16 Stunden Videomaterial ist dabei zusammengekommen. Einige Minuten davon füllt auch Frank Purk aus der Hansestadt Hamburg. Der Orthopädietechniker vertritt das Fach bei dieser in der Öffentlichkeit viel beachteten Kampagne. Über dieses besondere Erlebnis sprach die OT mit Purk.
OT: Sie sind Kampagnenbotschafter des Handwerks 2021. Wie kam es dazu?
Frank Purk: Bereits 2019 wurde ich von einer Beraterin der Handwerkskammer Hamburg, die ich aus der Gründungszeit der Frankpurk GmbH von Anfang 2017 kannte, gefragt, ob sie mich intern vorschlagen darf. Es ging damals um die Auswahl für die Kampagnenbotschafter 2020. Dann ist erstmal nichts passiert, bis sich Mitte 2020 eine Agentur aus Berlin mit mir in Verbindung gesetzt hat. Diese Agentur war für das Casting für die Kampagne im Jahr 2021 zuständig und ich stand auf einer Auswahlliste der Handwerkskammern. Ich nahm am Casting teil und wurde schlussendlich auch als Kampagnenbotschafter ausgewählt.
OT: Wie haben Sie den Produktionstag erlebt?
Purk: Es war sehr spannend, hinter die Kulissen eines Filmdrehs zu schauen. Das Verrückteste war, wie viele Leute es braucht, um einen guten Film zu machen. Beleuchter, Kameramänner, Tontechniker, Maskenbildner, Regisseur, Kreativdirektor, Produzenten und eine ganze Menge Helfer. Während der Aufnahmen wurden zeitgleich das Material gesichtet, die Ergebnisse besprochen und gegebenenfalls nachgedreht. Und bevor überhaupt eine Einstellung gedreht werden konnte, wurden teils 20 Minuten lang Lichttests für die perfekte Beleuchtung durchgeführt. Es war wirklich super interessant, aber auch sehr anstrengend.
OT: Was wollten Sie als Orthopädietechniker gerne vermitteln?
Purk: Bei den zweitägigen Aufnahmen ging es mir im Speziellen um die tolle handwerkliche Vielfalt der Orthopädie-Technik. Wir hatten alle denkbaren spannenden Schritte beim Bau einer Prothese beziehungsweise Orthese bereits im Vorfeld vorbereitet. Die Jungs vom Drehteam mussten praktisch nur noch draufhalten. Vom Patientengespräch, zur Gipsmaßnahme, über die Gipstonne bis zum Tiefziehen war alles dabei. Dann noch ein bisschen Faserverbundwerkstoff (FVW) und statischer Grundaufbau, Biomechanik und Anproben. Ach ja, genäht haben wir auch noch, vor und zurück, mit Nebel und Schatten. Das Drehteam war ganz angetan und hat jeden dieser Schritte gut ausgeleuchtet und in Szene gesetzt. Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn man dem Film die Begeisterung und den Spaß, den ich an unserem Job habe, anmerkt.
OT: Welche Hoffnungen verbinden Sie mit Ihrem Engagement als Kampagnenbotschafter?
Purk: Das teils verstaubte Ansehen des Handwerks aufzupolieren und Interesse zu wecken. Ich möchte jungen Menschen Mut machen, das Handwerk und die berufliche Ausbildung als Chance für sich zu erkennen, eine gute und sichere Zukunft aufzubauen in einem Beruf, der zudem eine hohe Zufriedenheitsgarantie hat.
Jede Versorgung ist etwas Einzigartiges
OT: Auf Ihrer Webseite schreiben Sie: „Wir fordern den Status quo heraus“. Was bedeutet das für Sie?
Purk: Den Status quo bei jeder Versorgung herauszufordern meint verschiedene Aspekte. Sei es, dass eine bestehende Versorgung regelmäßig überarbeitet wird oder keine Angst davor besteht, neue Systeme und Verbesserungen anzugehen. Auch wenn es leichter wäre, „stumpf“ bestehende Versorgungen zu kopieren. Ebenso ist jede Versorgung etwas Einzigartiges. Das spiegelt sich in unserer Arbeitsweise und auch in der kosmetischen Erscheinung der Hilfsmittel wider. In unserem Haus wird also jede Versorgung als neues Projekt gesehen und alles regelmäßig neu gedacht. Ich bin kein Freund von Standardprozessen in der Großorthopädie.
OT: Wie haben Sie den Weg zur Orthopädie-Technik gefunden?
Purk: Relativ früh war mir klar, dass ich ins Handwerk gehe. Mir war nur wichtig, dass es kein langweiliges Handwerk ist. Ich wollte Sachen bauen, am besten von A bis Z, und ich wollte meine Kreativität ausleben können. Dann wurde es sehr klassisch! Ein Schulpraktikum als Orthopädieschuhmacher. Im Anschluss an meine Schulzeit, die ich mit der mittleren Reife abschloss, folgte die Ausbildung zum Orthopädiemechaniker. Nach der Lehre war mir klar, dass ich Prothesen bauen will. Damit konnte ich aus der großen Welt der Orthopädie-Technik am meisten etwas anfangen. Also fing ich in einer reinen Prothesenschmiede an, als Geselle zu lernen.
OT: Was fasziniert Sie an der Orthopädie-Technik?
Purk: Das Erste, was mich fasziniert hat, ist die Mischung aus Anatomie beziehungsweise Pathologie und purem Handwerk. Man hatte so viele Geschichten zu erzählen. Wow. Dann waren es die handwerkliche Vielfalt und die permanente Suche nach einer Lösung beim Arbeiten, sozusagen „das Basteln“. Auch nach „langer“ Zeit im Job flucht und feiert man regelmäßig während der Arbeit – sowohl bei Rückschlägen als auch gelösten Problemen.
OT: Welchen Stellenwert hat Design für Sie?
Purk: Ich denke, denselben Stellenwert wie für die meisten anderen. Jeder freut sich, wenn etwas schön ist oder besonders. In Bezug auf unseren Beruf ist das Design ein Baustein. Wir versorgen Menschen mit Hilfsmitteln und wir lernen sie kennen und wir betreuen sie. Bei dieser Arbeit als Orthopädietechniker ist ein „Tool“ wie Design großartig beispielsweise, um den Patienten Mut zu machen, unter die Arme zu greifen, die Angst zu nehmen, teilweise den Behandlungserfolg zu steigern. Unabhängig davon, bringt es sehr viel mehr Spaß, Hilfsmittel schön zu gestalten. Dass wir Spaß an unserer Arbeit haben, ist sowieso das Wichtigste.
Die Fragen stellte Heiko Cordes.
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