Büro­kra­tiel­ast ist erdrückend

Eine Eurocom-Befragung zeigt: Bürokratie, Innovationshemmnisse und Fachkräftemangel bedrohen den Hilfsmittelstandort Deutschland – die Hersteller fordern dringend politische Reformen.

Die Her­stel­ler­ver­ei­ni­gung Euro­com befragt ihre Mit­glieds­un­ter­neh­men jähr­lich, um die aktu­el­le Situa­ti­on des Hilfs­mit­tel­stand­orts Deutsch­land zu doku­men­tie­ren und Rück­schlüs­se zu zie­hen. Auch 2025 nah­men 91 Pro­zent aller Unter­neh­men an die­ser inter­nen Befra­gung teil. Das Ergeb­nis zeigt, dass Hand­lungs­be­darf besteht, damit sich die Rah­men­be­din­gun­gen für eine fach­ge­rech­te Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung verbessern.

Anzei­ge

Büro­kra­tie­ab­bau erforderlich

Wenig über­ra­schend ist die Büro­kra­tie bezie­hungs­wei­se die durch sie ent­ste­hen­de Belas­tung das meist­ge­nann­te The­ma bei der Befra­gung. Jedes teil­neh­men­de Unter­neh­men bewer­te­te die Büro­kra­tie als größ­tes Stand­ort­ri­si­ko. Vor allem durch die Medi­cal Device Regu­la­ti­on (MDR) sei­en Unsi­cher­hei­ten bei den Unter­neh­men vor­pro­gram­miert, da natio­na­le und euro­pa­wei­te Aus­le­gun­gen der EU-Regeln nicht gleich sei­en. Für Oda Hage­mei­er, Euro­com-Geschäfts­füh­re­rin, ist die Kon­se­quenz dar­aus: „Büro­kra­tie­ab­bau ist das Gebot der Stun­de. Denn regu­la­to­ri­sche Hür­den gefähr­den die Zukunft des Hilfs­mit­tel­stand­orts Deutsch­land. Ins­be­son­de­re mit Blick nach Brüs­sel muss sich die Bun­des­re­gie­rung für eine schnel­le Über­ar­bei­tung der MDR ein­set­zen. Ent­las­tungs­po­ten­zi­al sehen wir bei­spiels­wei­se in der sach­ge­rech­ten Sen­kung der Anfor­de­run­gen an die kli­ni­sche Bewer­tung für Medi­zin­pro­duk­te der nied­rigs­ten Risi­koklas­se I.“

Auch das Inno­va­ti­ons­kli­ma sei in den ver­gan­ge­nen Mona­ten schlech­ter gewor­den. Neun von zehn befrag­ten Unter­neh­men betrach­ten das Inno­va­ti­ons­kli­ma in Deutsch­land als schlecht. Zwar inves­tie­ren 96 Pro­zent aller Euro­com-Unter­neh­men in For­schung und Ent­wick­lung, doch der deut­sche Markt gilt wei­ter­hin als nicht inno­va­ti­ons­freund­lich. Nach Ansicht der befrag­ten Unter­neh­men stellt das unsi­che­re Auf­nah­me­ver­fah­ren neu­ar­ti­ger Pro­duk­te ins Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis das größ­te Risi­ko dar. Die Fol­ge: Jedes fünf­te Euro­com-Unter­neh­men sieht Deutsch­land nicht mehr als den wich­tigs­ten Markt für sei­ne Produkte.

Die deut­sche Ver­trags­land­schaft erschwe­re zudem die dyna­mi­sche Anpas­sung der Prei­se an stei­gen­de Kos­ten. Drei Vier­tel (74 Pro­zent) der Hilfs­mit­tel­her­stel­ler sehen bei unver­än­der­ten Markt­be­din­gun­gen die Gefahr auf sich zukom­men, ihr Port­fo­lio ein­schrän­ken zu müssen.

„Damit Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten auch künf­tig ver­läss­lich mit inno­va­ti­ven und qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­gen Hilfs­mit­teln ver­sorgt wer­den kön­nen, bedarf es einer ein­fa­chen und schnel­len Neu­re­ge­lung für die regel­mä­ßi­ge Anpas­sung der Fest­be­trä­ge. Teils befin­den sich die­se noch auf dem Niveau von 2017. Not­wen­dig ist außer­dem ein modi­fi­zier­tes Antrags­ver­fah­ren zur Auf­nah­me neu­ar­ti­ger Pro­duk­te ins Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis, das bereits zu Beginn die spe­zi­fi­schen Anfor­de­run­gen an den Nach­weis des medi­zi­ni­schen Nut­zens fest­legt und in einer Ver­ein­ba­rung zwi­schen Antrag­stel­ler und GKV-Spit­zen­ver­band fixiert – im Sin­ne der Ver­bind­lich­keit und Beschleu­ni­gung. Inno­va­tio­nen müs­sen schnel­ler ins Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis“, so Hagemeier.

Indus­trie und Hand­werk lei­den unter feh­len­den Fachkräften

Die in der Euro­com orga­ni­sier­ten Unter­neh­men haben die per­so­nel­len Her­aus­for­de­run­gen in den Hand­werks­be­trie­ben seit Jah­ren im Blick. Zwei von drei Unter­neh­men sehen in dem Man­gel an Fach­kräf­ten ein Risi­ko für den Stand­ort Deutsch­land. Zudem erwar­ten rund 70 Pro­zent der Unter­neh­men, dass auch sie in den kom­men­den fünf Jah­ren Pro­ble­me im Bereich Per­so­nal haben wer­den. Das ist eine Stei­ge­rung um 27 Pro­zent zum Vor­jahr. Hage­mei­er betont daher: „Der Fach­kräf­te­man­gel hat sowohl Leis­tungs­er­brin­ger als auch die Indus­trie voll erfasst. Die Qua­li­tät der Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung und die Ver­füg­bar­keit der Hilfs­mit­tel wer­den in Zukunft auch maß­geb­lich davon abhän­gen, wie dem Fach­kräf­te­man­gel begeg­net wird.“

Abschlie­ßend appel­liert Hage­mei­er: „Soll eine ver­läss­li­che Ver­sor­gung der Ver­si­cher­ten mit inno­va­ti­ven und hoch­wer­ti­gen Hilfs­mit­teln ‚Made in Ger­ma­ny‘ wei­ter­hin mög­lich sein, sehen wir drin­gen­den Hand­lungs­be­darf. Es gilt, die Zukunfts­fä­hig­keit von Stand­ort und Markt zu sichern.“

 

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