Anlässlich des 70-jährigen Bestehens der Bufa blickt er auf seine Anfänge und die Entwicklung der Einrichtung zurück. Eine herausfordernde Zeit – und eine voller Höhepunkte, besonderer Begegnungen und Erinnerungen. (Lars Grun, Vorsitzender des Vorstandes des Bufa e. V., wirft in einem gesonderten Interview einen Blick in die Zukunft und skizziert die Herausforderungen, vor denen die Bundesfachschule steht.)
OT: Rund ein Drittel ihrer Zeit hat die Bufa mit Ihnen als Schulleiter erlebt und man kann sagen, dass Sie Ihr Berufsleben der Bufa gewidmet haben. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?
Stefan Bieringer: Während dieser Zeit standen für mich immer zwei Aufgaben im Vordergrund: Zum einen die Bufa in ihrem wesentlichen Kern zu erhalten und weiterzuentwickeln. Der Kern der Bufa, das war und ist für mich die am Patienten orientierte Fort- und Weiterbildung, die Offenheit für neuere technologische Entwicklungen – damals begannen mikroprozessorgesteuerte Hilfsmittel und die Digitalisierung ihren Siegeszug anzutreten – schließlich die Weitergabe handwerklicher Meisterschaft durch fundierte Theorie- und Praxisinhalte. Ich sehe das hohe nationale und internationale Ansehen der Bufa auf diesen Eigenschaften stabil begründet. Die Bufa als Institution ist aber nur die eine Betrachtungsweise, wichtiger für mich ist zum anderen die Bufa als Gesamtheit der Lernenden und Lehrenden, der Patienten und Probanden, der Förderer und Unterstützer aus dem Handwerk, den Verbänden, Innungen und den Industriepartnern. Beim Rückblick heute stehen für mich die vielen positiven Begegnungen mit diesen Menschen im Vordergrund.
OT: Erinnern Sie sich noch an Ihre Anfangszeit als Schulleiter?
Bieringer: Mein Tätigkeitsbeginn erfolgte 1999 in zwei Phasen: Nachdem mich der damalige BIV-Präsident Hans Udo Kersting telefonisch benachrichtigt hatte, übernahm ich zunächst die Leitung kommissarisch, dann drei Monate später, am 29. September, wurde ich vom Vorstand des Bufa e. V. offiziell mit der Leitung der Schule ab dem 1. Januar 2000 beauftragt. Eine lange Eingewöhnung war nicht erforderlich. Glücklicherweise kannte ich die Bufa – und das, was sie ausmacht – schon aus meiner Zeit als Meisterschüler und anschließend als Fachlehrer und als stellvertretender Schulleiter.
OT: Was waren die Höhepunkte Ihrer Zeit an der Bundesfachschule ?
Bieringer: Das waren immer die Begegnungen mit engagierten Menschen. Besonders fallen mir dabei unsere Patientinnen und Patienten ein, die sich für unsere Unterrichte, Seminare und für die Belange der Bufa mit großer Ernsthaftigkeit eingebracht haben und weiterhin einsetzen.
OT: Was waren Ihre größten Herausforderungen?
Bieringer: Die Finanzierung der Bufa sicherzustellen. Es war nie leicht, aber gerade in den beiden Corona-Jahren wurde diese Aufgabe übergroß. Gemeinsam im Team ließen sich diese Herausforderungen meistern.
OT: Gibt es Begegnungen, an die Sie besonders gerne zurückdenken?
Bieringer: Das sind Begegnungen und persönliche Rückmeldungen, die zeigen, welchen Stellenwert die Bufa – egal ob im Vorstand, im Team, bei Seminarteilnehmerinnen und Seminarteilnehmern und bei Meisterschülerinnen und Meisterschülern – einnimmt und solche, die positive Lebensentscheidungen in Gang setzen. Das macht demütig und glücklich zugleich.
OT: Sie selbst sind Orthopädietechnik-Meister. Welche Veränderungen bei der Ausbildung stellen Sie heute mit Blick auf Ihre eigene Ausbildung fest?
Bieringer: Das Wichtigste ist, dass der Kern des Berufes über all die Jahre gleichgeblieben ist, nämlich Menschen mit funktionellen Defiziten dabei zu unterstützen, ihr Leben zu leben. Anders gesagt: Teilhabe zu ermöglichen. Der technologische Fortschritt war und ist spannend, die Entwicklung in der Werkstofftechnik ermöglicht eine ganz neue Funktionalität. Aktuell erfordert der Einsatz von Scan-Technologien und EDV-gestützter Modelltechnik ein breites und vertieftes Verständnis hinsichtlich der Zustandserhebung, technischen Indikation, biomechanischen Wirkungsweise und vor allem hinsichtlich des Versorgungsziels. Hier denken wir heute viel differenzierter als in den 70er-Jahren.
OT: Die Corona-Pandemie war eine herausfordernde Zeit, aber auch ein Türöffner in Richtung neuer Unterrichtsformen. Wie stehen Sie zum Online-Unterricht?
Bieringer: Aus der Not geboren mussten wir während des Corona-Lockdowns unsere Unterrichte online anbieten. Wir haben bald gemerkt, dass – gerade im Handwerk – nicht jeder Stoff online vermittelt werden kann. Zudem beruht auch berufliche Bildung auf zwischenmenschlicher Interaktion, weil der Lernprozess den ganzen Menschen betrifft. Auch die Gruppendynamik darf nicht unterschätzt werden. Daher sind wir froh, dass wir wieder einen auf die individuelle Person zugeschnittenen Unterricht anbieten können. Die Stärke der Bufa, der Praxisunterricht, wird auch in Zukunft nur live zu vermitteln sein. Video-Unterrichte werden aber Teil des Bufa-Angebotes bleiben!
OT: Derzeit wird eine Nachfolge für die Schulleitung gesucht. Was möchten Sie Ihrer Nachfolge mit auf den Weg geben?
Bieringer: Die Lehrinhalte müssen auch in Zukunft an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten orientiert bleiben. Im Übrigen sehe ich meine Aufgabe nicht darin, Ratschläge zu geben. Die Bufa zu leiten, stellt hohe Anforderungen, und ich wünsche auch meiner Nachfolgerin oder meinem Nachfolger alle erdenkliche Unterstützung aus dem Fach und den erforderlichen Erfolg!
OT: Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Bufa?
Bieringer: Bufa und Bufa e. V. werden auch in Zukunft im Fach dringend gebraucht. Die Bufa unterstützt als Einrichtung das Fach und die Fachkräfte in Zeiten des Fachkräftemangels und der technologischen Metamorphose, in der wir uns befinden, wesentlich durch fachspezifische Fort- und Weiterbildung. Dies ist eine Gemeinschaftsaufgabe der Verantwortlichen des Trägervereins, der Schulleitung, des Kollegiums, der Sanitätshäuser und Betriebe der Orthopädie- und Reha-Technik, der Industrie, der Verbände des Fachhandels und der Innungen des Handwerks. So wünsche ich der Bufa gutes Gelingen und ein herzliches „Glück auf!“.
OT: Wie geht es für Sie persönlich weiter?
Bieringer: Ich bin froh, dass sich das Konzept der Bufa bewährt hat und dass ich jetzt die Verantwortung weitergeben kann. Auch außerhalb der Bubble Orthopädie-Technik gibt es ein Leben. Und ich freue mich darauf.
Die Fragen stellte Pia Engelbrecht.
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