Einleitung
Die 3‑D-Ganganalyse findet im Bereich der Bewegungsanalysen als Messmethode zur Beurteilung von Bewegung vielseitige Anwendung. Bei der Durchführung von Studien stehen die Wissenschaftler jedoch häufig vor dem Problem, kein ausreichend großes Probandenkollektiv für statistisch aussagekräftige Studien rekrutieren zu können. Kooperationen zwischen Laboren und das Poolen der Daten aller beteiligten Labore könnten ein Ansatz sein, um Messdaten zu einem nahezu homogenen Probandenkollektiv zu erhalten. Dem gegenüber steht jedoch das Problem, dass Messungen zwischen zwei Laboren Abweichungen aufweisen können, die auf möglichen Unterschieden im Messablauf, bei den Testern und auf unterschiedlichem Messequipment beruhen. Ziel dieser Studie war es daher, im Hinblick auf eine Kooperation zu untersuchen, in welchem Ausmaß die Messung desselben Probandenkollektivs in zwei vergleichbar ausgestatteten Laboren mit jeweils unterschiedlichem Personal abweichende Messergebnisse liefert.
Literaturüberblick
Schwartz et al. 1 haben in diesem Kontext bereits in der Vergangenheit eine ähnliche Studie durchgeführt. Hierbei ließ die Arbeitsgruppe zwei gesunde Probanden von vier Physiotherapeuten markern und führte mit jedem Markerset drei Messdurchläufe durch. Anschließend untersuchten die Forscher anhand dieser Daten Faktoren, die bei der Auswertung von Ganganalysen berücksichtigt werden sollten. Die Ergebnisse der Studie stellten heraus, dass die Markeranbringung durch unterschiedliches Personal als hauptsächliche Ursache für Messabweichungen anzusehen ist.
Auch Gorton et al. 2 zeigten im Hinblick auf diesen Themenschwerpunkt in ihrer Studie die Bedeutung eines einheitlichen Messprotokolls auf. Sie beschränkten sich dabei jedoch auf einen Probanden, der in einem Zeitraum von drei Monaten in zwölf unterschiedlichen Laboren von jeweils zwei Mitarbeitern mittels Ganganalyse untersucht wurde. Die Messungen innerhalb eines Labors fanden an sechs aufeinanderfolgenden Tagen statt, wobei die Markerpositionen von Tag zu Tag markiert und übertragen wurden. Aus den Messdaten wurden anschließend u. a. die Standardabweichungen der ausgewerteten Winkel zwischen 24 Untersuchern sowie des Gangbildes des Probanden an verschiedenen Tagen betrachtet. Darauffolgend wurden alle Untersucher auf ein „Minimum Standardized Gait Analysis Protocol“ (MSGAP) geschult. Nach einem Jahr wurden die Messungen wiederholt – mit dem Ergebnis, dass sich die Standardabweichung zwischen den Untersuchern stark reduzierte.
Einen anderen Ansatz wählten Leardini et al. 3 mit der Erprobung eines sich an anatomischen Prominenzen orientierendem neuen Markersets. Die Markerpunkte sollten durch die Vorgaben eindeutig bestimmbar und die Anbringung zügiger durchführbar sein. Im Rahmen der Studie untersuchten fünf erfahrene Physiotherapeuten zehn gesunde Kinder im selben Labor. Die Arbeitsgruppe betrachtete hierbei u. a. die Intra-Probanden-Variabilität, die Inter-Probanden-Variabilität sowie die Inter-TesterVariabilität. Anhand der Standardabweichung ließ sich u. a. eine sehr gute Inter-Tester-Variabilität feststellen. Diese wird neben dem neuen Markerset auch auf die berufliche Erfahrung der Tester mit der Durchführung von 3‑D-Ganganalysen zurückgeführt.
Von besonderem Interesse für die vorliegende Studie waren weiterführend die Ergebnisse der Studie von Steinwender et al. 4, in welcher die Wiederholbarkeit von Gangparametern untersucht wurde, wenn die Marker stets von derselben Person angebracht werden. Die Parameter der Sagittalebene wiesen dabei eine bessere Reproduzierbarkeit auf als die der übrigen Ebenen.
Messsystem
Die hier vorliegende Studie wurde im Ganglabor des IMB an der BuFa in Dortmund und im Ganglabor des SPZ Westmünsterland in Coesfeld durchgeführt. Beide Labore sind mit integrierten AMTI-Kraftmessplatten und einem 3‑D-Messsystem der Firma Vicon ausgestattet. Dieses System basiert auf der Infrarotkameratechnologie (Bonita).
Von den an der Decke der Messlabore befindlichen Kameras wird Infrarotlicht ausgesandt (Abb. 1). Dieses wird von den an den Probanden angebrachten Markern reflektiert und die Reflexionen wiederum von den Kameras erfasst. Integrierte Filter und Rechenchips ermöglichen es, von unterschiedlichen Kameras erfasste Reflexionen den jeweiligen Markern zuzuordnen. Somit kann auf die Bewegung eines einzelnen Markers zurückgerechnet und die Markerbewegung im Raum am Rechner dargestellt werden. Durch weitere softwareinterne Bearbeitungsschritte können weiterführende Aussagen zur dreidimensionalen Bewegung der menschlichen Gelenke getroffen werden. Insgesamt können mit dem Messsystem sechs Rotationsrichtungen sowie die Winkelverläufe eines jeden Gelenks betrachtet werden. Mittels zweier im Boden der Laufstrecke integrierter Kraftmessplatten können darüber hinaus die Bodenreaktionskräfte (BRK) und die Gelenkdrehmomente erfasst werden.
Studiendesign und Methodik
Da im Fall einer kooperativen Studie die Messungen von den Labormitarbeitern des jeweiligen Labors durchgeführt werden sollen, wurden sie für diese Vergleichsstudie ebenfalls vom entsprechenden Laborpersonal vor Ort durchgeführt. Durch dieses Vorgehen entstanden drei Faktoren, die maßgeblich für Abweichungen in den Messergebnissen verantwortlich sein können und berücksichtigt werden mussten:
- Abweichungen bei der Messdurchführung durch abweichende Markerpositionierung aufgrund verschiedener Tester. (Dieser Faktor wirkt sich ausschließlich auf die kinematischen Messdaten aus, da für die Messung der Bodenreaktionskräfte keine Marker benötigt werden.)
- Probandenindividuelle Abweichungen: Die Tagesform der Probanden kann variieren und zu unterschiedlichen Gangmustern führen.
- Technologische Abweichung der Messsysteme: Die Kalibrierung der Messsysteme kann variieren. Des Weiteren können sich unterschiedliche Raumtemperaturen auf die Messgenauigkeit auswirken.
Mittels eines Inter-Tester-Vergleichs (Vergleich zwischen allen Testern) sollte der erste Faktor betrachtet werden. Ein Intra-Labor-Vergleich (Vergleich zwischen den Testern eines Labors) in jedem Labor sollte einen Anhaltspunkt darüber geben, inwiefern die Messdaten Abweichungen aufzeigen, wenn zwei Tester im selben Labor denselben Probanden untersuchen. Bei diesem Vergleich wurde angenommen, dass sich die Faktoren 2 und 3 vernachlässigbar gering auf die Messergebnisse auswirken. Hierzu führte in diesem Kontext neben den Labormitarbeitern eine weitere Person (BuFa BA) zusätzlich in beiden Laboren mit denselben Probanden Messungen durch, die jeweils am selben Tag vor der Messung der Labormitarbeiter stattfanden. Basierend auf der Annahme, dass BuFa BA in beiden Laboren die Marker gleich platziert, ist der o. g. erste Faktor als wenig beeinflussend einzustufen. Ein IntraTester-Vergleich (Vergleich der Messdaten von BuFa BA) sollte hierbei zeigen, ob möglicherweise systematische Abweichungen zwischen den Laboren vorliegen. Weiterführend sollten durch die zusätzlichen Messungen von BuFa BA Aussagen über die Tagesform der Probanden gewonnen werden (Abb. 2).
Ein Inter-Labor-Vergleich (Vergleich zwischen beiden Laborsystemen) sollte ergänzend die Vergleichbarkeit der Bodenreaktionskraft-Daten aufzeigen. In beiden Laboren waren die gleiche Vicon-Anlage und die Kraftmessplatten desselben Herstellers sowie die aktuellsten Generationen der Komponenten installiert (siehe Abb. 2).
Das methodische Vorgehen wurde so gewählt, dass im Rahmen der vorliegenden Pilotuntersuchung zu allen Vergleichen erste Aussagen getroffen werden konnten. Es wurden 5 gesunde Probanden (2 männlich, 3 weiblich) im Alter von 27 ± 2 Jahren, die im Durchschnitt 175 (± 6) cm groß und 76,7 (± 18) kg schwer waren, jeweils in beiden Laboren vermessen. Aus organisatorischen Gründen fanden die Messungen nicht am selben Tag statt. Für die Messung wurde das Full-BodyPlug-in-Gait-Modell verwendet. Dabei handelt es sich um ein Markerpositionsmodell, mit dem Daten zu allen großen Gelenken des Körpers ermittelt werden können (Abb. 3). Die Aufnahme und Aufbereitung der Messdaten erfolgte mit der Software Nexus, die Ausgabe der Daten mit Polygon an einem Auswertungsrechner.
Messablauf
Vor Beginn der Messreihe wurde in Anlehnung an die Ergebnisse der Studie von Gorton et al. 2 ein einheitliches Messprotokoll festgelegt, das eine genaue Beschreibung der Positionierung der Markerpunkte und das genaue Vorgehen zu deren Bestimmung beinhaltete. Der erste Messblock wurde stets von der laborunabhängigen Person BuFa BA im Labor in Dortmund durchgeführt. BuFa BA brachte das vollständige Full-Body-Plug-in-Gait-Modell am Probanden an, woraufhin die erste Messung erfolgte. Für jeden Messblock wurden 10 gültige Messdurchläufe (Trials) für die rechte und linke Seite aufgenommen. Dabei wurden die Trials als gültig betrachtet, wenn eine Kraftmessplatte komplett von nur einem Fuß überlaufen wurde. Nach Abschluss der Messung entfernte BuFa BA die Marker der unteren Extremität, um dem nachfolgenden Tester keinen Aufschluss über die Markerpositionen zu geben. Zu Beginn des zweiten Messblocks brachte der Mitarbeiter des Labors in Dortmund (DO) die Marker an, und der zweite Messdurchgang erfolgte. Die Messblöcke 3 und 4 fanden im Ganglabor des SPZ Westmünsterland statt, wobei Messblock 3 von BuFa BA und Messblock 4 vom Laborpersonal (COE) durchgeführt wurde (siehe Abb. 3).
Auswertung der Kinematik
Aufgrund der geringen Probandenzahl wurde in dieser Studie eine beschreibende Statistik unter Betrachtung der Mittelwertdatensätze angewandt. Jeweils 20 Datensätze eines Messblocks (10 BRK rechts/10 BRK links) wurden zu einem gemittelten Datensatz zusammengefasst. Für jeden Probanden ergaben sich somit vier Datensätze. Für die anschließende Auswertung wurden die Winkelverlaufskurven der Sagittalebene von Hüfte, Knie, oberem Sprunggelenk (OSG), Thorax und Schulter herangezogen und mittels Polygon ausgegeben. Jeweils der erste Messblock aller Probanden, der die Messung in Dortmund nach der ersten Markeranbringung bildete, wurde als Referenzdatensatz herangezogen. Die Mittelwertkurven von Messblock 1 wurden für jeden betrachteten Parameter zusammen mit der oberen und unteren Standardabweichung dieses Messblocks als Streuungsband abgebildet. Anschließend wurden die zugehörigen Mittelwertkurven der Messblöcke 2 bis 4 desselben Probanden im gleichen Diagramm dargestellt (Abb. 4). Alle Winkelverlaufskurven wurden auf 100 % Gangzyklus (GZ) normiert und sind in absoluten Winkelmaßen abgebildet.
Ergebnisse der Kinematik
Intra-Labor-Vergleich
Beim Vergleich der Tester innerhalb eines Labors zeigte sich ein paralleler Verlauf der Hüftwinkelkurven und des OSG. Bei jeweils zwei Probanden wiesen die Messkurven zwischen Messblock 3 und 4 Shifts auf (vgl. den Abschnitt „Beobachtete Abweichungen“ unten). Die Messkurven des Kniegelenks zeigten sowohl zwischen den Messblöcken 1 und 2 als auch zwischen den Messblöcken 3 und 4 sehr gute Übereinstimmungen. Bei Betrachtung der Schulterwinkelverläufe war mit Ausnahme eines Probanden ebenfalls eine Parallelität der Kurven und des Verlaufs innerhalb der Streuungsbänder zu erkennen (Abb. 5a–d).
Inter-Tester-Vergleich
Die Winkelverlaufskurven der Hüfte zeigten bei drei von fünf Probanden über alle Tester gute Übereinstimmungen. Die Mittelwertkurven des Kniegelenks wiesen bei vier von fünf Probanden annähernd deckungsgleiche Verläufe auf und liegen bei allen Probanden innerhalb der Streuungsbänder 5. Die Mittelwertkurven des OSG verlaufen bei drei von fünf Probanden innerhalb des Streuungsbandes. Verglichen mit Hüft- und Kniegelenk stellen sich die Streuungsbänder des OSG zum Zeitpunkt der terminalen Standphase und der Vorschwungphase breiter dar.
Intra-Tester-Vergleich
Zwischen den Messblöcken 1 und 3, die stets von BuFa BA durchgeführt wurden, zeigen sich bei drei von fünf Probanden sehr gute Übereinstimmungen in den Hüftwinkelverläufen und geringe Shifts der Messkurven bei den bereits erwähnten zwei Probanden. Die Kniewinkelverläufe verlaufen bei allen fünf Probanden annähernd deckungsgleich und innerhalb der Streuungsbänder. Bei den Messkurven des OSG zeigen sich bei drei Probanden kleine Shifts. Dennoch verlaufen alle Kurven innerhalb des Streuungsbandes.
Thorax
Die Mittelwertkurven der Thoraxbewegung verliefen innerhalb des Streuungsbandes. Das Ausmaß der Thoraxbewegung fiel in dieser Studie sehr gering aus (< 2°). Aufgrund des geringen Bewegungsausmaßes wurde von einer Auswertung innerhalb der Vergleiche abgesehen.
Auswertung und Ergebnisse der Kinetik
Da die kinetischen Ergebnisse markerunabhängig sind, wurden die Messdaten innerhalb eines Inter-LaborVergleichs betrachtet. Hierzu wurden die gesamten kinetischen Ergebnisse eines Labors zu einem Mittelwert zusammengefasst. Des Weiteren gelten die Bodenreaktionskraftdaten als sehr gut reproduzierbar 6 7 8. Aus diesen Gründen wurden in dieser Studie ausschließlich die Kraftmesssysteme miteinander verglichen.
Inter-Labor-Vergleich
Die Bodenreaktionskräfte verliefen in allen drei Ebenen überwiegend innerhalb des Streuungsbandes (Abb. 6a–c) und waren sehr gut reproduzierbar.
Diskussion
Kinematik
Allle erhobenen Winkelverlaufskurven wiesen einen physiologischen Verlauf auf. Die Winkelausmaße und ermittelten Standardabweichungen von Hüft‑, Knie- und oberem Sprunggelenk waren mit denen der Literatur sehr gut vergleichbar 2 9 10 11.
Die Messkurven der Kinematik wiesen bei allen Vergleichen sehr gute Übereinstimmungen untereinander und mit den Streuungsbändern auf. Besonders gute Ergebnisse konnten beim Kniegelenk beobachtet werden. Die Kurven verliefen innerhalb der Streuungsbänder, die sich besonders schmal darstellten 5. Diese Ergebnisse wurden im Vorfeld nicht erwartet, da die Bestimmung der Position des Kniemarkers sich als relativ komplex erweist. Diese richtet sich nach dem Kompromissdrehpunkt nach Nietert: Zur Bestimmung des Kompromissdrehpunkts musste zunächst lateral der Kniegelenkspalt palpiert werden. Anschließend wurde ausgehend vom Kniegelenkspalt 15 mm weiter proximal die Höhe des Kompromissdrehpunkts festgelegt. Schließlich wurde das Anterior-posterior-Maß auf dieser Höhe bestimmt und im Verhältnis 60:40 geteilt. Der sich ergebende Punkt ist der Kompromissdrehpunkt nach Nietert. Die Positionierung der übrigen Marker richtet sich überwiegend nach knöchernen Prominenzen.
Die Zunahme der Streuungsbandbreite des OSG während der terminalen Standphase wurde von Ounpuu et al. 5 und Schwartz et al. 1 ebenfalls beobachtet. Schwartz et al. sehen die Ursache dafür in der instabiler werdenden Position des Fußes während der terminalen Standphase.
Die Thoraxbewegung verlief innerhalb des für die 3‑D-Ganganalyse beschriebenen systematischen Messfehlers von 2° 12. Vergleichsdaten aus der Literatur zu der hier betrachteten Thoraxflexion/-extension sind sehr rar, da viele Studien bereits veraltet sind und mit nicht vergleichbaren Messverfahren durchgeführt wurden. Die hier vorliegenden Kurven sind in Bezug auf das Bewegungsausmaß mit den Kurven von Murray et al. 13 sowie von Vogt und Banzer 14 vergleichbar. Aufgrund der oben genannten Gründe sollte jedoch von einem Vergleich der absoluten Werte abgesehen werden. Die Thoraxbewegung scheint somit kein valider Parameter zur Bestimmung der Tagesform der Probanden zu sein.
Die Schulterflexion/-extension wird in der Literatur als sehr unregelmäßig beschrieben 15, da der physiologische Armschwung unabhängig von der Bewegung der Beine ist und auf vielfältige Weise ausgeführt werden kann 10. Die Kurven zeigen jedoch eine gute Übereinstimmung beim Intra-Tester-Vergleich und verlaufen innerhalb des Streuungsbandes. Die Anbringung der benötigten Marker zur Messung der Schulterbewegung stellt sich demzufolge als gut reproduzierbar dar. Die Betrachtung der Schulterflexion/-extension gibt in dieser Studie ebenfalls keinen Aufschluss über die Tagesform der Probanden.
Die Mittelwertkurven der Bodenreaktionskräfte zeigten in allen Ebenen mit den in der Literatur beschriebenen Kurven vergleichbare Werte. Die z‑Komponente stellte sich als reproduzierbarste Komponente dar, wodurch sich diese Beobachtung mit denen der Literatur deckt 6 7 8. Ähnlich reproduzierbar stellte sich auch die x‑Komponente (Anterior-posterior-Komponente) dar. Die y‑Komponente (mediolaterale Kraftkomponente) zeigte wie auch bei Ferrari et al. 8 die größte Variabilität. Nach den hier vorliegenden Ergebnissen konnte angenommen werden, dass die Kraftmessplatten zwischen den Laboren keine systematischen Unterschiede aufwiesen und miteinander vergleichbar waren.
Beobachtete Abweichungen
Die bereits beim Intra-Labor-Vergleich beschriebenen Shifts beim Hüftgelenk konnten auch beim InterTester-Vergleich bei denselben zwei Probanden beobachtet werden. Shifts entlang der y‑Achse bei ansonsten parallelem Kurvenverlauf zu den anderen Messkurven sind auf eine leicht abweichende Markerposition zwischen den Messblöcken zurückzuführen 16 (Abb. 7). Diese Shifts traten bei Betrachtung der Hüfte ausschließlich bei den männlichen Probanden auf. Es wurde vermutet, dass die Spinen bei Männern aufgrund weniger prominenter Ausbildung schwieriger zu palpieren und somit fehleranfälliger sind. Des Weiteren waren beide männlichen Probanden kräftig und muskulös.
Weiterhin wurden Shifts bei den Messkurven des OSG beobachtet. Da der Knöchelmarker eindeutig auf den Knöchel und der Zehenmarker proximal des Zehengrundgelenks der 2. Zehe platziert wurde, wurde vermutet, dass die Platzierung des Fersenmarkers Ursache für die Shifts gewesen sein könnte. Dieser sollte sich auf einer Höhe mit dem Zehenmarker befinden.
Fazit
Die in dieser Studie erhobenen Daten zeigten eine sehr gute Vergleichbarkeit der Messergebnisse zwischen den beteiligten Laboren und Untersuchern. Die Markeranbringung basierend auf einem einheitlichen Messprotokoll zeigte eine sehr gute Reproduzierbarkeit. Die Platzierung des Kniemarkers entsprechend dem Kniekompromissdrehpunkt nach Nietert erwies sich dabei als besonders gut reproduzierbar. Zudem stellte sich heraus, dass die Flexions- und Extensionswinkelverläufe des Thorax und der Schulter sich nicht als Parameter zur Beurteilung der Tagesform bei gesunden Probanden zu eignen scheinen. Basierend auf den hier erhobenen Ergebnissen ist eine Kooperation zwischen zwei Messlaboren mit vergleichbarer Ausstattung also problemlos durchführbar.
Ausblick
Folgestudien sollten mit einem größeren Probandenkollektiv durchgeführt werden. Eine Unterteilung in rechte und linke Seite innerhalb der Auswertung zukünftiger Studien erscheint sinnvoll, insbesondere bei der Untersuchung pathologischer Gangbilder. Zu bedenken ist auch, dass diese Studie auf die als gut reproduzierbar dargestellte Sagittalebene beschränkt wurde. Weiterführend sollte daher auch die Untersuchung der Vergleichbarkeit der Frontal- und Transversalebene unter Einbeziehung der Drehmomente von ebenso großem Interesse sein 1017.
Für die Autoren:
Lisa Tronicke
FH Münster/Steinfurt in Zusammenarbeit mit der Bundesfachschule für Orthopädie-Technik
Schliepstr. 6–8, 44135 Dortmund
Lisa.tronicke@yahoo.de
Begutachteter Beitrag/reviewed paper
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