Epi­the­ti­sche Ver­sor­gungs­mög­lich­kei­ten und Umgang mit Pati­en­tin­nen nach Mammakarzinom

C. Ortmann
Brustepithesen und medizinische Wäsche können nicht nur nach einer Entfernung der kompletten Brust (Mastektomie) helfen, Unsicherheiten und Ängste zu überwinden und ein neues, positives Gefühl für den eigenen Körper zu entwickeln – auch bei brusterhaltenden Operationen kann die anschließende Therapie (Bestrahlung oder Chemotherapie) zu einer Veränderung des Brustgewebes führen, die den Einsatz von Epithesen erfordern können. Die Industrie bietet hierzu ein umfangreiches Programm, bestehend aus Epithesen, Spezial-BHs und Bademode für nahezu jede brustoperierte Frau an. Dennoch ist und bleibt es Aufgabe des Fachpersonals in den Sanitätshäusern, die jeweils adäquate Versorgung für jede Anwenderin zu ermitteln. Dabei sind nicht nur Fachwissen und eine kompetente Beratung, sondern vor allem Einfühlungsvermögen notwendig.

Die weib­li­che Brust (Mam­ma) gehört zu den deut­lichs­ten sekun­dä­ren Geschlechts­merk­ma­len der Frau. Für vie­le Frau­en ist sie ein wich­ti­ger Bestand­teil ihrer Iden­ti­tät. Die Dia­gno­se Brust­krebs stellt für jede Betrof­fe­ne ein ein­schnei­den­des Ereig­nis dar und lei­tet zahl­rei­che Ver­än­de­run­gen in ihrem Leben ein: Neben der Angst vor dem Krebs als sol­chem befürch­ten vie­le Betrof­fe­ne, an Attrak­ti­vi­tät und Selbst­wert zu ver­lie­ren und „danach“ nicht mehr als voll­wer­ti­ge Frau akzep­tiert zu wer­den 1.

Anzei­ge

Das Mam­ma­kar­zi­nom

Die Grün­de, die eine ortho­pä­die­tech­ni­sche Ver­sor­gung der weib­li­chen Brust erfor­der­lich machen kön­nen, sind viel­fäl­tig: So gibt es bei­spiels­wei­se neben ange­bo­re­nen Anoma­lien wie dem Feh­len einer Brust (Amastie) oder unter­schied­lich gro­ßen Brüs­ten (Aniso­mastie) 2 erwor­be­ne Ver­än­de­run­gen, bei denen man zwi­schen benig­nen, also gut­ar­ti­gen Ver­än­de­run­gen wie Zys­ten oder Fibro­men und mali­gnen, also bös­ar­ti­gen Erkran­kun­gen unter­schei­det. Mit rund 71.600 Neu­erkran­kun­gen pro Jahr bleibt das Mam­ma­kar­zi­nom nach wie vor die mit Abstand häu­figs­te Krebs­er­kran­kung der Frau in Deutsch­land 3. Heu­te kön­nen etwa drei Vier­tel (ca. 70 bis 75 %) der von Brust­krebs betrof­fe­nen Frau­en brust­er­hal­tend (BET) ope­riert wer­den; bei rund 30 % wird das Brust­ge­we­be kom­plett ent­fernt, dabei spricht man von einer Mas­tek­to­mie oder Abla­tio mam­mae 4. Ein Teil die­ser Frau­en ent­schei­det sich im Lau­fe der The­ra­pie für einen Wie­der­auf­bau der Brust mit Implan­ta­ten oder kör­per­ei­ge­nem Gewe­be, wohin­ge­gen der grö­ße­re Teil der Pati­en­tin­nen die Ver­sor­gung mit einer Brust­epi­the­se wählt.

Emp­feh­lun­gen für den Umgang mit Pati­en­tin­nen nach Brust-OP

Vor jeder Ver­sor­gung soll­te man sich bewusst sein, dass das eige­ne Ver­hal­ten gegen­über der Pati­en­tin von ele­men­ta­rer Bedeu­tung ist; in etli­chen Fäl­len sind Ver­sor­ge­rin­nen auch See­len­trös­te­rin und Ansprech­part­ne­rin. Mit­ge­fühl, Sen­si­bi­li­tät, Empa­thie und Ver­ständ­nis für die betrof­fe­ne Frau sind in die­ser Situa­ti­on für Ortho­pä­die­tech­ni­ke­rin­nen und Sani­täts­haus­fach­ver­käu­fe­rin­nen in beson­de­rem Maße erfor­der­lich. Den­noch soll­te man auch in sol­chen Fäl­len eine gewis­se Distanz ein­hal­ten: Dies hilft dabei, sach­lich zu blei­ben und die Sicher­heit aus­zu­strah­len, die vie­le betrof­fe­nen Frau­en in die­ser Situa­ti­on benötigen.

Erst­ver­sor­gung

Die ortho­pä­die­tech­ni­sche Anpas­sung spe­zi­el­ler Mie­der­wa­ren und Epi­the­sen kann bereits im Kran­ken­haus erfol­gen. Unab­hän­gig davon, ob man als dau­er­haf­ter Ver­sor­ger in einer Kli­nik eta­bliert ist oder ob sich die Pati­en­tin selbst im Vor­feld bei einem exter­nen Ver­sor­ger über die anschlie­ßen­den Ver­sor­gungs­mög­lich­kei­ten infor­miert hat – in jedem Fall ist es von Vor­teil, sich per­sön­lich bei den behan­deln­den Ärz­ten und dem Kli­nik­per­so­nal auf der ent­spre­chen­den Sta­ti­on vor­zu­stel­len. Dies ermög­licht einen rei­bungs­lo­sen, zeit­na­hen Ablauf der Ver­sor­gung, der im Ide­al­fall unter ärzt­li­cher Rück­spra­che begon­nen wer­den kann. Dazu soll­ten fol­gen­de Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sein:

  • Der Redon-Schlauch soll­te gezo­gen sein;
  • die Schwel­lun­gen soll­ten wei­test gehend abge­klun­gen sein;
  • die Näh­te soll­ten ver­heilt oder mit Pflas­tern abge­klebt sein.

Falls die Pati­en­tin noch unbe­kannt ist, soll­ten vor­ab – bei­spiels­wei­se beim Kli­nik­per­so­nal, das über das Vor­lie­gen einer Ver­ord­nung infor­miert – wesent­li­che Infor­ma­tio­nen über die Anwen­de­rin ein­ge­holt wer­den, die für die Ver­sor­gung benö­tigt wer­den. Dabei soll­ten die fol­gen­den Fra­gen beant­wor­tet werden:

  • Wel­che Sei­te ist betroffen?
  • Wie wur­de ope­riert? Liegt eine BET oder eine Mas­tek­to­mie vor?
  • Wel­che BH-Grö­ße hat­te die Pati­en­tin vor­her (Pati­en­ten­be­schrei­bung)?
  • Liegt ein Rezept vor?

Je mehr Infor­ma­tio­nen über die Pati­en­tin vor­lie­gen, des­to enger lässt sich die Aus­wahl an Hilfs­mit­teln ein­gren­zen, die der Pati­en­tin auf der Sta­ti­on vor­ge­stellt wer­den kön­nen. Ein zu gro­ßes Reper­toire an Mie­der­wa­ren kann gera­de zu Beginn für eini­ge Pati­en­tin­nen über­for­dernd sein. Es bie­tet sich an, statt­des­sen auf Falt­blät­ter und Pro­spek­te der Her­stel­ler zurück­zu­grei­fen und die Betrof­fe­ne in Ruhe über wei­te­re Mög­lich­kei­ten aufzuklären.

Bewähr­te Mit­tel zur Erstversorgung

Die Erst­ver­sor­gung nach Mam­ma­kar­zi­nom ist von ele­men­ta­rer Bedeu­tung und leis­tet im Anschluss an die Ope­ra­ti­on einen unver­zicht­ba­ren Bei­trag zur Stär­kung des Selbst­be­wusst­seins der Frau. Ob die Erst­ver­sor­gung mit einer Fiber­fill- oder Sili­ko­n­epi­the­se durch­ge­führt wird, hängt von ver­schie­de­nen Fak­to­ren ab: Bei lang­wie­ri­ger Hei­lung oder einer Strah­len­the­ra­pie im Anschluss an die Ope­ra­ti­on haben sich Fiber­fill-Epi­the­sen bewährt, da die­se durch­ge­hend wäh­rend der The­ra­pie getra­gen wer­den kön­nen. Die­se Inte­rims­epi­the­sen bestehen aus einem haut­freund­li­chen Mate­ri­al, sind leicht, indi­vi­du­ell auf­füll­bar und gera­de zu Beginn eine gro­ße Hil­fe für die Pati­en­tin. Aber auch Sili­ko­n­epi­the­sen fin­den heut­zu­ta­ge Ein­satz bei Erst­ver­sor­gun­gen und wer­den i. d. R. gut ver­tra­gen. Leicht­epi­the­sen mit unter­schied­li­chen Sili­kon­schich­ten eig­nen sich bei­spiels­wei­se gut für emp­find­li­ches Nar­ben­ge­we­be. Häu­fig auf­tre­ten­de Pro­ble­me wie bei­spiels­wei­se über­mä­ßi­ger Druck resul­tie­ren meist eher aus dem BH und des­sen Trägern.

Die geeig­ne­te Epithese

Indi­ka­ti­on und wesent­li­ches Aus­wahl­kri­te­ri­um für die indi­vi­du­ell geeig­ne­te Epi­the­se ist die Ope­ra­ti­ons­tech­nik. Durch ver­bes­ser­te Früh­erken­nung gehört die brust­er­hal­ten­de Ope­ra­ti­on (BET) heu­te zum Stan­dard. Aller­dings ist auch hier ein epi­the­ti­scher Brust­aus­gleich not­wen­dig – nicht nur aus psy­cho­lo­gi­schen, son­dern auch aus medi­zi­ni­schen Grün­den. Denn auch bei einer BET-Ope­ra­ti­on wird der Brust Gewe­be ent­nom­men – je nach ent­nom­me­nem Volu­men kann dies deut­lich zu sehen sein. Der epi­the­ti­sche Aus­gleich kann zudem Fehl- und Schon­hal­tun­gen oder Ver­span­nun­gen der Mus­ku­la­tur von Schul­ter, Rücken und Nacken ent­ge­gen­wir­ken. Die aus die­ser Ope­ra­ti­ons­tech­nik ent­ste­hen­den Defek­te füh­ren zu unter­schied­li­chen Brust­grö­ßen und kön­nen bei der Ermitt­lung der geeig­ne­ten Grö­ße eine Her­aus­for­de­rung sein. Scha­len oder Aus­gleichs­epi­the­sen bil­den hier das Mit­tel der Wahl. Die­se gibt es in ver­schie­de­nen Aus­füh­run­gen, bei­spiels­wei­se in Drei­ecks- oder Trop­fen­form zum Aus­gleich im gesam­ten Brust­be­reich oder zum Teil indi­vi­du­ell befüll­bar mit Spe­zi­al­wat­te (Abb. 1). Ver­se­hen mit einer Haft­flä­che ver­rut­schen Aus­gleichs­epi­the­sen nicht im BH und haf­ten somit sicher an der Tho­rax­wand (Abb. 2).

Bei der Ent­fer­nung der gan­zen Brust (Mas­tek­to­mie) unter­schei­det man neben der Fiber­fill- und der Sili­ko­n­epi­the­se noch zwi­schen sym­me­tri­scher und asym­me­tri­scher Form. Bei­de gibt es als soge­nann­te Voll­epi­the­se oder als Leicht­epi­the­se, wobei Letz­te­re mit einer Gewichts­er­spar­nis von bis zu 42 % 5 (Abb. 3) eine nicht uner­heb­li­che Ent­las­tung von Nacken, Rücken und Schul­ter­gür­tel bietet.

Asym­me­tri­sche Epi­the­sen wer­den in rech­te und lin­ke Epi­the­sen unter­teilt und haben einen Aus­läu­fer nach late­ral, um bei­spiels­wei­se Gewe­be­de­fek­te nach einer radi­ka­len Mas­tek­to­mie (dabei wer­den zusätz­lich zum Brust­ge­we­be auch Lymph­ge­we­be, Lymph­kno­ten sowie Tei­le des gro­ßen Brust­mus­kels ent­fernt) abzu­de­cken (Abb. 4). Die­se Epi­the­sen­form kann pati­en­tin­nen­ab­hän­gig die Bewe­gung des Armes ein­schrän­ken. In sol­chen Fäl­len ist die Optik allein nicht immer aus­schlag­ge­bend, und es soll­te mit der Pati­en­tin bespro­chen wer­den, wor­auf der Fokus der Ver­sor­gung gelegt wer­den soll. Aus Sicht des Ver­sor­gers ergibt sich durch die Asym­me­trie zusätz­lich der Nach­teil hoher Lagerhaltungskosten.

Neben die­sen „Grund­for­men“ gibt es Epi­the­sen mit unter­schied­li­chen Mate­ri­al­ei­gen­schaf­ten, deren Ein­satz grund­sätz­lich indi­vi­du­ell auf die Pati­en­tin abzu­stim­men ist. So gibt es z. B. Epi­the­sen mit einer atmungs­ak­ti­ven Mikro­fa­ser­be­schich­tung, die kli­ma­ti­sche und kör­per­be­ding­te Ein­flüs­se aus­gleicht und dadurch für ein ange­neh­mes Haut­kli­ma sorgt. Haft­epi­the­sen eig­nen sich beson­ders für dop­pel­sei­tig betrof­fe­ne Pati­en­tin­nen, da „nor­ma­le“ Epi­the­sen auf­grund der feh­len­den Unter­brust­fal­te häu­fig kei­nen Halt im BH fin­den. Haft­epi­the­sen wer­den an der Tho­rax­wand befes­tigt und haben zudem den Vor­teil, dass das Gewicht der Epi­the­se nicht vom BH getra­gen wird. Wich­tig zu erwäh­nen ist, dass die­se erst nach der Nar­ben­hei­lung ein­ge­setzt wer­den soll­ten. Spe­zi­el­le „Schwim­m­epi­the­sen“ (kei­ne Kas­sen­leis­tung) sind meist aus klar­sich­ti­gem chlor- und salz­was­ser­re­sis­ten­tem Sili­kon gefer­tigt und haben Ste­ge auf der Rück­sei­te, damit das Was­ser ablau­fen kann (Abb. 5). Eine wei­te­re Son­der­form sind soge­nann­te Mamil­len, die eben­falls kei­ne Kas­sen­leis­tung sind. Die­se wer­den vor allem dann ein­ge­setzt, wenn die erhal­te­ne Brust­war­ze beson­ders prä­sent ist.

Die indi­vi­du­ell kor­rekt aus­ge­wähl­te Epi­the­se ori­en­tiert sich somit an OP-Tech­nik, Unter­brust­um­fang und Cup­grö­ße der erhal­te­nen Brust sowie der Form­be­stim­mung der Epi­the­se. Jeder Her­stel­ler bie­tet zudem Lis­ten an, die eine Hil­fe­stel­lung zur Ermitt­lung der geeig­ne­ten Grö­ße bie­ten. Grund­sätz­lich soll­te man bei der Anpas­sung auf sei­ne Erfah­rung ver­trau­en, denn je nach Grö­ße und Kör­per­bau der Pati­en­tin weicht die Grö­ßen­emp­feh­lung ab. Eine bewähr­te Metho­de zur Über­prü­fung der Anpas­sung ist die soge­nann­te T‑Shirt-Pro­be. Dabei soll­te man dar­auf ach­ten, dass das T‑Shirt, das die Pati­en­tin zur Anpro­be erhält, mög­lichst ein­far­big und anlie­gend ist, um Grö­ßen­un­ter­schie­de bes­ser fest­stel­len zu können.

Spe­zi­el­le Miederwaren

Neben der Epi­the­se gehört auch die Ver­sor­gung mit spe­zi­el­len Mie­der­wa­ren zur Betreu­ung nach Mam­ma­kar­zi­nom. Auch hier gibt es ver­schie­de­ne Ver­sor­gungs­mög­lich­kei­ten: Wird brust­er­hal­tend ope­riert oder ent­schei­det sich eine Frau nach Brust-OP zum Wie­der­auf­bau der Brust mit Implan­ta­ten oder kör­per­ei­ge­nem Gewe­be, so kom­men Kom­pres­si­ons-BHs (Abb. 6) zum Ein­satz. Die­se bestehen aus einem fes­ten Gestrick und die­nen neben der Ruhig­stel­lung auch der Form­sta­bi­li­sie­rung der ope­rier­ten Brust. Geziel­te Kom­pres­si­on im Nar­ben­be­reich unter­stützt den Hei­lungs­pro­zess und ent­las­tet die Lymph­ab­fluss­we­ge, wodurch einem Lymph­ödem vor­ge­beugt wer­den kann. Bei viel und sehr wei­chem Gewe­be kann sich die­ses an den Sei­ten des BHs aller­dings schnell her­aus­drü­cken und zu Scheu­er­stel­len führen.

Nach Brust­re­kon­struk­ti­on durch Implan­tat­ein­la­ge gibt es zusätz­lich Spe­zi­al­gur­te, die das Hoch­rut­schen („Dis­lo­ka­ti­on“) der Implan­ta­te ver­hin­dern. Soge­nann­te Lymph-BHs ver­fü­gen über eine Nop­pen­struk­tur und erzie­len so einen Drai­na­ge­ef­fekt auf die Unter­haut und die klei­nen Lymph­ge­fä­ße, um einen bes­se­ren Lymph­ab­fluss zu ermög­li­chen. Zusätz­lich kann die­ser Mas­sa­ge­ef­fekt dabei hel­fen, die Nar­ben­rück­bil­dung zu unter­stüt­zen. Gän­gi­ge Epi­the­sen-BHs zeich­nen sich meist durch ein hohes Dekol­le­té und brei­te Sei­ten­tei­le aus, um even­tu­el­le Nar­ben abde­cken zu kön­nen. Brei­te Trä­ger, ein brei­tes, zugi­ges Unter­brust­band sowie bereits ein­ge­ar­bei­te­te Taschen sind wei­te­re Merk­ma­le. In der kli­ni­schen Erst­ver­sor­gung kom­men des Wei­te­ren häu­fig Erst­ver­sor­gungs-BHs mit Vor­der­ver­schluss zum Ein­satz. Die­se sol­len für die Pati­en­tin leich­ter in der Hand­ha­bung sein, aber auch hier gibt es kein all­ge­mein­gül­ti­ges Ver­sor­gungs­mit­tel. So kom­men vie­le Pati­en­tin­nen auch unmit­tel­bar nach dem medi­zi­ni­schen Ein­griff mit dem Rücken­ver­schluss von BHs zurecht. Grund­sätz­lich gibt es zudem die Mög­lich­keit, vor­han­de­ne BHs nach­zu­ar­bei­ten und bei­spiels­wei­se Epi­the­sen­ta­schen einzunähen.

Um den geeig­ne­ten BH für jede Frau zu ermit­teln, ist ein Bera­tungs­ge­spräch unab­ding­bar, um auf indi­vi­du­el­le Vor­stel­lun­gen der ein­zel­nen Pati­en­tin­nen Rück­sicht neh­men zu kön­nen. Schließ­lich sind Epi­the­sen-BHs heut­zu­ta­ge kaum mehr von nor­ma­len Mie­der­wa­ren zu unter­schei­den, sodass die von Brust­krebs betrof­fe­ne Frau auf fast nichts mehr ver­zich­ten muss, um sich in ihrer Wäsche mög­lichst wohl zu fühlen.

Ermitt­lung der Größe

Die kor­rek­te Grö­ße wird ermit­telt, indem Unter­brust­wei­te und Brust­wei­te gera­de um den Kör­per der Pati­en­tin her­um gemes­sen wer­den. Nach Abla­tio wird von der Kör­per­mit­te (Ster­num) über die Mit­te der erhal­te­nen Brust bis zur Mit­te der Dorn­fort­sät­ze der Wir­bel­säu­le gemes­sen und die­ses Maß ver­dop­pelt. Wie auch bei den Epi­the­sen bie­ten die Her­stel­ler geeig­ne­te Lis­ten, die Hil­fe bei der kor­rek­ten Grö­ßen­er­mitt­lung bie­ten. Auch hier­bei soll­ten Erfah­run­gen mit diver­sen Model­len und Her­stel­lern in die Ver­sor­gung mit ein­flie­ßen; die aus­ge­wähl­te Ware soll­te anschlie­ßend von der Anwen­de­rin anpro­biert wer­den. Wich­ti­ge Fak­to­ren, die dabei hel­fen zu ent­schei­den, ob der BH rich­tig sitzt, sind die folgenden:

  • Liegt der BH waa­ge­recht um den Kör­per an?
  • Füllt die Brust das Körb­chen gut aus?
  • Wenn ein Bügel-BH ver­wen­det wird – umschließt der Bügel die Brust komplett?
  • Liegt das Unter­brust­band gut an? Rutscht der BH im Rücken hoch?
  • Sind die Trä­ger zu lang oder zu kurz? Schnei­den sie ein?

Aus­schlag­ge­bend ist auch hier­bei wie­der­um die Pati­en­tin und ihr indi­vi­du­el­les Emp­fin­den, das das wesent­li­che Ent­schei­dungs­kri­te­ri­um für das idea­le Modell sein wird.

Auch hin­sicht­lich Bade­mo­de wird ein umfang­rei­ches Sor­ti­ment für brust­ope­rier­te Frau­en ange­bo­ten: spe­zi­el­le Bade­an­zü­ge, soge­nann­te Tan­ki­nis, oder Biki­nis mit ein­ge­ar­bei­te­ten Taschen, hohem Dekol­le­té, Arm­aus­schnitt und wat­tier­ten Körb­chen gibt es mitt­ler­wei­le von nahe­zu jedem Her­stel­ler in unter­schied­li­chen modi­schen Designs.

Erstat­tungs­fä­hi­ge Hilfsmittel

Hilfs­mit­tel zur Ver­sor­gung nach Mam­ma­kar­zi­nom (Brust­pro­the­sen, Kom­pres­si­ons-BH, Pro­the­sen­hal­te­rung) gehö­ren zu den Hilfs­mit­teln, die zu Las­ten der gesetz­li­chen Kran­ken­kas­se von einem Arzt ver­ord­net wer­den kön­nen. Eine sol­che Ver­ord­nung belas­tet das Arz­nei- und Heil­mit­tel­bud­get des Arz­tes daher nicht. Die gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen in Deutsch­land über­neh­men fol­gen­de Kosten:

  • alle 2 Jah­re die Kos­ten einer Sili­kon­pro­the­se bzw. eines Aus­gleichs­teils zu 100 %,
  • zwei­mal jähr­lich eine Bezu­schus­sung für einen Spezial-BH,
  • die Teil­be­zu­schus­sung eines Bade­an­zugs sowie
  • eine kom­plet­te Neu­ver­sor­gung bei Gewichts­ver­la­ge­rung (muss vom Arzt bestä­tigt sein).

Die Höhe der Zuschüs­se, die die Kran­ken­kas­sen bei Mie­der­wa­ren und Bade­mo­de leis­ten, ist von Kas­se zu Kas­se unterschiedlich.

Fazit

Die Her­stel­ler von Brust­epi­the­sen und der dazu­ge­hö­ri­gen Spe­zi­al­wä­sche haben ihre Pro­duk­te in den letz­ten Jah­ren ste­tig wei­ter­ent­wi­ckelt, um den Pati­en­tin­nen hoch­wer­ti­ge Ver­sor­gungs­mög­lich­kei­ten bie­ten zu kön­nen. Die Auf­ga­be, für jede Pati­en­tin eine ange­mes­se­ne Ver­sor­gung zu ermit­teln, die indi­vi­du­ell zu ihrer jewei­li­gen Lebens­si­tua­ti­on passt, liegt bei den Ortho­pä­die­tech­ni­ke­rin­nen bzw. den Sani­täts­haus­fach­ver­käu­fe­rin­nen. Dabei soll­te mit Empa­thie, aber auch mit der nöti­gen Distanz vor­ge­gan­gen wer­den, um der schwie­ri­gen Situa­ti­on von Pati­en­tin­nen nach Brust-OP mit einer adäqua­ten Ver­sor­gung gerecht zu werden.

Die Autorin:
Caro­lin Ort­mann, OTM
Sani­täts­haus Bahr
Steen­be­ker Weg 25
24106 Kiel
carolin.ortmann@bahr-gmbh.com

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
Ort­mann C. Epi­the­ti­sche Ver­sor­gungs­mög­lich­kei­ten und Umgang mit Pati­en­tin­nen nach Mam­ma­kar­zi­nom. Ortho­pä­die Tech­nik, 2018; 69 (11): 54–57

 

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  2. Kauf­mann M, Cos­ta S‑D, Schar­lA. Die Gynä­ko­lo­gie. 3. Auf­la­ge. Hei­del­berg: Sprin­ger-Ver­lag, 2013: 236
  3. Robert Koch-Insti­tut. Krebs­ge­sche­hen in Deutsch­land. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/K/Krebs/Krebsgeschehen_RKI.pdf (Zugriff am 29.08.2018)
  4. Deut­sches Krebs­for­schungs­zen­trum. Ope­ra­ti­on bei Brust­krebs. https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/brustkrebs/operation.php (Zugriff am 29.08.2018)
  5. Ani­ta Dr. Hel­big GmbH. Pro­the­sen für die Voll­ver­sor­gung. https://www.anita.com/de_global/produktwelten/breast-care/brustprothesen/vollversorgung.html (Zugriff am 07.09.2018)
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