Ein Plä­doy­er für die modi­fi­zier­te Ertl-Ampu­ta­ti­ons­tech­nik am Ver­sor­gungs­bei­spiel eines bila­te­ral-trans­ti­bia­len Anwenders

G. Kretschmer
Der Artikel beschreibt anhand eines Versorgungsbeispiels eine bilaterale Osteomyoplastik an den Unterschenkeln zwischen Tibia und Fibula, erstmals von Ertl (1949) [vgl. Ertl J. Über Amputationsstümpfe. Chirurg, 1949; 20: 218–224] und Dederich (1961, 1963) beschrieben und von Guedes-Pinto und Harris (2004, 2006) [vgl. Pinto MA, Harris WW. Fibular segment bone bridging in trans-tibial amputation. Prosthetics and Orthotics International, 2004; 28 (3): 220–224] durch Nutzung einer Fibula-Strebe optimiert [vgl. Baumgartner R, Greitemann B, Brückner B, Schäfer M. Amputation und Prothesenversorgung. 4., vollst. überarb. ­Auflage. Stuttgart: Thieme, 2016: 315–318]. Die so entstandene Brücke kann für den transtibial Amputierten deutliche Nutzungsvorteile bieten, insbesondere bei einer bilateralen transtibialen Amputation.

 

In eini­gen Lehr­bü­chern für die Ampu­ta­ti­ons­me­di­zin fin­det die­se tibio­fi­bu­la­re Osteo­myo­plas­tik zur Stumpf­um­ge­stal­tung Erwäh­nung; da es sich bei dem über­wie­gen­den Teil der hie­si­gen Ampu­ta­ti­ons­kan­di­da­ten jedoch um Pati­en­ten mit Kon­tra­in­di­ka­tio­nen han­delt, wird sie nur sel­ten in Deutsch­land prak­ti­ziert. Mög­li­cher­wei­se weil die bewähr­te Unter­schen­kel­am­pu­ta­ti­on nach Bur­gess und die Anwen­dung der aktu­el­len Ver­sor­gungs­tech­ni­ken befrie­di­gen­de bis sehr gute Nut­zungs­er­geb­nis­se zei­gen. Die mili­tä­ri­schen Kon­flik­te der bei­den vor­an­ge­gan­gen Deka­den haben bei den Streit­kräf­ten und ihren Zivil­ge­sell­schaf­ten eine Viel­zahl von jun­gen Unter­schen­kel­am­pu­tier­ten ver­ur­sacht1. Die inter­na­tio­nal beschrie­be­nen funk­tio­nel­len Mög­lich­kei­ten einer sol­chen Osteo­myo­plas­tik (Kno­chen­brü­cken­syn­osto­se) sind bekannt, daher ist man ins­be­son­de­re in den USA bestrebt, die kon­ven­tio­nell trans­ti­bia­le Ampu­ta­ti­on (Bur­gess) mit der osteo­myo­plas­ti­schen trans­ti­bia­len Ampu­ta­ti­on (modi­fi­ziert nach Ertl) ver­glei­chend zu ana­ly­sie­ren, um zukünf­ti­ge Stan­dards oder Emp­feh­lun­gen erar­bei­ten zu kön­nen2. Der Autor nimmt im Arti­kel Bezug auf eini­ge renom­mier­te ver­glei­chen­de und lau­fen­de Stu­di­en (Pro und Kon­tra): Die­se haben die ver­ant­wort­li­chen Ope­ra­teu­re und ihn dazu ver­an­lasst, in die­sem Ver­sor­gungs­fall die­se alter­na­ti­ve Ampu­ta­ti­ons­tech­nik zur Stump­f­op­ti­mie­rung anzu­wen­den2. Der aktu­el­le (Ukraine-)Krieg erhöht zukünf­tig in Euro­pa, spe­zi­ell in Ost­eu­ro­pa, die Kli­en­tel an hoch­ak­ti­ven Ampu­tier­ten und die deut­sche Ortho­pä­die­tech­nik wird dabei nicht nur Zuschau­er sein. Der Autor hofft, dass mit der Schil­de­rung des Ver­sor­gungs­bei­spiels und durch Emp­feh­lung der auf­ge­führ­ten Quel­len zur Osteo­myo­plas­tik die Auf­merk­sam­keit an die­ser Tech­nik wie­der auflebt.

Ein­lei­tung

Der hier auf­ge­führ­te Ver­sor­gungs­fall ist Offi­zier einer mili­tä­ri­schen Spe­zi­al­ein­heit und ver­lor wäh­rend eines Kampf­ein­sat­zes im Okto­ber 2020 bei­de Füße. Bei der unmit­tel­ba­ren mili­tär­me­di­zi­ni­schen Erst­ver­sor­gung im Feld­la­za­rett wur­de klug und situa­ti­ons­ge­recht gehan­delt. Es wur­de kei­ne über­eil­te Stumpf­ge­stal­tung, son­dern eine gerin­ge knö­cher­ne Abset­zung zur Durch­füh­rung eines ord­nungs­ge­mä­ßen Wund­ver­schlus­ses durch­ge­führt. Auf­grund der Spreng- und Aus­riss­ver­let­zun­gen wur­de zur Begra­di­gung der zer­stör­ten Gelenk­flä­chen und zur span­nungs­frei­en Weich­teil­de­ckung jeweils ein trans­ver­sa­ler Säge­schnitt durch Tibia und Fibu­la vorgenommen.

Im Janu­ar 2021 stell­te sich der 32-jäh­ri­ge Major R. im Bun­des­wehr­kran­ken­haus Ber­lin (Kli­nik für Unfall­chir­ur­gie und Ortho­pä­die, Sep­tisch-Rekon­struk­ti­ve Chir­ur­gie, For­schungs- und Behand­lungs­zen­trum Rekon­struk­ti­on von Ampu­ta­ti­ons- und Defekt­wun­den) beim Kli­nik­di­rek­tor und Oberst­arzt Prof. Dr. Chris­ti­an Wil­ly vor. Mobi­li­siert war er im Roll­stuhl; die über­lan­gen Stümp­fe waren erwar­tungs­ge­mäß nicht kon­takt­fä­hig, die Abset­zungs­li­nie zeig­te sich bei ca. 4 cm bzw. ca. 6 cm pro­xi­mal der media­len Mal­leo­len. Die Haut­ober­flä­che bei­der Unter­schen­kel­stümp­fe war mit den typi­schen Ein­schlüs­sen von kleins­ten Schrapnell­par­ti­keln gezeich­net. Sons­ti­ge Auf­fäl­lig­kei­ten am Mus­kel- und Ske­lett­sys­tem gab es kei­ne. Bei einer Kör­per­grö­ße von vor­mals 186 cm ist ein Knie­spalt-Boden-Maß von 51–52 cm anzu­neh­men. Das Kör­per­ge­wicht betrug 90 kg.

Bedarfs­ana­ly­se

Die phy­si­schen Belas­tun­gen im Dienst sind für sol­che spe­zia­li­sier­ten Berufs­sol­da­ten beson­ders hoch. Neben dem Fall­schirm­sprin­gen, der amphi­bi­schen und alpi­nen Gefechts­feld­aus­bil­dung gehö­ren extre­me Mär­sche über gro­ße Distan­zen zum mili­tä­ri­schen Alltag.

Wäh­rend der ers­ten Kon­sul­ta­tio­nen wur­de vom Pati­en­ten wie­der­holt der hohe Funk­ti­ons­an­spruch an die zukünf­ti­ge Pro­the­sen­ver­sor­gung betont. Im glei­chen Zuge gab es sei­ner­seits die Zusi­che­rung, dass er mit einem Höchst­maß an Dis­zi­plin und Fleiß am Gelin­gen die­ses umfang­rei­chen Reha­bi­li­ta­ti­ons­zie­les bei­tra­gen wer­de. Da die­se Mili­tär­an­ge­hö­ri­gen enorm men­tal trai­niert wer­den, wur­den eine vor­bild­li­che The­ra­pie­treue und ein star­ker Wil­le vorausgesetzt.

Trotz der zahl­rei­chen Infor­ma­tio­nen aus den gän­gi­gen Video-Inter­net­ka­nä­len und ‑Platt­for­men unter­lag er kei­ner rea­li­täts­fer­nen Ein­schät­zung. Er erkann­te vor Beginn der Ver­sor­gung, wel­che Akti­vi­tä­ten er zukünf­tig nur ein­ge­schränkt wür­de aus­üben kön­nen. Wir star­te­ten mit einer kon­ser­va­ti­ven, rea­lis­ti­schen Pro­gno­se. Gewünscht war das Wie­der­erlan­gen der Fähig­keit des mehr­stün­di­gen Gehens und Ste­hens sowie eigen­stän­dig Auto­fah­ren zu kön­nen. Als mit­tel­fris­ti­ges Ziel nann­te der Pati­ent den Fit­ness­sport, auch auf dem Lauf­band, und als Traum­ziel das Absol­vie­ren von Trek­king­tou­ren durch die Berge.

Ziel­for­mu­lie­rung

Kein Pati­ent vor­her konn­te mich so glaub­haft von einem 4er-Mobi­li­täts­an­spruch über­zeu­gen. Dafür benö­tig­te er hoch­be­last­ba­re Stümp­fe, mög­lichst für die nächs­ten 15–20 Jah­re. Aus vor­an­ge­gan­ge­nen Ver­sor­gun­gen von drei ähn­lich akti­ven bila­te­ral ampu­tier­ten Pati­en­ten, die­se waren schon ca. 15 und ca. 25 Jah­ren zuvor ampu­tiert, war mir bekannt, wie geschä­digt sich das pro­xi­ma­le Are­al der Stümp­fe nach einer inten­si­ven Nut­zung mit Kurz­pro­the­sen dar­stel­len kann. Die berech­tig­te Fra­ge war also: Wie lang­le­big sind Bur­gess-Stümp­fe, ins­be­son­de­re bei jun­gen und hoch­ak­ti­ven bila­te­ral ampu­tier­ten Pati­en­ten? Denn man beden­ke: Der ein­sei­tig Ampu­tier­te kann sich in einer Schmerz- oder Über­las­tungs­si­tua­ti­on des Stump­fes auf sei­nem erhal­te­nen Bein kom­pen­sie­ren, sowohl beim Pau­sie­ren als auch durch eine asym­me­tri­sche Belas­tungs­zeit wäh­rend eines Dop­pel­schrit­tes. Dem Dop­pel­am­pu­tier­ten ist die­se Kom­pen­sa­ti­on nicht möglich.

Eine Stumpf­re­vi­si­on war aus meh­re­ren Grün­den indi­ziert: Zuerst ein­mal waren die trans­ver­sa­len Säge­schnit­te am Ende von Tibia und Fibu­la nicht zur defi­ni­ti­ven Pro­the­sen­ver­sor­gung nutz­bar. Bei­de Stumpf­län­gen muss­ten redu­ziert wer­den, ins­be­son­de­re um eine funk­tio­nel­le Pro­the­sen­ver­sor­gung sicher­stel­len zu kön­nen. Die ver­narb­ten Weich­teil­area­le, ggf. noch mit durch die Explo­si­on ver­ur­sach­ten mine­ra­li­schen und metal­li­schen Ver­un­rei­ni­gun­gen, und die mini­mal weich­teil­ge­deck­ten Par­tien, vor­ran­gig die dista­len Tibi­a­spit­zen mit den media­len Tibia­flä­chen, füh­ren bei hoher mecha­ni­scher Bean­spru­chung zu ober­fläch­li­chen Schä­di­gun­gen. Die avi­sier­ten Län­gen für die neu zu gestal­ten­den Stümp­fe wur­den auch durch die Weich­teil­qua­li­tät mit­be­stimmt. Die Tibi­al­än­gen dazu waren wie folgt benannt: mini­mal 16 cm, ide­al 19–22 cm.

Wel­che Mög­lich­kei­ten gibt es also für eine so inten­si­ve Pro­the­sen­nut­zung bei die­sen spe­zi­el­len Anfor­de­run­gen? Auch unter dem Aspekt, dass man nicht mehr­mals monat­lich eine spe­zia­li­sier­te OT-Werk­statt in Anspruch neh­men kann. Denn bei jedem Liner-Haft­schaft-Sys­tem gilt es, das dau­er­haf­te zu tie­fe Hin­ein­rut­schen des Stump­fes in den Schaft durch Ände­rung an der Schaft­form zu ver­hin­dern. Denn auch bei einem gut gestal­te­ten Bur­gess-Stumpf ist das Stump­fen­de nur teilbelastbar.

Ein trans­ku­tan osseo­in­te­grier­tes Sys­tem war als Reser­ve­op­ti­on eva­lu­iert, dafür wur­de auch die o. g. Mini­mal­län­ge der Tibiae defi­niert. Aber ein trans­ti­bia­les Endo-Exo-Pro­the­sen­sys­tem ist bei einem der­ar­tig avi­sier­ten Akti­vi­täts­le­vel kon­tra­in­di­ziert. Die aus­la­den­de pro­xi­ma­le Tibia­gestalt und die dadurch feh­len­de röh­ren­ar­ti­ge Form gewähr­leis­ten dem Implan­tat kei­nen dau­er­haft sta­bi­len Form­schluss. Um das Knie­ge­lenk vor Insta­bi­li­tät und vor­zei­ti­ger Abnut­zung zu schüt­zen, soll­te der Vor­fuß­he­bel des Pro­the­sen­fu­ßes deut­lich (im Ver­gleich zu einer kon­ven­tio­nel­len Schaft­ver­sor­gung) durch Rück­ver­la­ge­rung ver­kürzt wer­den3. Mei­nes Erach­tens beein­träch­tigt solch eine Modi­fi­zie­rung jedoch die Effi­zi­enz der ener­gie­auf­neh­men­den Prothesenfüße.

Die Ziel­stel­lung war, die Stümp­fe so zu gestal­ten, dass sie zukünf­tig mehr und län­ge­re End­be­las­tung auf­neh­men kön­nen. Im Ide­al­fall sogar mit weni­ger Ein­engung im Abschnitt der Mid Patel­lar Ten­don (MPT) bis zur 2,5er Höhe. Zusätz­lich wird dadurch im pro­the­ti­schen Inter­face eine opti­ma­le Ver­bin­dung gefunden.

Für einen Pro­the­sen­tech­ni­ker mit lang­jäh­ri­ger Erfah­rung, der die Gele­gen­heit bekommt, eine indi­vi­du­el­le Vor­stel­lung bei der Pla­nung einer Stumpf­re­vi­si­on ein­flie­ßen zu las­sen und auf eine hohe Exper­ti­se der Ampu­ta­ti­ons­me­di­zi­ner zurück­grei­fen kann, ist eine Kno­chen­brü­cke eine inter­es­san­te Opti­on. Die Tech­nik wird im Stan­dard­werk von Baum­gart­ner et al.4 expli­zit beschrie­ben. Dort ist eine deut­lich posi­ti­ve Bewer­tung herauszulesen.

In einem Fach­ar­ti­kel in der ORTHOPÄDIE TECHNIK wid­men sich Schrö­ter et al. (BG Kli­nik Hal­le)5 die­sem The­ma. Bei der Ein­schät­zung die­ser Tech­nik bezie­hen sie sich auf die bekann­tes­ten US-ame­ri­ka­ni­schen Ver­öf­fent­li­chun­gen. Auch wenn sie sich dar­in zurück­hal­tend äußern, so benen­nen sie deut­lich die Vor­tei­le und kön­nen sogar auf ers­te Ertl-Erfah­run­gen zurück­grei­fen5. Damit endet die Lis­te der aktu­el­len deutsch­spra­chi­gen Publi­ka­tio­nen zum The­ma Ertl. Erkun­digt man sich im Krei­se lang­jäh­ri­ger spe­zia­li­sier­ter Fach­kol­le­gen zu die­sem The­ma, folgt die Fra­ge nach dem War­um oder nach einer Kli­nik mit die­ser Exper­ti­se. Wei­tet man die Suche jedoch welt­weit aus, las­sen sich eini­ge Bei­trä­ge fin­den. Hier eine kur­ze Zusammenfassung:

Die modi­fi­zier­te Stumpf­ge­stal­tungs­tech­nik nach Ertl hat sich wäh­rend der letz­ten zwei Deka­den häu­fig bei den trau­ma­ti­schen Unter­schen­kel­am­pu­ta­tio­nen bewährt. Dadurch hat sie bei vie­len Ampu­ta­ti­ons­me­di­zi­nern einen höhe­ren Stel­len­wert bei der Wahl der Ampu­ta­ti­ons­tech­ni­ken bekom­men. War­um? Als Haupt­ar­gu­ment wird ange­führt, dass die Kno­chen­brü­cke eine in sich sta­bi­le­re und flä­chi­ge­re Basis bie­tet und dadurch eine höhe­re dista­le Last­auf­nah­me mög­lich ist. Die­ses Mehr an Stump­fendbe­last­bar­keit ermög­licht eine län­ge­re Belas­tungs­zeit der Pro­the­se und bie­tet jun­gen, gesun­den und hoch­ak­ti­ven Pati­en­ten eini­ge Vor­tei­le gegen­über dem kon­ven­tio­nel­len Ampu­ta­ti­ons­ver­fah­ren4 6 7 8 9 10 11 12 13 14.

Der Beweis eines zusätz­li­chen Bene­fits die­ser Tech­nik bei der Pro­the­sen­ver­sor­gung wur­de noch nicht erbracht. Bei der moder­nen Schaft­ge­stal­tung erfolgt der Last­über­trag auf den Schaft groß­flä­chig bis glo­bal, so die Skep­ti­ker15. Da die modi­fi­zier­te Ertl-Tech­nik sehr kom­plex ist, kann sie zu Kom­pli­ka­tio­nen an der tibio­fi­bu­lä­ren Kno­chen­brü­cke führen.

Der­zeit fehlt es an qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ger Evi­denz dafür, wel­cher Ampu­ta­ti­ons­an­satz für die Behand­lung von Trau­ma­ta der unte­ren Extre­mi­tä­ten am bes­ten geeig­net ist. Eben­so an ein­heit­li­chen Ope­ra­ti­ons­tech­ni­ken und Stan­dards für die nach­fol­gen­de Rehabilitation.

Über­blick

Ter­mi­no­lo­gie und Beschrei­bung der Amputationstechnik

Was ist die Ampu­ta­ti­ons­tech­nik nach Ertl? Janos Ertl (1949) benutz­te zur knö­cher­nen Ver­ei­ni­gung von Tibia und Fibu­la einen Kno­chen­chip. Die von Gue­dess-Pin­to wei­ter­ent­wi­ckel­te Tech­nik sieht eine Brü­cken­syn­osto­se aus einem 4–5 cm lan­gen Fibu­lastück vor und wird als modi­fi­zier­ter Ertl bezeich­net (Abb. 1). Die­se Aus­füh­rung ist heu­te die am häu­figs­ten ange­wen­de­te Tech­nik; in den inter­na­tio­na­len Publi­ka­tio­nen der letz­ten 20 Jah­re wer­den alter­na­ti­ve Begrif­fe wie Brü­cken­syn­osto­se, Kno­chen­brü­cke, Tibio­fi­bu­la­re Syn­osto­se, Ertl Bridge, Ertl Pro­ce­du­re, Bone Bridge Syn­osto­sis oder auch Osteo­myo­plas­ti­sche Trans­ti­bia­le Ampu­ta­ti­on (OTTA) genutzt. Gemeint ist immer ein modi­fi­zier­ter Ertl.

„Trau­ma-rela­ted trans­ti­bi­al ampu­ta­ti­ons have num­e­rous com­pli­ca­ti­ons. The modi­fied Ertl ampu­ta­ti­on adds a bone bridge that con­nects the resi­du­al tibia to the fibu­la. Sur­gi­cal steps are added, requi­ring addi­tio­nal ope­ra­ting-room time, tech­ni­cal com­ple­xi­ty, and the poten­ti­al for com­pli­ca­ti­ons that have been ill defi­ned in the lite­ra­tu­re. The ori­gi­nal bone-bridge ampu­ta­ti­on descri­bed by Ertl requi­red a cor­ti­co-peri­o­s­te­al flap to crea­te the bridge. Sub­se­quent modi­fi­ca­ti­ons most com­mon­ly uti­li­ze a fibu­lar strut graft to crea­te the syn­osto­sis. Coll­ec­tively, the­se methods are fre­quent­ly refer­red to as modi­fied Ertl ampu­ta­ti­ons or sim­ply as bone-bridge or bridge syn­osto­sis ampu­ta­ti­ons.“16

(„Trau­ma­be­ding­te Unter­schen­kel­am­pu­ta­tio­nen haben zahl­rei­che Kom­pli­ka­tio­nen. Die modi­fi­zier­te Ertl-Ampu­ta­ti­on fügt eine Kno­chen­brü­cke hin­zu, die das ver­blei­ben­de Schien­bein mit dem Waden­bein ver­bin­det. Hin­zu kom­men chir­ur­gi­sche Schrit­te, die zusätz­li­che OP-Zeit und tech­ni­sche Kom­ple­xi­tät erfor­dern und das Poten­zi­al für Kom­pli­ka­tio­nen haben, die in der Lite­ra­tur nur unzu­rei­chend ange­spro­chen sind. Die von Ertl beschrie­be­ne ursprüng­li­che Kno­chen­brü­cken­am­pu­ta­ti­on erfor­der­te einen Kor­ti­ko-Peri­ost­lap­pen, um die Brü­cke zu bil­den. Nach­fol­gen­de Modi­fi­ka­tio­nen ver­wen­den am häu­figs­ten ein Fibu­la-Strut-Trans­plan­tat, um die Syn­osto­se zu erzeu­gen. Zusam­men­fas­send wer­den die­se Metho­den häu­fig als modi­fi­zier­te Ertl-Ampu­ta­tio­nen oder ein­fach als Kno­chen­brü­cken- oder Brü­cken-Syn­osto­se-Ampu­ta­tio­nen bezeichnet.“)

Von den zwei frü­he­ren bekann­ten Ver­sor­gun­gen von Kriegs­ver­sehr­ten des Zwei­ten Welt­krie­ges war mir der „Stumpf mit Kno­chen­brü­cke“ noch als unkom­pli­zier­te Pro­the­sen­an­fer­ti­gung in Erin­ne­rung. Die bewähr­ten Holz­pro­the­sen mit Weich­wand­in­nent­rich­tern und Ober­schen­kel­hül­sen hat­ten dafür über Jahr­zehn­te gut funk­tio­niert, war­um dann nicht auch mit einem Liner-Vakuumsystem?

Ope­ra­ti­ons­tech­nik-Stu­di­en

Bei der Viel­zahl an ver­füg­ba­ren Publi­ka­tio­nen, Stu­di­en und Fall­be­rich­ten kann man ins­ge­samt von einem hohen Inter­es­se aus­ge­hen, denn es sind u. a. Arbei­ten aus den USA, aus Bra­si­li­en und Chi­na2 6 7 8 9 10 11 12 13 14 17 15 16  ver­füg­bar. Die meis­ten kli­ni­schen Ver­öf­fent­li­chun­gen bewer­ten die Ergeb­nis­se posi­tiv. Sie erör­tern die Tech­nik zur opti­ma­len Kno­chen­syn­osto­se und ermun­tern die Ärz­te­schaft zur Anwen­dung die­ser Tech­nik 6. Ande­re Ver­öf­fent­li­chun­gen kön­nen aus der Brü­cken­syn­osto­se kei­nen über­zeu­gen­den zusätz­li­chen Gebrauchs­vor­teil für den Ampu­tier­ten ablei­ten18 19.

2011 wur­de im US-ame­ri­ka­ni­schen Wal­ter Reed Natio­nal Mili­ta­ry Medi­cal Cen­ter in Mary­land eine retro­spek­ti­ve Kohor­ten­stu­die mit 137 TT-Ampu­ta­tio­nen (100 Bur­gess: 37 mod. Ertl) durch­ge­führt, um die frü­hen und mit­tel­fris­ti­gen Kom­pli­ka­tio­nen zu ver­glei­chen, die zu einer Reope­ra­ti­on bei kampf­be­ding­ten Unter­schen­kel­am­pu­ta­tio­nen füh­ren19. Die durch­schnitt­li­che Nach­be­ob­ach­tungs­zeit betrug zwei Jah­re. Die Autoren wei­sen auf eine höhe­re Gesamt­kom­pli­ka­ti­ons­ra­te hin; dabei han­del­te es sich um nicht-infek­tiö­se Kom­pli­ka­tio­nen sowie eine höhe­re Reope­ra­ti­ons­ra­te bei den modi­fi­zier­ten Ertl-Ampu­ta­tio­nen im Ver­gleich zur Burgess-Amputationstechnik.

„Bone-bridge-spe­ci­fic com­pli­ca­ti­ons occur­red in 32% of the modi­fied Ertl group. Delay­ed uni­on or non­uni­on of the syn­osto­sis (11%) and implant-rela­ted com­pli­ca­ti­ons (27%) pre­do­mi­na­ted. Three bone bridges were ulti­m­ate­ly remo­ved.“16

(„Kno­chen­brü­cken­spe­zi­fi­sche Kom­pli­ka­tio­nen tra­ten bei 32 % der modi­fi­zier­ten Ertl-Grup­pe auf. Ver­zö­ger­te Hei­lung oder Pseu­do­ar­thro­se der Syn­osto­se (11 %) und Implan­tat-beding­te Kom­pli­ka­tio­nen (27 %) über­wo­gen. Drei Kno­chen­brü­cken wur­den schließ­lich entfernt.“)

Die Grün­de dafür sind nach Ein­schät­zung der Autoren viel­fäl­tig: der Zeit­punkt der Pri­mär­am­pu­ta­ti­on nach der Ver­let­zung, die Stumpf­län­ge, die feh­len­den Stan­dards, die vari­ie­ren­den Fix­a­ti­ons­tech­ni­ken zur Brü­cken­syn­osto­se der ver­schie­de­nen Chir­ur­gen und die Schaft­ge­stal­tung der Pro­the­sen. Ein wei­te­rer Grund fin­det im sel­ben Arti­kel Erwähnung:

„It is plau­si­ble that the gene­ral­ly young and ath­le­tic, acti­ve-duty mili­ta­ry pati­ents in the bone-bridge cohort may be more pro­ne to deve­lo­ping sym­ptoms in the resi­du­al lim­bs becau­se of their acti­vi­ty levels. Howe­ver, the­se are the spe­ci­fic pati­ents in theo­ry who are most likely to bene­fit from a bridge syn­osto­sis. Final­ly, the long-term clo­se fol­low-up and dai­ly inter­ac­tion with a dedi­ca­ted ampu­ta­ti­on reha­bi­li­ta­ti­on team may also con­tri­bu­te to the hig­her reope­ra­ti­on rate.“16

(„Es ist plau­si­bel, dass die im All­ge­mei­nen jun­gen und sport­li­chen Mili­tär­pa­ti­en­ten im akti­ven Dienst in der Kno­chen­brü­cken­ko­hor­te auf­grund ihres Akti­vi­täts­ni­veaus anfäl­li­ger für die Ent­wick­lung von Sym­pto­men an den Stümp­fen sind. Dies sind jedoch die spe­zi­fi­schen Pati­en­ten, die theo­re­tisch am ehes­ten von einer Brü­cken­syn­osto­se pro­fi­tie­ren. Schließ­lich kön­nen auch die lan­ge, eng­ma­schi­ge Nach­sor­ge und die täg­li­chen Inter­ak­tio­nen mit einem enga­gier­ten Ampu­tier­ten-Reha­bi­li­ta­ti­ons­team zu der höhe­ren Reope­ra­ti­ons­ra­te beitragen.“)

Das ist eine bedeut­sa­me Erkennt­nis: zu zei­tig zu viel Akti­vi­tät ohne und mit der ers­ten, ver­mut­lich nicht pass­form­ge­rech­ten Inte­rims­pro­the­se. Aus die­sem Grund fer­tig­ten wir für den Zeit­raum der akti­ven Reha­bi­li­ta­ti­on soge­nann­te The­ra­pie­schäf­te ohne Pro­the­sen­fü­ße. Deren Haupt­merk­mal ist eine spür­ba­re Ver­en­gung auf trans­ver­sa­ler Ebe­ne von der media­len Tibia­flä­che zum fibu­la­ren Syn­osto­sen­an­teil, die bei opti­ma­lem Design einen sehr guten Schutz der Brü­cken­syn­osto­se gewährleistet.

Auf­grund der signi­fi­kan­ten Kom­pli­ka­ti­ons­ra­te endet die Stu­di­en­ver­öf­fent­li­chung mit der Aussage:

„Alt­hough we con­ti­nue to sel­ec­tively offer bone-bridging pro­ce­du­res, the results of this stu­dy empha­si­ze the need for detail­ed pati­ent coun­seling and careful pati­ent sel­ec­tion pri­or to per­forming bone-bridging trans­ti­bi­al ampu­ta­ti­on, par­ti­cu­lar­ly in the absence of con­vin­cing evi­dence objec­ti­ve func­tion­al bene­fits from the pro­ce­du­re.“16

(„Obwohl wir wei­ter­hin selek­tiv kno­chen­über­brü­cken­de Ver­fah­ren anbie­ten, unter­strei­chen die Ergeb­nis­se die­ser Stu­die die Not­wen­dig­keit einer detail­lier­ten Pati­en­ten­be­ra­tung und sorg­fäl­ti­gen Pati­en­ten­aus­wahl vor der Durch­füh­rung kno­chen­über­brü­cken­der Unterschenkeloperationen.“)

Ins­ge­samt erfährt die­ses The­ma eine beson­de­re Gewich­tung in gro­ßen nord­ame­ri­ka­ni­schen Trau­ma­zen­tren (zivil und mili­tä­risch) [sie­he unten TAOS]. Dort ist die Tech­nik der trans­ti­bia­len osteo­myo­plas­ti­schen Ampu­ta­ti­on kein Stan­dard, aber das Inter­es­se dar­an beacht­lich. Die meis­ten Stu­di­en sind auf­grund ihrer gerin­gen Teil­neh­mer­zahl und ihres retro­per­spek­ti­vi­schen Cha­rak­ters nicht kon­sis­tent. Es bedarf unbe­dingt einer pro­spek­ti­ven und ran­do­mi­sier­ten Bewer­tung der bei­den Ampu­ta­ti­ons­an­sät­ze. Das US-Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um hat die­ses Wis­sens­de­fi­zit erkannt und unter­stützt den Abschluss einer der­ar­ti­gen mul­ti­zen­tri­schen Stu­die. Seit 2013 läuft des­halb die Stu­die „Trans­ti­bi­al Ampu­ta­ti­on Out­co­mes Stu­dy (TAOS): Com­pa­ring Trans­ti­bi­al Ampu­ta­ti­on With and Wit­hout a Tibio­fi­bu­lar Syn­osto­sis (Ertl)­Procedure“2. Die teil­neh­men­den 23 Zen­tren wer­den bezüg­lich des Stu­di­en­de­signs und der Daten­er­fas­sung durch staat­li­che und wis­sen­schaft­li­che Insti­tu­tio­nen beglei­tet. Die­se Stu­die wird erst­mals die Wirk­sam­keit der bei­den Ampu­ta­ti­ons­ver­fah­ren unter Bewer­tung der pro­the­ti­schen Ver­sor­gung empi­risch über­prü­fen, um die fest­ge­leg­ten Hypo­the­sen zu bele­gen bzw. zu wider­le­gen. Eine Arbeits­grup­pe, bestehend aus spe­zia­li­sier­ten Fach­ärz­ten und zer­ti­fi­zier­ten Pro­the­ti­kern, hat zu die­sem Zweck ein objek­ti­ves Bewer­tungs­tool zur Pass­form des Pro­the­sen­schaf­tes und zum opti­mier­ten Pro­the­sen­auf­bau geschaf­fen. Die­se Zusatz­stu­die wird vom Peer Review­ed Ortho­pae­dic Rese­arch Pro­gram (PRORP) des US-Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums (DoD) ent­wi­ckelt, vali­diert und finan­ziert. Man darf gespannt sein, inwie­weit sich Details des Stu­di­en-Con­trol­lings bei der all­täg­li­chen pro­the­ti­schen Ver­sor­gung prak­tisch anwen­den las­sen werden.

Ent­schei­dung zur Operationstechnik

Die Ergeb­nis­se von TAOS lie­gen lei­der noch nicht vor. Aber die Tat­sa­che, dass TAOS über­haupt initi­iert wur­de, hat mich zu einem enga­gier­ten Ertl-Für­spre­cher wer­den las­sen. Auch die beacht­li­che Teil­neh­mer­zahl von „Ertl-Stumpf“-Patienten bei den ver­ein­zel­ten US-ame­ri­ka­ni­schen Stu­di­en hat mein Inter­es­se befeu­ert2 7 16.

Zur wei­te­ren Agi­ta­ti­on hat mich auch die kon­sen­tie­ren­de Stu­die „Com­bat-rela­ted bridge syn­osto­sis ver­sus tra­di­tio­nal trans­ti­bi­al ampu­ta­ti­on: com­pa­ri­son of mili­ta­ry-spe­ci­fic out­co­mes“ bewegt7. Die­se ist retro­spek­tiv, nicht ran­do­mi­siert, aber mit einer beacht­li­chen Teil­neh­mer­zahl an unter­schen­kel­am­pu­tier­ten Mili­tär­an­ge­hö­ri­gen durch­ge­führt wor­den. Von ins­ge­samt 478 Pro­ban­den waren 406 kon­ven­tio­nell nach Bur­guess ampu­tiert und bei 72 wur­de eine modi­fi­zier­te Ertl-Ampu­ta­tio­nen durch­ge­führt – eben­falls mit einer ermu­ti­gen­den Zusammenfassung.

„The­re is a hig­her rate of remai­ning on acti­ve duty using the Ertl ­tech­ni­que. This stu­dy sug­gests that the­re is an impro­ve­ment in func­tion­al out­co­me with the Ertl tech­ni­que.“7

(„Bei der Ertl-Tech­nik gibt es eine höhe­re Ver­blei­bra­te im akti­ven Dienst. Die­se Stu­die legt nahe, dass es eine Ver­bes­se­rung des funk­tio­nel­len Ergeb­nis­ses mit der Ertl-Tech­nik gibt.“)

Ent­schei­den­der als die posi­ti­ven Ver­öf­fent­li­chun­gen war die exzel­len­te Exper­ti­se der spe­zia­li­sier­ten Ärz­te des Bun­des­wehr­kran­ken­hau­ses Ber­lin, ohne die es kei­ne Ent­schei­dung für die Durch­füh­rung einer osteo­myo­plas­ti­schen Ampu­ta­ti­ons­tech­nik gege­ben hät­te. Die end­gül­ti­ge Ent­schei­dung wur­de inter­pro­fes­sio­nell und mit dem Pati­en­ten getroffen.

The­ra­pie­ver­lauf

Beschrei­bung der ope­ra­ti­ven Stumpfgestaltung

Die bila­te­ra­len Stumpf­re­vi­sio­nen zur modi­fi­zier­ten Ertl-Stumpf­ge­stal­tung erfolg­ten im Febru­ar 2021 im zeit­li­chen Ver­satz von einer Woche. Die ver­ant­wort­li­chen Ope­ra­teu­re waren Ober­feld­arzt Miri­am Vos­loo, Fach­ärz­tin für Gefäß­chir­ur­gie, Lei­te­rin Wund­zen­trum, Endo­vas­ku­lä­re Chir­ur­gie und Ampu­ta­ti­ons­me­di­zin, und Ober­feld­arzt Dr. Den­nis Vogt, Fach­arzt für Ortho­pä­die und Unfall­chir­ur­gie, Schwer­punkt­lei­ter Sep­tisch-Rekon­struk­ti­ve Chir­ur­gie mit der Exper­ti­se für Osteomyoplastik/Osteosynthesen.

Das größ­te Haupt­au­gen­merk war dar­auf zu rich­ten, dass die Fibu­la­stre­be ihre opti­ma­le Blut­ver­sor­gung behält. Dies wird durch eine gering­fü­gig mani­pu­lier­te und unbe­schä­dig­te, am Waden­bein­pe­riost anhaf­ten­de Mus­ku­la­tur late­ral und dor­sal sicher­ge­stellt (Abb. 2).

Die ima­gi­nä­ren Mit­tel­li­ni­en von Tibia und Fibu­la soll­ten annä­hernd par­al­lel aus­ge­rich­tet sein oder nach stumpf­ab­wärts dezent konisch ver­lau­fen. Daher ist es nicht aus­rei­chend, die Fibul­al­än­ge nur anhand der Tibia-Abset­zungs­li­nie aus­zu­mes­sen, denn die all­ge­mein in Ver­öf­fent­li­chun­gen genann­ten 5 cm kön­nen bei einem schlank­glied­ri­gen Unter­schen­kel zu einer unge­woll­ten ske­lett­ä­ren Ver­brei­te­rung im dista­len Abschnitt führen.

Idea­ler­wei­se soll­te die gebil­de­te Fibu­la­stre­be in trans­ver­sa­ler Betrach­tung annä­hernd im rech­ten Win­kel zur media­len Tibia­flä­che in die Tibia ein­ge­setzt wer­den. Dies ist zur Ein­hal­tung der geplan­ten dista­len M‑L-Wei­te hilf­reich (Abb. 3).

Auf den Punkt der Fibu­la-Umlen­kung muss akri­bisch geach­tet wer­den. Wird er eini­ge Mil­li­me­ter zu weit distal gelegt, ent­steht ein pro­mi­nen­ter dista­ler Kon­takt­punkt, der in der spä­te­ren Schaft­ver­sor­gung pro­ble­ma­tisch wer­den kann. Im Ide­al­fall ist die Fibu­la­stre­be wäh­rend der ein­bei­ni­gen Kör­per­un­ter­stüt­zung waa­ge­recht aus­ge­rich­tet oder sie steigt leicht nach late­ral an (Abb. 4).

Dazu muss die adäqua­te Belas­tungs­li­nie prä­ope­ra­tiv, auch unter Berück­sich­ti­gung einer fron­ta­len Knie­achs­ab­wei­chung, zumin­dest annä­hend defi­niert sein. Mei­ne Anwe­sen­heit im OP-Saal, ärzt­li­cher­seits gewünscht, hat mir die Kom­ple­xi­tät die­ser Stumpf­ge­stal­tung deut­lich gemacht. Dar­über hin­aus war es für den inter­dis­zi­pli­nä­ren Team­ge­dan­ken förderlich.

Statt einer Kor­ti­ka­lis­schrau­be, einer Plat­ten­os­teo­syn­the­se oder eines nicht resor­bier­ba­ren Faden­ma­te­ri­als (Tight Rope) ent­schie­den sich die Ope­ra­teu­re für je zwei pas­sa­ger ein­zu­brin­gen­de Kirsch­ner-Dräh­te, die von schräg distal nach schräg pro­xi­mal implan­tiert wur­den (vgl. Abb. 1 und 5).

Nach Erstel­lung der Kno­chen­brü­cke wur­de ent­spre­chend der modi­fi­zier­ten Bur­gess-Ampu­ta­ti­on eine Myo­plas­tik durch­ge­führt und ein lan­ger hin­te­rer Lap­pen zum Stumpf­ver­schluss verwendet.

Die fina­len Tibi­al­än­gen von jeweils 18 cm ab Knie­ge­lenk­spalt garan­tie­ren im gefäß­phy­sio­lo­gi­schen Sin­ne und unter den Aspek­ten der pro­the­sen­tech­ni­schen Kon­fi­gu­ra­ti­on eine sinn­vol­le Stumpf­län­ge. Für eine spä­te­re Reser­ve­op­ti­on bil­det die­se Län­ge eine gute Basis. Durch die Kür­zung ent­stand eine aus­rei­chen­de Bau­hö­he für die not­wen­di­ge Tech­nik. Ein „Zuviel“ (>3 cm) an pro­the­sen­tech­ni­scher Ver­län­ge­rung gestal­tet sich für den bila­te­ra­len Nut­zer als pro­ble­ma­tisch. Bei ca. 4 cm post­ope­ra­tiv, spä­ter 1–2 cm dista­ler Weich­teil­de­ckung und ca. 1,5 cm dista­ler Wan­dungs­stär­ke des Liners ver­blieb bei einer theo­re­ti­schen Gesamt­län­ge von 51–52 cm unter­halb der Pro­the­sen­schäf­te eine Bau­hö­he von 28–30 cm — ide­al für die Erst­ver­sor­gung. Für die tech­ni­schen Kom­po­nen­ten der High-End-Ver­sor­gung muss­te das Knie-Boden-Maß um <3 cm ver­län­gert werden.

Pla­nung und Durch­füh­rung der pro­the­ti­schen Versorgung

Post­ope­ra­ti­ve Phase

  • Direkt post­ope­ra­tiv erfolg­te eine elas­to­kom­pres­si­ve Stumpfwickelung.
  • Ab dem 5. post­ope­ra­ti­ven Tag erfolg­te eine Kom­pres­si­ons­the­ra­pie mit Kom­pres­si­ons­strümp­fen (Anle­gen nur mit einem Anziehring).
  • Ab dem 10. post­ope­ra­ti­ven Tag wur­de die Kom­pres­si­ons­the­ra­pie mit inter­val­li­scher Liner­an­wen­dung ergänzt (Cushion-Liner Grö­ße 32).
  • Die Kirsch­ner-Dräh­te wur­den nach 12 bzw. 13 Wochen ope­ra­tiv ent­fernt (Ent­fer­nung erfolg­te zeitgleich).
  • Nach Ent­fer­nung der Kirsch­ner-Dräh­te wur­de die Liner-Grö­ße reduziert.
  • Fer­ti­gung der The­ra­pie­schäf­te (Abb. 6) um eine Kno­chen­brü­cken­dis­lo­ka­ti­on zu ver­hin­dern (zukünf­tig: bei Pati­en­ten­ak­zep­tanz idea­ler­wei­se Gips­ab­druck mit redu­zier­ter Liner­grö­ße für die erfor­der­li­chen The­ra­pie­schäf­te und deren Fer­ti­gung noch vor Ent­fer­nung der Kirschner-Drähte)
  • Unter Ver­wen­dung die­ser The­ra­pie­schäf­te waren drei Wochen hoch­fre­quen­ter Reha-Sport mit täg­li­cher Phy­sio­the­ra­pie zur Kon­trak­tur­re­du­zie­rung der Hüft- und Knie­beu­ge­mus­ku­la­tur gestattet.

Inte­rims-Ver­sor­gung

Die ers­ten Test-Pro­the­sen­schäf­te wur­den im dista­len Schaft­are­al mit einem deut­li­chen par­ti­el­len Druck von medio-fron­tal zu dor­so-late­ral gestal­tet, ähn­lich wie das Design der Therapieschäfte.

Bei der Erpro­bung der Pro­the­sen­fü­ße zeig­te sich, dass ein sta­bi­ler Vor­fuß­he­bel für die Sicher­heit des Anwen­ders nur weni­ge Tage erfor­der­lich war. Eine wei­ter­ent­wi­ckel­te Ver­si­on mit einem C‑förmigen Fuß­mo­dul, die eine Vor­wärts­be­we­gung unter­stützt, wur­de eben­falls nur kurz­zei­tig benö­tigt. Zu unse­rem Erstau­nen wünsch­te sich der expe­ri­men­tier­freu­di­ge Anwen­der schon früh­zei­tig mehr Fle­xi­bi­li­tät im fik­ti­ven Fuß­ge­lenk. Nach dem Test von drei Model­len mit gro­ßem Bewe­gungs­um­fang im Knö­chel­ge­lenk bewähr­te sich der Pro­the­sen­fuß (PF Pivot) mit einem 27° Bewe­gungs­um­fang dau­er­haft im Alltag.

Nach vier Wochen und einer Viel­zahl von Test­schäf­ten, aus­ge­führt in unter­schied­li­chen Schaft­de­signs und Volu­men­ab­än­de­run­gen, war die Erst­ver­sor­gung abge­schlos­sen. Die fina­len Inte­rims­schäf­te konn­ten für drei Mona­te ohne Schaf­t­än­de­rung inten­siv und viel­sei­tig genutzt werden.

Defi­ni­tiv-Ver­sor­gung 1 und 2

Die Pha­se der Defi­ni­tiv-Ver­sor­gung 1 galt der Volu­men­an­pas­sung und Opti­mie­rung der All­tags­pro­the­sen und der Erpro­bung eines tiefst­mög­li­chen pro­xi­ma­len Schaf­tran­des. Die­ser konn­te seit­lich auf Höhe des Knie­ge­lenk­spal­tes und vorn auf ein Niveau unter­halb der MPT-Höhe ver­rin­gert wer­den (Abb. 7).

Die Rönt­gen­kon­trol­le Anfang Dezem­ber 2021 zeig­te zwei sta­bi­le Brü­cken­syn­osto­sen und bestä­tig­te unse­re geplan­te Vor­ge­hens­wei­se. Die sport­li­chen Akti­vi­tä­ten des Anwen­ders konn­ten wei­ter erhöht wer­den. Je mehr Boden­re­ak­ti­ons­kraft auf die dista­len Kno­chen­ver­bin­dun­gen wirk­te, des­to schnel­ler fand die Durch­bau­ung der Syn­osto­sen statt. (Abbil­dun­gen mit Rönt­gen­bil­dern 10. Monat) Daher wur­de in die­ser Pha­se, im Janu­ar 2022, mit der Anfer­ti­gung von Pro­the­sen für sport­li­che Akti­vi­tä­ten begon­nen. Die spe­zi­el­len Ansprü­che erfor­der­ten einen klas­si­schen Schaf­trand­ver­lauf an den dafür genutz­ten Prothesenschäften.

Die Pha­se der Defi­ni­tiv-Ver­sor­gung 2 erfolg­te nach wei­te­ren elf Mona­ten. Sämt­li­che Schaft­de­signs und tech­ni­schen Kon­fi­gu­ra­tio­nen hat­ten sich bewährt, sodass grö­ße­re Schaf­t­än­de­run­gen in einer Werk­statt inner­halb die­ser Zeit nicht nötig waren. Nach all­tags­in­ten­si­ver und sport­li­cher Nut­zung hat sich erwar­tungs­ge­mäß ein wei­te­rer mess­ba­rer Teil der ehe­mals sprung­ge­lenk­si­chern­den Unter­schen­kel­mus­ku­la­tur auf­grund von extre­mer Akti­vi­tät „ver­brannt“. Infol­ge­des­sen wur­de eine Volu­men­re­du­zie­rung an allen Schäf­ten erforderlich.

Nach den Erfah­run­gen der ers­ten Ski­ab­fahr­ten im Febru­ar 2022 wur­den Ski-Pro­the­sen mit Ober­schen­kel­hül­sen gefer­tigt und konn­ten im März 2023 erfolg­reich erprobt wer­den (Abb. 8).

Eva­lua­ti­on der Versorgung

Die teil­wei­se sehr sub­stan­zi­el­len inter­na­tio­na­len Publi­ka­tio­nen waren für uns Ansporn und Leit­fa­den, aber auch Anlass, um bei Details abzu­wei­chen. Im Unter­schied zu den US-ame­ri­ka­ni­schen Publikationen

  1. wur­den Kirsch­ner-Dräh­te zur tem­po­rä­ren Fixie­rung verwendet,
  2. eine War­te­zeit von drei Mona­ten verordnet,
  3. anschlie­ßend nicht geh­fä­hi­ge The­ra­pie­schäf­te mit spe­zi­el­lem dista­lem Schaft­de­sign ein­ge­setzt und
  4. die erst­ma­li­ge Belas­tung in den Pro­the­sen erst nach vier Mona­ten vorgenommen.

Seit Beginn der ers­ten Geh­übun­gen konn­ten fol­gen­de Ergeb­nis­se erzielt werden:

  • Inner­halb eines Monats konn­te der Anwen­der unein­ge­schränkt lau­fen, trotz vor­an­ge­gan­ge­ner acht­mo­na­ti­ger Rollstuhlbindung.
  • Nach glei­cher Dau­er waren ein frei­hän­di­ger Trep­pen­auf­stieg sowie ein sta­bi­ler Ein­bein­stand mög­lich (Abb. 9).
  • Drei Mona­te spä­ter absol­vier­te der Pati­ent ers­te Tre­cking­tou­ren durch unebe­nes Gelän­de und Jog­ging auf dem Laufband.
  • Ein Jahr spä­ter war alpi­ne Ski­ab­fahrt ausführbar.
  • Ab die­ser Zeit wur­de die Inten­si­tät und die Kom­ple­xi­tät der sport­li­chen Akti­vi­tät kon­ti­nu­ier­lich erhöht und erwei­tert mit regel­mä­ßi­gem Fuß­ball­trai­ning und Gewichtheben.
  • Wäh­rend der ers­ten elf Mona­te nach Abschluss der Defi­ni­tiv-Ver­sor­gung 1 waren kei­ne Ände­run­gen in der Werk­statt nötig.

Sta­tus der Brü­cken­syn­osto­se nach 24 Monaten

Hoch­in­ter­es­sant ist, wel­che Umbau­pro­zes­se sich an der Tibi­a­spit­ze und der Fibu­la­stre­be voll­zo­gen haben. Am auf­fäl­ligs­ten ist das an der lin­ken Brü­cken­syn­osto­se erkenn­bar: Über­flüs­si­ge knö­cher­ne Rand­be­rei­che wer­den durch Demi­ne­ra­li­sie­rung abge­baut. Ein beson­de­res Moni­to­ring ist daher nicht erfor­der­lich. Jeder vita­le Kno­chen behält nur die Dimen­si­on, die für sei­ne sta­bi­li­sie­ren­de Funk­ti­on not­wen­dig ist. Das lin­ke Bein ist wei­ter­hin Stand- und Stopp-Bein geblieben.

Die lin­ke und rech­te Brü­cken­syn­osto­se sind geo­me­trisch nicht iden­tisch. Am lin­ken Stumpf trifft die Fibu­la­stre­be in trans­ver­sa­ler Betrach­tung (von distal) nicht im glei­chen Win­kel auf die media­le Tibia­flä­che. Die­se Modi­fi­zie­rung ist bis­her ohne spür­ba­re Aus­wir­kung (Abb. 12).

Fazit

Um eine sta­bi­le Ver­ei­ni­gung der tibio­fi­bu­la­ren Syn­osto­se zu schaf­fen, ist vor allem eine sehr lan­ge War­te­zeit not­wen­dig, bedingt durch eine ca. drei­mo­na­ti­ge Fixie­rung mit Kirsch­ner-Dräh­ten. Der Pati­ent muss das expli­zit ver­ste­hen und streng befol­gen. Eine Stumpf­re­vi­si­on die­ser spe­zi­el­len Art soll­te nur von Ope­ra­teu­ren mit her­vor­ra­gen­der Exper­ti­se aus­ge­führt werden.

Durch Ver­mei­dung von per­ma­nen­tem Fremd­ma­te­ri­al im Stumpf sowie der restrik­ti­ven Anwen­dung eines indi­vi­du­el­len post­ope­ra­ti­ven Pro­gramms wur­den wich­ti­ge Risi­ko­fak­to­ren ver­mie­den. Ab dem Zeit­punkt der radio­lo­gisch nach­ge­wie­se­nen gesi­cher­ten Syn­osto­se kann eine hohe Belas­tung auf die Kno­chen­brü­cke wir­ken, damit die voll­stän­di­ge Ver­knö­che­rung schnel­ler erfolgt. Die sicht­ba­ren, nicht stö­ren­den Ecken wer­den durch Demi­ne­ra­li­sie­rung der Kan­ten all­mäh­lich „abge­run­det“. Es bleibt abzu­war­ten, inwie­weit Exosto­sen durch das Ver­schlie­ßen des Röh­ren­kno­chens dau­er­haft ver­hin­dert wer­den. Der zwei­jäh­ri­ge Rück­blick gibt Anlass zu ver­hal­te­nem Optimismus.

Aus der Stumpf­ge­stal­tung mit modi­fi­zier­tem Ertl erge­ben sich zusam­men­ge­fasst fol­gen­de Nut­zungs­vor­tei­le: Beein­dru­ckend ist die Mög­lich­keit, die Pro­the­sen so intui­tiv sicher zu kon­trol­lie­ren, trotz des mini­ma­lis­ti­schen Schaf­trands und der Pro­the­sen­fü­ße mit ihrem gro­ßen Bewe­gungs­um­fang (All­tags­pro­the­sen). Eine ganz­tä­gi­ge dyna­mi­sche Nut­zung der Pro­the­sen ist mög­lich. Bei sport­li­chen Akti­vi­tä­ten (Sport­pro­the­sen) wird sicht­lich viel Ener­gie aus den Boden­re­ak­ti­ons­kräf­ten in den Fuß­kon­struk­tio­nen auf­ge­nom­men und für eine hohe Dyna­mik genutzt (Abb. 11).

Die Kno­chen­brü­cke erzeugt eine kom­pak­te Ein­heit, wel­che hohe Kraft­mo­men­te aus dem Hüft- und Knie­ge­lenk auf die Pro­the­se über­tra­gen kann20 (Abb. 10). Und es gibt einen wei­te­ren Nut­zen: Ver­mut­lich kön­nen sich die Stümp­fe mit ihrer Kno­chen­brü­cke beim all­mäh­li­chen täg­li­chen Hin­ein­rut­schen im Schaft­bo­den bes­ser abstüt­zen. Dadurch ver­rin­gern sich die mecha­ni­schen Stres­s­ur­sa­chen, die u. a. durch die zusätz­li­chen Stumpf­strümp­fe an den bekann­ten pro­xi­ma­len Stumpf­par­tien ent­ste­hen. Die­se oder ähn­li­che Vor­tei­le wer­den sicher auch im Rah­men TAOS-Stu­die erfasst werden.

Im Bun­des­wehr­kran­ken­haus Ber­lin wer­den wei­te­re gefechts­feld­be­ding­te Ampu­ta­tio­nen durch eine modi­fi­zier­te Ertl-Stumpf­ge­stal­tung nach­ver­sorgt werden.

Der hier gezeig­te Anwen­der hat ein außer­or­dent­lich trai­nier­tes Kör­per­ge­fühl und eine exzel­len­te men­ta­le Fit­ness. Die Ergeb­nis­se in die­sem Ver­sor­gungs­fall sind durch­schla­gend. Es ist nicht mit einer tibio­fi­bu­la­ren Stumpf­ge­stal­tung getan, son­dern der spe­zia­li­sier­te Ortho­pä­die­tech­ni­ker ist mit sei­nen Spe­zi­al­kennt­nis­sen gefor­dert. Letzt­end­lich ent­schei­det die Qua­li­tät des pro­the­ti­schen Sit­zes und die Aus­rich­tung am Stumpf über eine nach­hal­tig hohe Nutzungsqualität.

Ein­gangs hat­te ich eine mög­li­che Begrün­dung für die äußerst sel­te­nen Ertl-Stümp­fe genannt. Es gibt ­aktu­ell wei­te­re jun­ge, sport­li­che Per­so­nen mit ähn­li­chem Poten­zi­al, die nicht genau Glei­ches leis­ten wol­len, aber nach einer plan­ba­ren Stumpf­re­vi­si­on lebens­lang pro­the­sen­fä­hig auf hoher Akti­vi­tät sein könnten.

Aus der Ukrai­ne gab es im Dezem­ber 2022 unbe­stä­tig­te ­Zah­len­an­ga­ben von ca. 12.000 ukrai­ni­schen ver­letz­ten Sol­da­ten monat­lich (aus­ge­nom­men sind zivi­le Ver­letz­te). In der mili­tärmedizinischen Bewer­tung geht man von 2400 kom­plex ver­letz­ten Sol­da­ten aus, von denen ca. 10–25 % Glied­ma­ßen­am­pu­ta­tio­nen ­erhal­ten wer­den21 22 23. Es ist also mit ca. 250–500 ampu­tier­ten Sol­da­ten pro Monat allein auf ukrai­ni­scher Sei­te zu rech­nen. Für den Wie­der­auf­bau der Hei­mat wer­den die (jun­gen) kriegs­be­dingt Ampu­tier­ten benö­tigt. Auch für ihr wei­te­res zivi­les Berufs­leben sind für die­sen Per­so­nen­kreis gut belast­ba­re Ampu­ta­ti­ons­stümp­fe unabdingbar.

 

Dank­sa­gung
Vie­len Dank für eine groß­ar­ti­ge mul­ti­disziplinäre Zusam­men­ar­beit an: Oberst­arzt Prof. Dr. Chris­ti­an Wil­ly, Direk­tor der Kli­nik für Unfallchirur­gie und Ortho­pä­die, Sep­ti­sche-Rekon­s­truk­ti­ve Chir­ur­gie, For­schungs- und Behand­lungs­zen­trum Rekonstruk­tion von Ampu­ta­ti­ons- und Defekt­wun­den am Bun­des­wehr­kran­ken­haus Ber­lin und sei­ne enga­gier­ten Spezialisten

Ober­feld­arzt Miri­am Vos­loo, Fach­ärz­tin für Gefäß­chir­ur­gie, Lei­tung Wund­zen­trum, Endo­vas­ku­lä­re Chir­ur­gie und Amputationsmedizin

Ober­feld­arzt Dr. Den­nis Vogt, Fach­arzt für Ortho­pä­die und Unfall­chir­ur­gie, Schwer­punkt Sep­tisch-Rekon­struk­ti­ve Chir­ur­gie mit Exper­ti­se Osteomyoplastik/Osteosynthese bzw. Osteo­syn­osto­sis und Defekt­wun­den, Kriegstrauma.

Ein herz­li­ches Dan­ke­schön an ­einen vor­bild­li­chen und experimentier­freu­digen Pati­en­ten, des­sen Mot­to immer „Think posi­ti­ve“ war.

Der Autor:
Ger­not Kret­schmer, OTM
c/o pro-samed Sani­täts­haus e. K.
Greifs­wal­der Str. 154 – 156
10409 Ber­lin
gernot.kretschmer@pro-samed.de
Insta­gram: #ertlpro­ce­du­re­ber­lin #ertl­bone­bridge

Sprech­stun­de für Amputationsmedizin 
in der Kli­nik für Ortho­pä­die und 
Unfall­chir­ur­gie, Sep­tisch-rekon­struk­ti­ve Chir­ur­gie im Bun­des­wehr­kran­ken­haus Ber­lin, Ter­mi­ne ver­ein­ba­ren unter: 
030 2841–1901 und ‑1903 oder 
office14berlin@bundeswehr.org

 

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
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