ARGE: Kar­tell­amt gibt ers­te Bewer­tung ab

Im vergangenen Jahr wurde bekannt, dass das Bundeskartellamt ein Verfahren gegen die Arbeitsgemeinschaft von Leistungserbringergemeinschaften und Verbänden (ARGE) im Bereichen der Reha und Pflege aufgenommen hat. Ende Januar gingen nun die vorläufigen Ermittlungsergebnisse im Verfahren wegen gemeinsamer Preisaufschläge zulasten der Krankenkassen bei den Mitgliedern der ARGE ein.

Die ARGE besteht aus dem Bun­des­in­nungs­ver­band für Ortho­pä­die-Tech­nik, Egroh, Cura-San, Reha­vi­tal, Reha-Ser­vice-Ring und Sani­täts­haus Aktu­ell. Die­se haben nun die Mög­lich­keit zur Stel­lung­nah­me. Der Vor­wurf lau­tet, dass die ARGE-Mit­glie­der spä­tes­tens seit Sep­tem­ber 2021 gegen­über den Kran­ken­kas­sen ein­heit­li­che Preis­auf­schlä­ge für ihre Leis­tun­gen im Rah­men bestehen­der Ver­sor­gungs­ver­trä­ge gefor­dert und auch durch­ge­setzt hätten.

Anzei­ge

Andre­as Mundt, Prä­si­dent des Bun­des­kar­tell­am­tes, erklärt: „Nach dem der­zei­ti­gen Ermitt­lungs­stand hal­ten wir die Bil­dung einer Anbie­ter­ge­mein­schaft aus nahe­zu allen rele­van­ten Hilfs­mit­tel­ver­bän­den für unver­ein­bar mit dem Kar­tell­ver­bot. Hilfs­mit­tel­an­bie­ter haben recht­lich die Mög­lich­keit, im Rah­men von Ver­bän­den gemein­sam mit den Kran­ken­kas­sen zu ver­han­deln. Dadurch wer­den aber kei­ne Anbie­ter­ge­mein­schaf­ten unbe­grenz­ter Grö­ße und mono­pol­ähn­li­cher Markt­ab­de­ckung wie bei der ARGE legi­ti­miert. Nur im Wett­be­werb bil­den sich markt­ge­rech­te Prei­se, die letzt­lich bei­de Sei­ten gegen Aus­beu­tung schützen.“

Zusam­men­schluss grund­sätz­lich erlaubt

Wie das Bun­des­kar­tell­amt in sei­ner Pres­se­mel­dung bestä­tigt, ist es Hilfs­mit­tel­an­bie­tern wie Sani­täts­häu­sern, Orthopädietechniker:innen und ande­ren erlaubt, sich zu bun­des­wei­ten Ver­bän­den zusam­men­zu­schlie­ßen, um gemein­sam Ver­hand­lun­gen mit Kran­ken­kas­sen über die Ver­sor­gung von Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten mit Hilfs­mit­teln zu füh­ren. „Die kar­tell­recht­li­che Gren­ze ist aus Sicht des Amtes jeden­falls dann aber über­schrit­ten, wenn alle maß­geb­li­chen Ver­bän­de sich zusam­men­schlie­ßen oder in einem Aus­maß koope­rie­ren, das den Wett­be­werb fast voll­stän­dig zum Erlie­gen bringt“, heißt es in der Mitteilung.

Die Betei­lig­ten an der ARGE hat­ten die gemein­sam gefor­der­ten Preis­auf­schlä­ge gegen­über den Kran­ken­kas­sen mit gestie­ge­nen Fracht‑, Lie­fer- und Roh­stoff­kos­ten als Kon­se­quenz aus der Coro­na-Pan­de­mie begrün­det. Die­se Recht­fer­ti­gung greift aus Sicht des Amtes nicht durch, wenn die Auf­schlä­ge pau­schal und ohne sach­li­che Dif­fe­ren­zie­rung für prak­tisch sämt­li­che ange­bo­te­nen Pro­duk­te und Leis­tun­gen gefor­dert wer­den. Die erho­be­nen Preis­zu­schlä­ge sei­en daher nicht mehr auf Basis von rea­len Kos­ten­stei­ge­run­gen leis­tungs­be­zo­gen kal­ku­liert wor­den, son­dern weit­ge­hend von den Gegen­leis­tun­gen der Betei­lig­ten und ihrer Mit­glieds­un­ter­neh­men abgekoppelt.

Die aus­führ­lich begrün­de­te Abmah­nung bil­det im Ver­wal­tungs­ver­fah­ren des Amtes zunächst einen Zwi­schen­schritt, der den Betrof­fe­nen die Mög­lich­keit ein­räumt, zur vor­läu­fi­gen Ein­schät­zung des Amtes im Ein­zel­nen Stel­lung zu neh­men. Am Ende kann es zu einer Unter­sa­gung des kar­tell­rechts­wid­ri­gen Ver­hal­tens durch die Kar­tell­be­hör­de, zu Ver­pflich­tungs­zu­sa­gen der Betrof­fe­nen oder zur Ein­stel­lung des Ver­fah­rens kommen.

„Wir bit­ten um Ver­ständ­nis, dass wir im lau­fen­den Ver­wal­tungs­ver­fah­ren kei­ne Stel­lung­nah­me abge­ben kön­nen. Die Abmah­nung und die sich dar­aus erge­ben­den Schrit­te wer­den der­zeit von uns und unse­ren exter­nen recht­li­chen Bera­tern geprüft. Mit der 3. Beschluss­ab­tei­lung des Bun­des­kar­tell­am­tes wer­den wir wei­ter­hin koope­rie­ren“, erklärt Georg Blo­me, Geschäfts­füh­rer des Bun­des­in­nungs­ver­ban­des für Orthopädie-Technik.

Kein Aus­schluss durch SGB V

Die Anwen­dung der kar­tell­recht­li­chen Vor­schrif­ten des Geset­zes gegen Wett­be­werbs­be­schrän­kun­gen (GWB) auf die Koope­ra­ti­on der Betei­lig­ten ist nach Auf­fas­sung des Bun­des­kar­tell­am­tes nicht durch sozi­al­recht­li­che Son­der­re­ge­lun­gen (hier: SGB V), die das Kar­tell­recht ver­drän­gen könn­ten, aus­ge­schlos­sen. Ins­be­son­de­re grei­fe der Anwen­dungs­aus­schluss des § 69 Abs. 1 S. 1 des Sozi­al­ge­setz­bu­ches (SGB) V im vor­lie­gen­den Fall nicht. Denn die­ser bezie­he sich aus­schließ­lich auf die Rechts­be­zie­hun­gen zwi­schen Kran­ken­kas­sen und Leis­tungs­er­brin­gern und nicht auf Abspra­chen der Leis­tungs­er­brin­ger unter­ein­an­der im Vor­feld die­ser Verhandlungen.

Nichts ande­res erge­be sich auf Grund­la­ge der Rege­lung des § 127 Abs. 1 des Sozi­al­ge­setz­bu­ches (SGB) V, wel­che sich auf Arbeits­ge­mein­schaf­ten oder Ver­bän­de bezieht, in denen Leis­tungs­er­brin­ger im Bereich Hilfs­mit­tel koope­rie­ren. Sie recht­fer­ti­ge nicht die Koope­ra­ti­on aller Ver­bän­de unter­ein­an­der. Auch hier sei­en die Gren­zen des Kar­tell­rechts einzuhalten.

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