2‑Scha­len-Orthe­se mit Kon­dylen­ab­stüt­zung in Car­bon­tech­nik zur ortho­pä­di­schen Schuhversorgung

M. Hennicke
Die Verwendung von 2-Schalen-Orthesen mit Kondylenabstützung in Carbontechnik/Easypreg bietet eine wirksame Lösung zur orthopädischen Versorgung von Patienten mit chronischen Fußwunden und Wundheilungsstörungen. Diese Orthesen helfen durch Druckumverteilung und Stabilisierung, die Heilung zu fördern und die Mobilität zu verbessern. Im Vergleich zu konfektionierten Orthesen, die oft nicht den individuellen anatomischen Anforderungen entsprechen, ermöglicht die maßgeschneiderte 2-Schalen-Orthese eine präzise Anpassung und höhere Effektivität. Hergestellt aus dem thermoplastisch verformbaren Faserverbundwerkstoff Easypreg, bietet die Orthese nicht nur Stabilität, sondern ist auch thermisch nachträglich formbar und korrigierbar. Ein spezieller Polstermantel soll die Druckverteilung optimieren und das Verrutschen des Fußes verhindern. Die Integration von Patienten in den Herstellungsprozess und ihre Compliance tragen zum Erfolg der Therapie bei.

Ein­lei­tung

Durch Kom­pli­ka­tio­nen in der Wund­hei­lung chro­ni­scher Wun­den oder Wund­hei­lungs­stö­run­gen am Fuß auf­grund einer peri­phe­ren arte­ri­el­len Ver­schluss­krank­heit (pAVK), eines dia­be­ti­schen Fuß­syn­droms (DFS), einer Poly­neu­ro­pa­thie (PNP), einer Ampu­ta­ti­on und/oder zusätz­li­chem Infekt sind vie­le Pati­en­ten in ihrer Mobi­li­tät und damit in ihrer Lebens­qua­li­tät kom­plett ein­ge­schränkt oder gar von einer Teil­ha­be aus­ge­schlos­sen1. Wer­den Wun­den am Fuß und/oder Fuß­soh­len­be­reich nicht ent­las­tet, kann aus prak­ti­scher Erfah­rung her­aus die­se Wun­de nicht hei­len, auch bei Ein­satz der bes­ten Wund­ver­sor­gung und moderns­ter Wundauflagen.

Für die­se immer öfter auf­tre­ten­den Fuß­kom­pli­ka­tio­nen kön­nen Unter­schen­kel­or­the­sen ein­ge­setzt wer­den: Durch Druckum­ver­tei­lung ent­steht Druck­ent­las­tung, die Kon­struk­ti­on der Orthe­se und ihre Höhe über­neh­men die Kraft, die in der Bewe­gung ent­steht2 3. In der OT/OST-Bran­che wer­den hier­für eine Viel­zahl kon­fek­tio­nier­ter Unter­schen­kel­or­the­sen-Sys­te­me ange­bo­ten. Sie kön­nen sehr schnell ein­ge­setzt wer­den und sind recht kos­ten­güns­tig. Oft jedoch sto­ßen kon­fek­tio­nier­te Unter­schen­kel­or­the­sen erfah­rungs­ge­mäß an ihre Gren­zen: Vie­le sind zu schmal in der Fuß­scha­le und zu eng im Bein­schaft, da die zu ver­sor­gen­den Füße und Bei­ne der Pati­en­ten meist kei­ner „Norm“ ent­spre­chen, die Pro­por­tio­nen zuein­an­der nicht in Kon­fek­ti­ons­grö­ßen pas­sen (z. B. durch Schwel­lun­gen) und auch meist zusätz­lich ana­to­mi­sche, biomechanische/statische Ver­än­de­run­gen vorliegen.

Die­se Pati­en­ten kön­nen mit einer 2‑Scha­len-Unter­schen­kel­or­the­se indi­vi­du­ell ver­sorgt wer­den (Abb. 1). Auf die­se Wei­se kann der Pati­ent mobi­li­siert wer­den, wodurch sei­ne Lebens­qua­li­tät steigt und auch die Wund­hei­lung geför­dert wird.

Laut Hilfs­mit­tel­ka­ta­log der GKV4 sind indi­vi­du­el­le Anfer­ti­gun­gen von Unter­schen­kel­or­the­sen nur dann erfor­der­lich, wenn indus­tri­ell gefer­tig­te Orthe­sen auf­grund tech­ni­scher, medi­zi­ni­scher oder ana­to­mi­scher Gege­ben­hei­ten nicht ver­wen­det wer­den kön­nen. Die Ent­schei­dung trifft der behan­deln­de Arzt in Abspra­che mit dem OSM/OTM.

Das Ver­sor­gungs­prin­zip einer Unter­schen­kel­or­the­se beruht auf der Verlagerung/Umverteilung phy­si­ka­li­scher Kräf­te, die durch die Höhe der Orthe­se umge­lei­tet und von die­ser über­nom­men wer­den: Die Höhe über­nimmt Kraft. Wei­ter­hin wer­den zur Funk­ti­ons­si­che­rung Sta­bi­li­sie­rungs­ele­men­te ein­ge­baut. Die beid­sei­ti­ge Kon­dylen­ab­stüt­zung am Knie wirkt wie eine Gabel, die Femur-Kon­dylen „hän­gen“ in die­ser Gabel. So kann eine effek­ti­ve Druck­ent­las­tung an der Fuß­soh­le erreicht werden.

Com­pli­ance

Einer der wich­tigs­ten Punk­te bei der Ver­sor­gung mit einer 2‑Scha­len- Unter­schen­kel­or­the­se ist, den Pati­en­ten von Anfang an in das Pro­ce­de­re mit ein­zu­be­zie­hen. Er muss wis­sen, wie eine sol­che Orthe­se aus­sieht und funk­tio­niert und wel­ches The­ra­pie­ziel erreicht wer­den soll. Ihm muss klar sein, dass die Ver­sor­gung nur mit sei­nem Enga­ge­ment funk­tio­niert. Eine Garan­tie für einen erfolg­rei­chen The­ra­pie­ver­lauf kön­nen wir aller­dings nicht geben, denn die Kon­sti­tu­ti­on jedes ein­zel­nen Men­schen ist indi­vi­du­ell. Ist abseh­bar, dass der Pati­ent nicht zu moti­vie­ren ist und die Ver­sor­gung nicht genutzt wer­den wird, er also nicht com­pli­ant ist, soll­te die Ver­sor­gung abge­bro­chen wer­den. Dies ist auf­grund der Kos­ten und auch der Zeit und Arbeit den Ärz­ten und Kos­ten­trä­gern gegen­über begründ­bar. Im End­ef­fekt ist es die Ent­schei­dung des Patienten.

Ver­sor­gung mit einer 2‑Scha­len-Orthe­se

Anpro­be

Schon beim Erst­kon­takt mit dem Pati­en­ten wer­den im Rah­men der Auf­klä­rung eine Tritt­spur und die Foto­do­ku­men­ta­ti­on erstellt. Emp­feh­lens­wert ist es, hier schon die Fuß- und Bein­ma­ße abzu­neh­men, um bei der Leis­ten­er­stel­lung even­tu­el­le Dif­fe­renz­ma­ße, z. B. durch tags­über auf­tre­ten­de Schwel­lun­gen am Fuß und Bein, berück­sich­ti­gen zu können.

Die ers­te Zwi­schen­pro­be des Leis­tens am Pati­en­ten erfolgt am bes­ten nach­mit­tags, wenn Schwel­lun­gen oder ande­re Ver­än­de­run­gen (z. B. Medi­ka­ti­ons­aus­wir­kun­gen) sowie Dif­fe­renz­ma­ße am bes­ten fest­ge­stellt und ggf. am Leis­ten geän­dert wer­den kön­nen. Mit einem nur über den Fuß­soh­len­be­reich gezo­ge­nen „Platz­hal­ter“ (z. B. 7 mm Nora SL) ist die Fuß­soh­len­form zu prü­fen. Punk­te wie der Sitz der Kon­dylen wer­den am Leis­ten ange­zeich­net. Die Arbeits­bet­tung erfolgt zunächst über einen Platz­hal­ter mit einer sehr guten Abrol­lung. Bei der Fer­tig­stel­lung der Orthe­se wird er durch eine adap­tier­te Fuß­bet­tung in Sand­wich-Bau­wei­se und ent­spre­chen­de Pols­te­run­gen ersetzt.

Der Weich­wand­schaft aus Nora Moti­on wird in einem Stück über den Leis­ten gear­bei­tet, im Spit­zen­be­reich zusam­men­ge­führt und ver­klebt. Zusätz­lich kön­nen wei­te­re Pols­te­run­gen z. B. an den Kon­dylen oder im Ein­stiegs­be­reich ange­bracht werden.

Bei der nun fol­gen­den zwei­ten Anpro­be am Pati­en­ten wer­den der Sitz des Man­tels am Bein und Fuß über­prüft und die Umris­se der hin­te­ren Car­bon­scha­le ange­zeich­net (Ein­stieg, Kon­dylen­sitz), eben­so der Ver­lauf der vor­de­ren Scha­le. Für die spä­te­re Fixie­rung der Front­scha­le an der Orthe­se wer­den Keil­stü­cke aus 10 mm Nora SL im Ein­schlupf­be­reich Unter­schen­kel am Man­tel ange­bracht. So „schnappt“ spä­ter die Car­bon­front­scha­le beim Schlie­ßen der Orthe­se in der vor­ge­se­he­nen Posi­ti­on ein.

Der Weich­wand­schaft wird nicht mit der Car­bon­scha­le ver­bun­den, er kann jeder­zeit aus der Orthe­se ent­nom­men wer­den. So kann er unein­ge­schränkt gerei­nigt, bear­bei­tet, geän­dert oder auch ersetzt werden.

Mate­ri­al­ein­satz

Der äuße­re Teil der Orthe­se wird aus Easy­preg her­ge­stellt. Dies ist ein ther­mo­plas­tisch ver­form­ba­rer Faser­ver­bund­werk­stoff mit Car­bon­fa­sern und einer Matrix aus einem spe­zi­el­len Poly­amid5 6. Easy­preg wird in einer dafür geeig­ne­ten Tief­zieh­ma­schi­ne im Vaku­um erwärmt und an das Modell ange­formt. Die ein­zel­nen Zuschnit­te des Lami­nats wer­den vor­her nach Bedarf gelegt und für ein ein­fa­che­res Hand­ling durch Punkt­schwei­ßen zu einem Paket fixiert. Auf die­se Wei­se wer­den eine media­le und eine late­ra­le Halb­scha­le her­ge­stellt, die mit­tig etwas über­lap­pen und abschlie­ßend im Vaku­um mit­ein­an­der ver­schweißt wer­den (Abb. 2). Die Kan­ten­be­ar­bei­tung erfolgt vor dem Ver­schwei­ßen und Aus­leis­ten; dadurch wird das auf­ge­zo­ge­ne Pols­ter­ma­te­ri­al vor Beschä­di­gun­gen geschont. Die Stär­ke des Easy­preg wird auf das Gewicht und die Kör­per­grö­ße des Pati­en­ten abge­stimmt, um die ent­spre­chen­de Sta­bi­li­tät zu erhal­ten. So ist eine 2‑Scha­len-Unter­schen­kel­or­the­se im Ver­gleich zu einem her­kömm­li­chen Lami­nat mit Car­bon und Acryl­harz etwa 30 % leich­ter und damit wesent­lich kom­for­ta­bler für den Patienten.

Der Leis­ten wird klas­sisch mit PU-Schaum gegos­sen. Die Fein­hei­ten wie der fron­ta­le Ein­stiegs­be­reich der Orthe­se, die Schien­bein­kan­te und die Femur­kon­dylen sowie die Form des Vor­fu­ßes wer­den mit Spach­tel­mas­se nachbearbeitet.

Auch der Pols­ter­man­tel aus dem weich­bet­ten­den Nora Luna­tec Moti­on (ca. 12 Shore A) nimmt beim Tra­gen der Orthe­se die Scher­kräf­te in der Bewe­gung auf und opti­miert die Druck­ver­tei­lung7. Außer­dem ver­hin­dert die Mate­ri­al­ober­flä­che, dass Fuß und Bein aus der Orthe­se rut­schen. Der Weich­wand­man­tel kann aus der Orthe­se ent­nom­men wer­den und ist damit jeder­zeit ver­än­der­bar und kann vor allem gerei­nigt und des­in­fi­ziert wer­den. Das Ethy­len-Vinyl­ace­tat-Mate­ri­al (EVA) ist hygie­nisch abwasch­bar und geschloss­enzel­lig, sodass kei­ne Ver­schmut­zung in das Mate­ri­al ein­drin­gen kann.

Die­ses kom­plett indi­vi­du­el­le Orthe­sen-Scha­len-Sys­tem aus Easy­preg ist auch nach­träg­lich ther­misch ver­än­der­bar, die Bet­tung und der Pols­ter­man­tel kön­nen eben­so ver­än­dert und vor allem des­in­fi­ziert und gerei­nigt werden.

Her­stel­lung der Easy­preg-Scha­le und ‑Front­scha­le

Das 3D-Kon­struk­ti­ons­ver­fah­ren sowie auch der 3D-Druck sind inno­va­ti­ve Mög­lich­kei­ten, die Arbeit in der OT/OST zu erleich­tern, sto­ßen aber der­zeit noch an ihre Gren­zen. In Bezug auf die 2‑Scha­len-Orthe­se ist der Zeit­rah­men von der Leis­ten­kon­struk­ti­on bis hin zum fer­tig gedruck­ten Leis­ten recht lang. Zudem wird der Leis­ten auf­grund sei­ner Grö­ße und Län­ge (er endet etwa 15 cm über dem Knie) zu schwer in der wei­te­ren Pro­duk­ti­on. Natür­lich kann man nach dem 3D-Scan den Leis­ten und auch die Orthe­se an sich via Pro­gramm kon­stru­ie­ren, doch das „Pro­blem“ ist der Pols­ter­schaft (in die­sem Fall Nora Moti­on, ther­misch ver­form­bar), da die­ser hän­disch auf den Leis­ten gear­bei­tet wird: Die Stär­ke kann durch manu­el­len Zug vari­ie­ren, er wür­de nie 100%ig in einer gedruck­ten Orthe­se sit­zen. Doch die Tech­nik ent­wi­ckelt sich wei­ter und auch pols­tern­de Mate­ria­li­en für die indi­vi­du­el­le Ver­sor­gung wer­den in Zukunft druck­bar sein.

Die Ver­ar­bei­tung von Easy­preg ist ein rein phy­si­ka­li­scher Pro­zess und sehr ein­fach zu bewäl­ti­gen. Anhand der Pati­en­ten­da­ten (Grö­ße und Gewicht) wird der Easy­preg-Auf­bau fest­ge­legt und vor­be­rei­tet. Die Zuschnit­te rich­ten sich nach dem auf dem Pols­ter­schaft ange­zeich­ne­ten Ver­lauf der Car­bon­or­the­se. Die hin­te­re Scha­le wird in zwei Arbeits­gän­gen gezo­gen (innen/außen), anschlie­ßend wer­den bei­de Scha­len getrennt von­ein­an­der im Vacu­therm­ge­rät gezo­gen und anschlie­ßend mit­ein­an­der ver­schweißt. Sobald sie abge­kühlt sind, kann die Wei­ter­ver­ar­bei­tung erfol­gen. Werk­stü­cke – also die 2‑Scha­len-Orthe­se – kön­nen wie­der­erwärmt und somit kor­ri­giert oder auch repa­riert wer­den. Da die Hit­ze­ein­wir­kung nur von kur­zer Dau­er ist, nimmt das Pols­ter kei­nen Scha­den8.

Die Front­scha­le über­greift die hin­te­re Scha­le über die auf den ange­brach­ten Keil­strei­fen hin­aus. Die Keil­strei­fen füh­ren zu einer form­schlüs­si­gen Ver­bin­dung der Front­scha­le mit der hin­te­ren Scha­le, sodass ein ver­ti­ka­les Ver­rut­schen der Front­scha­le beim Anle­gen aus­ge­schlos­sen und die Wirk­sam­keit der Orthe­se gege­ben ist.

Nach der Fer­tig­stel­lung der Orthe­se mit Easy­preg wird eine wei­te­re Anpro­be am Pati­en­ten durch­ge­führt: Mög­li­ches über­schüs­si­ges Mate­ri­al, der Ein­stieg, even­tu­el­le unge­wünsch­te Druck­be­rei­che und Kan­ten sowie die Län­ge der vor­de­ren Scha­le wer­den über­prüft und anschlie­ßend kor­ri­giert. Der Soh­len­be­reich wird mit EVA-Mate­ri­al aus­ge­gli­chen, eine Soh­len­rol­le auf­ge­ar­bei­tet und ein­ge­schlif­fen sowie rutsch­hem­men­des Mate­ri­al, z. B. Nora Astral, als Lauf­soh­le aufgebracht.

Fein­schliff und Montage

Nun erfolgt der Fein­schliff der Car­bon­or­the­se (Abb. 3). Die­ser dient haupt­säch­lich der Ent­gra­tung des Car­bon­ma­te­ri­als, da es sehr scharf­kan­tig ist und den Pati­en­ten beim An- und Aus­zie­hen der Orthe­se ver­let­zen könn­te. Der Weich­wand­schaft soll­te etwa einen hal­ben Zen­ti­me­ter über die Kan­ten der Orthe­se reichen.

Unter­halb der aus­ge­form­ten Keil­stü­cke wer­den zwei Vario-Ski­ver­schlüs­se und im Vor­fuß­be­reich ein brei­ter elas­ti­scher Klett­ver­schluss mit Umlenk­rol­le ange­bracht. Die vor­de­re Scha­le wird mit einer ther­misch ange­form­ten Pols­te­rung aus 8 mm Nora Luna­tec Moti­on (12 Shore A) aus­ge­füt­tert und bei der Anpro­be mit Klett­punk­ten fixiert (Abb. 4). Sie soll­te einen guten Zen­ti­me­ter oben und unten aus der Front­scha­le über­ste­hen. Das spe­zi­el­le EVA-Mate­ri­al nimmt Scher­kräf­te in der Bewe­gung auf, bet­tet extrem weich und ist damit beson­ders geeig­net für druck­emp­find­li­che Bereiche.

Die Arbeits­bet­tung wird durch eine adap­tier­te Fuß­bet­tung ersetzt, die dem Fall ent­spre­chend aus Nora-Luna­tec-Com­bi-2-Mate­ri­al her­ge­stellt und ent­spre­chend gepols­tert wur­de. Als Deck­ma­te­ri­al eig­net sich Nora Lun­airm­ed in 2 mm, da es auf­grund der geschloss­enzel­li­gen Ober­flä­che bei sekre­tie­ren­den Wun­den gut zu rei­ni­gen und zu des­in­fi­zie­ren ist.

Die vor­de­re Scha­le wird mit einer ther­misch ange­form­ten Pols­te­rung aus 8 mm Nora Luna­tec Moti­on aus­ge­füt­tert und bei der Anpro­be mit Klett­punk­ten fixiert. Sie soll­te einen guten Zen­ti­me­ter oben und unten aus der Front­scha­le über­ste­hen. Die Gegen­sei­te – also das gesun­de Bein des Pati­en­ten – wird zum Höhen­aus­gleich mit einem sta­bi­len Kon­fek­ti­ons­schuh oder ggf. The­ra­pie­schuh versehen.

Aus­lie­fe­rung und Nachsorge

Der Pati­ent hat wäh­rend des Ent­ste­hungs­pro­zes­ses der 2‑Scha­len-Orthe­se fast jeden Arbeits­schritt mit ver­fol­gen kön­nen und ist meist wirk­lich neu­gie­rig auf das Ergeb­nis. Nach­dem die Orthe­se ange­legt und auf die Pass­form über­prüft wur­de, folgt der ers­te Steh­ver­such. Der Pati­ent soll ein Gefühl für die Ver­sor­gung bekom­men, da eini­ge Funk­tio­nen von Fuß und Bein ein­ge­schränkt oder aus­ge­schal­tet wur­den. Fühlt er sich im Stand sicher, begin­nen die ers­ten Geh­ver­su­che (Abb. 5). Für die Anfangs­zeit emp­fiehlt sich aus Sicher­heits­grün­den der Ein­satz von Unter­arm­geh­stüt­zen. Vie­le Pati­en­ten hal­ten beim Lau­fen mit der Orthe­se das Knie steif, obwohl es in der Vor­wärts­be­we­gung frei ist.

Nach erfolg­rei­chem Geh­trai­ning wird der Pati­ent in die Hand­ha­bung der Orthe­se genau ein­ge­wie­sen. Ziel ist es, sie selbst­stän­dig an- und aus­zu­zie­hen und den rich­ti­gen Sitz zu spü­ren. Er wird über die Ein­ge­wöh­nungs­zeit sowie die Pfle­ge und Hygie­ne­maß­nah­men auf­ge­klärt, erhält eine Bedie­nungs­an­lei­tung und ein Kon­troll­ter­min wird ver­ein­bart. Die­se Kon­troll­ter­mi­ne sind wich­tig, da auch die OSM/OTM den Ver­lauf der Wund­hei­lung betrach­ten und doku­men­tie­ren müs­sen. Hier kommt wie­der die Com­pli­ance des Pati­en­ten ins Spiel, da er eigen­ver­ant­wort­lich ist.

Anhand der Abbil­dun­gen 6 bis 11 ist zu sehen, wel­che schwie­ri­gen Fäl­le wir mit 2‑Scha­len-Orthe­sen ver­sorgt haben und wel­che Wir­kung sie erzielten.

Sind die The­ra­pie und das Tra­gen der 2‑Scha­len-Orthe­se erfolg­reich und der Wund­hei­lungs­ver­lauf posi­tiv, kann über die Anschluss­ver­sor­gung mit ortho­pä­di­schen Schu­hen nach­ge­dacht wer­den. Hier ist das Zusam­men­spiel von Arzt, Wund­the­ra­peu­ten und Hand­wer­ker (OSM/OT) wich­tig, sie müs­sen sich abstimmen.

Eine schuh­tech­ni­sche Ver­sor­gung beinhal­tet sehr ähn­li­che Ele­men­te wie die 2‑Scha­len-Orthe­se. Der Fuß-/Un­ter­schen­kel­be­reich muss fest im Schuh sit­zen, auch hier gilt: Die Höhe über­nimmt die Kraft. Eben­so soll­te der Schuh ver­än­der­bar sein. Um dies zu errei­chen, kann eine Unter­schen­kel­or­the­se her­ge­stellt wer­den, die den Fuß‑, Knö­chel- und Unter­schen­kel­be­reich sta­bi­li­siert und mit Klett­bän­dern am Unter­schen­kel gehal­ten wird. Der ortho­pä­di­sche Schuh ist wie ein Ski­schuh mit ver­steif­ter Lasche und ver­steif­ter Soh­le aus­ge­stat­tet, außer­dem mit einer sehr guten Abroll­soh­le. Die Bet­tung wird eben­falls in Sand­wich­bau­wei­se her­ge­stellt. Natür­lich kann auch eine Arthro­de­sen­kap­pe bis kurz unter das Knie in den Schuh ein­ge­baut wer­den, die sich aller­dings meist schwer ver­än­dern lässt, soll­ten Druck­stel­len oder Ähn­li­ches ent­ste­hen. Wie auch in der Tra­ge­zeit der 2‑Scha­len-Orthe­se muss die Schuh­ver­sor­gung in regel­mä­ßi­gen Abstän­den über­prüft werden.

Fazit

Zusam­men­fas­send kann die Ver­sor­gung mit einer 2‑Scha­len-Orthe­se sehr erfolg­reich sein, wenn sowohl der Pati­ent als auch sein Umfeld mit­ma­chen und auch das Zusam­men­wir­ken und die Kom­mu­ni­ka­ti­on unter Ärz­ten, The­ra­peu­ten und Tech­ni­kern sowie Kos­ten­trä­gern gege­ben ist. Ziel ist es, dem Pati­en­ten mehr Lebens­qua­li­tät zu ermög­li­chen. Die Vor­tei­le der 2‑Scha­len-Orthe­se lie­gen ins­be­son­de­re in der indi­vi­du­ell auf den Pati­en­ten abge­stimm­ten Ent­las­tung, die sich an den jewei­li­gen Stand im Hei­lungs­pro­zess anpas­sen lässt.

 

Die Autorin:
Mar­ti­na Hennicke
Geschäftsleitung
MH Ortho­pä­die GmbH
Adler­stra­ße 45
76133 Karlsruhe
Tel: 0721–387108
m.hennicke@mh-orthopaedie.de

 

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
Hen­ni­cke M. 2‑Scha­len-Orthe­se mit Kon­dylen­ab­stüt­zung in Car­bon­tech­nik zur ortho­pä­di­schen Schuh­ver­sor­gung. Ortho­pä­die Tech­nik, 2024; 75 (10): 38 – 43 

 

 

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  3. Mer­vis JS, Phil­lips TJ. Pres­su­re ulcers: Patho­phy­sio­lo­gy, epi­de­mio­lo­gy, risk fac­tors, and pre­sen­ta­ti­on. Jour­nal of the Ame­ri­can Aca­de­my of Der­ma­to­lo­gy, 2019; 81 (4): 881–890. doi: 10.1016/j.jaad.2018.12.069
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  5. Knobl O. Easy­preg – ein alter­na­ti­ves Ver­fah­ren zur Her­stel­lung hoch­wer­ti­ger Faser­ver­bün­de. Ortho­pä­die Tech­nik, 2015; 66 (11): 22–25
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  8. Exact Pla­s­tics GmbH. Was ist Easy­preg? https://www.exact-plastics-gmbh.de/produkte/easypreg/eigenschaften-und-vorteile-von-easypreg/ (Zugriff am 28.08.2024)
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