„Mein Baby“ – nennt Susanne Hahn, Mitinhaberin des Sanitätshauses Hellbach, stolz den Bereich für die Ödemversorgung in ihrem Haus am Standort Amberg. Im Jahr 2007 übernahm sie gemeinsam mit ihrem Ehemann, Orthopädietechniker-Meister Matthias Hahn, das traditionsreiche Sanitätshaus, das derzeit an zwei Standorten 15 Mitarbeiter:innen beschäftigt. Ab 2012 widmete sich die gelernte Bürokauffrau der Lip- und Lymphödemversorgung. Seither habe sie sich richtig „reingefuchst“ in das Thema. Im Durchschnitt besuche sie drei bis vier Schulungen pro Jahr und berate sowie versorge immer mehr Patient:innen mit Kompressionsstrümpfen. „Dieser Bereich ist für unser Geschäft, aber auch für mich persönlich sehr wichtig“, erklärt Susanne Hahn. „Ich empfinde ein großes Glücksgefühl, wenn Betroffene glückstrahlend das Geschäft verlassen haben. Inzwischen bin ich innig mit einigen Kund:innen verbunden.“
Betroffenen die Angst nehmen
Viele Patient:innen kämen mit der frischen Diagnose verängstigt vom Arzt oder der Ärztin. Danach googeln sie zu Hause, sehen Schreckensbilder im Internet und betreten mit großer Furcht das nächste Sanitätshaus. „Wenn sie dann erst über einen Toilettenstuhl oder Rollstuhl stolpern, schlägt ihre Angst – ähnlich wie bei den Patient:innen nach Brustoperationen – schnell in Panik um“, so Susanne Hahn. Es gelte, den Betroffenen die Angst zu nehmen und ihnen eine intime Wohlfühlzone für Beratung und Abmessung zu bieten. Bereits mit dem Umzug in den Neubau 2016 hätten sie auf eine Wohlfühlatmosphäre bei der Gestaltung des Geschäfts geachtet und die zahlreichen positiv belegten Produkte und Hilfsmittel eines Sanitätshauses in den Vordergrund gestellt. Erst die wachsende Zahl der Lip- und Lymphödempatient:innen ihres Hauses hätte sie aber ermutigt, dieses Segment noch weiter auszubauen. Insgesamt drei Jahre arbeitete die Inhaberin und Ödemexpertin von der Planung bis zur Umsetzung an der Neugestaltung der Ödemversorgung im Ladengeschäft.
Viel Raum für moderne Technik in Wohlfühlatmosphäre
Bei der Neugestaltung setzte Susanne Hahn auf mehr Raum unter anderem für digitale Abmessungstechnik, den neu erworbenen Lymphomat für die Entstauungstherapie sowie für Beratungsgespräche im Sitzen. Denn mit dem im September 2021 erhaltenen Lymphsiegel verpflichtet sich das Unternehmen zu einem einstündigen Erstberatungsgespräch. Auf 15 Quadratmetern ist mit Unterstützung der Diplom-Ingenieurin und Innenarchitektin Elke Park ein Studio für die Lip- und Lymphödemversorgung im Wohnzimmerstil entstanden. Es enthält neben einer gemütlichen Sitzgruppe für die Beratung mit Herz und einer Wand mit sämtlichen relevanten Produkten aller auf dem Marktsegment tätigen Hersteller eine Wohlfühlkabine – Rapunzel genannt – mit moderner Abmessungstechnik samt hochwertiger Liege auch für schwerere Patient:innen. Resultat: „Es geht den Betroffenen viel besser, wenn sie unser Haus verlassen“, betont Susanne Hahn. „Sie äußern sich komplett begeistert über unser Ödemstudio.“
Sanitätshaus und Concept Store
Die Atmosphäre des Ödembereichs reihe sich zudem nahtlos in die Gesamtgestaltung des Ladenlokals ein. „Unser Geschäft ist Sanitätshaus und Concept Store in einem“, so die Mitinhaberin. „Das galt bei der Eröffnung 2016 als großes Risiko, wurde aber extrem gut von unserer Kundschaft angenommen.“ Gleiches gelte auch für die jüngste Modernisierung des Ödembereichs. „Unser Ruf spricht sich dank zufriedener Patient:innen und unseres erfolgreichen Instagramkanals rasant rum“, so Hahn. „Sogar aus dem 600 Kilometer entfernten Hannover reisen inzwischen Betroffene mit Lip- und Lymphödemen an, um sich von uns versorgen zu lassen.“
Hohe Investitionen – großer Erfolg
Eine sechsstellige Summe und drei Jahre Arbeit investierte das Ehepaar in die Neugestaltung der Lip- und Lymphödemversorgung. Jährlich veranstaltet das Unternehmen zudem – sofern Corona es zulässt – bis zu vier Informationsveranstaltungen mit Mediziner:innen, Physiotherapeut:innen und weiteren Expert:innen zu den Themen Ödem- und Brustversorgung sowie Modenschauen mit Tag- und Nachtwäsche sowie Kompressionsstrümpfen. „Ich kann nur allen Kolleg:innen empfehlen, sich viele Gedanken zur Gestaltung ihrer Geschäfte zu machen und ein wunderschönes Ambiente mit positiver Ausstrahlung zu schaffen“, erklärt Susanne Hahn abschließend. „78 Prozent unserer jungen Kund:innen nannten in einer Umfrage im Jahr 2021, sie hätten zuvor eine wahnsinnige Angst gehabt, ein Sanitätshaus zu betreten. Das muss uns allen zu denken geben!“ Sie und ihr Team werden auch in Zukunft ihre Angebote sowie Wissensvermittlung für Betroffene etwa durch die Mitwirkung an „Das Lipödem Buch“ von Dr. Dominik von Lukowicz weiterverfolgen.
Ruth Justen
Weitere Konzeptideen und Tipps für die Neu- und Umgestaltung des eigenen Sanitätshauses mit Fokus auf Lip- und Lymphödemversorgung lesen Sie hier.
- Kinder mit Trisomie 21: Einsatz der Ganganalyse zur adäquaten Schuh- und Orthesenversorgung — 5. November 2024
- Rehabilitation aus orthopädietechnischer und physiotherapeutischer Sicht – Osseointegration und Schaftprothesen der unteren Extremität im Vergleich — 5. November 2024
- Belastungsprofile von knochenverankerten Oberschenkelimplantaten verbunden mit modernen Prothesenpassteilen — 5. November 2024