Ableh­nung bei Son­der­an­fer­ti­gung – immer gerechtfertigt?

Im folgenden Gastbeitrag befassen sich die Rechtsanwälte Dr. Dominik Strobl und Prof. Dr. Boris Handorn mit der Frage, wann Ablehnungen bei Sonderanfertigungen aufgrund einer fehlenden „Garantie“ gerechtfertigt sind – oder eben nicht.

Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung mit „nicht-sor­ten­­rei­nen“ Son­der­an­fer­ti­gun­gen – Feh­len­de „Garan­tie“ als Ableh­nungs­grund für die Hilfsmittelerstattung?

In der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit sehen sich Sani­täts­häu­ser bzw. Ortho­pä­die­tech­ni­ker als Her­stel­ler von Son­der­an­fer­ti­gun­gen, nament­lich von Pro­the­sen, bei der Geneh­mi­gung und Ver­gü­tung der Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung zuwei­len einer neu­en Argu­men­ta­ti­ons­li­nie der gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen aus­ge­setzt. Die­se ver­wei­gern ver­ein­zelt die Geneh­mi­gung der Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung in Fäl­len, in denen das Sani­täts­haus die Pro­the­se aus Funk­ti­ons- und Pass­tei­len ver­schie­de­ner Lie­fe­ran­ten fer­tigt. Eine sol­che (nicht-sor­ten­rei­ne) Kom­bi­na­ti­on, so die Argu­men­ta­ti­on man­cher Kos­ten­trä­ger, sei nicht geneh­mi­gungs­fä­hig, weil die Lie­fe­ran­ten kei­ne „Garan­tie“ dafür geben, dass ihre Funk­ti­ons- und Pass­tei­le mit den Tei­len ande­rer Lie­fe­ran­ten kom­pa­ti­bel sind.

Lie­fe­ran­ten von Pro­the­sen­pass­tei­len geben in der Tat kei­ne über das gesetz­li­che Haf­tungs- und Gewähr­leis­tungs­maß hin­aus­ge­hen­de Garan­tie für die Kom­bi­na­ti­on mit Funk­ti­ons- und Pass­tei­len ande­rer Lie­fe­ran­ten, ins­be­son­de­re weil ein­schlä­gi­ge Indus­trie­stan­dards (Bei­spiel: Struk­tur­fes­tig­keits-Ana­ly­sen nach DIN/EN 10328) nicht für jede mög­li­che Kom­bi­na­ti­on mit Funk­ti­ons- und Pass­tei­len ande­rer Lie­fe­ran­ten getes­tet und nach­ge­wie­sen wer­den können.

Den­noch ver­fängt die Argu­men­ta­ti­on der Kran­ken­kas­sen nicht, die ver­su­chen, die Geneh­mi­gung mit dem Argu­ment der feh­len­den Sor­ten­rein­heit bzw. der daher feh­len­den „zusätz­li­chen“ Garan­tie zu ver­wei­gern. Die­ser Bei­trag skiz­ziert die recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen für die Hilfs­mit­tel­ge­neh­mi­gung und erläu­tert die wesent­li­chen Grün­de, die für die Geneh­mi­gungs­fä­hig­keit „nicht-sor­ten­rei­ner“ Pro­the­sen sprechen.

A. Recht­li­che Rahmenbestimmungen

Sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­lich geht es zunächst um den Prü­fungs­um­fang der Kran­ken­kas­se im Ver­hält­nis zum Ver­sor­gungs­an­spruch des Ver­si­cher­ten. Zudem sind die Ver­trags­ver­hält­nis­se zu betrachten.

I. Die Geneh­mi­gung der Ver­sor­gung mit Prothesen

Pro­the­sen sind in der Sys­te­ma­tik des SGB V als Hilfs­mit­tel (§ 33 SGB V) ein­zu­stu­fen. Hilfs­mit­tel sind Gegen­stän­de, die im Ein­zel­fall erfor­der­lich sind, um den Erfolg der Kran­ken­be­hand­lung zu sichern, einer dro­hen­den Behin­de­rung vor­zu­beu­gen oder eine Behin­de­rung aus­zu­glei­chen. Im Fall von Pro­the­sen erfolgt dies durch deren erset­zen­de Funk­ti­on. Gesetz­lich Ver­si­cher­te haben einen Anspruch auf Ver­sor­gung mit erfor­der­li­chen Hilfs­mit­teln. Auf zusätz­li­che Leis­tun­gen, die über das Maß des Not­wen­di­gen hin­aus­ge­hen, haben Ver­si­cher­te kei­nen Anspruch. Die Mehr­kos­ten sind vom Ver­si­cher­ten selbst zu tragen.

Die Kran­ken­kas­sen erfül­len die­sen Ver­sor­gungs­an­spruch, indem sie Ver­trä­ge gemäß § 127 SGB V mit Hilfs­mit­tel­leis­tungs­er­brin­gern schlie­ßen. Der jewei­li­ge Leis­tungs­er­brin­ger ver­sorgt sodann den Ver­si­cher­ten (Sach­leis­tungs­prin­zip) und rech­net die Kos­ten gegen­über der Kran­ken­kas­se ab. Soweit ein Rah­men­ver­trag nach § 127 Abs. 1 SGB V geschlos­sen wur­de, rich­ten sich das Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren sowie die Ver­gü­tung nach die­sem Rah­men­ver­trag. Falls ein sol­cher Rah­men­ver­trag nicht vor­liegt, ist nach Maß­ga­be des § 127 Abs. 3 SGB V ein Ein­zel­ver­trag zwi­schen Leis­tungs­er­brin­ger und Kos­tenträger zu schlie­ßen, in dem ins­be­son­de­re die Höhe der Ver­gü­tung ver­ein­bart wird. Grund­sätz­lich bedarf die Ver­sor­gung mit Hilfs­mit­teln einer Geneh­mi­gung durch die Kran­ken­kas­se. In der Pra­xis rei­chen Ver­si­cher­te hier­für (mit Unter­stüt­zung durch den Leis­tungs­er­brin­ger) einen Kos­ten­vor­anschlag ein, der von der Kran­ken­kas­se ver­be­schie­den wird.

II. Zivil­recht: Gewähr­leis­tung, Man­gel, Garantie

Da die Kos­ten­trä­ger bis­wei­len mit dem Feh­len einer „Garan­tie“ argu­men­tie­ren, sind auch die ver­trag­li­chen Bezie­hun­gen sowie die damit ver­bun­de­nen Rech­te und Pflich­ten für den Fall eines Man­gels in den Blick zu neh­men. Die ent­schei­den­de ver­trag­li­che Bezie­hung spielt sich im Ver­hält­nis von Leis­tungs­er­brin­ger (hier: Sani­täts­haus) und Kran­ken­kas­se ab. Soweit die Kran­ken­kas­se den Antrag des Ver­si­cher­ten geneh­migt, kommt ein Ver­trag zwi­schen ihr und dem Leis­tungs­er­brin­ger zustan­de. In die­sem Ver­trags­ver­hält­nis hat die Kran­ken­kas­se im Fall eines Man­gels die Rech­te aus der gesetz­li­chen Män­gel­haf­tung (oder auch Gewähr­leis­tung genannt), wel­che ggf. durch spe­zi­fi­sche Rege­lun­gen des jewei­li­gen Rah­men­ver­trags nach § 127 Abs. 3 SGB V modi­fi­ziert bzw. ergänzt wer­den. Regel­mä­ßig ent­hal­ten ein­schlä­gi­ge Rah­men­ver­trä­ge Klau­seln, die dem Leis­tungs­er­brin­ger (Sani­täts­haus) die Gewähr für Beschaf­fen­heit und Funk­ti­ons­fä­hig­keit des Hilfs­mit­tels auf­er­le­gen. Strikt davon zu tren­nen ist das ver­trag­li­che Ver­hält­nis zwi­schen dem Leis­tungs­er­brin­ger und den Lie­fe­ran­ten der Pass- und Funk­ti­ons­tei­le. Auch in die­sem Ver­hält­nis ste­hen dem Käu­fer (Leis­tungs­er­brin­ger) die regu­lä­ren gesetz­li­chen Män­gel- und Gewähr­leis­tungs­rech­te zu, die wie­der­um ver­trag­lich (etwa durch Gewäh­rung einer Garan­tie) modi­fi­ziert bzw. erwei­tert sein können.

Von gesetz­li­chen Män­gel- und Gewähr­leis­tungs­rech­ten, die einen „Man­gel“ vor­aus­set­zen, ist begriff­lich eine „Garan­tie“ abzu­gren­zen. Die­se zeich­net sich grund­sätz­lich dadurch aus, dass sie gera­de kein gesetz­lich vor­ge­schrie­be­nes Recht des Käu­fers dar­stellt, son­dern vom Leis­tungs­er­brin­ger frei­wil­lig (inso­weit „über­ge­setz­lich“) gewährt wird. Der Leis­tungs­er­brin­ger über­nimmt also frei­wil­lig die Garan­tie für eine bestimm­te Beschaf­fen­heit und/oder Haltbarkeit.

B. Ver­wei­ge­rung der Geneh­mi­gung bei „nicht-sor­ten­rei­nen“ Pro­the­sen zulässig?

Legt man die­se recht­li­che Aus­gangs­si­tua­ti­on zugrun­de, liegt nahe, dass Kos­ten­trä­ger die Ver­sor­gung mit einer Pro­the­se jeden­falls nicht mit dem Argu­ment ableh­nen dür­fen, dass von den Lie­fe­ran­ten der Pass- und Funk­ti­ons­tei­le kei­ne frei­wil­li­ge über­ge­setz­li­che Garan­tie für die Beschaf­fen­heit bzw. ins­be­son­de­re die Kom­pa­ti­bi­li­tät mit Tei­len ande­rer Lie­fe­ran­ten gewährt wird.

Ers­tens besagt schon § 33 SGB V, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen Ver­si­cher­te einen Anspruch auf Ver­sor­gung mit einer Pro­the­se haben. Damit ist auch der Prü­fungs­auf­trag und Prü­fungs­um­fang der Kran­ken­kas­se bei der Ver­be­schei­dung des Antrags auf Geneh­mi­gung defi­niert. In der Sache muss die Pro­the­se erfor­der­lich sein, was ggf. das Vor­han­den­sein einer sozi­al­me­di­zi­ni­schen Indi­ka­ti­on mit ein­schließt. Ergän­zend bestimmt § 33 Abs. 1 Satz 9 SGB V im Hin­blick auf die Kos­ten die Gren­ze der „Not­wen­dig­keit“: Kos­ten, die über das Maß des Not­wen­di­gen hin­aus­ge­hen, wer­den nicht von der Kran­ken­kas­se getra­gen, son­dern vom Ver­si­cher­ten. Eine wei­te­re mate­ri­el­le Gren­ze lässt sich der Rege­lung aller­dings nicht ent­neh­men. Soweit eine Kran­ken­kas­se das Feh­len einer frei­wil­li­gen Her­stel­ler­ga­ran­tie bemän­gelt, steht dies evi­dent weder mit der Erfor­der­lich­keit noch mit der Not­wen­dig­keit der Pro­the­sen­ver­sor­gung in Ver­bin­dung. Mit ande­ren Wor­ten: Die Fra­ge, ob und inwie­weit der Lie­fe­rant der Pass- und Funk­ti­ons­tei­le eine Garan­tie gewährt, darf von der Kran­ken­kas­se bei der Ent­schei­dung über die Geneh­mi­gung nicht berück­sich­tigt wer­den. Auch das Bun­des­so­zi­al­ge­richt gesteht den Kran­ken­kas­sen ein „eige­nes Ent­schei­dungs­recht“ nur im Hin­blick auf die Fra­ge zu, ob das Hilfs­mit­tel „im Ein­zel­fall erfor­der­lich ist“ (Urteil vom 10.03.2011, Az.: B 3 KR 9/10 R, Rn. 10). Etwas ande­res ergibt sich, soweit ersicht­lich, auch nicht aus bestehen­den Rah­men­ver­trä­gen. Die­se tref­fen detail­lier­te Rege­lun­gen zum Ablauf des Antrags- und Geneh­mi­gungs­ver­fah­rens, machen aber regel­mä­ßig kei­ne wei­te­ren grund­le­gen­den inhalt­li­chen Vor­ga­ben zu Prü­fungs­um­fang und ‑maß­stab der Kran­ken­kas­se. Ohne­hin regeln die Rah­men­ver­trä­ge das Ver­hält­nis von Leis­tungs­er­brin­ger und Kos­ten­trä­ger, sodass eine etwa­ige Garan­tie des Lie­fe­ran­ten von Funk­ti­ons- und Pass­tei­len kei­ne vor­der­grün­di­ge Rol­le spie­len kann.

Zwei­tens ist auch das Wirt­schaft­lich­keits­ge­bot (§ 12 SGB V) nicht ver­letzt, wel­ches die Kran­ken­kas­se zu wirt­schaft­li­chem Han­deln ver­pflich­tet. In vor­lie­gen­dem Sze­na­rio ste­hen weder der Umfang der Geneh­mi­gung noch die Höhe der Ver­gü­tung in Rede. Das blo­ße Feh­len einer glo­ba­len Lie­fe­ran­ten­ga­ran­tie für sämt­li­che Kom­bi­na­ti­ons­mög­lich­kei­ten macht die Ver­sor­gung kei­nes­wegs unwirt­schaft­lich. Die Kran­ken­kas­sen sind wirt­schaft­lich zudem nicht über­vor­teilt, weil ihnen die gesetz­li­chen Män­gel- und Gewähr­leis­tungs­rech­te gegen­über ihrem Ver­trags­part­ner (also dem Sani­täts­haus als Leis­tungs­er­brin­ger) zuste­hen. Über­dies bestehen bis­wei­len auch wei­ter­ge­hen­de Ver­ant­wort­lich­kei­ten des Leis­tungs­er­brin­gers für Beschaf­fen­heit und Funk­ti­on des Hilfs­mit­tels aus einem zugrun­de­lie­gen­den Rah­men­ver­trag. Mit ande­ren Wor­ten: Eine Garan­tie durch den Lie­fe­ran­ten hat auf die Rechts­po­si­ti­on der Kran­ken­kas­se kei­ner­lei Auswirkungen.

Drit­tens ist es nach Medi­zin­pro­dukt­e­recht ohne Wei­te­res auch regu­la­to­risch zuläs­sig, dass bei Son­der­an­fer­ti­gun­gen (wie Pro­the­sen) Kom­po­nen­ten unter­schied­li­cher Her­stel­ler ver­baut wer­den. Nach der Ver­ord­nung (EU) 2017/745 über Medi­zin­pro­duk­te (MDR) ist es mög­lich, dass Kom­po­nen­ten für Son­der­an­fer­ti­gun­gen mit einer CE-Kenn­zeich­nung ver­se­hen wer­den und sich Ortho­pä­die­tech­ni­ker bei der Her­stel­lung von Son­der­an­fer­ti­gun­gen inso­weit auf die Kon­for­mi­täts­be­wer­tung des Her­stel­lers stüt­zen kön­nen (sie­he hier­zu den Euro­com-Leit­fa­den „Orthe­sen/­Pro­the­sen-Pass­tei­le zur Her­stel­lung von Son­der­an­fer­ti­gun­gen“, abruf­bar unter eurocom-info.de/wp-content/uploads/2019/10/Praxisleitfaden_eurocom_Orthesen_Prothesen.pdf (zuletzt abge­ru­fen Okto­ber 2024). Zudem gibt es in der MDR kei­nen Hin­weis dar­auf, dass Son­der­an­fer­ti­gun­gen aus­schließ­lich sor­ten­rein zusam­men­zu­stel­len sind. Viel­mehr ist es gera­de der Sinn und Zweck von Son­der­an­fer­ti­gun­gen, dass ein pati­en­ten­in­di­vi­du­ell mög­lichst pas­sen­des Medi­zin­pro­dukt her­ge­stellt wird, was denk­lo­gisch die Aus­wahl mög­li­cher Kom­po­nen­ten aus einem brei­ten Pool vor­aus­setzt. Die Ver­ant­wor­tung für die Kom­bi­na­ti­on trägt der Her­stel­ler der Son­der­an­fer­ti­gung im Ver­fah­ren nach Anhang XIII MDR. Kran­ken­kas­sen über­schrei­ten also auch ihre Kom­pe­tenz, wenn sie in die Art und Wei­se der Kom­bi­na­ti­ons­mög­lich­keit ein­grei­fen und fak­tisch eine Sor­ten­rein­heit for­dern, die vom euro­päi­schen Gesetz­ge­ber im Medi­zin­pro­dukt­e­recht nicht vor­ge­se­hen ist.

Vier­tens han­delt es sich bei der in Rede ste­hen­den „Garan­tie“ schon dem Wesen nach um eine frei­wil­li­ge (gesetz­lich nicht erfor­der­li­che) Gewähr­leis­tung durch Lie­fe­ran­ten. Drit­te haben kei­nen Anspruch auf die Gewäh­rung einer sol­chen Garan­tie. Recht­lich ist es wider­sin­nig, dass ein Kos­ten­trä­ger die Geneh­mi­gung auf­grund des Vor­ent­hal­tens einer zusätz­li­chen recht­li­chen Posi­ti­on ver­wei­gert, auf die er von vorn­her­ein kei­nen Anspruch hat.

Fünf­tens gilt dies ins­be­son­de­re vor dem Hin­ter­grund, dass Lie­fe­ran­ten der Pass- und Funk­ti­ons­tei­le eine sol­che Garan­tie schlicht nicht abge­ben kön­nen, weil sie kei­ne Daten dar­über haben, wie sich ihre Kom­po­nen­te in der Kom­bi­na­ti­on mit Kom­po­nen­ten ande­rer Her­stel­ler in jeder denk­ba­ren Kom­bi­na­ti­ons­mög­lich­keit verhält.

Sechs­tens und abschlie­ßend liegt die Ver­ant­wor­tung für die Her­stel­lung der Pro­the­se sowohl im medi­zin­pro­dukt­e­recht­li­chen Sinn („Son­der­an­fer­ti­gung“) als auch im sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Sinn (Leis­tungs­er­brin­ger-Sta­tus) beim Sani­täts­haus bzw. Ortho­pä­die­tech­ni­ker. Die­se sind für die Aus­wahl der Ein­zel­tei­le und die Zusam­men­set­zung ver­ant­wort­lich und inso­fern auch als Ver­trags­part­ner die ori­gi­nä­ren Ansprech­part­ner für die Kran­ken­kas­sen. Den Lie­fe­ran­ten der Pass­tei­le kommt dage­gen schon regu­la­to­risch nicht die Her­stel­ler­rol­le für die Son­der­an­fer­ti­gung (Pro­the­se) zu, mit wel­cher der Pati­ent ver­sorgt wird. Sie sind zudem auch nicht der Hilfs­mit­tel­leis­tungs­er­brin­ger. Auf eine ihrer­seits gewähr­te Garan­tie kann es aus Sicht der Kran­ken­kas­se folg­lich nicht ankommen.

C. Fazit und Einordnung

Nach alle­dem stellt das Feh­len einer Lie­fe­ran­ten-Garan­tie kein Kri­te­ri­um für die Geneh­mi­gung einer Ver­sor­gung mit einer Pro­the­se dar und kann folg­lich kran­ken­kas­sen­sei­tig auch nicht als Argu­ment für eine Ableh­nung bei „nicht-sor­ten­rei­nen“ Pro­the­sen ver­wen­det werden.

Die­se Facet­te der Geneh­mi­gung und Ver­gü­tung von Pro­the­sen ver­deut­licht die zen­tra­le und her­vor­ge­ho­be­ne Stel­lung der Sani­täts­häu­ser bzw. Ortho­pä­die­tech­ni­ker bei der Ver­sor­gung mit Pro­the­sen. Die­se fer­ti­gen in eige­ner Ver­ant­wor­tung und nach eige­ner Risi­ko­ab­schät­zung aus ver­schie­de­nen Pass- und Funk­ti­ons­tei­len Pro­the­sen und sind daher sowohl regu­la­to­risch der Her­stel­ler der Pro­the­se (Son­der­an­fer­ti­ger) als auch Leis­tungs­er­brin­ger im Sin­ne des SGB V. Im Rah­men des­sen sind sie ins­be­son­de­re für die Aus­wahl und Kom­bi­nier­bar­keit der ver­schie­de­nen Bau­tei­le ver­ant­wort­lich und haf­ten hier­für auch gegen­über der Kran­ken­kas­se. Umge­kehrt obliegt es gera­de nicht den Lie­fe­ran­ten der Bau­tei­le, über die ohne­hin durch Medi­zin­pro­dukt­e­recht und Indus­trie­stan­dards vor­ge­ge­be­ne Beschaf­fen­heit und Qua­li­tät hin­aus­ge­hend die Kom­bi­nier­bar­keit mit (sämt­li­chen) Bau­tei­len ande­rer Lie­fe­ran­ten zu garantieren.

Dies ent­spricht im Ergeb­nis auch sowohl dem medi­zin­pro­dukt­e­recht­li­chen als auch dem sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Leit­bild des Gesund­heits­hand­wer­kers, der mit eige­ner Leis­tung und in eige­ner Ver­ant­wor­tung, den Bedürf­nis­sen des jewei­li­gen Pati­en­ten ent­spre­chend, ein indi­vi­du­el­les Medi­zin­pro­dukt her­stellt und als Hilfs­mit­tel an den Pati­en­ten abgibt.


Zur Per­son
Prof. Dr. Boris Han­dorn ist Rechts­an­walt und Grün­dungs­part­ner der Pro­dukt­kanz­lei mit Büros in Augs­burg und Ber­lin und lei­tet dort die Sek­tor­grup­pe Life Sci­en­ces. Er ist spe­zia­li­siert auf alle Fra­gen des Medi­zin­pro­dukt­e­rechts, der Pro­dukt­haf­tung sowie auf das kli­ni­sche For­schungs- und Ent­wick­lungs­recht. Han­dorn ist zugleich Hono­rar­pro­fes­sor für Arz­nei­mit­tel- und Medi­zin­pro­dukt­e­recht an der Lud­wig-Maxi­mi­li­ans-Uni­ver­si­tät Mün­chen (For­schungs­stel­le für Medizinrecht). 

 


Zur Per­son
Dr. Domi­nik Strobl ist Rechts­an­walt der Pro­dukt­kanz­lei in Augs­burg und berät Unter­neh­men zu allen Aspek­ten aus dem Life-Sci­en­ces-Sek­tor. Sein Fokus liegt vor allem auf der Heil­mit­tel­wer­bung, der Health­ca­re Com­pli­ance, dem Erstat­tungs­recht und allen recht­li­chen Facet­ten der Digi­ta­li­sie­rung des Gesundheitswesens. 

 

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