WvD-Live-Video­talk: Vie­le Fra­gen blie­ben unbeantwortet

Erhebliche Mehrkosten in der Corona-Pandemie, die von den Leistungserbringern in der Hilfsmittelversorgung unter anderem für persönliche Schutzausrüstung (PSA) und gestiegene Fracht- bzw. Containerkosten zu stemmen sind, Vertrags-Klein-Klein mit über 100 gesetzlichen Krankenkassen, Test-Wirrwarr: Beim zweiten Live-Videotalk „Gesundheitspolitik im OTon“ des Bündnisses „Wir versorgen Deutschland“ (WvD) am vergangenen Wochenende war zu spüren, welcher Frust sich inzwischen in der Branche angestaut hat.

Doch viel Hoff­nung auf schnel­le Lösun­gen bleibt nicht, nach­dem die leb­haf­te Dis­kus­si­on mit Car­la Mey­er­hoff-Grien­ber­ger, Refe­rats­lei­te­rin beim GKV-Spit­zen­ver­band, Fach­ge­biet Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung, und Andre­as Brand­horst, Refe­rats­lei­ter beim Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Gesund­heit (BMG) für Heilmittel‑, Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung, am 10. April 2021 been­det war. Über­ein­stim­mend wur­den zwar struk­tu­rel­le Pro­ble­me in der Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung kon­sta­tiert, der dar­aus resul­tie­ren­de Hand­lungs­be­darf wur­de aller­dings unter­schied­lich verortet.

So kris­tal­li­sier­te sich her­aus, dass die aktu­el­len Rege­lun­gen zur PSA-Kos­ten­über­nah­me sehr unter­schied­lich wahr­ge­nom­men wer­den. Sei­tens der Leis­tungs­er­brin­ger domi­nier­te das Gefühl, mit den finan­zi­el­len Belas­tun­gen im Stich gelas­sen zu wer­den. Zwar unter­stütz­te Mey­er­hoff-Grien­ber­ger zum Bei­spiel die For­de­rung nach einer fai­ren finan­zi­el­len Ver­gü­tung – jedoch ver­trat sie den Stand­punkt, dass Emp­feh­lun­gen sei­tens des GKV-Spit­zen­ver­ban­des für das sehr brei­te Spek­trum der Ver­sor­gun­gen im Hilfs­mit­tel­be­reich zu kurz grei­fen wür­den. Außer­dem ver­fü­ge der GKV-Spit­zen­ver­band in die­ser Sache über kei­ne gesetz­li­che Legi­ti­ma­ti­on. Brand­horst ermun­ter­te die Bran­che, bei Liqui­di­täts­schwie­rig­kei­ten die von Bund und Län­dern geschaf­fe­nen Unter­stüt­zungs­maß­nah­men wie Über­brü­ckungs­hil­fen oder Kurz­ar­bei­ter­geld zu nutzen.

Aus­ein­an­der gin­gen die Auf­fas­sun­gen eben­so im Hin­blick auf bun­des­wei­te Ver­bands- bzw. Leit­ver­trä­ge. Alf Reu­ter, Prä­si­dent des Bun­des­in­nungs­ver­ban­des für Ortho­pä­die-Tech­nik (BIV-OT), beton­te stell­ver­tre­tend für die ande­ren WvD-Bünd­nis­part­ner Egroh, Sani­täts­haus Aktu­ell, Reha-Ser­vice-Ring und Reha­vi­tal, dass man in einem Qua­li­täts­wett­be­werb für gleich­be­rech­tig­te Bedin­gun­gen sor­gen müs­se: Dazu brau­che es Ver­hand­lungs­part­ner mit gleich lan­gen Schwer­tern, bemerk­te Reu­ter. Ziel sei letzt­lich, die enor­me Anzahl von Ver­trags­wer­ken zu ver­ein­fa­chen. In die­sem Zusam­men­hang wur­de die Effek­ti­vi­tät der 2006 von der dama­li­gen Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­rin Ulla Schmidt ein­ge­führ­ten Ver­trags­frei­heit ange­spro­chen. Brand­horst erläu­ter­te, dass pri­mä­res Ziel eine Aus­ga­ben­be­gren­zung ohne Qua­li­täts­ver­lust gewe­sen sei. Im Nach­hin­ein bezeich­ne­te er es als schwer zu beur­tei­len, ob das dama­li­ge Reform­ziel – Aus­ga­ben­steue­rung durch mehr Preis­wett­be­werb – erreicht wor­den sei. Ins­ge­samt wer­de man sich aber immer mit den Fra­gen aus­ein­an­der­set­zen müs­sen, die sich den Akteu­ren damals gestellt und zur Ein­füh­rung des Ver­trags­sys­tems geführt hätten.

Zu den wei­te­ren, aus den Rei­hen des Bünd­nis­ses WvD ange­spro­che­nen Punk­ten gehör­ten die Schnell­tests sowie die damit ver­bun­de­nen Pflich­ten für das Per­so­nal, teils mehr­fach täg­li­che, zeit­in­ten­si­ve Tes­tun­gen in jeder zu ver­sor­gen­den Ein­rich­tung der Kran­ken- oder Alten­pfle­ge erneut durch­lau­fen zu müssen.

Vie­le Fra­gen der knapp 100 Teilnehmer:innen muss­ten am Schluss offen­blei­ben, denn die zwei Stun­den genüg­ten nicht, um alle auf­ge­wor­fe­nen The­men „abzu­ar­bei­ten“. So fehl­te etwa die Zeit, um sich – wie eigent­lich geplant – auch noch über die Fol­gen der Digi­ta­li­sie­rung aus­zu­tau­schen. Doch man wol­le wei­ter­hin den Dia­log suchen, waren sich alle Gesprächs­par­tei­en einig und Mey­er­hoff-Grien­ber­ger sowie Brand­horst stimm­ten wei­ter­füh­ren­den Gesprä­chen zu.

Drit­ter Live-Video­talk „Gesund­heits­po­li­tik im OTon”
Die Serie Live-Video­talk „Gesund­heits­po­li­tik im OTon” wird am 5. Mai 2021 (18 Uhr bis 19 Uhr) fort­ge­setzt. Das Bünd­nis „Wir ver­sor­gen Deutsch­land” spricht dann mit der Poli­tik dar­über, was der digi­ta­le Wan­del für die Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung bedeu­tet. Auf dem Prüf­stein steht die Gesund­heits­po­li­tik von Bünd­nis 90/Die Grü­nen und SPD im Bun­des­tags­wahl­kampf. Zudem steht das E‑Rezept im Fokus, das 2026 für die Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung ver­pflich­tend umzu­set­zen ist. Als Gäs­te wer­den Maria Klein-Schmeink MdB, stell­ver­tre­ten­de Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de der Bun­des­tags­frak­ti­on Bünd­nis 90/Die Grü­nen und Spre­che­rin für Gesund­heits­po­li­tik, und Mar­ti­na Stamm-Fibich MdB, Pati­en­ten­be­auf­trag­te der SPD-Bun­des­tags­frak­ti­on, die Fra­gen der Teil­neh­mer beantworten.

 

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Michael Blatt
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