr ganz so drastisch wie in den Vormonaten ausfielen – die angehäuften Verluste werden die Unternehmen nicht ausgleichen können“, erklärte BIV-OT-Präsident Alf Reuter im Zuge der Veröffentlichungen der Ergebnisse der Juni-Befragung.
Fehler nicht wiederholen
Gemeinsam mit der Bundesinnung der Hörakustiker (biha), dem Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI), Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen (ZVA), Zentralverband für Orthopädieschuhtechnik (ZVOS) formulierte der BIV-OT drei Bitten an den Bundesgesundheitsminister. Erstens soll die Systemrelevanz der Gesundheitshandwerke verbindlich fest- und sichergestellt werden. Im Falle eines erneuten Lockdowns soll so ein erneuter fehlerhafter Umgang mit den Betrieben vermieden werden. Zweitens soll der kostenlose Zugang zu Corona-Schnelltests für die Betriebe der Gesundheitshandwerke ermöglicht werden.
Außerdem soll die Bereitstellung eines Impfstoffs gegen das Coronavirus (SARS-CoV‑2) auch den Fachkräften des Gesundheitshandwerk bevorzugt zugänglich gemacht werden. „Impfstoffe gegen das Corona-Virus werden 2021 eine zentrale Rolle für die Bekämpfung der Pandemie sein. Wir bitten Sie, die Gesundheitshandwerke auch hier den besonders systemrelevanten Berufsgruppen zuzuordnen, die prioritär eine Impfung erhalten müssen. Es ist selbstverständlich, dass die Bevölkerung nur schrittweise mit Impfstoffen versorgt werden kann. Hier wird eine transparente und strukturierte Verteilung wichtig sein, welche aufgrund von nachvollziehbaren Kriterien erfolgen sollte. Fachkräfte der Gesundheitshandwerke, die unmittelbar in engem körperlichem Kontakt mit Hochrisikopatienten sind, können über eine Immunisierung dem Risiko entgehen, infiziert zu werden oder ungewollt einen Patienten zu infizieren.“, wird die Forderung in dem Brief formuliert.
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