Einleitung
Die plantare Fasciitis wird verursacht durch einen Elastizitätsverlust der Kollagenfasern, der eine mechanische Überlastung der Insertion begünstigt 1. Bei über 80 % der Patienten verschwinden die Symptome innerhalb eines Jahres, unabhängig von der eingeleiteten Therapie 2 3. Bei Fußfehlstellungen wie Pes planovalgus und Pes cavus ist das Risiko, die Erkrankung zu entwickeln, erhöht 4. Ziel der konservativen Behandlung ist die Reduktion des Schmerzes und die Verkürzung der Erkrankungsdauer 5 Dehnungsübungen, Kälteanwendungen, nicht steroidale Antiphlogistika sowie die Verwendung von Einlagen gelten als etablierte Verfahren, die Schmerzen zu reduzieren 6. Die am Markt erhältlichen Einlagen beruhen auf unterschiedlichen mechanischen Konzepten. Ein Teil der Produkte setzt auf eine alleinige Weichbettung des Rückfußes, um die Druckmaxima beim Fersenauftritt zu reduzieren 7. Individuell gefertigte Einlagen sind gekennzeichnet durch eine Rückfußfassung und eine mediale Abstützung in Verbindung mit einer Hohllegung der plantaren Faszie. Die mechanische Wirksamkeit beruht auf einer Reduktion der Zugbelastung in der plantaren Faszie 8 9. In der traditionellen Orthopädie-Technik werden diese Einlagen auf der Basis eines Gipsabdruckes gefertigt 10. Inzwischen gibt es verschiedene Ansätze, diese Einlagen auch industriell vorgefertigt herzustellen. Ziel der vorliegenden Studie war es, drei Einlagenkonzepte in einer randomisierten prospektiven Studie gegenüberzustellen und zu vergleichen.
Material und Methodik
Im Rahmen einer randomisierten, prospektiven Studie wurde eine im Internet frei verkäufliche, flache weichbettende Einlage (Abb. 1) verglichen mit der Fersensporn-Einlage der Firma Springer (Abb. 2) und der „professional Ferse“ der Firma Bauerfeind (Abb. 3 und 4). Die Studie wurde durch das „Institutional Review Board“ genehmigt, das Einverständnis zur Teilnahme erklärten die Patienten nach umfassender Aufklärung 11 12.
Die Einlagen waren gekennzeichnet durch folgende Parameter:
- Bei der „TFC Premium Antishock Formsohle“ (Abb. 1) handelt es sich um ein dünnes (bearbeitungsfreies) Fertigprodukt, vertrieben im Internet. Der Einlagengrundkörper besteht aus PE (Polyethylen), die Polsterzonen unter Ferse und Vorfuß aus dünnem PU (Polyurethan). Patientenindividuelle Modifikationen sind abseits des Formbeschneidens nicht möglich.
- Bei der im Vergleich getesteten Weichschaumeinlage Art. 213 Fersensporn der Fa. Springer handelt es sich um die klassische polsternde Versorgung bei Fersenschmerz. Grundlage ist hierbei ein voluminöserer EVA-Einlagenrohling (EthylenVinylAcetat) mit einschichtiger, eingelassener PU-Polsterzone (Polyurethan). Patientenindividuelle Modifikationen sind durch den Orthopädie(schuh)techniker möglich.
- Bei der „professional Ferse“ handelt es sich um einen Einlagenrohling mit freitragendem dünnen Kunststoffkern (Abb. 4) mit zentraler Fersenaussparung und plantarer Fächerung in Kombination mit einer zweischichtigen PU-Polsterung (Polyurethan). Je Polsterschicht zeigt sich ein unterschiedliches Rückstellverhalten. Patientenindividuelle Modifikationen sind durch den Orthopädie(schuh)techniker möglich.
In die Studie eingeschlossen wurden 30 konsekutive Patienten mit der Diagnose einer plantaren Fasciitis nach Ausschluss anderer Differenzialdiagnosen. Die drei Gruppen wiesen keine statistischen Unterschiede bezüglich Altersverteilung, Geschlechtsverteilung und Bodymaßindex auf (Tab. 1). Die Einlagenversorgung wurde während des Beobachtungszeitraums als alleinige Maßnahme durchgeführt. Eine mit der plantaren Fasciitis in Zusammenhang stehende Medikation wurde für die Studiendauer ausgeschlossen, ebenso Physiotherapie oder andere Maßnahmen. Patienten mit Operationen im Bereich der Ferse, Injektionsbehandlungen innerhalb der letzten sechs Monate sowie Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankungen, neurologischen Erkrankungen als auch Stoffwechselstörungen wurden von der Studie ausgeschlossen. Gleiches galt für schwere Fußdeformitäten, die früher schon einer Behandlung bedurften. Nach fachorthopädischer Eingangsuntersuchung wurden die Patienten einem der drei Therapiezweige zugelost. Der Beobachtungszeitraum umfasste drei Wochen, während dieser Zeit war die Einlage die einzige therapeutische Intervention. Dokumentiert wurde der Verlauf des maximalen Schmerzes, der durchschnittliche Schmerz, die Schmerzdauer sowie die Tragedauer der Einlagen und die verwendeten Schuhe. Weiterhin wurde die tägliche Gehbelastung erfasst und der subjektive Komfort. Für sämtliche subjektiven Angaben wurde die visuelle Analogskala (VAS) verwendet. Die Abfrage der Parameter erfolgte anhand eines standardisierten Dokumentationsbogens, der von den Patienten wöchentlich ausgefüllt wurde. Nach dem Levene-Test auf Homogenität der Varianzen erfolgte der Vergleich der Mittelwerte mit Hilfe der ANOVA. Der Post Hoc Test diente zur Identifikation der signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Der Wilcoxon-Test wurde zur Analyse des Therapieeffektes im zeitlichen Verlauf eingesetzt.
Ergebnisse
Die drei randomisierten Gruppen bestanden aus je 10 Testpersonen. Details der drei Testgruppen sind Tabelle 1 zu entnehmen. Der maximale Schmerz vor Beginn der Therapie lag in der Gruppe 1 bei 71,7 (SD 14,4), Gruppe 2 bei 67,3 (SD 25,3) und bei Gruppe 3 bei 63,7 (SD 24,4). Während der Beobachtungsdauer kam es in den Gruppen 2 und 3 zu einer signifikanten Reduktion des maximalen Schmerzes (Wilcoxon-Test für nicht normal verteilte Stichproben). Für Gruppe 2 war eine signifikante Reduktion des Maximalschmerzes nach zwei Wochen nachweisbar, für Gruppe 3 bereits nach einer Woche. Für die Gruppe 1 war die Schmerzreduktion aufgrund der großen Streubreite nicht signifikant, auch wenn der Mittelwert des Maximalschmerzes von 71,2 auf 56,2 rückläufig war.
Der durchschnittliche Schmerz zu Therapiebeginn lag in Gruppe 1 bei 47,1 (SD 13,6), bei Gruppe 2 bei 35,8 (SD 14,8) und bei Gruppe 3 bei 43,7 (SD 16,2). Es kam zu einer signifikanten Reduktion des durchschnittlichen Schmerzniveaus in Gruppe 2 und 3 während der Beobachtungszeit (Tab. 2).
Die Schmerzdauer in Stunden änderte sich in keiner der Gruppen signifikant. In keiner der drei Gruppen hatte das geänderte Schmerzniveau einen signifikanten Einfluss auf die Gehleistung (Abb. 5). Die von den Probanden vorgenommene subjektive Beurteilung des Tragekomforts zeigte eine signifikante Überlegenheit der beiden stabilen Einlagen gegenüber der dünnen PU-Schaumeinlage ohne Eigenstabilität (Abb. 6).
Diskussion
In der vorliegenden Studie wurden drei Gruppen von Patienten verglichen, die mit unterschiedlichen, industriell hergestellten Einlagen bei der Diagnose einer plantaren Fasciitis therapiert wurden. Der Beobachtungszeitraum lag bei drei Wochen, da ein Patient innerhalb dieses Zeitraums einen spürbaren Effekt auf sein Schmerzniveau erwartet. Wird innerhalb dieser Zeit keine signifikante Reduktion der Schmerzen erreicht, ist häufig ein Wechsel der Behandlungsstrategie notwendig bzw. die Einleitung ergänzender therapeutischer Maßnahmen angezeigt. Während der dreiwöchigen Studiendauer wurden zusätzliche therapeutische Maßnahmen bewusst ausgeschlossen. Der Fokus der Studie lag bei dem Parameter Schmerz, da dieser für die Lebensqualität des Patienten bei dem Krankheitsbild der plantaren Fasciitis ausschlaggebend ist 13.
Während der letzten zehn Jahre wurden sechs randomisierte kontrollierte Studien mit mindestens zwei Patientengruppen publiziert. Lynch et al. untersuchte den Effekt von Einlagen an 85 Patienten 14. Nach drei Monaten zeigte sich die Einlage gegenüber einer antientzündlichen Medikation oder der Gabe eines viscoelastischen Fersenkissens überlegen. Pfeffer et al. 15 veröffentlichte eine Multicenterstudie, die 236 Patienten umfasste. Nach einer achtwöchigen Beobachtungsdauer wurde geschlussfolgert, dass eine industriell gefertigte Einlage in Verbindung mit einem Dehnungsprogramm ähnlich effektiv sei wie eine individuell gefertigte Einlage. Turlik et al. 16 verglichen Urethane Fersenkissen und funktionelle Einlagen. Nach dreimonatiger Beobachtungsdauer ergaben sich mit der Einlage die besseren Ergebnisse. Die Studie ist allerdings mit einigen Imitationen bezüglich der Ergebnismessung behaftet. Martin et al. 17 führten eine Studie mit drei Gruppen durch. Es wurden individuell gefertigte Einlagen mit industriell gefertigten Einlagen und Nachtlagerungsschienen verglichen. Nach drei Monaten ergab sich keine signifikante Differenz zwischen den drei Gruppen, allerdings sind die Ergebnisse angesichts der Ausfallrate von 24 % kritisch zu werten. Landorf et al. 6 zeigten, dass vorgefertigte Einlagen und individuell gefertigte Einlagen einen ähnlichen Effekt in der Behandlung der plantaren Fasciitis haben, der Nachuntersuchungszeitraum betrug drei und zwölf Monate. Baldassin et al. 5 verglichen eine vorgefertigte Schaumeinlage mit einer individuell gefertigten Einlage. Die Beobachtungsdauer lag bei acht Wochen. Es konnte in beiden Gruppen eine signifikante Reduktion des Schmerzniveaus beobachtet werden, wobei die individuell gefertigte Einlage keine Überlegenheit gezeigt hatte.
Zwei der bisher publizierten Studien zeigten, dass individuell gefertigte Einlagen einen Vorteil gegenüber industriell gefertigten Einlagen bieten, die anderen Studien haben die Überlegenheit von individuell angefertigten Einlagen nicht bestätigen können.
Unter dem Begriff „industriell gefertigte Einlagen“ findet sich ein breites Spektrum an Produkten mit verschiedenen Spezifikationen. Die einfachen Formen umfassen Silicon Fersenkissen bzw. einschichtige, weiche EVA-Schaumeinlagen ohne dreidimensionale Struktur. Hiervon abzugrenzen sind industriell gefertigte Einlagen, die aus Materialien unterschiedlicher Härte bestehen, einen mechanisch stabilen Kern besitzen und durch ihre dreidimensionale Struktur – neben der Weichbettung – einen mechanischen Effekt auf das Fußskelett haben. Ziel ist dabei – trotz der dünnen Bauweise – eine möglichst hohe Entlastungs- und Stützwirkung zu erreichen, in Verbindung mit einer hohen Kompatibilität mit einer Vielzahl von Schuhen. Letzteres ist ein häufiges Hindernis bei der Akzeptanz von Einlagen durch den Patienten.
Die vorliegende Studie zeigt, dass trotz dünner Bauweise eine hohe therapeutische Effektivität erreicht werden kann, insbesondere im Vergleich zu Produkten mit reiner Weichbettung. Einlagen ohne dreidimensionale Struktur mit alleinigen Polsterzonen unter Ferse und Vorfuß zeigten sich in ihrer therapeutischen Effektivität hier klar unterlegen.
Für die Autoren:
Prof. Dr. med. Markus Walther
Ärztlicher Direktor der Klinik
Chefarzt Zentrum für Fuß- und
Sprunggelenkchirurgie
Schön Klinik München Harlaching
Harlachinger Straße 51
81547 München
mwalther@schoen-kliniken.de
Begutachteter Beitrag/Reviewed paper
Walther M, Kratschmer B, Verschl J, Volkering Ch, Altenberger S, Kriegelstein St, Röser A. Einlagenversorgung bei plantarer Fasciitis. Orthopädie Technik, 2013; 64 (4): 38–41
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