Sowohl einzeln als auch in Kleingruppen und großen Klassenverbünden verfolgten die mehr als 100 Teilnehmer:innen die Vorträge der Referent:innen und beteiligten sich aktiv mit Fragen und Rückmeldungen im Chat. Mit Blick auf das Motto erklärte Lars Grun, Vorsitzender des Berufsbildungsausschusses des BIV-OT: „Unser Handwerk besteht darin, alle Fertigungstechniken so zu beherrschen, dass wir in der Lage sind für jedes Problem eine Lösung zu finden. Wir tragen eine große Verantwortung, dass wir jederzeit auf Stand der Technik sind. Und hierzu zählt auch die Digitalisierung.“
Erster und letzter Schritt bleiben beim Orthopädietechniker
Den Anfang machte Dr.-Ing. Tommy Schafran, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Angewandte Mechanik an der Universität Paderborn. Er gab einen Einblick in die additive Fertigung (3D-Druck), verglich die unterschiedlichen Verfahrensweisen und stellte aktuelle Forschungsansätze vor. Die Vorteile der additiven gegenüber der konventionellen Fertigung liegen für Schafran auf der Hand: Dazu gehören neben großer Designfreiheit und weitestgehender Kostenneutralität auch eine schnelle Verfügbarkeit der Produkte sowie die Möglichkeit der Massenfertigung und Nachbildung bionischer Strukturen. Ein weiterer Gewinn: „Der Aufwand der Maschine ist unabhängig von der Komplexität des Bauteils“, berichtete Schafran. Heißt: „Je komplizierter die Form eines Bauteils, desto aufwendiger ist die konventionelle Fertigung. Dem 3D-Drucker ist das egal.“ Deutlich wurde aber auch: Digitalisierung kann viel. Sie ist aber nicht das Allheilmittel. „Ich möchte die Möglichkeiten und Vorteile thematisieren, aber auch ganz klar auf Hindernisse und Grenzen eingehen“, stellte Schafran gleich zu Beginn der Präsentation klar. „In Zukunft wird es immer eine Kombination aus verschiedenen Fertigungsverfahren sein“, betonte er. Und: „Der erste und der letzte Schritt werden beim Orthopädietechniker bleiben“: zum einen das Design und die Konstruktion und zum anderen die Anwendung und Schulung des Patienten mit dem Produkt sowie die Bewertung.
Den Sprung von der Theorie in die Praxis machte Michael Krämer (Technische Orthopädie, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Heidelberg). Schritt für Schritt zeigte er den Auszubildenden am Beispiel einer Gesichtsmaske, wie sie mit geringem Aufwand und wenig Kosten ein Objekt vom Scan bis zum Druck zu Hause realisieren können. Für den Scan reicht eine Kinect, eigentlich eine Videospielsteuerung für die Microsoft Xbox. Per Umfrage stellte sich heraus, dass bereits 14 Prozent der Teilnehmenden eine Kinect besitzen. Den Übrigen empfahl Krämer, sich ein gebrauchtes Modell für um die 40 Euro zuzulegen. Zur Modellierung kommt die kostenlose Software Meshmixer zum Einsatz, gedruckt werden kann anschließend über einen Dienstleister. „Ich würde damit nicht versorgen, aber das System ist toll, um daran zu lernen“, rief Krämer den OT-Nachwuchs dazu auf, das Gezeigte zu Hause auszutesten.
Additive Fertigung im Unternehmen
Wie additive Fertigung konkret im Unternehmen umgesetzt werden kann und welche Vorteile das für den Versorgungsalltag bietet, zeigten die Hilfsmittelhersteller und Sponsoren der Jugend.Akademie Bauerfeind und Ottobock. Gemeinsam mit Anwenderin Doreen präsentiere Jens Volkmar (Ottobock), wie mit Hilfe des 3D-Drucks eine Unterschenkelprothese hergestellt werden kann. Dass dieser Prozess auch im Alltag nicht viel mehr als 40 Minuten benötige, sorgte für überraschte Reaktionen aus dem Publikum. Zeitgleich gab Alexander Lehle (Bauerfeind) den Auszubildenden im virtuellen Nebenraum einen Einblick in die digitale Einlagenversorgung mit der Systemlösung Bodytronic ID:CAM, die es ermöglicht, Fräseinlagen individuell zu modellieren und zu fertigen.
Meister? Studium? Oder lieber eine Spezialisierung? Möglichkeiten, wie es für die Auszubildenden nach der Gesellenprüfung weitergehen kann, stellten Bernd Sibbel und Dr. Ann-Kathrin Hömme von der Bundesfachschule für Orthopädie-Technik vor. „Unser Studiengang ‚Orthopädie- und Rehabilitationstechnik‘ ist einzigartig. Es ist kein dualer Studiengang. Es ist ein Vollzeitstudiengang mit erweiterten Praxisphasen“, erläuterte Hömme, die die einzelnen Module Schritt für Schritt vorstellte.
International Erfahrungen sammeln, neue Kontakte knüpfen und die eigenen Sprachkenntnisse erweitern – darauf machte Theresa Mayerhöffer von MeinAuslandspraktikum.de den Teilnehmer:innen Lust. „Während der Ausbildung im Ausland zu lernen ist möglich“, erklärte sie und verwies dabei auf die Förderprogramme „Erasmus+“ und „AusbildungWeltweit“, die die Azubis finanziell unterstützen.
Orthopädie-Technik leicht gemacht – dieses Ziel hat sich Thomas Wetzelsperger auf die Fahne geschrieben. Unter dem Namen „gOT it“ betreibt der gelernte Orthopädietechniker einen Youtube-Kanal mit Erklär- und Lernvideos rund um die Orthopädie-Technik und Biomechanik. Im Rahmen der Jugend.Akademie bot er einen Einblick in seine Arbeit. Bildung, so Wetzelsperger, sei der Hebel zum Erfolg. Damit meint er, dass junge Orthopädietechniker:innen Wissen ansammeln sollen, um anschließend selbst innovativ zu denken. Deshalb sein Appell: „Traut euch anders zu denken!“ An einem einfachen Zahlenspiel machte er deutlich, warum das innovative Denken so wichtig ist. „Eine gute Idee von euch kann auf einen Schlag vielleicht 1.000 Menschen helfen. Überlegt einmal, wie lange es dauert, bis ihr persönlich 1.000 Menschen versorgt und damit geholfen habt.“
Digitale Jugend.Akademie-Tasche
Zum Abschluss der Veranstaltung bedankten sich Lars Grun, Axel Sigmund sowie Joyce Herrmann, verantwortlich bei der Confairmed für die Durchführung der Jugend.Akademie, bei allen Teilnehmenden für ihre Beteiligung sowie den Sponsoren, die dem OT-Nachwuchs einen spannenden Einblick in aktuelle Versorgungsmöglichkeiten zeigten. „Ich freue mich, dass das Interesse und die Beteiligung so groß waren“, betonte Sigmund. „Es ist uns gelungen, die Jugend.Akademie – auch in der virtuellen Welt – erfolgreich zu gestalten.“ Schon jetzt fiebert er einem persönlichen Wiedersehen bei der OTWorld im kommenden Jahr entgegen – dann wieder in Präsenz in Leipzig.
Als kleines Dankeschön bekamen die Auszubildenden die Jugend.Akademie-Tasche „in die Hände“ gedrückt. Diesmal in digitaler Form enthält sie allerlei Informationsmaterial, u. a. zum Thema Ausbildung und Studium sowie die aktuelle Ausgabe und Sonderausgaben der OT.
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