Einleitung
Das Ulcus cruris venosum (Abb. 1) ist die häufigste chronische Wunde in der klinischen Praxis, bedingt durch eine chronisch venöse Insuffizienz (CVI). So haben 2 % der Menschen mit Beingeschwüren eine arterielle Erkrankung mit oder ohne Venenstörungen1. Es handelt sich um eines der häufigsten Geschwüre der unteren Extremität. UVC betrifft viele Menschen weltweit, könnte eine erhebliche sozioökonomische Belastung für das Gesundheitssystem darstellen und hat große psychische und physische Auswirkungen auf das betroffene Individuum2. Die Kompressionstherapie gilt als Goldstandard bei der Behandlung des Ulcus cruris venosum. Sie bildet gemäß der aktuellen S2k-Leitlinie „Lokaltherapie schwerheilender und/oder chronischer Wunden aufgrund von peripherer arterieller Verschlusskrankheit, Diabetes mellitus oder chronischer venöser Insuffizienz“ und der S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Ulcus cruris venosum“ eine zentrale Säule der Therapie3 4. Laut S2k-Leitlinie sind nicht nur die medizinischen, sondern auch die emotionalen und sozialen Bedürfnisse der Patienten und ihrer Angehörigen zu berücksichtigen. Es wird deutlich gemacht, dass ohne Aufklärung und Nachhalten von Informationen eine Wundheilung erschwert sein kann. Welche Faktoren, Einflüsse, Aufklärungen stehen uns bevor, damit „Pflaster drauf und gut?!“ in einem multidisziplinären Team unter Berücksichtigung aller Beteiligten ein Rezidiv gemindert werden kann? Wir zeigen unterschiedliche Wege, die als Team gegangen werden können, von Prophylaxe, Wundbeginn und Arztbesuch über Therapiezentren, Konsultation von Sanitätshäusern/Orthopädietechnik und Pflegediensten bis hin zur Berücksichtigung familiärer Umstände und Umgebungsaufnahme5 6. Zielführend sind dabei nicht nur die Wundheilung mit Wundauflagen und Kompression, sondern auch eventuelle Hilfsmittel, die ein Patient benötigt, um die Mobilität wiederzuerlangen und zu behalten. Ganz nach dem Motto: Bewegung ist Freiheit und fördert die Selbstständigkeit (Abb. 2).
Charakteristika des Ulcus cruris venosum
Anhand einer genauen Diagnostik lassen sich beim Ulcus cruris verschiedene Wundtypen erkennen, z. B. arterielle oder diabetische Ulzera7 8. Folgende Charakteristika sind gemäß S2k-Leitlinie typisch für das UCV9:
- Lokalisation10: Das Ulcus cruris venosum ist typischerweise im distalen Drittel des Unterschenkels lokalisiert, häufig medial über dem Malleolus, in Regionen mit hoher venöser Druckbelastung.
- Exsudation11:Ein häufiges klinisches Merkmal ist eine ausgeprägte Exsudation durch den erhöhten venösen Druck und die gestörte Mikrozirkulation. Diese kann zu Mazeration der umgebenden Haut führen.
- Hautveränderungen12: Begleitend treten sekundäre Hautveränderungen wie Hyperpigmentierung, Lipodermatosklerose, Ekzeme und Atrophie blanche auf. Diese sind Zeichen der chronischen venösen Hypertonie und entzündlicher Prozesse.
- Wundrand und ‑grund: Der Wundrand des UCV ist häufig erhaben und unregelmäßig, während der Wundgrund von fibrinösen Belägen und exsudierendem Gewebe gekennzeichnet ist.
- Schmerzen13: Patienten mit UCV leiden häufig unter belastungsabhängigen Schmerzen, die in Ruhe und bei Hochlagerung des Beins nachlassen, was auf die venöse Stauung zurückzuführen ist.
- Symmetrische Manifestation: Obwohl das Ulcus häufig unilateral auftritt, zeigen sich venöse Veränderungen wie Ödeme und Hautveränderungen oft an beiden Beinen, was auf die systemische Natur der CVI hinweist.
Mit aufgenommen in die Leitlinie wurde auch dieser sehr wichtige Faktor: Gerade im Bereich Wunden spielen der Mensch und seine Umgebung eine essenzielle Rolle. Hier werden die psychosozialen Aspekte mit einbezogen und dabei besonders die Ängste und Sorgen der Patienten bzw. Betroffenen aufgezählt14 15.
Patienten mit UCV leiden oft nicht nur unter den physischen Symptomen der Erkrankung, sondern auch unter psychischen Belastungen. Diese Ängste und Sorgen können erheblichen Einfluss auf den Heilungsverlauf und die Therapieadhärenz haben.
Bei operativen Eingriffen kommen noch weitere Faktoren hinzu, die im Vorfeld gut zu händeln sind. Dazu gehört die prästationäre Vorbereitung in einem intensiven Gespräch, in dem das Vorgehen und Eventualitäten erläutert werden.
- Schmerzen und Chronizität der Erkrankung: Schmerzen haben wir im Allgemeinen als schlechte Erfahrungen abgespeichert. Wir haben Schmerzen, weil etwas in oder an unserem Körper passiert. Chronische Schmerzen und die Langwierigkeit einer Behandlung führen bei vielen Patienten zu Ängsten und der Sorge, dass die Wunde nie vollständig abheilen wird. Insbesondere bei Rezidiven kommt es häufig zu einer emotionalen Erschöpfung. Die Unklarheit über die Dauer der Therapie und die damit verbundenen Einschränkungen im Alltag verstärken diese Sorgen.
- Angst vor Verschlechterung oder Amputation: Viele Patienten fürchten, dass das UCV zu einer weiteren Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes führen könnte. In fortgeschrittenen Fällen besteht die Sorge, dass es zu einer Amputation kommt, insbesondere wenn Komplikationen wie Infektionen oder eine schlechte Wundheilung auftreten.
- Einschränkungen im Alltag: Die Notwendigkeit von Kompressionsverbänden oder ‑strümpfen, häufige Arztbesuche und Verbandswechsel führen bei vielen Betroffenen zu Frustration und Angst vor Einschränkungen der Mobilität. Einige Patienten sind überwältigt von dem Gefühl, durch die Erkrankung in ihrem Leben stark eingeschränkt zu sein, wodurch ihre Selbstständigkeit und Lebensqualität beeinträchtigt werden. Oftmals kommt auch das Gefühl hinzu, von anderen abhängig zu sein, da die Mobilität stark eingeschränkt ist und sie Unterstützung z. B. von Verwandten und Bekannten benötigen.
- Soziale Isolation und Scham: Durch die sichtbaren Hautveränderungen, Verbandsmaterialien, anderes Schuhwerk (Verbandsschuhe), ggf. Gehhilfen und Wunden am Bein fühlen sich viele Patienten stigmatisiert. Manchmal bleibt vom Erstbefund der Geruch der Wunde in der Nase. All diese Faktoren können zu sozialem Rückzug, Schamgefühlen und/oder Ängsten vor negativen Reaktionen des Umfelds und zu psychischen Belastungen führen. Als Resultat meiden Patienten soziale Aktivitäten, was früher oder später eine Isolation bewirken kann. Wir können festhalten, dass aus Schmerzen Ängste erwachsen, die eine soziale Isolation und sogar Selbstaufgabe als Konsequenz haben können. Für die Patienten stellt das einen täglichen Kampf dar, sie stecken in einem Teufelskreis.
Die Lösung: Schmerzmanagement, Empathie und Gespräche auf Augenhöhe
Ein effektives Schmerzmanagement, Empathie und eine einfühlsame Kommunikation spielen eine zentrale Rolle, um die Ängste der Patienten zu lindern und ihre Mitarbeit zu fördern. Gespräche auf Augenhöhe und der Einbezug in jegliche Therapie oder Anwendung in Teamarbeit mit dem Patienten und seinen Angehörigen erweist sich als sehr gesundheitsförderlich16.
- Aufklärung und Schulung: Eine klare, verständliche und umfassende Aufklärung über den komplexen Therapieverlauf und die folgenden Verbandswechsel, den Nutzen der Kompressionstherapie und die zu erwartende Dauer der Behandlung hilft, Ängste abzubauen. Regelmäßige Beratungsgespräche sind entscheidend, um die Patienten in den Behandlungsprozess einzubinden und Vertrauen aufzubauen. Die Patienten sollten auch in die Foto- und Wunddokumentation mit einbezogen werden.
- Schmerzmanagement: Eine gute Schmerztherapie ist essenziell, um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Regelmäßige Schmerzmedikation oder alternative Verfahren wie die manuelle Lymphdrainage, die ebenfalls zu einer Schmerzlinderung beiträgt, können helfen, die Angst vor Schmerzen zu reduzieren.
- Realistische Ziele setzen: Eine schrittweise Herangehensweise mit realistischen Zielsetzungen, die auch kleine Fortschritte betont, kann die Frustration der Patienten mindern. Es sollte vermittelt werden, dass die Behandlung Zeit in Anspruch nimmt, dafür aber auch langfristige Verbesserungen erzielen kann. Zudem ist es zielführend, den Patienten in alle Entscheidung einzubinden, ihm die Sicherheit von Selbstbestimmtheit zu geben und im Therapiekonzept positive kleine Fortschritte feierlich hervorheben.
- Soziale Unterstützung fördern: Die Einbindung von Angehörigen, Pflegepersonal und Sanitätshaus/Orthopädietechniker trägt dazu bei, den Patienten durch Unterstützung ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Eine aktive Einbindung in den Heilungsprozess, etwa durch Hilfe beim Anziehen der Kompressionsstrümpfe, reduziert die Hilflosigkeit. Hilfreich ist auch aufzuzeigen, wo es Austauschangebote mit anderen betroffenen Menschen im Umkreis (z. B. eine Selbsthilfegruppe) gibt.
Ängste und Belastungen der Angehörigen
Auch die Angehörigen von Patienten mit Wunden stehen oft vor Herausforderungen und erleben emotionale und körperliche Belastungen. Sie haben mitunter Angst, dass sich der Gesundheitszustand des Patienten verschlimmern könnte. Diese Sorgen können durch die Unsicherheit über die Dauer der Therapie und mögliche Komplikationen wie Infektionen oder nicht heilende Wunden verstärkt werden. Dass sie häufig in die Wundversorgung mit regelmäßigem Verbandswechsel und Unterstützung bei der Kompressionstherapie eingebunden sind, kann zeitaufwendig und körperlich belastend sein. Dies führt nicht selten zu Erschöpfung und Stress bei den pflegenden Angehörigen, auch ein Gefühl der Überforderung kann aufkommen. Umso wichtiger ist es, auch die Angehörigen aufzuklären, ihnen Schulungen anzubieten und ihren Wunsch zur aktiven und sinnvollen Unterstützung zu fördern.
Wirkmechanismen der Kompressionstherapie
Die Kompressionstherapie spielt bei der Behandlung des Ulcus cruris venosum und bei konservativer und postoperativer Versorgung von Wunden eine große Rolle, die nicht unterschätzt werden sollte. Nachfolgend aufgeführt sind die wichtigsten Aspekte und positiven Eigenschaften, also die Vorteile für Behandler, Patienten und weitere Mitwirkende17 18:
- Reduktion des venösen Drucks: Durch den mechanischen Druck auf das Bein wird der Durchmesser der Venen verringert, was die venöse Hämodynamik verbessert und den hydrostatischen Druck in den Kapillaren senkt. Dies reduziert den venösen Rückstau und fördert die Mikrozirkulation. Dadurch zeigt sich eine deutliche Verbesserung, eine Ansammlung von Gewebsflüssigkeiten wird gemindert und eine Entzündung minimiert.
- Ödemreduktion: Die Kompression unterstützt die Resorption von Flüssigkeit aus dem interstitiellen Gewebe und reduziert die kapillare Filtration. Dies führt zu einer deutlichen Verringerung der Ödeme und einer Verbesserung der Hautspannung. Schmerzlinderung und bessere Mobilität sind die Folge.
- Verbesserung der Mikrozirkulation: Durch die Reduktion des venösen Drucks wird der Austausch von Sauerstoff und Nährstoffen im Gewebe gefördert und so die Wundheilung beschleunigt.
- Entzündungshemmung: Durch die Reduktion des venösen Drucks und die damit einhergehende Verringerung der Kapillardurchlässigkeit wird die Freisetzung inflammatorischer Substanzen verringert, wodurch das Fortschreiten der chronischen Entzündungsreaktion unterbunden wird.
- Stabilität der betroffenen Extremität: Kompressionsbandagierungen oder ‑bestrumpfungen geben zusätzlichen Halt. Evtl. ist eine Kombination mit einer Orthese oder Bandage zu erwägen, um nach Möglichkeit Gelenke in Position zu halten, ein Verdrehen des Gelenks zu minimieren und dem Patienten mögliche Ängste zu nehmen, sich zu mobilisieren (Abb. 3).
Therapieempfehlungen in Bereich „UCV und postoperative Versorgung“
In den Leitlinien werden verschiedene Kompressionssysteme beschrieben, die je nach Stadium des Ulcus und der Begleitsymptomatik angewendet werden können.
Die Auswahl der Kompressionstherapie richtet sich nach dem Schweregrad des Ulcus, der Menge des Exsudats und der Mobilität des Patienten19 20 21 (Abb. 4).
- Mehrkompontenverbände bestehen in der Regel aus ein- bis vierlagigen Kompressionsverbänden. Am häufigsten kommen Zweikomponentenverbände zum Einsatz. Diese sind besonders in der initialen Phase bei stark exsudierenden Ulzera indiziert. Sie gewährleisten eine gleichmäßige Kompression und fördern die Wundheilung durch mechanische Unterstützung des venösen Rückflusses. Außerdem gibt es als etablierte Systeme für Patienten mit CVI und pAVK sogenannte Lite-Verbände, die sich in der klinischen Anwendung als sehr sicher erwiesen haben.
- Kurzzug-Kompressionsverbände üben während der Muskelkontraktion einen hohen Arbeitsdruck aus und sind besonders für mobile Patienten geeignet. Sie sollten niemals ohne Unterpolsterung als Hautschutz eingesetzt werden. Gepolsterte Bandagen sollen im Rahmen der Kompressionstherapie Hautschäden verhindern, die Einhaltung erhöhen und so den Erfolg der Therapie unterstützen22.
- Kompressionsstrümpfe (Kompressionsklassen I–III): In der Erhaltungsphase (Abb. 4), wenn das Ulcus abheilt oder keine starke Exsudation mehr besteht, empfiehlt die Leitlinie den Einsatz von Kompressionsstrümpfen, sobald die Beinform stabil, also die Entstauung abgeschlossen ist. Diese Strümpfe üben eine graduierte Kompression aus, wobei der Druck distal am höchsten und proximal am geringsten ist. Sie sind auch zur Rezidivprophylaxe essenziell. In diesem Zusammenhang sind Kompressionsstrümpfe, die speziell für Patienten mit Ulcus cruris venosum konzipiert worden sind, besonders erwähnenswert. Diese bestehen aus zwei Lagen und üben in der Regel einen Anpressdruck gemäß CCL 3 aus. Nicht zu unterschätzen und nach Möglichkeit zu fördern ist die Bereitschaft der Patienten, einen Kompressionsstrumpf in einer hohen Kompressionsklasse zu tragen. Hier wäre zur Rezidivprophylaxe auch die Klasse CCL 1 zu berücksichtigen, je nach Anamnese, Umfeldanalyse, sozialen sowie körperlichen Einschränkungen. Bei der Entscheidung zur CCL 1 empfiehlt es sich, ein wandstabiles Material zu verwenden, um einen adäquaten Arbeitsdruck zu gewährleisten.
- Intermittierende pneumatische Kompression (IPC) kann laut Leitlinie bei immobilen Patienten oder bei Kontraindikationen gegen feste Kompressionsmaterialien eine sinnvolle Ergänzung darstellen. Dieses Verfahren, bei dem aufblasbare Manschetten zyklisch Druck auf das Bein ausüben, kann zusätzlich zur Therapie eingesetzt werden. Gerade in Seniorenresidenzen ist ein positiver Effekt sichtbar.
- Adaptive Kompressionssysteme: Systeme mit individuell justierbarem Druck, wie Klettverschluss-Kompressionssysteme, werden für Patienten empfohlen, die Schwierigkeiten mit herkömmlichen Verbänden oder Strümpfen haben. Diese Systeme sind vor allem für Patienten mit Ulcus cruris venosum in der Entstauungs- sowie in der Erhaltungsphase geeignet. Viele dieser Systeme haben einen Druckindikator, der einen optimalen Druckverlauf sichert.
Kontraindikationen und Risiken der Kompressionstherapie
Die Kompressionstherapie ist nicht bei allen Patienten indiziert23 24 25. Bei Auffälligkeiten – z. B. Hautverfärbungen, plötzlich auftretende Schmerzen im Unterschenkelbereich oder Atemveränderungen – sollte ein Arzt aufgesucht werden.
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK): Bei einem Knöchel-Arm-Index (ABI) < 0,5 ist die Kompression kontraindiziert. Bei einem ABI zwischen 0,5 und 0,8 sollte die Kompression nur mit reduzierter Druckstärke und unter sorgfältiger Überwachung angewendet werden.
- Bei dekompensierter Herzinsuffizienz besteht das Risiko einer Überlastung des Kreislaufs durch die erhöhte venöse Rückführung. Hier ist eine strenge Indikationsstellung dazu erforderlich, ob eine Kompressionstherapie nach erfolgreicher Behandlung der Dekompensation angesetzt werden kann.
Evidenzbasierte Ergebnisse und Patientenadhärenz
Die Effektivität der Kompressionstherapie beim UCV ist durch zahlreiche Studien gut belegt. Die Wahl, nur ein Pflaster zu verwenden, wird hiermit als ungeeignet entlarvt. „Pflaster drauf und gut“ reicht nicht aus, sondern es ist grundsätzlich eine umfassende Befundung des Allgemeinzustandes des Patienten, eine Umgebungsumschau sowie eine gute Hilfsmittelversorgung notwendig. Eine umfassende Cochrane-Übersicht weist darauf hin, dass die Kompression mit den Kompressionsstrümpfen der EU-Klasse 3 die Regulierung im Vergleich zu keiner Kompression über sechs Monate reduzieren kann26. Unterschiedliche Kompressionssysteme wurden verglichen wie auch die Nichtanwendung der Kompression. Nachweislich wurde die Heilungsrate bei der Anwendung von Mehrlagenverbänden und Kompressionsstrümpfen mit hoher Druckstärke (Klasse III) deutlich gesteigert. Ein häufiges Problem ist jedoch die Patientenadhärenz. Viele Patienten empfinden die Kompressionsstrümpfe als unbequem oder haben Schwierigkeiten beim An- und Ausziehen27. Hier sind eine ausführliche Schulung der Patienten sowie die Bereitstellung praktischer Hilfsmittel (z.B. Anziehhilfen) entscheidend, um die Langzeitadhärenz zu fördern. Raffetto et al. weisen darauf hin, dass UCV eine Rezidivrate von 50–70 % hat, die wahrscheinlich auf die Nichteinhaltung der Kompressionstherapie, das Versagen chirurgischer Eingriffe, falsche Geschwürdiagnosen, ein Fortschreiten der Venenerkrankung und schlecht verstandene Pathophysiologie zurückzuführen ist28. An dieser Stelle wird erneut auf eine gute Zusammenarbeit aufmerksam gemacht, da die Rezidivrate deutlich erhöht ist. Daher ist es von Beginn an immens wichtig, Patienten und Angehörige aufzuklären und sie bei Verbandswechseln und auch dem Anlegen der jeweiligen Kompressionsmaterialien mit einzubeziehen. Auch bei den Verlaufskontrollen sollten die Wunddokumentationen mit dem Patienten ausführlich besprochen werden. Auch das Involvieren von Pflegediensten und Seniorenresidenzen ist für die spätere Rezidivprophylaxe essenziell.
Fazit
Das Ulcus cruris venosum ist eine häufige Begleiterkrankung der chronisch venösen Insuffizienz und stellt eine komplexe Herausforderung in der Behandlung chronischer Wunden dar. Mehrere Faktoren spielen eine große Rolle im Therapieverlauf. Die Kompressionstherapie, wie sie in der S2k-Leitlinie beschrieben wird, ist der wichtigste therapeutische Ansatz zur Reduktion des venösen Drucks und zur Förderung der Wundheilung. Auch bei postoperativen Patienten ist durch die Kompressionstherapie eine deutliche Verbesserung zu sehen. Kompressionstherapie ist unabdingbar und aus der Rezidivprophylaxe nicht wegzudenken. Eine individuell angepasste Auswahl der Kompressionsmethoden, basierend auf der klinischen Situation und den Bedürfnissen des Patienten, ist entscheidend für den Therapieerfolg (Abb. 3).
Und nicht zu vergessen, die Zusammenarbeit von allen Bereichen ist und bleibt zielführend: Ärzte, Wundzentren, Pflegepersonal, Physiotherapeuten, Sanitätshäuser/Orthopädietechniker, soziales Umfeld und natürlich die wichtigste Person, der Patient. Zielsetzung ist eine Wundtherapie angepasst auf jeden einzelnen Patienten und auch auf das soziale Umfeld mit anschließender Rezidivprophylaxe.
Da eine Mobilisation auch direkt einen besseren Abtransport und Muskelaufbau bedeutet, ist eine frühe Kompressionstherapie im poststationären Bereich nicht wegzudenken.
„Pflaster drauf und gut?!“ wäre ein toller Erfolg, ohne Kompressionstherapie ist er jedoch schwer zu erreichen.
Die Autorin:
Nadine Fürup
Trainerin Lymphologie & Phlebologie
Bauerfeind AG
Triebeser Straße 16
07937 Zeulenroda-Triebes
Tel.: +49 36628–661000
info@bauerfeind.com
Begutachteter Beitrag/reviewed paper
Fürup N. Pflaster drauf und gut? ! Medizinische Kompressionstherapie bei Wunden. Orthopädie Technik, 2025; 76 (3): 44–49
Quellenverzeichnis
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