70 Jah­re Bufa – ein beson­de­res Jubiläum

„Man muss die Feste feiern, wie sie fallen“, heißt es. Und dieses fiel – mitten in der Woche – zu ungewöhnlicher Stunde, wie Schulleiter Stefan Bieringer bei der Begrüßung der Gäste betonte. Aber aus gutem Grund: Denn exakt vor 70 Jahren, am 12. September 1953, wurde die Bundesfachschule für Orthopädie-Technik (Bufa) in Frankfurt am Main gegründet.

In Dort­mund kamen nun Leh­ren­de, Schüler:innen, Koope­ra­ti­ons­part­ner und wei­te­re Weg­be­glei­ter zusam­men und fei­er­ten die Ein­rich­tung selbst und beson­ders einen Mann, der zwar nur zeit­wei­se vorn am Pult stand, dafür aber im Mit­tel­punkt jeder Rede.

Was bei so einer Ver­an­stal­tung nicht feh­len darf, ist der Rück­blick auf die ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te. Einen Groß­teil davon – 23 Jah­re – präg­te Bier­in­ger in sei­ner Funk­ti­on als Schul­lei­ter. Und so ließ er die Gäs­te an den Mei­len­stei­nen und High­lights der Ein­rich­tung teil­ha­ben. Als Schnitt­stel­le zwi­schen Hand­werk und Wis­sen­schaft gegrün­det und mit dem Ziel, Patient:innen best­mög­lich zu ver­sor­gen, ste­he für die Bufa nach wie vor der Mensch im Mit­tel­punkt und sei das Maß, an dem sich die Ein­rich­tung selbst misst. Was der­zeit auf einer Flä­che von 3.400 Qua­drat­me­tern gelehrt wird, nahm in einer klei­nen Werk­statt mit Gara­gen­cha­rak­ter in Frank­furt am Main sei­nen Anfang. Auch ande­re Auf­nah­men aus ver­gan­ge­nen Zei­ten zeig­ten, wel­che Ver­än­de­run­gen die Bufa durch­lebt hat. „Es gab nicht nur ande­re Fri­su­ren“, scherz­te Bier­in­ger, „es wur­den auch ande­re Arbeits­tech­ni­ken ange­wen­det.“ Dar­über hin­aus stel­len die Grün­dung des Trä­ger­ver­eins 1970, der Umbau und die Erwei­te­rung 1998 sowie die Ein­füh­rung des Stu­di­en­gangs Ortho­pä­die- und Reha­bi­li­ta­ti­ons­tech­nik 2015 wei­te­re Mei­len­stei­ne in der Geschich­te der Schu­le dar.

Inspi­ra­ti­on für Innovationen

Die Bufa habe sich zu einer der renom­mier­tes­ten Bil­dungs­ein­rich­tun­gen des Fachs ent­wi­ckelt und dabei nie ihre Mis­si­on aus dem Blick ver­lo­ren, sich den Her­aus­for­de­run­gen gestellt und sich stets an die Ent­wick­lun­gen ange­passt, um den Schüler:innen die best­mög­li­che Aus­bil­dung zu ermög­li­chen, beton­te Lars Grun, Vor­sit­zen­der des Vor­stan­des des Bufa e. V. Der leben­de Beweis dafür sei­en die Alum­ni. „Ich bin stolz auf die Geschich­te und noch auf­ge­reg­ter mit Blick auf die Zukunft.“

Auf die Absolvent:innen kam eben­falls Alf Reu­ter, Prä­si­dent des Bun­des­in­nungs­ver­ban­des für Ortho­pä­die-Tech­nik (BIV-OT), zu spre­chen. „Alle, die hier raus­ge­hen, sind Pro­fis. Sie ver­sor­gen Men­schen, die Ortho­pä­die-Tech­nik brau­chen.“ Und nicht nur das: Vie­le Meis­ter, die hier ihren Abschluss machen, wür­den neue Unter­neh­men grün­den und so ihre Begeis­te­rung für das Fach wei­ter­ge­ben. „Über die Bufa zu reden, ohne über Sie zu reden, geht nicht“, beton­te Reu­ter und such­te den Blick zu Bier­in­ger. Ein Drit­tel der Bufa-Jah­re habe er maß­geb­lich mit­be­stimmt und geformt. „Sie haben einen unschätz­ba­ren Bei­trag geleis­tet“, dank­te er dem 63-jäh­ri­gen Schul­lei­ter für sein Enga­ge­ment. Für die Zukunft wünscht sich Reu­ter, dass die Bun­des­fach­schu­le wei­ter­hin Quel­le und Inspi­ra­ti­on für Inno­va­tio­nen bleibt und wert­vol­le Arbeit leis­tet, damit nach­fol­gen­de Gene­ra­tio­nen hier in 70 Jah­ren erneut mit Stolz stehen.

Nicht für die 140-Jahr-Fei­er, dafür aber für das 100-jäh­ri­ge Jubi­lä­um wur­de gleich die ers­te Fest­red­ne­rin gefun­den. Patri­zia Kraft, Absol­ven­tin des Meis­ter­lehr­gangs 2014/2015, fie­bert schon jetzt dem nächs­ten gro­ßen Fest­akt ent­ge­gen. Denn für sie hat die Bufa eine beson­de­re Bedeu­tung: „Kaum eine Ent­schei­dung hat mein Leben so ver­än­dert wie die, mich für die Meis­ter­aus­bil­dung zu ent­schei­den“, sag­te sie. Freund­schaf­ten haben sich gebil­det, ein bun­des­wei­tes Netz­werk sei ent­stan­den. Gro­ßen Dank sprach sie den Lehr­kräf­ten aus. „Ich hat­te Leh­rer, die mehr Poten­zi­al in mir gese­hen haben als ich selbst.“ Fach­kräf­te zu sichern, bezeich­ne­te sie als Schlüs­sel, um die Ver­sor­gungs­qua­li­tät hoch­zu­hal­ten. Vor­aus­set­zung dafür sei eine ange­mes­se­ne Ver­gü­tung. „Sei­en Sie ehr­lich, wür­den Sie Ihrem Sohn oder Ihrer Toch­ter dazu raten, eine Aus­bil­dung in der Ortho­pä­die-Tech­nik zu machen?“, frag­te sie fast rhe­to­risch. Angst und Ban­ge sei ihr trotz aller Her­aus­for­de­run­gen den­noch nicht. Die Bran­che sei inno­va­tiv und leis­tungs­stark. „Für mich ist es einer der schöns­ten Beru­fe, die es gibt.“

Das The­ma Fach­kräf­te beschäf­tigt eben­falls Bert­hold Schrö­der, Prä­si­dent der Hand­werks­kam­mer Dort­mund. Tech­nik spie­le in der Bran­che eine gro­ße Rol­le und der Bedarf an Fach­kräf­ten, die die­se Tech­nik ein­set­zen, sei hoch. „Hand­werk­lich und auch mensch­lich braucht es viel Fin­ger­spit­zen­ge­fühl“, beton­te er. „Das kann kei­ne Maschi­ne.“ Von unschätz­ba­rem Wert sei der Trans­fer zwi­schen Wis­sen­schaft und Hand­werk, den die Bun­des­fach­schu­le leis­te. „Machen Sie mit der Erfolgs­ge­schich­te wei­ter“, so Schröder.

Auf eine wei­te­re erfolg­rei­che Koope­ra­ti­on wies Prof. Dr. Ste­phan Wey­ers, Pro­rek­tor für Leh­re und Stu­di­um an der Fach­hoch­schu­le Dort­mund, hin. Mit Ein­füh­rung des Stu­di­en­gangs Ortho­pä­die- und Reha­bi­li­ta­ti­ons­tech­nik beglei­tet die FH die Bufa seit fast zehn Jah­ren auf ihrem Weg. „Die Meis­ter­stu­die­ren­den fal­len weni­ger oft durch, sind sehr moti­viert, Pro­fis und Per­fek­tio­nis­ten. Das fällt auf“, berich­te­te er.

Hand­werks­zei­chen in Gold verliehen

Pas­send zum Grün­dungs­tag der Bufa blick­te Mar­cus Nach­bau­er, Vize­prä­si­dent des Zen­tral­ver­ban­des des Deut­schen Hand­werks (ZDH), auf einen wei­te­ren 12. Sep­tem­ber zurück. Und zwar auf den im Jah­re 1962. „Wir haben uns ent­schlos­sen, in die­sem Jahr­zehnt zum Mond zu flie­gen und noch ande­re Din­ge zu unter­neh­men, nicht weil es leicht ist, son­dern weil es schwer ist“, zitier­te er aus John F. Ken­ne­dys Rede in Hous­ton, Texas. Die Mond­mis­si­on hät­te nicht funk­tio­niert, wenn es nur eine Pla­nung gege­ben hät­te. Es brauch­te Leu­te, die die­sen Plan umset­zen. Rund 30.000 Aus­bil­dungs­plät­ze sei­en der­zeit in Deutsch­land unbe­setzt. Dass Bewerber:innen feh­len, lie­ge aber nicht am man­geln­den Enga­ge­ment der Betrie­be. „Bil­dung besteht nicht nur aus Wis­sen, son­dern auch aus Kön­nen“, erklär­te er und bemän­gel­te zugleich die vor­an­schrei­ten­de Aka­de­mi­sie­rung und den Glau­ben, dass nur ein Stu­di­um zum Erfolg füh­re. Es brau­che die dua­le Aus­bil­dung, es brau­che Know-how im Kopf und in den Hän­den. Wei­ter­hin wer­de er sich stark machen für die Gleich­wer­tig­keit von aka­de­mi­scher und beruf­li­cher Aus­bil­dung. Eben­so wie es damals dar­um ging, die Mond­mis­si­on zu meis­tern, gehe es auch heu­te dar­um, die Her­aus­for­de­run­gen der Gegen­wart anzu­ge­hen. Einer, „für den das nichts Neu­es ist“, sei Ste­fan Bier­in­ger. „Die Aus­bil­dung neu­er Fach­kräf­te war und ist eine Her­aus­for­de­rung, die Sie nicht auf­schie­ben, son­dern meis­tern“, lob­te Nach­bau­er. Als Zei­chen der Aner­ken­nung für sei­ne beson­de­ren Diens­te wur­de der Schul­lei­ter mit dem Hand­werks­zei­chen in Gold des ZDH geehrt. Sicht­lich über­rascht und gerührt nahm Bier­in­ger die Aus­zeich­nung, über­reicht von Nor­bert Stein, Geschäfts­füh­rer des Bufa e. V., ent­ge­gen. Unter gro­ßem Bei­fall erho­ben sich nach und nach alle Gäs­te von den Sitz­rei­hen und erwie­sen dem 63-Jäh­ri­gen auf die­se Wei­se ihren Respekt und ihre Anerkennung.

Ein vergoldetes Genium-X3-Kniegelenk übergab Philipp Hoefer (links) an Stefan Bieringer.
Ein ver­gol­de­tes Geni­um-X3-Knie­ge­lenk über­gab Phil­ipp Hoe­fer (links) an Ste­fan Bier­in­ger. Foto: BIV-OT/En­gel­brecht

Eine wei­te­re Über­ra­schung hat­te Phil­ipp Hoe­fer, Geschäfts­füh­rer Ver­trieb & Mar­ke­ting DACH der Otto­bock Health­Ca­re Deutsch­land GmbH sowie Vor­stands­mit­glied des Bufa e. V., im Gepäck. Ein ver­gol­de­tes Geni­um-X3-Knie­ge­lenk wird künf­tig eine der Vitri­nen in Dort­mund schmü­cken. Zum Abschluss der Fest­ver­an­stal­tung fand Lars Grun eben­falls nur loben­de und aner­ken­nen­de Wor­te für Bier­in­ger. „Er ist nicht nur Schul­lei­ter, son­dern für vie­le auch eine Inspi­ra­ti­on, ein Men­tor und Freund und hat das Leben unzäh­li­ger Schü­ler ver­än­dert. Er ist ein Vor­bild für uns alle.“

                                                                                                                                       Pia Engelbrecht

Tei­len Sie die­sen Inhalt