Whats­App in der Box

Wie geht sichere Kommunikation über WhatsApp für Handwerker und kleine Unternehmen, für orthopädietechnische Betriebe und Sanitätshäuser?

Der Whats­App- Exper­te, Digi­ta­li­sie­rungs-Bera­ter und Work­shop-Anbie­ter Micha­el Elbs sperrt den Dienst dafür in eine Box. Die kop­pelt das Han­dy mit einem
Desk­top-PC, sodass es sich dann mit Tas­ta­tur und Maus bedie­nen lässt. Vor­teil ist laut Elbs unter ande­rem die eige­ne Kon­takt­da­ten­bank, in die nur zuläs­si­ge Kon­tak­te über­tra­gen wer­den – also die­je­ni­gen, wel­che eine ent­spre­chen­de Daten­schutz­er­klä­rung zur Kom­mu­ni­ka­ti­on in Whats­App gese­hen haben. Warum
Hand­wer­ker und klei­ne Unter­neh­men Whats­App nut­zen soll­ten, ver­rät Unter­neh­mens­be­ra­ter Elbs im Inter­view. Zeit­vor­teil durch Messengernutzung

OT: Wel­che Vor­tei­le bringt die Kom­mu­ni­ka­ti­on über Mes­sen­ger wie Whats­App im Geschäftsalltag?
Micha­el Elbs: Sie kos­tet weni­ger Zeit als Tele­fo­na­te, weil sie nicht aus der Arbeit her­aus­reißt und sich Sup­port­fra­gen zeit­ver­setzt beant­wor­ten las­sen. E‑Mail wie­der­um ist stark durch ner­vi­ge, uner­wünsch­te Bot­schaf­ten – Spam – ver­seucht und wird auf Smart­phones von den Kun­den sel­ten ver­wen­det. Und Chat­ten und Videobe­ratung sind ein Ersatz für die Aus­stel­lung und das Live-Bera­tungs­ge­spräch, wel­ches Anste­ckungs­ge­fah­ren birgt. Des­halb gewinnt Whats- App als weit­ver­brei­te­ter Mes­sen­ger in der täg­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­on an Bedeu­tung. Laut Umfra­gen wün­schen sich rund 50 Pro­zent der Whats­App-Nut­zer, über die­sen Kanal mit Unter­neh­men in Kon­takt zu tre­ten. Denn das geht viel schnel­ler, ohne Medi­en­bruch lässt sich direkt nach oder wäh­rend eines Tele­fo­nats ein Foto, eine Nach­richt sen­den. Man hat die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit einem Kun­den im schnel­len Über­blick, muss nicht in Mails und Tele­fon­no­ti­zen kra­men. Wesent­lich ist, zur Geschäfts­kom­mu­ni­ka­ti­on die spe­zi­el­le Vari­an­te Whats­App Busi­ness zu ver­wen­den, die erwei­ter­te Funk­tio­nen bie­tet. Pro­dukt- und Leistungsdarstellungen
unter­stüt­zen den Ver­kauf und die Bera­tung bzw. Labels orga­ni­sie­ren und struk­tu­rie­ren die Chats. Außer­dem ste­hen auto­ma­ti­sier­te Ant­wort­mög­lich­kei­ten zur Ver­fü­gung, die das Bedürf­nis der Kun­den nach einer schnel­len ers­ten Reak­ti­on erfül­len und die Unter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­ti­on attrak­ti­ver gestalten.

Auto­ma­tisch ant­wor­ten per Chatbot

OT: Wozu kön­nen Hand­wer­ker oder Sani­täts­häu­ser sol­che auto­ma­ti­schen „Ant­wort­ma­schi­nen“ einsetzen?
Elbs: Auto­ma­ti­sier­te Assis­ten­ten beant­wor­ten Sup­port­fra­gen. Außer­halb der Öff­nungs­zei­ten oder am Wochen­en­de schickt man sei­nen Kun­den oder Geschäfts­part­nern zeit­ge­steu­ert Abwe­sen­heits­nach­rich­ten mit dem Hin­weis auf die Betriebs­zei­ten. Denn zur Grund­funk­ti­on von Whats- App Busi­ness gehört ein Begrü­ßungs- und Abwe­sen­heits­as­sis­tent. Mit sol­chen Auto­re­spon­dern kann man unter ande­rem über die Öff­nungs- bzw. Sprech­zei­ten sei­nes Unternehmens
infor­mie­ren bzw. über die Not­fall­hot­line. In mei-nem Whats­App-Busi­ness-Account sen­de ich bei der ers­ten Kon­takt­auf­nah­me eine auto­ma­ti­sche Begrü­ßungs­nach­richt und wei­se zugleich auf mei­ne Daten­schutz­richt­li­ni­en hin.

OT: Gibt es noch wei­te­re Funk­tio­nen, die sich auto­ma­ti­sie­ren lassen?
Elbs: Ein ech­ter Chat­bot kann noch wei­te­re Auf­ga­ben über­neh­men. So kön­nen Kun­den dar­über Pro­duk­te bestel­len wie Sport­ein­le­ge­soh­len, Fas­zi­en­rol­len etc., den Bestell­sta­tus abfra­gen oder Rekla­ma­tio­nen anmel­den. Dazu las­sen sich ver­schie­de­ne Stich­wor­te defi nie­ren, über die der Dia­log mit dem Bot gesteu­ert wird, sowie kur­ze, freund­li­che und per­sön­li­che Ant­wort­tex­te für jede Akti­on. In kur­zen Dia­lo­gen mit vier bis fünf Fra­gen wer­den die Kun­den durch die Kom­mu­ni­ka­ti­on geführt. Solch ein Bot wird mit einem Klick akti­viert bzw. deak­ti­viert. Es gibt tech­nisch ver­schie­de­ne Ver­sio­nen von Chat­bots. Die­se rei­chen von erwei­ter­ten Abwe­sen­heits­nach­rich­ten mit ein­fa­chen Optio­nen bis hin zu kom­ple­xen Bots mit Zugriff auf Wis­sens­da­ten­ban­ken, künst­li­che Intel­li­genz oder Bot-Kon­struk­tio­nen, wel­che die Kom­mu­ni­ka­ti­on durch Abwechs­lung mensch­lich und natür­lich abbil­den. Aller­dings darf man nicht zu viel erwar­ten: Für kom­ple­xe The­men sind Chat-Bots zur­zeit meist noch nicht geeig­net. Die künst­li­che Intel­li­genz ist noch nicht so per­fekt sowie die Anbin­dung an die eige­nen tech­ni­schen Sys­te­me vor allem für klei­ne Unter­neh­men zu kom­plex bzw. teu­er. Vor­for­mu­lier­te Schnell­ant­wor­ten, in die sich Bil­der, Gifs oder Vide­os ein­bin­den las­sen, sind aber für klei­ne Fir­men oder Hand­wer­ker bereits zu ver­wirk­li­chen. Wäh­rend der Öff­nungs­zei­ten soll­te jedoch regel­mä­ßig gewähr­leis­tet sein, dass Mit­ar­bei­ter auf Whats­App aktiv sind. Die Kun­den wol­len sich nicht aus­schließ­lich mit Bots unter­hal­ten – und dann kann der Mensch übernehmen.

Poten­zi­al für Nach­wuchs­wer­bung und neue Services

OT: Kön­nen Mes­sen­ger bei der Gewin­nung von Fach­kräf­ten bzw. Azu­bis unterstützen?
Elbs: Whats­App-Chan­nels zur Fach­kräf­te­wer­bung mit Infor­ma­tio­nen für Job­in­ter­es­sen­ten habe ich sowohl bei gro­ßen als auch klei­ne­ren Unter­neh­men schon gese­hen. Zudem Ange­bo­te zum Erst­kon­takt für Prak­ti­kan­ten bzw. Feri­en­prak­ti­kan­ten mit auto­ma­ti­siert aus­ge­spiel­ten Anga­ben zum Prak­ti­kum. Das birgt Poten­zi­al, denn für die Kin­der und Jugend­li­chen sind sol­che Kom­mu­ni­ka­ti­ons­we­ge ver­trau­ter als das klas­si­sche Tele­fo­nie­ren. Man­che Handwerksbetriebe
bau­en sich zudem zwei Inter­net­sei­ten, über die jeweils der Zugang zu einem spe­zi­el­len Whats­App-Chan­nel gesteu­ert wird – ein Kanal für die  Kun­den­kom­mu­ni­ka­ti­on, einer für das Recrui­ting. Für Ver­an­stal­tun­gen wie Tage der offe­nen Tür oder Job­mes­sen bie­ten sich Tipps via Whats-App und Chat­bot an. Eine span­nen­de Anwen­dung ist der Beru­fe-Che­cker-Bot des Deut­schen Hand­werks­kam­mer­tags zur Berufs­ori­en­tie­rung im Hand­werk – hier bekom­men die
Jugend­li­chen nach einer kur­zen Fra­ge-Ant­wort-Run­de Vor­schlä­ge zu geeig­ne­ten Ausbildungsberufen.

OT: Gibt es Bei­spie­le aus dem Gesundheitshandwerk?
Elbs: Ja, ich ken­ne einen Ortho­pä­die­schuh­tech­ni­ker-Meis­ter, der in sei­nem Online-Shop die Bestim­mung des Fuß­typs per Whats­App anbie­tet. Dafür stel­len sich die Kun­den mit nas­sen Füßen bei­spiels­wei­se auf Holz und foto­gra­fie­ren den Fuß­ab­druck. Etli­che Fir­men nut­zen die Kun­den­ge­sprä­che im Laden, um ihre Whats­App-Ser­vices zu erläu­tern und vor­zu­stel­len. Häu­fi g wird dann über einen QR-Code auf Pro­spek­ten oder im Geschäft zum Chat und den Daten­schutz- und Ein­wil­li­gungs­er­klä­run­gen geführt.

Am Arbeits­platz statt in der Hosentasche

OT: Sie haben mit BOXY selbst eine Kom­bi­na­ti­on aus Soft­ware und Hard­ware für klei­ne Unter­neh­men und Hand­werks­be­trie­be ent­wi­ckelt. Was ver­birgt sich dahinter?
Elbs: Die Box in Form einer Kunst­stoff­kis­te ist spe­zi­ell für die kom­for­ta­ble Nut­zung von Whats­App Busi­ness am Desk­top-PC, mit Maus und Tas­ta­tur, kon­zi­piert. Anstatt eines sepa­ra­ten Han­dys für Whats­App ist die BOXY güns­ti­ger und bes­ser geeig­net. Denn BOXY dient als Han­dy­er­satz, lässt sich mit Maus und Tas­ta­tur kon­fi gurie­ren und dann an meh­re­ren PC-Arbeits­plät­zen inte­grie­ren. BOXY kann über WLAN oder LAN mit dem Inter­net ver­bun­den wer­den. Grund für die Ent­wick­lung waren einer­seits die Rück­mel­dun­gen zahl­rei­cher Fir­men­in­ha­ber, denen die von Smart­phone bis Tablet ein­lau­fen­den Nach­rich­ten zu viel wur­den. Sie woll­ten Stress aus der Mes­sen­ger­kom­mu­ni­ka­ti­on neh­men, sie des­halb auf den PC bzw. Note­book und nicht zuletzt auf einen grö­ße­ren Bild­schirm ver­la­gern. Denn es steht ja nir­gends geschrie­ben, dass man jede Mes­sa­ge minu­ten­schnell beant­wor­ten muss. So kann man in einer auto­ma­ti­schen Ant­wort dar­auf ver­wei­sen, dass man alle sechs Stun­den oder ein­mal am Tag zu bestimm­ten Zei­ten reagie­ren wird. Das ent­las­tet und schafft Frei­raum, wenn man in Werk­statt oder Laden ist. Ande­rer­seits geht es dar­um, den stren­gen Daten­schutz­vor­schrif­ten opti­ma­ler zu genü­gen – Stich­wort DSGVO.

OT: Inwie­fern?
Elbs: Da BOXY nur für das Fir­men-Whats­App genutzt wird, kann Whats­App auf der BOXY ohne Buß­geld­ge­fah­ren durch die DSGVO ver­wen­det wer­den. Neben dem Daten­schutz ist ein wei­te­rer Vor­teil, dass BOXY kei­nen Akku hat, son­dern ener­gie­ef­fi­zi­ent und sicher über eine Strom­quel­le per­ma­nent betrie­ben wird. DSGVO, effi­zi­en­te Bedie­nung und Spar­sam­keit bei Strom und WLAN sowie der Anschaf­fungs­preis sind die Vor­tei­le gegen­über einem Han­dy. Auf dem Gerät, das nur für die­sen einen Zweck Whats­App Busi­ness genutzt wird, befin­den sich aus­schließ­lich bestä­tig­te Kon­tak­te. Sie haben der Kom­mu­ni­ka­ti­on über die­sen Kanal expli­zit zuge­stimmt. Bei mir funk­tio­niert das über ein spe­zi­el­les Online-For­mu­lar im Web bzw. auf einer Web­sei­te mit Daten­schutz- und Einwilligungserklärung
zur Über­tra­gung der Daten. Die Doku­men­ta­ti­on ist eben­falls einfacher.

OT: Also Whats­App im Büro statt unterwegs?
Elbs: In vie­len Fäl­len erweist es sich im Geschäfts­all­tag als sinn­voll, Whats­App am Büro­ar­beits­platz zu nut­zen und nicht stän­dig in der Hosen­ta­sche mit sich her­um­zu­tra­gen – die Gefahr des Han­dy- und damit Daten­ver­lusts ist unter­wegs grö­ßer. Das gilt genau­so für Sani­täts­häu­ser, denn hier steht ja im All­ge­mei­nen ein Büro zur Ver­fü­gung. In einer sol­chen Umge­bung kön­nen letzt­lich hoch­wer­ti­ge­re Dia­lo­ge mit Kun­den oder Geschäfts­part­nern zustan­de kom­men als
hek­tisch zwi­schen­durch getipp­te knap­pe Ant­wor­ten mit ein paar Emojis.

OT: Arbei­ten auch gro­ße Unter­neh­men mit Ihrer Lösung?
Elbs: Grö­ße­re Unter­neh­men sind mit einer Whats­App Busi­ness API Solu­ti­on bes­ser bedient, die auf einem Ser­ver in Deutsch­land läuft (API = Appli­ca­ti­on Pro­gramming Inter­face, Bezeich­nung für eine Pro­gram­mier­schnitt­stel­le, dient u.a. der Ver­net­zung von Anwen­dun­gen und Sys­te­men in Echt­zeit). Damit las­sen sich kom­ple­xe Bots und Daten­er­fas­sun­gen bau­en – von der Pro­dukt­su­che bis zu Dienst­leis­tun­gen wie der auto­ma­ti­sier­ten bzw. teil­au­to­ma­ti­sier­ten Bera­tung. Die­se API-Schnitt­stel­le ist im Gegen­satz zu Whats­App Busi­ness kos­ten­pflich­tig und der Ein­satz muss gut kon­zi­piert und geplant sein.

OT: Wor­auf soll­ten Betrie­be beim Mes­sen­ger­ein­satz achten?
Elbs: Ich stel­le oft fest, dass nur das nor­ma­le Whats­App betrieb­lich genutzt wird oder dass die Fea­tures von Whats-App Busi­ness nur sehr ober­fläch­lich ver­wen­det wer­den. Das beginnt schon damit, dass das kom­plet­te Fir­men­pro­fil nicht aus­ge­füllt, kein Logo hoch­ge­la­den und ledig­lich eine mage­re Visi­ten­kar­te ein­ge­fügt wird. Die viel­fäl­ti­gen Chan­cen, die der Dienst bie­tet, wer­den bei Wei­tem nicht aus­ge­schöpft. Die Zeit soll­te man sich nehmen.

Nach­rich­ten mit Verfallsdatum

OT: Mit wel­chen nütz­li­chen Ser­vices bei Whats­App rech­nen Sie künftig?
Elbs: Ver­mut­lich kön­nen wir auch bei Whats­App bald Chat-Nach­rich­ten ver­schi­cken, die sich nach einer fest­ge­leg­ten Zeit auto­ma­tisch löschen. Damit las­sen sich neue Ser­vice-Ideen ent­wi­ckeln. Eine Bezahl­funk­ti­on (Whats-App Pay) soll wahr­schein­lich die­ses Jahr kommen.

Das Inter­view führ­te Cath­rin Günzel.

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