Ästhe­tik und Funk­ti­on im Fokus moder­ner Gestal­tungs­va­ri­an­ten in der Beinprothetik

S. Posch, M. Schäfer
Die Optik von Beinprothesen stellt für viele Anwender ein sehr wichtiges Merkmal in der prothetischen Versorgung dar. Letztendlich repräsentiert das Aussehen der Beinprothese in einem gewissen Maße auch die körperliche Integrität sowie die Identifikation des Anwenders mit dem Hilfsmittel. Durch zunehmend komplexer werdende Geometrien im technischen Layout moderner prothetischer Funktionsteile wird auch der Anspruch der adäquaten spiegelähnlichen Replik der kontralateralen Beinseite erschwert. Hinzu kommen die erhöhten funktionalen Anforderungen, die durch die äußere Gestaltung der Prothese nicht beeinträchtigt werden dürfen. Der folgende Beitrag greift die unterschiedlichen Anforderungen an moderne beinprothetische Gestaltungsvarianten auf und spannt dabei einen Bogen von traditionellen Kosmetiküberzügen bis hin zur modernen Formgestaltung mit neuartigen Fertigungsansätzen.

Ein­lei­tung

Die äuße­re Gestal­tung von Bein­pro­the­sen ver­folgt seit jeher die Auf­ga­be, eine mög­lichst unauf­fäl­li­ge und ästhe­tisch hoch­wer­ti­ge Wie­der­her­stel­lung der Kör­per­form und der farb­an­ge­pass­ten Außen­er­schei­nung von Pro­the­sen zu erfül­len (Abb. 1). Zu Recht hegen vie­le ampu­tier­te Mit­men­schen den Wunsch, sich in der Gesell­schaft unauf­fäl­lig und mit höchst­mög­li­cher Teil­ha­be dar­zu­stel­len. Die Akzep­tanz des pro­the­ti­schen Ersat­zes hängt dabei in vie­len Fäl­len auch von der Gestal­tung der Pro­the­se ab. Vor allem jene Anwen­der, die die Pro­the­se auch zum Baden und Schwim­men anzie­hen, also die­se im per­ma­nen­ten Sicht­be­reich der Umwelt tra­gen, äußern ver­mehrt das Bedürf­nis nach einem mög­lichst unauf­fäl­li­gen äuße­ren Erschei­nungs­bild der Pro­the­se 1.

Anzei­ge

Glo­bal kann fest­ge­stellt wer­den, dass das Bedürf­nis nach einer mög­lichst natür­lich aus­se­hen­den ästhe­ti­schen Außen­ge­stal­tung der Pro­the­se dif­fe­rie­ren kann. Wäh­rend in den euro­päi­schen Staa­ten ein hoher Wert auf das mög­lichst form- und farb­ad­ap­tier­te spie­gel­ge­treue Äuße­re der pro­the­ti­schen Ver­klei­dung gelegt wird, ist der Umgang in vie­len Staa­ten ande­rer Kon­ti­nen­te, z. B. in den USA, deut­lich tech­nik­be­ton­ter. Die Pro­the­sen erfah­ren häu­fig auf­fäl­li­ge Designs und Out­fits, die den Cha­rak­ter des pro­the­ti­schen Ersat­zes unter­strei­chen und von der Umwelt auch direkt als sol­che wahr­ge­nom­men wer­den. Bleibt fest­zu­stel­len, dass in jenen Län­dern auch der Umgang der Bevöl­ke­rung mit dem The­ma der kör­per­li­chen Behin­de­rung ein ande­rer ist und die sozia­le Inte­gra­ti­on der Betrof­fe­nen in die Gesell­schaft bes­ser gelingt.

Der Stel­len­wert einer unauf­fäl­li­gen Ver­klei­dung der Pro­the­sen nimmt in Euro­pa von Nord nach Süd deut­lich zu. Hier­zu­lan­de kann ein Trend dahin­ge­hend beob­ach­tet wer­den, dass vor allem jün­ge­re Ampu­tier­te eine hohe Wert­schät­zung gegen­über den funk­ti­ons­be­ton­ten, mehr­tei­li­gen und tech­nisch anmu­ten­den Design­va­ri­an­ten haben. Dies mag nicht zuletzt dar­an lie­gen, dass gera­de bei den hohen Ampu­ta­ti­ons­for­men wie Knieex‑, Ober­schen­kel- und Hüft­ex­am­pu­ta­ti­on die funk­tio­na­le Beein­träch­ti­gung durch eine durch­ge­hen­de Kos­me­tik­va­ri­an­te erheb­li­chen Ein­fluss auf die Funk­ti­on der Pass­tei­le haben kann.

Aus­wahl­kri­te­ri­en für die äuße­re Gestal­tungs­va­ri­an­te von Beinprothesen

Die Aus­wahl der pro­the­ti­schen Gestal­tungs­va­ri­an­te soll­te bereits vor Ver­sor­gungs­start mit dem Anwen­der abge­klärt und fest­ge­hal­ten wer­den. Die Bedürf­nis­se kön­nen dabei sehr unter­schied­lich sein und ori­en­tie­ren sich zumeist am All­tags­le­ben und den dar­aus resul­tie­ren­den Anfor­de­run­gen und Ein­satz­ge­bie­ten, die der Anwen­der mit der Pro­the­se zu bewäl­ti­gen hat.

Die fol­gen­den Fak­to­ren soll­ten bei der Aus­wahl der geeig­ne­ten Metho­de berück­sich­tigt werden:

Aus Sicht des Anwen­ders – Nutzungsprofil:

  • Wunsch nach einer unauf­fäl­li­gen und spie­gel­ge­treu­en ästhe­ti­schen Wie­der­her­stel­lung der ampu­tier­ten Glied­ma­ße durch einen indi­vi­du­ell ange­pass­ten Form- und Farb­auf­bau der pro­the­ti­schen Außenform
  • Mög­lich­keit zur Adap­ti­vi­tät der Außen­form an unter­schied­li­che Absatzhöhen
  • mög­lichst gerin­ges Gewicht des Formausgleiches
  • ein­fa­ches Hand­ling bei Hand­ha­bung und Pflege
  • Berück­sich­ti­gung und Gewähr­leis­tung der Passteilfunktionen
  • Anbrin­gen von Tattoos

Aus Sicht des Tech­ni­kers – Belast­bar­keit und Halt­bar­keit 2:

  • nor­ma­le All­tags­be­las­tun­gen, Art und Intensität
  • mecha­ni­sche Belas­tungs­spit­zen in Beruf und Freizeit
  • spe­zi­fi­sche Anfor­de­run­gen, z. B. Schmutz- und Geruchs­re­sis­tenz, Was­ser­be­stän­dig­keit etc.
  • Klei­der­ord­nung (Hosen, Röcke, offe­nes Schuh­werk etc.)
  • Pass­teil­kon­fi­gu­ra­ti­on und Bewe­gungs­um­fän­ge der pro­the­ti­schen Funktionsteile

Letzt­end­lich müs­sen in die Bera­tung und Aus­wahl auch die Auf­wän­de und Kos­ten zur Her­stel­lung einer moder­nen Pro­the­sen-Gestal­tungs­va­ri­an­te ein­flie­ßen, sodass der Anwen­der bereits vor der Anfer­ti­gung infor­miert ist und etwa­ige Kos­ten­über­nah­me­an­trä­ge mit den zustän­di­gen Ver­si­che­rungs­trä­gern geklärt wer­den können.

Äuße­re Gestal­tungs­va­ri­an­ten in der Beinprothetik

Die Anfor­de­run­gen an die äuße­re Gestal­tung von Bein­pro­the­sen fin­den unter Berück­sich­ti­gung von drei wesent­li­chen Gestal­tungs­merk­ma­len statt:

Äuße­re Formgebung:

  • Imi­ta­ti­on der ana­to­mi­schen Beinform oder einer Sonderform
  • ein­satz­ori­en­tier­te Mate­ri­al­aus­wahl des Formausgleiches
  • Schutz­funk­ti­on für die Funk­ti­ons- und Struk­tur­tei­le der Prothese

Äuße­res Design und Farbgestaltung:

  • bei kos­me­ti­schen Ver­sio­nen: farb­ad­ap­tier­te Imi­ta­ti­on der Hautfarbe
  • bei Pro­tek­to­ren und Fai­rings: Wahl eines Wunschdesigns
  • Schmutz­re­sis­tenz gegen äuße­re Einflüsse
  • aus­rei­chen­de mecha­ni­sche Belastbarkeit
  • Was­ser­re­sis­tenz bei was­ser­fes­ten Prothesenvarianten

Berück­sich­ti­gung der dyna­mi­schen Pass­teil­funk­tio­na­li­tä­ten und Ver­mei­dung von bewe­gungs­li­mi­tie­ren­den Einflüssen:

  • Berück­sich­ti­gung der Pro­the­sen­fuß­be­we­gun­gen und ‑akti­vi­tä­ten
  • Berück­sich­ti­gung der Pro­the­senknie­be­we­gun­gen und ‑akti­vi­tä­ten
  • Berück­sich­ti­gung der Pro­the­sen­hüft­ge­lenk­be­we­gun­gen und ‑akti­vi­tä­ten

Resul­tie­rend aus die­sen Anfor­de­run­gen kön­nen fol­gen­de Gestal­tungs­va­ri­an­ten unter­schie­den werden:

Bein­kos­me­tik­va­ri­an­ten aus PUR-/PE-Schaum

Seit Ein­füh­rung der Modu­lar­bau­wei­se in der Pro­the­tik haben sich auch kos­me­ti­sche Form­aus­glei­che aus geschäum­ten Poly­ure­tha­nen und Poly­ethe­nen bewährt. In der Unter­schen­kel­pro­the­tik kom­men bevor­zugt die fes­te­ren PE-Schäu­me zum Ein­satz, wäh­rend knie­ge­len­küber­grei­fen­de Kos­metikvarianten auch heu­te noch aus den wesent­lich wei­che­ren PUR-Schaum­sys­te­men her­ge­stellt wer­den. Obgleich bei der Anfer­ti­gung einer Ober­schen­kel­k­os­me­tik zusätz­li­che Schaum-Kom­pri­mie­rungs­men­gen hin­zu­ge­rech­net wer­den, bekla­gen vie­le Ober­schen­kel­pro­the­sen­trä­ger die nega­ti­ven Ein­flüs­se der gelen­küber­grei­fen­den Kos­me­tik­va­ri­an­ten auf die Bewe­gung des Pro­the­senknie­ge­len­kes. Vor allem bei elek­tro­nisch gere­gel­ten Gelenk­va­ri­an­ten machen sich die limi­tie­ren­den Eigen­schaf­ten nega­tiv bemerk­bar. Eine Ver­bes­se­rung bie­ten bei den knie­über­grei­fen­den Kos­me­tik­va­ri­an­ten die deut­lich sta­bi­le­ren PE‑Schaumaufbauten im Bereich des Unter­schen­kels, da die­se ein zusätz­li­ches Stau­chen des Schau­mes im gelenk­na­hen Knie­be­reich ermög­li­chen, wodurch eine gerin­ge­re Beein­träch­ti­gung der Knie­be­we­gung sicher­ge­stellt wer­den kann.

Zur Imi­ta­ti­on der Haut­far­be kön­nen bekann­te Tech­ni­ken der Außen­be­schich­tung, z. B. die Bot­ta-Tech­nik (bei fes­ten Unter­schen­kel­k­os­me­ti­ken) bzw. die Supers­kin-Beschich­tungs­tech­nik, zum Ein­satz kom­men (Abb. 2).

Geteil­te Kosmetiksysteme

Anwen­dern, die auf eine zusätz­li­che Beein­träch­ti­gung der Bewe­gungs­funk­tio­nen der Funk­ti­ons­tei­le kom­plett ver­zich­ten wol­len, bie­tet sich die Ver­sor­gungs­mög­lich­keit mit geteil­ten Kos­me­tik­va­ri­an­ten 3. Leich­te Abstri­che beim ästhe­ti­schen Äuße­ren in Kauf neh­mend, kön­nen die zwei­ge­teil­ten Kos­me­tik­sys­te­me den vol­len Bewe­gungs­um­fang der Pass­teil­funk­tio­nen gewährleisten.

Es hat sich bewährt, die­se zwei­tei­li­gen Kos­me­tik­lö­sun­gen im Finish eben­falls mit einer lackier­ten Bot­ta- oder Supers­kin-Tech­nik zu ver­se­hen (Abb. 3). Dadurch blei­ben die­se Kos­me­tik­sys­te­me im Ver­gleich zu den PUR‑Schaumkosmetiken deut­lich ver­schleiß­frei­er und besit­zen eine ver­gleichs­wei­se höhe­re Halt­bar­keit. In der äuße­ren Form­ge­stal­tung von Hüft­ex­pro­the­sen sind die­se geteil­ten Sys­te­me nicht mehr weg­zu­den­ken. Es sei an die­ser Stel­le jedoch auch ange­merkt, dass die­se Form der Kos­me­tik­ver­klei­dung einem ver­gleichs­wei­se deut­lich höhe­ren Arbeits­auf­wand gegen­über der PUR‑Schaumkosmetik unter­liegt. Der Form­auf­bau erfolgt schicht­wei­se, und die über­lap­pen­den Form­aus­füh­run­gen im Bereich des Knie­ge­len­kes müs­sen pass­ge­nau auf­ein­an­der abge­stimmt wer­den, sodass wäh­rend der Bewe­gung – auch unter der Klei­dung – kei­ne beein­träch­ti­gen­den Frik­tio­nen und läs­ti­ge Geräu­sche auftreten.

Bein­kos­me­tik­va­ri­an­ten aus Silikon

Bein­kos­me­tik­va­ri­an­ten aus Sili­kon sind genau genom­men indi­vi­du­ell gefer­tig­te Sili­kon­häu­te, die im Bereich des Fußes ent­we­der mit dem Fuß­pass­teil fest ver­bun­den wer­den oder eine kon­struk­ti­ve Fuß­scha­le zur Adap­ti­on von moder­nen Pro­the­sen­fü­ßen ent­hal­ten. Sie benö­ti­gen eben­falls einen form­ge­ben­den Unter­bau an der Pro­the­se, wel­cher wahl­wei­se aus PUR-/PE-Schäu­men oder aus har­ten Außen­for­men z. B. aus Kunst­stoff oder Gieß­harz ange­bracht wer­den kann. Auf­grund der mate­ri­al­tech­ni­schen hoch­wer­ti­gen Eigen­schaf­ten des hoch­tem­pe­ra­tur­ver­netz­ten Sili­kons 4 5 kön­nen unter Zuga­be von Farb­pig­men­ten und Faser­ma­te­ria­li­en haut­ähn­li­che Far­ben und Struk­tu­ren hoher Güte rea­li­siert wer­den (Abb. 4).

Die HTV-Sili­kon­kos­me­ti­ken erlau­ben gestal­tungs­tech­ni­sche Beson­der­hei­ten, die von ande­ren Kos­me­tik­sys­te­men nicht in die­sem natur­an­ge­pass­ten Äuße­ren erfüllt wer­den kön­nen. Hier­zu zäh­len die fol­gen­den Aspekte:

  • Eine sepa­ra­te Zehen­ge­stal­tung mit Hin­ter­schnei­dung wird mit indi­vi­du­el­len Zehen­na­gel-Imi­ta­ten in Sili­kon- oder Acryl­tech­nik ver­bun­den, die der Gegen­sei­te in Far­be und Form per­fekt nach­emp­fun­den wer­den. Hier­durch wird die Aus­wahl­mög­lich­keit von offe­nem Schuh­werk erhöht und gleich­zei­tig die Lackier­bar­keit der Nägel realisiert.
  • Täto­wier­wün­sche kön­nen auf der Sili­kon­haut rea­li­siert werden.
  • Es kön­nen beson­de­re Haut­pig­men­tie­run­gen und Struk­tur­auf­bau­ten, sogar Adern aus­ge­ar­bei­tet werden.
  • Das elas­ti­sche Ver­hal­ten des Sili­kons mit hoher Mate­ri­al­me­cha­nik schützt vor zu schnel­lem Ver­schleiß und Fal­ten­bil­dung. Die Halt­bar­keit der Sili­kon-Kos­me­tik­über­zü­ge ist im Ver­gleich zu alter­na­ti­ven kos­me­ti­schen Vari­an­ten wie z. B. Bot­ta-Kos­me­tik oder Supers­kin deut­lich bes­ser; sie kön­nen pro­blem­los gerei­nigt werden.
  • Schließ­lich kön­nen auch Haa­re inte­griert wer­den (Abb. 5). Es besteht die Mög­lich­keit des Ein­knüp­fens (wie bei Perü­cken), wobei die­se Metho­de auf­grund der hohen Kos­ten nur sel­ten zum Ein­satz kommt. Der natür­li­chen Optik ent­spricht das Ein­bin­den der Haa­re in die Sili­ko­n­ober­flä­che. Hier­bei wird das Haar zu zwei Drit­teln der Län­ge in der Sili­ko­n­ober­flä­che ver­an­kert. Die­se Vari­an­te ist aller­dings nicht ver­schleiß­frei zu rea­li­sie­ren: Durch all­täg­lich auf­tre­ten­de Kräf­te auf der Ober­flä­che (z. B. Scheu­ern der Klei­dung) arbei­ten sich die Haa­re über einen län­ge­ren Nut­zungs­zeit­raum aus dem Ver­bund her­aus. Bei hoch­ak­ti­ven Pati­en­ten emp­fiehlt sich daher das Ver­sie­geln der Haa­re durch eine ultra­dün­ne trans­pa­ren­te Sili­kon­deck­schicht. Hier­bei wird das Haar dau­er­haft geschützt und ver­bleibt im Silikonverbund.

Bei was­ser­fes­ten Pro­the­sen­sys­te­men kön­nen ein- und zwei­tei­li­ge Sili­kon­kos­me­ti­ken zum Ein­satz kom­men (Abb. 6). Es ist mög­lich, ver­deck­te “Was­ser­schleu­sen“ mit in die Haut ein­zu­ar­bei­ten, um das Flu­ten des Was­sers beim Ein- und Aus­tre­ten aus dem Was­ser zu gewährleisten.

Bei ein­tei­li­gen Sili­kon­kos­me­ti­ken soll­te jedoch beach­tet wer­den, dass durch die begrenz­te Elas­ti­zi­tät des Sili­kons der Bewe­gungs­um­fang im Knie­ge­lenk auf ca. 50 bis 60° limi­tiert wird. Aus die­sem Grund soll­ten die­se Kos­me­ti­ken bereits mit einer leich­ten Vor­fle­xi­on ein­ge­ar­bei­tet wer­den. Das was­ser­me­cha­nisch beding­te Aus­beu­len der Kos­me­tik kann ver­hin­dert wer­den, indem wich­ti­ge Kon­takt­stel­len am Fuß sowie im Bereich des Pro­the­sen­schaf­tes flä­chig mit Sili­kon ver­klebt werden.

Pro­tek­to­ren und Covers für Beinprothesensysteme

Anwen­der, die bewusst auf jeg­li­che Bewe­gungs­ein­schrän­kun­gen durch Kos­me­tik­sys­te­me ver­zich­ten und ein modisch-auf­fäl­li­ges Design­ob­jekt prä­fe­rie­ren, ent­schei­den sich meis­tens für das Tra­gen von Pro­tek­to­ren bzw. Covers. Wäh­rend Pro­tek­to­ren (Abb. 7) in der Regel indus­tri­ell vor­ge­fer­tig­te form­ver­klei­den­de Sys­te­me für spe­zi­fi­sche Pro­the­sen­kom­po­nen­ten – zumeist moder­ne Knie­sys­te­me — dar­stel­len und in ein­heit­li­chen Grö­ßen ver­füg­bar sind, die nur noch in der Län­ge an die Pro­the­se ange­passt wer­den müs­sen, sind Covers indi­vi­du­el­le zwei­tei­li­ge Form­ver­klei­dun­gen sowohl für Unter­schen­kel- als auch für Ober­schen­kel­pro­the­sen (Abb. 8). Sie wer­den im gene­ra­ti­ven Laser­sin­ter­ver­fah­ren her­ge­stellt. Zur Gestal­tung der Covers kön­nen ver­schie­de­ne Design­va­ri­an­ten aus­ge­wählt und indi­vi­du­ell an die Form des kon­tra­la­te­ra­len Bei­nes ange­passt wer­den. Das modi­sche Außen­de­sign der Covers ist bewusst gewählt und soll ein neu­es Selbst­ver­ständ­nis des Ampu­tier­ten unter­strei­chen. Da weder das Fuß- noch das Knie­ge­lenk in die Kon­struk­ti­on des Covers inte­griert wur­den, fin­den hier kei­ner­lei bewe­gungs­li­mi­tie­ren­de Wir­kungs­wei­sen statt. Noch wird das Ange­bot haupt­säch­lich von jün­ge­ren Anwen­dern ange­nom­men, es ist jedoch davon aus­zu­ge­hen, dass sich die­se Tech­no­lo­gie für die­je­ni­gen Anwen­der, die kei­ne unauf­fäl­li­ge äuße­re Form­ge­stal­tung wün­schen, mit­tel­fris­tig eta­blie­ren wird.

Kos­me­tik-Funk­ti­ons­ele­men­te in gene­ra­ti­ven Verfahrenstechniken

Moder­ne Pro­the­sen­pass­tei­le stel­len tra­di­tio­nel­le Form­ge­stal­tungs­va­ri­an­ten für Bein­pro­the­sen zuneh­mend in Fra­ge. Bereits bei Unter­schen­kel­pro­the­sen kann der enorm hohe Bewe­gungs­um­fang diver­ser Car­bon­fe­der-Fuß­sys­te­me, vor allem bei Anwen­dern der Mobi­li­täts­klas­se 3 und 4, kaum rea­li­siert wer­den. Ein akti­ver Fer­sen­auf­tritt und das damit ver­bun­de­ne tie­fe Ein­sin­ken des Fußes bedeu­tet ein Stau­chen im Ver­lauf der Fer­se nach pro­xi­mal. In der Schritt­vor­la­ge und bei Zehen­ab­lö­sung wird exakt der­sel­be Bereich hin­ge­gen einer enor­men Zug­wir­kung aus­ge­setzt. Die Fol­ge sind ent­ste­hen­de Ris­se zwi­schen den Pro­the­sen­fü­ßen und den Schaum­an­sät­zen der Kos­me­tik (Abb. 9). Beglei­ten­de volu­mi­nö­se Gestal­tun­gen der Bau­tei­le wie z. B. die Inte­gra­ti­on von Unter­druck­sys­te­men auf Höhe des B‑Maßes sowie funk­tio­nel­le Schaft­zu­sät­ze wie z. B. Aus­stoß­ven­ti­le kön­nen einen zusätz­li­chen limi­tie­ren­den Ein­fluss auf die adap­tier­te Gestal­tung des Form­aus­glei­ches aus­üben. Hier­aus resul­tiert die Anfor­de­rung, Form­aus­glei­che mit mini­ma­len Schicht­di­cken und trotz alle­dem aus­rei­chen­den mecha­ni­schen Eigen­schaf­ten zu entwickeln.

In einem ers­ten Schritt konn­te im Hau­se der Autoren eine spe­zi­fi­sche Funk­ti­ons-Knö­chel­k­os­me­tik ent­wi­ckelt wer­den. Hier­bei han­delt es sich um ein indi­vi­du­el­les Knö­chel­an­satz­stück, das zwi­schen dem Fuß­pass­teil und der form­ge­ben­den Unter­schen­kel­k­os­me­tik inte­griert wird (Abb. 10). Es wird nach den Maßen der kon­tra­la­te­ra­len Bein­sei­te per CAD-Soft­ware grö­ßen­di­men­sio­niert und anschlie­ßend im gene­ra­ti­ven Selek­ti­ven Laser­sin­ter­ver­fah­ren (SLS) aus Poly­amid her­ge­stellt. Unter Ver­wen­dung einer modi­fi­zier­ten Waben­struk­tur wird in die­sem Funk­ti­ons­ele­ment der vol­le Umfang der Fuß­be­we­gung berück­sich­tigt, es bleibt zusätz­lich formstabil.

Die gewähl­te Geo­me­trie der Waben­struk­tur ermög­licht eine gute Beweg­lich­keit in a‑p-Rich­tung bei gleich­zei­ti­ger medio­la­te­ra­ler Sta­bi­li­sie­rung des Form­aus­glei­ches. Durch die gewähl­te Fer­ti­gungs­me­tho­de kann ein gerin­ges Gewicht des Bau­tei­les erzielt wer­den. In der Dyna­mik ist sicht­bar, dass die Kos­me­tik trotz der vol­len Bewe­gungs­frei­heit in DE/PF die äuße­re Form bei­be­hält. Das Bau­teil wird in der Funk­ti­on nicht beeinträchtigt.

In einer fort­füh­ren­den Wei­ter­ent­wick­lung wur­de eben­so ein kom­plet­ter Unter­schen­kel- und Ober­schen­kel­form­aus­gleich im Selek­ti­ven Laser­sin­ter­ver­fah­ren designt. Ziel­set­zung die­ser Ent­wick­lung war die Anfor­de­rung, was­ser­fes­te Modu­lar­pro­the­sen mit einem leicht­ge­wich­ti­gen was­ser­durch­läs­si­gen Form­auf­bau zu ver­se­hen, sodass in Kom­bi­na­ti­on mit einer elas­ti­schen Sili­kon­kos­me­tik eine ästhe­tisch schö­ne und zugleich funk­tio­na­le, was­ser­taug­li­che Form­ge­stal­tung rea­li­siert wer­den kann (Abb. 11).

Zur Erstel­lung der Form erfolgt eine Kör­per­er­fas­sung des pro­the­ti­schen Ist­zu­stan­des sowie der kon­tra­la­te­ra­len Bein­sei­te via video­ba­sier­tem drei­di­men­sio­na­lem Scan. Hier­zu stellt sich der Anwen­der auf eine Dreh­ein­heit, auf der der Kör­per von allen Sei­ten gescannt wird. Das dadurch gene­rier­te vir­tu­el­le Modell ermög­licht die anschlie­ßen­de Bear­bei­tung in einer spe­zi­fi­schen Modelliersoftware.

In die­sem Arbeits­schritt wer­den sowohl die Gestal­tung der Knö­chel­k­os­me­tik als auch der indi­vi­du­el­le Auf­bau der Beinform rea­li­siert (Abb. 12). Durch den Scan der Pro­the­sen­sei­te kann die Ver­an­ke­rung der Kos­me­tik am Schaft und an den Bau­tei­len so posi­tio­niert wer­den, dass eine opti­ma­le War­tungs­freund­lich­keit erreicht wird. In Abhän­gig­keit zur benö­tig­ten Funk­ti­on besteht die Mög­lich­keit einer form­ge­ben­den Ren­de­rung in der­zeit sechs Strukturvarianten.

Fazit

Die Viel­falt moder­ner pro­the­ti­scher Gestal­tungs­va­ri­an­ten in der Bein­pro­the­tik hat ihre Berech­ti­gung – zu unter­schied­lich sind die Bedürf­nis­se und Anwen­dungs­sze­na­ri­en der ein­zel­nen Anwen­der, als dass hier all­um­fas­sen­de Prä­fe­ren­zen getrof­fen wer­den können.

Der Trend, tra­di­tio­nel­le Kos­me­tik­va­ri­an­ten durch zwei­tei­li­ge Kos­me­tik­sys­te­me, knie­ge­lenk­freie Pro­tek­to­ren und Cover zu erset­zen, wird sich in Zukunft fort­set­zen. Fer­ner zeigt sich, dass die Anwen­dung gene­ra­ti­ver moder­ner Fer­ti­gungs­ver­fah­ren in Kom­bi­na­ti­on mit bewähr­ten Ver­sor­gungs­tech­ni­ken wie z. B. der indi­vi­du­el­len Sili­kon­tech­nik höchst funk­tio­na­le und ästhe­tisch anspre­chen­de Lösun­gen zum Ziel hat.

Der­je­ni­ge Ortho­pä­die-Tech­nik-Mecha­ni­ker, der die­se Viel­falt erhält und indi­vi­du­ell an die ver­sor­gungs­be­zo­ge­nen Gege­ben­hei­ten der jewei­li­gen Anwen­der anpasst, wird auch in Zukunft eine hohe Akzep­tanz und Zustim­mung erfahren.

Für die Autoren:
Simon Posch, OMM
Poh­lig GmbH
Gra­ben­stät­ter Str. 1
83278 Traun­stein
info@pohlig.net

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

 

Zita­ti­on
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