Bufa-Jubi­lä­um: Ste­fan Bier­in­ger blickt zurück

Das Jahr 2000 markierte nicht nur eine Jahrtausend­wende, sondern auch den Beginn der Ära Stefan ­Bieringer. Seit 23 Jahren ist der 63-Jährige Schulleiter der Dortmunder Bundesfachschule für Orthopädie-Technik.

Anläss­lich des 70-jäh­ri­gen Bestehens der Bufa blickt er auf sei­ne Anfän­ge und die Ent­wick­lung der Ein­rich­tung zurück. Eine her­aus­for­dern­de Zeit – und eine vol­ler Höhe­punk­te, beson­de­rer Begeg­nun­gen und Erin­ne­run­gen. (Lars Grun, Vor­sit­zen­der des Vor­stan­des des Bufa e. V., wirft in einem geson­der­ten Inter­view einen Blick in die Zukunft und skiz­ziert die Her­aus­for­de­run­gen, vor denen die Bun­des­fach­schu­le steht.)

Anzei­ge

OT: Rund ein Drit­tel ihrer Zeit hat die Bufa mit Ihnen als Schul­lei­ter erlebt und man kann sagen, dass Sie Ihr Berufs­leben der Bufa gewid­met haben. Wie bli­cken Sie auf die­se Zeit zurück?

Ste­fan Bier­in­ger: Wäh­rend die­ser Zeit stan­den für mich immer zwei Auf­ga­ben im Vor­der­grund: Zum einen die Bufa in ihrem wesent­li­chen Kern zu erhal­ten und wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. Der Kern der Bufa, das war und ist für mich die am Pati­en­ten ori­en­tier­te Fort- und Wei­ter­bil­dung, die Offen­heit für neue­re tech­no­lo­gi­sche Ent­wick­lun­gen – damals began­nen mikro­pro­zes­sor­ge­steu­er­te Hilfs­mit­tel und die Digi­ta­li­sie­rung ihren Sie­ges­zug anzu­tre­ten – schließ­lich die Wei­ter­ga­be hand­werk­li­cher Meis­ter­schaft durch fun­dier­te Theo­rie- und Pra­xis­in­hal­te. Ich sehe das hohe natio­na­le und inter­na­tio­na­le Anse­hen der Bufa auf die­sen Eigen­schaf­ten sta­bil begrün­det. Die Bufa als Insti­tu­ti­on ist aber nur die eine Betrach­tungs­wei­se, wich­ti­ger für mich ist zum ande­ren die Bufa als Gesamt­heit der Ler­nen­den und Leh­ren­den, der Pati­en­ten und Pro­ban­den, der För­de­rer und Unter­stüt­zer aus dem Hand­werk, den Ver­bän­den, Innun­gen und den Indus­trie­part­nern. Beim Rück­blick heu­te ste­hen für mich die vie­len posi­ti­ven Begeg­nun­gen mit die­sen Men­schen im Vordergrund.

OT: Erin­nern Sie sich noch an Ihre Anfangs­zeit als Schulleiter?

Bier­in­ger: Mein Tätig­keits­be­ginn erfolg­te 1999 in zwei Pha­sen: Nach­dem mich der dama­li­ge BIV-Prä­si­dent Hans Udo Kers­t­ing tele­fo­nisch benach­rich­tigt hat­te, über­nahm ich zunächst die Lei­tung kom­mis­sa­risch, dann drei Mona­te spä­ter, am 29. Sep­tem­ber, wur­de ich vom Vor­stand des Bufa e. V. offi­zi­ell mit der Lei­tung der Schu­le ab dem 1. Janu­ar 2000 beauf­tragt. Eine lan­ge Ein­ge­wöh­nung war nicht erfor­der­lich. Glück­li­cher­wei­se kann­te ich die Bufa – und das, was sie aus­macht – schon aus mei­ner Zeit als Meis­ter­schü­ler und anschlie­ßend als Fach­leh­rer und als stell­ver­tre­ten­der Schulleiter.

OT: Was waren die Höhe­punk­te Ihrer Zeit an der Bundesfachschule ?

Bier­in­ger: Das waren immer die Begeg­nun­gen mit enga­gier­ten Men­schen. Beson­ders fal­len mir dabei unse­re Pa­tientinnen und Pati­en­ten ein, die sich für unse­re Unter­rich­te, Semi­na­re und für die Belan­ge der Bufa mit gro­ßer Ernst­haf­tig­keit ein­ge­bracht haben und wei­ter­hin einsetzen.

OT: Was waren Ihre größ­ten Herausforderungen?

Bier­in­ger: Die Finan­zie­rung der Bufa sicher­zu­stel­len. Es war nie leicht, aber gera­de in den bei­den Coro­na-Jah­ren wur­de die­se Auf­ga­be über­groß. Gemein­sam im Team lie­ßen sich die­se Her­aus­for­de­run­gen meistern.

OT: Gibt es Begeg­nun­gen, an die Sie beson­ders ger­ne zurückdenken?

Bier­in­ger: Das sind Begeg­nun­gen und per­sön­li­che Rück­mel­dun­gen, die zei­gen, wel­chen Stel­len­wert die Bufa – egal ob im Vor­stand, im Team, bei Semi­nar­teil­neh­me­rin­nen und Semi­nar­teil­neh­mern und bei Meis­ter­schü­le­rin­nen und Meis­ter­schü­lern – ein­nimmt und sol­che, die posi­ti­ve Lebens­ent­schei­dun­gen in Gang set­zen. Das macht demü­tig und glück­lich zugleich.

OT: Sie selbst sind Ortho­pä­die­tech­nik-Meis­ter. Wel­che Ver­än­de­run­gen bei der Aus­bil­dung stel­len Sie heu­te mit Blick auf Ihre eige­ne Aus­bil­dung fest?

Bier­in­ger: Das Wich­tigs­te ist, dass der Kern des Beru­fes über all die Jah­re gleich­ge­blie­ben ist, näm­lich Men­schen mit funk­tio­nel­len Defi­zi­ten dabei zu unter­stüt­zen, ihr Leben zu leben. Anders gesagt: Teil­ha­be zu ermög­li­chen. Der tech­no­lo­gi­sche Fort­schritt war und ist span­nend, die Ent­wick­lung in der Werk­stoff­tech­nik ermög­licht eine ganz neue Funk­tio­na­li­tät. Aktu­ell erfor­dert der Ein­satz von Scan-Tech­no­lo­gien und EDV-gestütz­ter Modell­tech­nik ein brei­tes und ver­tief­tes Ver­ständ­nis hin­sicht­lich der Zustands­er­he­bung, tech­ni­schen Indi­ka­ti­on, bio­me­cha­ni­schen Wir­kungs­wei­se und vor allem hin­sicht­lich des Ver­sor­gungs­ziels. Hier den­ken wir heu­te viel dif­fe­ren­zier­ter als in den 70er-Jahren.

OT: Die Coro­na-Pan­de­mie war eine her­aus­for­dern­de Zeit, aber auch ein Tür­öff­ner in Rich­tung neu­er Unter­richts­for­men. Wie ste­hen Sie zum Online-Unterricht?

Bier­in­ger: Aus der Not gebo­ren muss­ten wir wäh­rend des Coro­na-Lock­downs unse­re Unter­rich­te online anbie­ten. Wir haben bald gemerkt, dass – gera­de im Hand­werk – nicht jeder Stoff online ver­mit­telt wer­den kann. Zudem beruht auch beruf­li­che Bil­dung auf zwischenmensch­licher Inter­ak­ti­on, weil der Lern­pro­zess den gan­zen Men­schen betrifft. Auch die Grup­pen­dy­na­mik darf nicht unter­schätzt wer­den. Daher sind wir froh, dass wir wie­der einen auf die indi­vi­du­el­le Per­son zuge­schnit­te­nen Unter­richt anbie­ten kön­nen. Die Stär­ke der Bufa, der Praxis­unterricht, wird auch in Zukunft nur live zu ver­mit­teln sein. Video-Unter­rich­te wer­den aber Teil des Bufa-Ange­bo­tes bleiben!

OT: Der­zeit wird eine Nach­fol­ge für die Schul­lei­tung gesucht. Was möch­ten Sie Ihrer Nach­fol­ge mit auf den Weg geben?

Bier­in­ger: Die Lehr­in­hal­te müs­sen auch in Zukunft an den Bedürf­nis­sen der Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten ori­en­tiert blei­ben. Im Übri­gen sehe ich mei­ne Auf­ga­be nicht dar­in, Rat­schlä­ge zu geben. Die Bufa zu lei­ten, stellt hohe Anfor­de­run­gen, und ich wün­sche auch mei­ner Nach­fol­ge­rin oder mei­nem Nach­fol­ger alle erdenk­li­che Unter­stüt­zung aus dem Fach und den erfor­der­li­chen Erfolg!

OT: Was wün­schen Sie sich für die Zukunft der Bufa?

Bier­in­ger: Bufa und Bufa e. V. wer­den auch in Zukunft im Fach drin­gend gebraucht. Die Bufa unter­stützt als Ein­rich­tung das Fach und die Fach­kräf­te in Zei­ten des Fach­kräf­te­man­gels und der tech­no­lo­gi­schen Meta­mor­pho­se, in der wir uns befin­den, wesent­lich durch fach­spe­zi­fi­sche Fort- und Wei­ter­bil­dung. Dies ist eine Gemein­schafts­auf­ga­be der Ver­ant­wort­li­chen des Trä­ger­ver­eins, der Schul­lei­tung, des Kol­le­gi­ums, der Sani­täts­häu­ser und Betrie­be der Ortho­pä­die- und Reha-Tech­nik, der Indus­trie, der Ver­bän­de des Fach­han­dels und der Innun­gen des Hand­werks. So wün­sche ich der Bufa gutes Gelin­gen und ein herz­li­ches „Glück auf!“.

OT: Wie geht es für Sie per­sön­lich weiter?

Bier­in­ger: Ich bin froh, dass sich das Kon­zept der Bufa bewährt hat und dass ich jetzt die Ver­ant­wor­tung wei­ter­ge­ben kann. Auch außer­halb der Bubble Ortho­pä­die-Tech­nik gibt es ein Leben. Und ich freue mich darauf.

Die Fra­gen stell­te Pia Engelbrecht.

Tei­len Sie die­sen Inhalt
Anzeige