Hohe Kosten zum Start ohne einen Wirknachweis, mangelnde Akzeptanz bei Ärzt:innen und Patient:innen sowie insgesamt immer noch zu geringe Verordnungszahlen sind laut GKV-Spitzenverband ausschlaggebend dafür, dass die DiGA nur langsam im Versorgungsalltag ankommen.
Vor allem das Zulassungsverfahren in das DiGA-Verzeichnis durch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wird kritisiert. Viele Anwendungen werden nur „auf Probe“ aufgenommen und müssen ihre Wirknachweise innerhalb von bis zu zwei Jahren wissenschaftlich belegen. Dennoch dürfen die Hersteller im ersten Jahr den Preis für die Anwendung frei festlegen und müssen nicht mit den Krankenkassen verhandeln. Der durchschnittliche Herstellerpreis bei Aufnahme für eine DiGA im ersten Jahr liegt laut GKV-Zahlen bei 593 Euro. Zum Vergleich: Bei der Einführung der DiGA 2020 lag der Startpreis noch durchschnittlich bei 407 Euro und im zweiten Jahr, wenn Vergütungsbeträge zwischen GKV-Spitzenverband und Hersteller verhandelt werden müssen, sogar nur bei 221 Euro.
Doch viele Hersteller schaffen es gar nicht, den Nutzennachweis zu erbringen. Nur jede fünfte Anwendung, die auf Probe ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen wird, schafft es auch, endgültig aufgenommen zu werden.
„Die Bilanz zu den DiGA ist von Ernüchterung geprägt. Auch im dritten Jahr nach ihrer Einführung lösen die Gesundheits-Apps nicht ihr Versprechen ein, die gesundheitliche Versorgung grundlegend zu verbessern. Dabei könnten DiGA Bindeglied sein zwischen Patientinnen und Patienten, Ärzteschaft, zwischen Sektoren und unterschiedlichen Fachrichtungen. Der Schlüssel für den Erfolg der DiGA ist ihr Nutzen. Aber der unverändert hohe Anteil von Anwendungen, die aufgrund ihres unklaren Nutzens nur zur Probe gelistet sind, sorgt für Unsicherheit und mangelnde Akzeptanz sowohl bei der verordnenden Ärzteschaft als auch bei Patientinnen und Patienten. Hinzu kommen die weiter steigenden Herstellerpreise. Es kann zudem nicht sein, dass ein Unternehmen für eine DiGA im ersten Jahr der Einführung 2.000 Euro und damit das Zehnfache des Durchschnitts der verhandelten Preise ab dem zweiten Jahr aufruft. Und dass, obwohl nicht einmal nachgewiesen ist, dass die Anwendung den Patientinnen und Patienten überhaupt etwas nutzt. Das Geld der Beitragszahlenden soll in eine bessere Versorgung fließen und keine Wirtschaftsförderung finanzieren“, zieht Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstandsmitglied beim GKV-Spitzenverband, Bilanz.
Die Zahlen des dritten Berichts des GKV-Spitzenverbandes über die Inanspruchnahme und Entwicklung der Versorgung mit Digitalen Gesundheitsanwendungen bestätigen dies. Rund 374.000 DiGA wurden in Anspruch genommen. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat dafür 113 Millionen Euro bezahlt.
Neue Wege beschreiten
Der GKV-Spitzenverband fordert, dass drei Anpassungen vorgenommen werden, um den DiGA mehr Schwung zu verleihen. Erstens sollen nur DiGA verordnet werden, deren Nutzen bewiesen ist. So soll nach Meinung des Spitzenverbandes eine höhere Qualität des Angebots für Patient:innen erreicht werden. Zweitens soll die Möglichkeit wegfallen, dass die Hersteller der Apps auf Rezept im Jahr der Einführung die Preise selbst und ohne Vorgaben gestalten können. Zulassungsregeln und Rahmenbedingungen müssten laut GKV-Spitzenverband mit anderen Leistungsbereichen harmonisiert werden. Drittens muss die Integration in Versorgungspfade gelingen. Dafür soll das Digitalisierungspotenzial bei der Behandlung und der Vernetzung über Leistungssektoren hinweg genutzt werden.
BVMed befürchtet Mehraufwand für Hersteller
„Mit inzwischen 50 gelisteten DiGA im BfArM-Verzeichnis werden zahlreiche Indikationen adressiert. Die Zahl der eingelösten Codes ist kontinuierlich gestiegen. Die Ausgaben von 67,5 Millionen Euro im Zeitraum eines Jahres machen jedoch nicht mal ein Promille der GKV-Gesamtausgaben aus. Die Einbindung der DiGA in Versorgungsstrukturen läuft aufgrund der gesetzlichen Regelungen für DiGA weiterhin schleppend“, fasst BVMed-Digitalexpertin Natalie Gladkov zusammen. Mehr Vorgaben und Regulierungen könnten dafür sorgen, dass Hersteller zukünftig von der Entwicklung von Digitalen Gesundheitsanwendungen absehen. „Die im Digitalgesetz vorgeschlagenen Anpassungen führen zu maßgeblichen Änderungen der DiGA selbst. Damit besteht für Hersteller von DiGA eine immer größer werdende Planungsunsicherheit, auch durch die steigende Komplexität der Gesetzgebungsinhalte, was am Ende zu Mehraufwänden bei den Herstellern führt“, warnt Gladkov.
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