Einleitung
Etwa 7.000 an Diabetes leidende Personen erkranken pro Jahr an einem sogenannten Charcotfuß (Diabetisch-Neuropathische Osteoarthropathie – DNOAP). Hierbei werden Fußknochen überlastet, entweder da die Knochenstruktur krankheitsbedingt geschwächt ist oder weil die Knochen zu stark beansprucht werden – beispielsweise durch das Übergewicht des Patienten. In der Folge bricht ausgehend von einer unbemerkten Fraktur oder einer fortwährenden Überlast das Fußgewölbe zusammen. Unbehandelt führt der Charcotfuß zu einer unbrauchbaren Extremität 1 2. Als Folge langjährigen Diabetesleidens führt eine die Krankheit begleitende Neuropathie dazu, dass der Bruch unbemerkt bleibt und der deformierte Fuß weiterer Belastung ausgesetzt wird3, sodass zum Zeitpunkt der Diagnosestellung häufig weitreichende Weichteilschädigungen sowie Ulcerationen entstanden sind. Die Ausheilung wird häufig durch vorliegende vegetative Störungen verlangsamt und erfordert eine konsequente Entlastung des Fußes4.
Die kognitiven Einschränkungen, die häufig mit Diabetes einhergehen, erschweren die Einhaltung von Entlastungsempfehlungen. Optionale Entlastungshilfen, wie beispielsweise speziell angefertigte Schuhe und Orthesen, werden durch das mangelnde Schmerzempfinden und ein häufig umständliches Handling der Hilfsmittel in vielen Fällen nicht konsequent genutzt. Eine mangelnde Einhaltung der Entlastung führt beim Charcotfuß in 30 Prozent der Eingriffe zu postoperativen Komplikationen, die in einer Amputation enden können1 3 5. Eine hinreichende Ruhigstellung ist deshalb die Grundlage für eine erfolgreiche Rehabilitation6. Eine ausführliche biomechanische Erläuterung findet sich bei Schafran (2020) 7. Wie nachfolgend beschrieben, zählt der Fixateur externe (im Folgenden nur Fixateur genannt) zu den operativen bzw. invasiven Hilfsmitteln als ideales und erfolgsversprechendes Werkzeug des Technischen Orthopäden.
Der Einsatz eines Fixateurs verfolgt klassischerweise eines der vier Behandlungsziele: Verlängern, Stillhalten, Druck ausüben oder Weichteildehnung8. In der Behandlung des Charcotfußes ist die Nutzung von Hoffmann-Fixateuren zur Retention nach einem operativen Eingriff etabliert. Dieser besteht aus Carbonstäben, die mit Klemmen verbunden werden und die eingebrachten Schrauben zueinander fixieren. Der Hoffmann Fixateur ist im Vergleich zum Ringaufbau von Ilizarov-Fixateuren häufig schneller zu operieren. Insbesondere aufgrund der geringen Weichteilschädigungen gegenüber einer internen Fixation und der Möglichkeit für nachträgliche Korrekturen wird diese Behandlungsform genutzt9. Wird der Fixateur für die Behandlung des Charcotfußes eingesetzt, so besteht die Gefahr, dass auch dieser aufgrund von kognitiven Einschränkungen ungeschützt belastet wird. Infolgedessen wurde im Hospital zum Hl. Geist in Geseke ein Fixateur-Aufbau entwickelt, bei dem der Fuß vom Fixateur-Rahmen umbaut wird. Hierzu wird mindestens ein Fixateur-Stab so angebracht, dass dieser den Fuß nach distal deutlich überragt (Abb. 1). Mit diesem Aufbau wird eine unbeabsichtigte Belastung des Fixateurs und damit der Frakturstelle deutlich unwahrscheinlicher, jedoch wird der Patient auch stark immobilisiert. Zu bedenken ist, dass die Ausheilungszeiten beim Charcotfuß mit bis zu 20 Wochen sehr lang sein können8. Die Erfolge von Behandlungspfaden, die eine schnelle Mobilisierung des Patienten zum Ziel setzen (sog. Fast-Track-Behandlung), zeigen die Relevanz der Mobilisierung für einen schnellen Heilungsprozess selbst für schwerkranke Patienten10. Somit ist eine Mobilisierung auch mit Fixateur wünschenswert, weshalb einzelne Fixateur-Systeme bereits Fußstücke umfassen, mit denen eine Teilbelastung beim Laufen zulässig ist. Für diese bisher bekannten Fußstücke werden Belastungsgrenzen von bis zu 30 kg empfohlen. Nach Abheilung der Weichteilschäden kann der Charcotfuß meist teilbelastet (10–15 kg) werden11 12, sodass nur eine kombinierte Anwendung mit Gehstützen infrage kommt. Zu bedenken ist jedoch, dass einzig die subjektive Wahrnehmung des Trägers in der Praxis darüber entscheidet, wann diese Belastungsgrenze erreicht ist. Aufgrund der oben genannten Einschränkungen treten in der Praxis bei diabetischen Patienten häufig unbeabsichtigte Überbelastungen auf und die Ausheilung des Charcotfußes wird negativ beeinflusst. Um diese Auswirkungen zu reduzieren, wurde bereits eine kombinierte Anwendung aus Charcot-Rahmenorthese und Fixateur eingesetzt13. Konkret wurde im Rahmen des zuvor beschriebenen kombinierten Ansatzes im Hospital in Geseke exemplarisch zusätzlich zur Rahmenorthese für drei Patienten ein bilateraler Hoffmann-Fixateur aufgebaut, welcher eine vollständige Belastung über ein Fußstück zulässt (Abb. 2). Bei diesen wird die vom Körpergewicht resultierende Kraft über den Calcaneus und die Tibia eingeleitet, wodurch die Fraktur distal der Krafteinleitung liegt und somit nahezu unbelastet bleibt. Diese Anwendung eignet sich für die DNOAP, welche im Vorfuß lokalisiert sind. Ist ebenso der Calcaneus betroffen (z. B. bei Sanders Typ 5), müssen die Schrauben gänzlich in der Tibia eingebracht werden. Dieser Aufbau, der rein in der Tibia verankert ist, wurde im Rahmen der vorliegenden Untersuchung betrachtet. Mithilfe der hier vorgestellten Untersuchungsergebnisse werden die Einflussgrößen auf die Tragfähigkeit eines solchen bilateralen Fixateurs beschrieben und die praktische Tragfähigkeit unter zyklischer Belastung untersucht. Im Ergebnis werden die vier klassischen Behandlungsziele für den Fixateur-Einsatz um eine weitere Betrachtungsdimension erweitert: die Mobilisierung.
Theoretische Vorbetrachtung
Eine Steigerung der Steifigkeit des Fixateurs wurde bereits in einer Vielzahl von Untersuchungen mit dem Fokus der Frakturbehandlung betrachtet (z. B. 14 15 16 17 18 19 20 21). Aus diesen lassen sich allgemeingültige Richtlinien zum Aufbau eines Fixateurs ableiten. Zu nennen ist beispielsweise, dass ein bilateraler Aufbau besser als ein monolateraler ist, dass der Abstand zwischen Knochen und Verbindungsstange möglichst gering sein sollte und die Schrauben nach Möglichkeit über einen zweiten Stab an der Verdrehung gehindert werden sollten. Bei allen bisherigen Untersuchungen geht der Kraftfluss jedoch parallel durch den Fixateur und die Fraktur (Abb. 3a) mit dem Ziel, im Frakturspalt eine Druckspannung aufrechtzuerhalten und somit eine schnelle Abheilung zu ermöglichen. Im Falle einer Überbeanspruchung des Fixateurs kann ein erneutes Brechen der bereits angeheilten Fraktur auftreten bzw. nicht ausgeschlossen werden (sog. Debricolage) 12. Bei der hier betrachteten Mobilisierung über den Fixateur wird die Gewichtskraft des Patienten vom Boden in ein Fußstück eingeleitet und gänzlich proximal der Frakturstelle eingeleitet (Abb. 3b). Die SN werden so weit distal wie möglich eingebracht, insofern nicht betroffen in den Calcaneus, ansonsten in die Tibia, damit sichergestellt ist, dass die betroffenen Regionen nicht belastet werden.
Zur Untersuchung der Tragfähigkeit des Fixateurs wurden zunächst die relevanten Einflussgrößen ermittelt. Der Fokus liegt hierbei auf dem Übergang zwischen Knochen und Schraube. Diese Einflussgrößen lassen sich grundlegend wie folgt unterscheiden:
Einflussgrößen, die …
- … sich auf die zulässigen inneren Beanspruchungen des Systems auswirken (z. B. Materialeigenschaften des Knochens und der Schraube)
- … sich auf auftretende innere Beanspruchung des Systems auswirken (z. B. Abstände der Schrauben, Aufbau des Fixateurs)
- … die äußeren Belastungen auf das Gesamtsystem beeinflussen (z. B. Gewicht und Laufverhalten des Patienten)
- … beeinflussbar sind (Schraubendurchmesser, Material und Aufbau des Fixateurs)
- … nicht (kurzfristig) veränderbar sind (z. B. Gewicht des Patienten)
Im Rahmen dieser Untersuchung wurden gezielt veränderbare Einflussgrößen, die sich auf die auftretenden inneren Beanspruchungen im System auswirken, betrachtet. Zur analytischen Beschreibung der Einflussgrößen wurden mechanische Ersatzmodelle von drei Teilsystemen des Fixateurs aufgebaut: Schanze-Schrauben (SS) mit Klemme, Steinmann-Nägel (SN) mit Klemme sowie Fixateur-Stab (siehe Abb. 3). Die Kräfte zwischen den Teilsystemen ließen sich aus dem Gesamtmodell ableiten und konnten in Relation zu den Spannungen an den Schrauben sowie im Knochen gesetzt werden. Die Ergebnisse der analytischen Berechnungen sind in Abb. 4 vereinfacht für die Stellen A, B und D (vgl. Abb. 3) dargestellt. Die in der Abbildung dargestellte Farbgebung ist so zu deuten, dass eine grüne Farbe eine positive (beim Steigen der Ausgangsgröße steigt auch die abgeleitete Größe) und eine rote Farbe eine negative Korrelation bedeutet. Die Dicke des Pfeils gibt die Stärke der Korrelation an.
Grundsätzlich ist weitgehend bekannt, dass der Durchmesser der Schrauben die wesentlichste Einflussgröße auf die Tragfähigkeit ist (vgl. 17). Doch dieser kann nicht beliebig weit gesteigert werden, da sonst der verbleibende Knochen zur stark geschwächt wird. Der minimal mögliche Abstand zwischen Schraubenklemme und Knochen (Abstand SS-Tibia bzw. SN-Tibia, vgl. Abb. 3) hängt von der Pin-Pflege ab und wird je nach Wundbehandlung mit ca. 10 mm 8 bis hin zu 40 mm17 angegeben. Die Abstände zwischen der Klemme der SS und der SN sollten so groß wie möglich sein, ebenso die Abstände der SS zueinander (vgl. [8]). Der Einfluss des Schrauben-E-Moduls auf die Federsteifigkeit ist nur relevant, insofern die Schrauben linear belastet werden; bei größeren Beanspruchungen wird entsprechend das nichtlineare Verhalten relevant.
Aus der analytischen Betrachtung lässt sich ableiten, dass eine Schraube umso mehr Last trägt, je steifer sie eingebunden ist (z. B. aufgrund von Durchmesser oder Ausspannlänge). Durch die beidseitige Einspannung ist die Steifigkeit der SN höher als der SS, sodass die Schrauben in konventionellen Fixateuren mehr Last tragen. Eine federnde Anbindung der SN an den restlichen Fixateur kann hier Lastüberhöhungen entgegenwirken.
An dieser Stelle kann festgehalten werden, dass bei beispielsweise 5.000 Schritten am Tag (entspricht 2.500 Belastungen je Fuß) ein Fixateur für eine Behandlungsdauer von ca. sechs Wochen auf etwa 100.000 Lastzyklen ausgelegt sein muss. Es ist jedoch anzunehmen, dass Patienten mit einem Fixateur weniger laufen, wodurch sich der Einsatzzeitraum vergrößert.
Praktische Untersuchung
Zur praktischen Bewertung wurden Versuche an Knochen durchgeführt. Für einen Vorversuch wurden Mittelfußknochen von Vor- und Hinterläufen von Schafen (Ovis aries) genutzt, die mit dem proximalen Ende in eine Prüfhalterung eingegossen wurden. Abbildung 5 zeigt den Versuchsaufbau mit dem eingebrachten Fixateur. Zum Aufbau des Fixateurs (Hoffmann 3, Fa. Stryker) wurde ein SN (D = 4 mm, mit mittlerem aufgesetztem Gewinde, Edelstahl, Fa. Stryker) etwa 10 mm vor dem distalen Knochenende und die SS (D = 5 mm, Edelstahl, Fa. Stryker) im Abstand von je 25 mm mit etwa 40 mm Abstand der distalen Schraube zum distalen Knochenende eingebracht.
Über den integrierten Kraftaufnehmer der servoelektrischen Prüfmaschine konnte der Kraft-Weg-Verlauf aufgenommen werden. Die Aufbauten wurden mit bis zu 1.200 N für bis zu 280.000 Zyklen von oben auf einer ebenen Fläche belastet. Aus den Versuchen konnte neben einer besseren Abschätzung der einzusetzenden Prüflasten und Zyklen die theoretische Vorbetrachtung bestätigt werden, nach welcher der SN die Komponente mit der höchsten Beanspruchung ist. Der theoretisch erwartete Effekt aufgrund einer höheren Steifigkeit des SN gegenüber den SS wurde durch die Einfederung des Fixateurs an der SS-Anbindung noch verstärkt. Der SN versagte zwischen 30.000 und 100.000 Zyklen mit einem Brechen sowohl innerhalb des Knochens als auch nahe der Klemme. Das Schraubloch im Knochen war geweitet, während die SS weiterhin festsaßen und keine sichtbaren Verformungen aufwiesen. Infolgedessen wurden am Schafsknochen einzelne SN zyklisch belastet, um deren kritisches Lastniveau zu ermitteln. Bei einem schwellenden Lastniveau von 250N lag das Versagen bei über 200.000 Zyklen (n = 3). Hierbei wies der Knochen rund um das Einschraubloch geringfügige Lochweitungen auf, die Schraube hatte jedoch einen festen Sitz. Schafsknochen haben eine gute Vergleichbarkeit zum Menschen, weisen jedoch eine höhere Knochendichte auf. Dies führt insbesondere im Vergleich mit älteren Patienten zu einer höheren Festigkeit22. Um zudem den Einfluss der Knochengröße richtig zu berücksichtigen, wurden anschließend erweiterte Versuche an sieben humanen Tibiae (Alter 55–91 J.) in der medizinischen Fakultät der RWTH Aachen durchgeführt. Diese Tibiae wurden analog zu den Vorversuchen eingebettet und der Fixateur aufgebaut (Abb. 6). Die Tibia wurde isoliert getestet, sodass es bei dem gewählten Aufbau in der Praxis zu Überschneidungen zwischen den Schraubeneinbringungen und dem Verlauf der Fibula kommen könnte.
Für die Prüfungen wurde eine pneumatische Prüfmaschine der Fa. Dynamess verwendet. Mit den Tibiae wurden zyklische Belastungsversuche durchgeführt (900 N, 2,2 Hz, 40.000–110.000 Zyklen), bei denen die Anzahl der Schrauben (3–4 SS und 0–2 SN) und der Abstand SS-Tibia sowie SN-Tibia zwischen Klemme und Knochen variiert wurde (zwischen 20 mm und 40 mm). An fünf Proben wurde im Anschluss an die zyklische Prüfung eine Belastung bis zum Versagen (Load to Failure) durchgeführt.
Die SS wurden in keinem Versuch plastisch verformt, und lediglich in einem Versuch gab es eine leichte Lockerung bei der mittleren Schraube. Drei SS konnten ohne sichtbare Schädigung am Knochen oder in der Schraube 1.500 N tragen, ein SN trug 250 N. Somit könnten bei idealer Lastverteilung im derzeitigen Aufbau 1.750 N getragen werden, was bei einer Lastüberhöhung von 1,8 (etwa beim Treppensteigen23) ein Patientengewicht von knapp 100 kg ohne Sicherheiten zulässt. Die Einschraublöcher des SN waren z. T. geweitet, wobei die Knochenschädigung zunahm, je weiter distal die Schrauben eingebracht waren. Bei einer Versuchsdurchführung war eine höhere Knochenschädigung auf der medialen Seite zu erkennen, in zwei Versuchen lateral. Bei der Betrachtung des Knochenquerschnitts wurde sichtbar, dass diese Seite jeweils eine etwas dünnere Corticales aufwies. Die Schädigung des Knochens am SN ist im Querschnitt in Abbildung 7 zu sehen. In drei Versuchen, bei denen die SN mit 30 mm Abstand (SN-Tibia) zum Knochen eingespannt waren, entwickelte sich die Schädigung schrittweise über die Zyklen. Die Federsteifigkeit des Gesamtsystems nahm über die Zyklen kontinuierlich ab, jedoch war die Veränderung nach über 40.000 Zyklen nur marginal. Dies lässt darauf schließen, dass innerhalb der getesteten Zyklen nach einem anfänglichen Setzen und „Ausschlagen“ des Schraubloches an den SN die Schädigung nicht weiter zunimmt. Beim steigenden Abstand (SN-Tibia) von 40 mm setzte die Schädigung überhaupt erst ab etwa 40.000 Zyklen ein. Dies zeigt ebenfalls, dass durch das künstliche Herabsetzen der Federsteifigkeit an den SN die Last stärker von den SS getragen wird. Je nach Aufbau des Fixateurs ist es deshalb empfehlenswert, von den klassischen Richtlinien (möglichst minimaler Abstand SN-Tibia) zur Steigerung der Tragfähigkeit abzuweichen.
Abschließend bleibt zu erwähnen, dass es bis auf ein vereinzeltes Rutschen der Klemmen zu keiner Schädigung an den Fixateur-Elementen gekommen ist. Da beim hier aufgezeigten Prüfaufbau Knochen, Schrauben und Fixateur zeitgleich getestet wurden, ist jedoch nicht deutlich, wie sich die einzelnen Komponenten gegenseitig beeinflussen.
Die praktischen Ergebnisse entsprechen den Erwartungen der theoretischen Vorbetrachtungen. Jedoch wird deutlich, dass noch weiteres Potenzial in der Tragfähigkeit liegt, insofern die Steifigkeiten der Schrauben besser angepasst werden können. Zudem zeigt sich, dass die Tragfähigkeit der verwendeten Schrauben bereits in der korrekten Größenordnung liegt, jedoch für möglichst breite Anwendungsfelder (z. B. schwere oder sehr aktive Patienten) noch weiter gesteigert werden muss. Durch den In-Vitro-Versuchsaufbau konnten keine Pin-Lockerungseffekte untersucht werden, welche auf aktive Knochenresorption, Entzündungen oder Hitzenekrosen beim Einbringen der Schrauben24 zurückzuführen sind. Zudem wurden die Eigenschaften der untersuchten Knochen nicht separat ermittelt, um die Ergebnisse auf Patienten übertragen zu können, welche z. B. ein hohes Alter oder Osteoporose haben. Insbesondere die Knocheneigenschaften unterliegen in Folge der Alterung erheblichen Schwankungen25, was einen großen Einfluss auf die Tragfähigkeit hat.
Nutzung der Ergebnisse zur Gestaltung eines Hilfsmittels
Ausgehend von den Versuchsergebnissen wurde mithilfe von endlos faserverstärktem 3D-Druck (CFK-Druck) ein prototypisches Fußstück für den Fixateur entwickelt. Dieses setzt über die Verwendung von Biegefeder-Elementen die Steifigkeit der Anbindung der SN herab, wodurch eine gleichmäßigere Lastverteilung zwischen den Schrauben möglich wird. Die Ausgestaltung ist angelehnt an aktuelle Designs von Fußprothesen, da durch den Fixateur die Feder-Dämpfungs-Eigenschaft des Fußes verloren geht. Deshalb wird mit dem Fußstück der Auftritt der Hacke gefedert und die Energie beim Abstoßen über den Vorfuß zurückgegeben. Das Hilfsmittel ist zur Anbindung an bestehende Fixateur-Baukästen gedacht. Für die Ausheilung einer Fraktur o. Ä. muss der Fixateur von der Anbindung am Schienbein herunter konstruiert werden. Dieser kann jedoch deutlich kleiner ausfallen als konventionell, da der Fuß beim Gehen unbelastet bleibt.
Das Fußstück wurde hinsichtlich seiner Federungseigenschaften im Gangzyklus (Belastungswinkel ‑20° bis +20°) experimentell unter Anbindung an einen Kunstknochen untersucht (Abb. 8). Die Lastaufnahme der SN kann beim geraden Stand (0°) durch die weiche Einbindung deutlich heruntergesetzt werden. Beim Abstoßen über den Vorfuß (+20°) treten derzeit noch höhere Beanspruchungen auf, welche durch eine Aussteifung der Anbindung der SS in weiteren Verbesserungen behoben werden sollen.
Fazit
Mit der Untersuchung konnte eine Übersicht über die theoretisch vorhandenen Verbesserungspotenziale und deren Relevanz erzielt werden. Diese ließen sich z. T. durch praktische Versuche zeigen.
Die durchgeführten Untersuchungen können aufgrund der Anzahl und Umsetzung lediglich eine grobe Orientierung für zukünftige Untersuchungen zur Tragfähigkeit von Fixateuren bieten. Zudem sind die Einflussfaktoren, welche sich nur im lebenden Gewebe ermitteln lassen, perspektivisch zu berücksichtigen. Die Untersuchungen lassen zudem keine Aussage darüber zu, wie der Knochen auf Überlastungen (z. B. beim Stolpern) reagiert. Hierzu sind weitere Versuche notwendig.
Um die Tragfähigkeiten des Fixateur-Aufbaus weiter zu verbessern, wird im Zuge weiterer Forschungsarbeiten mithilfe der FEM (Finite-Elemente-Methode) weiterhin dazu beigetragen, eine verbesserte Schraubkonstellation sowie geeignetere Steifigkeiten zu ermitteln. Diese sollen in die Verbesserung des gefertigten Fußstücks einfließen. Zudem werden die Einflussgrößen an Kunstknochen untersucht. Bei diesen Versuchen wird mithilfe einer aussteifenden Prüfvorrichtung sichergestellt, dass die Elemente des Fixateurs sich nicht gegenseitig beeinflussen können.
Für die Autoren:
Finn Buttgereit
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Angewandte Mechanik
Universität Paderborn
Warburger Straße 100
33098 Paderborn
buttgereit@fam.upb.de
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