Einleitung
Aufgrund ihrer Exposition sind unsere Hände vielfältigen Verletzungen ausgesetzt. Partielle Handamputationen zählen zu den häufigsten Amputationsformen der oberen Extremität weltweit1. Eine Studie zur Prävalenz von Gliedmaßenverlusten in den USA gibt an, dass Amputationen der Finger und der Hand 92 % aller Amputationen der oberen Gliedmaßen ausmachen2 3.
Diese Amputationsformen werden häufig durch Quetschung, Lazerations- oder Avulsionsverletzungen hervorgerufen, wobei der metakarpale oder karpale Handbereich betroffen ist. Lazerationen resultieren aus der Einwirkung scharfer oder spitzer Objekte, die dann zu unregelmäßigen Haut- und Gewebszerreißungen führen können. Eine Avulsionsverletzung ist durch das gewaltsame Abreißen von Gewebe, wie Haut, Muskeln oder sogar Gliedmaßen, gekennzeichnet.
Die individuellen Verletzungsmuster sind sehr unterschiedlich. So können einzelne Finger oder Bereiche der Mittelhand noch vorhanden sein. Die Beweglichkeit des Handgelenks ist, je nach Verletzungsmuster, in den meisten Fällen nicht eingeschränkt. Der traumatische Teilhandverlust kann in der Folge gravierende gesundheitliche, soziale und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen4 5.
Amputationen der oberen Gliedmaßen begünstigen das Risiko der Ausbildung von Überlastungsbeschwerden. Bei bis zu 50 % der Menschen mit einseitiger Amputation der oberen Gliedmaßen traten innerhalb von 2–5 Jahren nach der Verletzung Schmerzzustände wie Epicondylitis, Tenosynovitis, Triggerfinger und Karpaltunnelsyndrom auf6 7 .
Eine sichtbare Entstellung kann das subjektive Wohlbefinden einer Person tiefgreifend verändern. Kuret et al. beschreiben diese Verletzung als eine dreifache Bedrohung, da sie einen „Verlust der Funktion, der Sensibilität und des Körperbildes“ mit sich bringt8. Kearns et al. 9 untersuchen in ihrer Studie die psychologische Reaktion, die mit dem Amputationslevel einhergeht. Menschen mit partieller Handamputation sind demnach anfälliger für stärkere emotionale Reaktionen auf ihren Verlust als Patienten mit proximaleren Amputationen der oberen Extremität. Schmerz und Funktionsbeeinträchtigung können den Leidensdruck und posttraumatischen Stress weiter erhöhen.
Zudem kann der Funktionsverlust zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit führen mit z. T. existenzbedrohenden Folgen. In einer Studie von Burger et al. waren 75 % der manuell tätigen Männer nach ihrer Amputation nicht mehr in der Lage, in ihren Beruf zurückzukehren, 26 % schieden ganz aus dem Berufsleben aus10.
Sofern eine chirurgische Rekonstruktion nicht möglich ist, kann die Anpassung einer Teilhandprothese zu einer funktionellen Lösung für die gravierenden ästhetischen, funktionellen und psycho-sozialen Beeinträchtigungen beitragen. Studien belegen, dass die regelmäßige Nutzung einer Prothese die Wahrscheinlichkeit der Rückkehr in den Beruf und die Unabhängigkeit bei den Aktivitäten des täglichen Lebens (ADLs) erhöht11.
Des Weiteren wird die Verwendung einer Prothese mit einer Reduktion bestehender Phantomschmerzen in Verbindung gebracht und die Nutzung kann das subjektive Wohlbefinden einer Person beeinflussen12 13. Demzufolge verbessert die Verwendung einer Teilhandprothese die Funktionalität im Alltag, ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe und beeinflusst die Lebensqualität positiv.
Prothetische Optionen nach Amputation im Handbereich
Die technologischen Fortschritte der letzten Jahre haben zur Entwicklung einer Reihe unterschiedlicher Prothesenarten geführt. Dabei zielt die individuell anzufertigende Prothese auf die Wiederherstellung des Grobgriffs, der Opposition, der Griffstärke und einer ausreichenden Breite der Daumenkommissur ab.
In der Vergangenheit waren es einfache Konstruktionen, die z. B. bei Verlust des Daumens einen Gegenpol für die Opposition darstellten. Indessen haben die technologischen Fortschritte der letzten Jahre zur Entwicklung einer Reihe unterschiedlicher Prothesenarten geführt, die die Selbstständigkeit und Teilhabe im Alltag erweitern und so zu einer erheblichen Verbesserung der Lebensqualität beitragen können14 15. Betroffene haben die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Optionen zu wählen:
Passive Prothesen: Passive Prothesen erlauben kein aktives Greifen, bieten aber neben der kosmetischen auch eine stabilisierende Funktion beim Halten von Gegenständen. Diese Prothesen können das Erscheinungsbild der amputierten Gliedmaße wiederherstellen und sind sowohl für einzelne Finger als auch für die komplette Hand verfügbar (Abb. 1a–c).
Myoelektrische Teilhandprothesen: Myoelektrische multiartikulierende Teilhandprothesen sind seit 2007 erhältlich, wobei derzeit zwei kommerzielle Systeme verfügbar sind: Vincent-Partialhand von der Vincent Systems GmbH (Karlsruhe) und i‑Digits Quantum von der Össur GmbH (Köln). Myoelektrische Prothesen sind kosmetisch ansprechend und eignen sich für die Ausführung moderater Tätigkeiten, wobei diverse Griffoptionen möglich sind. Elektroden im Schaft nehmen Muskelkontraktionen im Stumpf auf, ein Mikroprozessor verstärkt die Aktionspotenziale und berechnet ein elektrisches Steuersignal, welches die Motoren in den Prothesenfingern bewegt. Die dafür notwendige Energie bezieht die Prothese aus Akkus, die sich an einer Handgelenksmanschette befinden. Der Daumen kann in Relation zu den Fingern positioniert werden und ermöglicht so u. a. Spitz- und Lateralgriff. Sind spezielle Griffe, z. B. für die Ausübung des Berufes oder Freizeitaktivitäten erforderlich, können einzelne Griffe individuell programmiert werden (Abb. 2).
Während multiartikulierende myoelektrische Prothesen bei Aktivitäten des täglichen Lebens (ADLs) sehr effektiv unterstützen können, weisen sie eine begrenzte Robustheit gegenüber Umweltbedingungen wie Staub oder Feuchtigkeit auf. Infolgedessen sind diese Prothesen in ihrer Einsatzfähigkeit, gerade wenn eine Rückkehr ins Berufsleben angestrebt wird, begrenzt.
Hybridprothesen: Hybridprothesen kombinieren Elemente aus zwei oder mehr Prothesenoptionen mit dem Ziel, die Funktionsfähigkeit einer Person zu verbessern (Abb. 3a, b).
Aktivitätsspezifische Prothesen: Aktivitätsspezifische Prothesen sind für Arbeit, Sport und Hobbys konzipiert, bei denen z. B. eine myoelektrische Prothese beschädigt werden würde oder nicht geeignet ist.
Eigenkraftprothesen: Benötigen Patienten eher eine robuste Prothese für grobmotorische Tätigkeiten, so ist die Verwendung von eigenkraftbetriebenen Prothesen sinnvoll. Diese Prothesen sind sehr langlebig und stabil und für unterschiedliche Arbeitsumgebungen geeignet.
Eigenkraftprothesen werden u. a. von folgenden Anbietern vertrieben: Vincentpartial (Vincent Systems GmbH, Karlsruhe); M‑Finger (Partial Hand Solutions, LLC, Warren/MI, USA); Point Digit (Point Designs LLC, Lafayette/CO, USA); Naked Prosthetics (Naked Prosthetics Inc., Olympia/ WA, USA).
Die biomechanischen Fingerprothesen der Firma Naked Prosthetics nutzen die verbliebenen Gelenke und das Residuum zur Wiederherstellung von Länge, Geschicklichkeit und Greifkraft. Diese kinematische Kopplung ermöglicht Geschicklichkeit, individuelle Fingerkontrolle und die konforme Anpassung an Objekte (Abb.4a–d). Wird die von der Prothese ausgeübte Kraft durch den verbleibenden Teil der Hand gesteuert, vermittelt dies ein sehr natürliches Bewegungs- und Kontrollgefühl16. Da sie keine elektrischen Komponenten enthalten, ist ihr Einsatz in beanspruchenden und manuell fordernden Handwerksberufen möglich. Die Prothesen werden derzeit zum Schweißen, in der Auto- und Holzverarbeitung, in landwirtschaftlichen Betrieben, im Baugewerbe, bei Berufsmusikern und von Leistungssportlern genutzt. Die übliche Nutzung liegt bei 12–16 Stunden pro Tag17.
Rehabilitationsprozess nach prothetischer Versorgung
Eine frühzeitige prothetische Versorgung und das sich anschließende prothetische Training unterstützen den langfristigen Einsatz einer Prothese18. Ziel des prothetischen Trainings ist die Wiederherstellung oder der Ersatz wichtiger Bewegungsabläufe. Prothesen tragende Personen werden so in die Lage versetzt, alltägliche Dinge möglichst selbstständig und unabhängig auszuführen, zudem ist eine schnellere Rückkehr an den Arbeitsplatz möglich. Die Bedeutung, die der Therapie im Rehabilitationsprozess zukommt, wird von verschiedenen Autoren bekräftigt19 20. Voraussetzung für ein erfolgreiches Ergebnis ist die frühe interdisziplinäre posttraumatische Intervention, ein erfahrenes Rehabilitationsteam, ein patientenorientiertes Prothesentraining und die entsprechende Nachsorge (Follow-up).
Präprothetisches Training
Im Rahmen einer umfassenden Befunderhebung werden Beruf, Interessen und Hobbys erfragt, um realistische Nah- und Fernziele zu benennen und Prothesenoptionen auswählen zu können. Folgende Kernziele lassen sich formulieren:
- Identifizierung der individuellen Bedürfnisse
- Unterstützung bei der Bewältigung der psychosozialen Auswirkungen
- Aufklärung über die Nutzung von Prothesen
- Verbesserung von Kraft und Bewegungsumfang (range of motion, ROM) der verbliebenen Gelenke; unterstützt die Funktion der Prothese
- Desensibilisierung des Stumpfes zur Verbesserung der Toleranz gegenüber der Prothese
- Training geeigneter Griffmuster, die eine ergonomische Haltung erlauben
- Erarbeitung eines Trageplans, um die Nutzung langsam zu steigern
- Anpassung und Modifizierung von Werkzeugen und Gegenständen zur Durchführung von alltäglichen Handlungen (activities of daily living, ADL)
Je nach Erfordernis werden die Schwerpunkte der Therapie wie Wundpflege und Ödemkontrolle, Desensibilisierung des Stumpfes sowie Durchführung aktiver und passiver Bewegungsübungen weiter durchgeführt21 22. Neben der Vorbereitung des Stumpfes auf das Tragen der Prothese konzentriert sich die Therapie auf das Einhändertraining und die Erprobung von Hilfsmitteln.
Postprothetisches Training
Unabhängig von der Art der angepassten Prothese sollten die folgenden Punkte in jedem Trainingsprogramm für Teilhandprothesen berücksichtigt werden:
- Selbstständigkeit beim An- und Ablegen
- Desensibilisierung des Stumpfes
- Beobachtung des Zustands der Haut
- Übungen zum Ergreifen und Loslassen von Gegenständen
- Unterstützung bei der Anpassung und Nutzung von Alltagshilfen
- Einweisung in einen Trageplan
- Funktionelles Gebrauchstraining mit Schwerpunkt auf bilateralen Aufgaben, die für die Person mit partiellem Handverlust als wichtig erachtet werden (Abb. 5)
Während des Trainings ist die Aufmerksamkeit vermehrt auf die Ausführung komplexer Bewegungsabläufe im Rahmen von Alltagsaktivitäten (z. B. Haushalt, Schule, Beruf, Freizeit) gerichtet. Im Fokus steht das Fördern von Selbstständigkeit und Unabhängigkeit. Ziel des Trainings ist die bestmögliche Wiedereingliederung in das häusliche, berufliche und gesellschaftliche Umfeld.
Ergebnismessung
Durch die Entwicklung neuer Prothesenarten ist eine systematische, valide und reliable Ergebnismessung für eine Qualitätssicherung unerlässlich. Eine standardisierte Messung sollte sich dabei an den Vorgaben der „International Classification of Functioning, Disability and Health“ (ICF) 23 orientieren.
Die systematische Ergebnismessung erlaubt die
- Identifikation von Problemen und Barrieren
- Evaluation der Effektivität von Behandlungsverfahren
- Beurteilung der Fortschritte in Bezug auf das Behandlungsziel
Die unterschiedlichen Messinstrumente sollten einerseits tätigkeitsspezifisch („performance-based-test“) ausgerichtet sein, andererseits die subjektive Einschätzung des Patienten erfragen („patient-reported outcome“). Nach der Versorgung mit einer Teilhandprothese eignen sich für Erwachsene u. a. die folgenden validen und reliablen Testverfahren:
Performance-based outcome measures (PBOMs):
Patient-Reported Outcome Measures (PROMs):
- Trinity Amputation and Prosthesis Experience Scales – Revised (TAPES‑R)26 27
- Disabilities of the Arm, Shoulder, and Hand (DASH)28
- Patient Specific Functional Scale (PSFS)29
Erst durch die Verwendung einer Auswahl unterschiedlicher Messinstrumente ist eine fundierte Aussage und Beurteilung des funktionellen Ergebnisses möglich.
Fallbeispiel
Der 34-jährige männliche Patient zog sich beim Transport einer Blechbearbeitungsmaschine eine traumatische Fingeramputation D II‑V beider Hände zu (Abb. 6a, b). An der rechten Hand zeigte sich eine subtotale Amputation sämtlicher Langfinger auf Höhe der Grundglieder. Es erfolgte die Replantation der Finger 2–5 (Abb. 7a). An der linken Hand kam es zu einer kompletten Abtrennung sämtlicher Langfinger – D2 und D3 auf Höhe des Grundgliedes, D4 auf Höhe des Mittelgliedes, D5 war auf Höhe der Endphalanx amputiert. Es wurden zunächst die Finger D2 und D3 replantiert. Ring- und kleiner Finger der linken Seite mussten mittig der Grundphalanx D4 und der Mittelphalanx D5 amputiert werden (Abb. 7b).
Aufgrund von Ischämien von D2 und D3 links erfolgten mehrere Rettungsoperationen, welche sich aber als nicht erfolgreich erwiesen. Es wurden schließlich beide Finger mittig des Grundgliedes amputiert. Die Infektparameter stiegen im Verlauf und es kam zur Demarkierung von D2 bis D5 der rechten Hand, sodass somit auch alle Langfinger dieser Seite amputiert werden mussten. Drei Wochen nach Trauma waren somit beidseitig alle Langfinger eingekürzt.
In den ersten Tagen nach dem Unfall begann die Handtherapie an beiden Händen mit Bewegungen nicht verletzter Strukturen, entstauenden Maßnahmen und Anleitung zur Lagerung der Extremitäten. Aktiv wurde die Bewegung der MCP-Gelenke trainiert. Der Daumen konnte beidseits an die Basis des Zeigefingers adduziert werden, sodass bald leichtes Halten möglich war. Eine adaptierte Gabel nutzte der Patient zeitnah zum Essen. Auch die Zahnpastatube konnte der Patient öffnen und Zähneputzen war ihm allein möglich. Eine Anti-Rutsch-Unterlage unterstützte bei verschiedenen Aktivitäten. Noch mit Verbänden wurde mit dem Stumpftraining begonnen. Funktionell ausgewählte Spiele trainierten die Vielfalt des Greifens. Edukation hinsichtlich des Umgangs mit den Stümpfen zur Vermeidung von Ausweichbewegungen, zur Schmerzbewältigung und zum eigenen Üben war ebenfalls Inhalt der Therapie.
Während des gesamten stationären Aufenthalts erhielt der Patient psychologische Unterstützung zur posttraumatischen Belastungsverarbeitung. Nach einem anfänglichen Tiefpunkt (er konnte in den ersten Tagen seine Hände nicht anschauen) erlangte er schnell die Fähigkeit, sich aktiv mit der Situation auseinanderzusetzen. Nach vier Wochen wurde er mit reizlosen Wundverhältnissen und intakter Durchblutung entlassen. Die Verordnung ambulanter Ergotherapie wurde veranlasst (Abb. 8).
Aufgrund noch bestehender Narben in der zweiten und dritten Kommissur der rechten Hand erfolgte sieben Monate postoperativ eine Schmetterlingsplastik zur Kommissurvertiefung (Abb. 9).
Eine Schiene mit Zwei-Komponenten-Elastomersilikon zur Verbesserung der Narben im Bereich der Kommissuren wurde für die rechte Hand angepasst. Die Stümpfe waren jetzt ausreichend lang, um die Prothesen aufnehmen zu können. Während der Genesungsphase wurde ein- bis drei-mal pro Woche intermittierend eine Handtherapie zur Verbesserung der Alltagsfunktion bzw. zur Stumpfkonditionierung durchgeführt. In Anpassung an den Heilungsverlauf erfolgte eine passive und aktive Mobilisation der Gelenke. Nach Abschluss der Wundheilung wurden Kompressionsfingerlinge getragen. Den Fokus der handtherapeutischen Behandlung bildete die Desensibilisierung der Stümpfe, um die spätere Nutzung einer Teilhandprothese vorzubereiten. Zudem wurde links die aktive und passive Beweglichkeit von Ring- und Kleinfinger als mögliche Greiffunktion berücksichtigt. Dank intensiven Trainings erreichte der Patient nach zehn Monaten Therapie eine Flexion der MCP-Gelenke zwischen 55° bis 80°. Dies ist eine wichtige Voraussetzung zum Tragen der Prothesen.
Vier Monate nach dem Unfall wurde ein erster Kontakt zur Orthopädietechnik aufgenommen, um die Anpassung geeigneter Prothesen zu besprechen. Sieben Monate postoperativ erfolgten das Aufmaß und der Abdruck der linken Hand für die Fertigung des MCPDrivers. Der MCPDriver ist eine Eigenkraftprothese, die für eine Amputation eines oder mehrerer Finger distal des MCP-Gelenks des Zeige‑, Mittel‑, Ring- und/oder kleinen Fingers entwickelt wurde. Der MCPDriver stellt die ursprüngliche Fingerlänge wieder her und erlaubt so ein natürliches Greifverhalten. Der linke MCPDriver konnte unmittelbar nach Erhalt im Alltag eingesetzt werden und war von Beginn an durch seine intuitive Gebrauchsfähigkeit eine große Unterstützung bei den alltäglichen Verrichtungen. Der Patient wurde ergotherapeutisch einmal wöchentlich weiter behandelt, es wurde an Beweglichkeit, Narben und Alltagsaktivitäten gearbeitet.
Für die rechte Hand wurde nach erfolgter Genehmigung und der Zusage der Versorgungsmöglichkeit vier Monate nach Kommissurenvertiefung mit der Fertigung des MCPDrivers begonnen. Mit Erhalt der zweiten Prothese war schnell ein erweitertes Aktionspotenzial möglich und somit konnte ein Jahr und vier Monate nach dem Unfall eine zweiwöchige Wiedereingliederung für vier Stunden stattfinden. Im Anschluss daran konnte der Patient wieder Vollzeit seinem Beruf als Instandhaltungskoordinator nachgehen. Seine Arbeitsaufgaben umfassen im Wesentlichen Bürotätigkeiten (Abb. 10).
Mit seinen Prothesen ist der Patient in der Lage, fast alle Aktivitäten zu Hause auszuführen. Sie erlauben u. a. wieder die Zubereitung von Mahlzeiten, die Nutzung von Besteck sowie das Eingießen und Halten eines Glases (Abb. 11). Auch das Schließen von Jacken, die Nutzung einer Kreditkarte, das Halten eines Balles oder eines Lenkers sind nun wieder möglich. Die Bedienung der Tastatur ist nur mit den Prothesen vollumfänglich möglich, somit werden sie auf der Arbeit getragen und sind die Basis für die uneingeschränkte berufliche Tätigkeit.
Der Patient hat trotz seiner gravierenden Verletzung mit Hilfe der MCPDriver eine hohe Zufriedenheit erreicht. Positiv wirkten sich im Heilungsverlauf jederzeit seine hohe Motivation und der unterstützende familiäre Hintergrund aus.
Fazit
Erfolgreiches Gebrauchstraining ist dann erreicht, wenn die Teilhandprothese spontan und effektiv für die meisten täglichen Aktivitäten verwendet wird. Das Tragen einer Prothese unterstützt die gesellschaftliche und berufliche Teilhabe und trägt so dazu bei, die Lebensqualität betroffener Menschen zu verbessern. Die frühzeitige Anpassung einer Prothese, ein zeitnah begonnenes Training, ein erfahrenes interdisziplinäres Team aus Ärzten, Orthopädietechnik und Therapeuten sowie die umfassende Information des Patienten sind die Voraussetzung hierfür.
Hinweis:
Dieser Artikel erschien in ähnlicher Form in der Zeitschrift für Handtherapie 1/2024.
Die Autorinnen:
Susanne Breier
B.Sc in Angewandten Therapiewissenschaften, Ergotherapeutin, zertifizierte Handtherapeutin nach DAHTH, ECHT, Medical Office & Clinical Affairs EMEA, Össur
SBreier@ossur.com
Christiane Adami
Leitende Ergotherapeutin, Handtherapeutin DAHTH (2011)
Klinik für Unfall‑, Hand- und Wiederherstellungschirurgie und Orthopädie
Universitätsklinikum Jena
Am Klinikum 1
07749 Jena
christiane.adami@med.uni-jena.de
Begutachteter Beitrag/reviewed paper
Breier S, Adami C. Die Funktionsweise biomechanischer Prothesen nach Teilhandamputation – zurück ins Leben mit einer Teilhandprothese. Orthopädie Technik, 2025; 76 (3): 58–64
Quellenverzeichnis
- Pflaster drauf und gut? ! Medizinische Kompressionstherapie bei Wunden — 6. März 2025
- Funktionsweise biomechanischer Prothesen nach Teilhandamputation – zurück ins Leben mit einer Teilhandprothese — 5. März 2025
- Algen-basierte Carbonfaserkomposite – ein neuer CO2-speichernder Werkstoff für die Orthopädietechnik — 6. Februar 2025
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