Struk­tu­ren auf­bre­chen für mehr Versorgungsqualität

Das deutsche Gesundheitswesen habe seine Leistungsfähigkeit auch unter den besonderen Umständen der Corona-Pandemie bewiesen, in dieser Einschätzung stimmten alle Teilnehmer der Podiumsdiskussion „Das neue Normal: Versorgungsqualität nach Corona“ zur OTWorld.connect am 27. Oktober überein.

Unter­schied­lich äußer­ten sich die Gäs­te zur Fra­ge von Mode­ra­tor Prof. Dr. Wolf­ram Mit­tel­mei­er, Vor­stands­vor­sit­zen­der der Deut­schen Gesell­schaft für inter­pro­fes­sio­nel­le Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung e.V. (DGIHV), wel­che Struk­tu­ren mit den Erfah­run­gen der Coro­na-Pan­de­mie auf­ge­bro­chen wer­den sollten.

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Prof. Dr. med. Andre­as Cru­si­us, Prä­si­dent der Ärz­te­kam­mer Meck­len­burg-Vor­pom­mern, mach­te gleich drei Vor­schlä­ge für Struk­tur­ver­än­de­run­gen. Er sprach vom Grund­übel des 2003 in Deutsch­land ein­ge­führ­ten Abrech­nungs­sys­tems nach Dia­gno­sis Rela­ted Groups (DRGs). Er wün­sche sich ein Sys­tem, bei dem etwa der mün­di­ge Pati­ent Leis­tun­gen von der Rech­nung strei­chen kön­ne, die er nicht erhal­ten habe. In Reha-Kli­ni­ken kön­ne man zudem medi­zi­ni­sche Ambu­lan­zen ein­rich­ten, um die Bevöl­ke­rung auch in Flä­chen­län­dern medi­zi­nisch zu ver­sor­gen. In jedem Fal­le brau­che Deutsch­land mehr Ärz­te: „War­um kön­nen Abitu­ri­en­ten mit einem Schnitt von 1,4 oder 1,5 nicht in Deutsch­land Medi­zin stu­die­ren?“, fragt er.

Ger­not Kie­fer, stell­ver­tre­ten­der Vor­stands­vor­sit­zen­der des GKV-Spit­zen­ver­ban­des, lob­te das gro­ße Enga­ge­ment des Bun­des und damit der Steu­er­zah­ler für die Stär­kung des Gesund­heits­we­sens in Höhe von meh­re­ren Mil­li­ar­den Euro. Den­noch reich­ten die geplan­ten Gel­der wahr­schein­lich für eine soli­de Finanz­po­li­tik der GKV in den Jah­ren 2021 und 2022 nicht aus. Ger­not Kie­fer zeig­te sich nicht ganz so offen für struk­tu­rel­le Ver­än­de­run­gen. Er sei aber sehr dafür, bei­spiels­wei­se Doku­men­ta­tio­nen, die sich in der Pan­de­mie als nicht not­wen­dig erwie­sen hät­ten, danach nicht mehr ein­zu­füh­ren. „Das müs­sen wir aber sehr genau anschau­en“, beton­te er.

„Hilfs­mit­tel bedür­fen in vie­len Fäl­len der kör­per­li­chen Begut­ach­tung durch den Medi­zi­ni­schen Dienst der Kran­ken­ver­si­che­rung“, erklär­te Dr. med. Diet­mar Roh­land, Geschäfts­be­reichs­lei­ter, Medi­zi­ni­scher Dienst der Kran­ken­ver­si­che­rung Nie­der­sach­sen. Dies gel­te auch in Pan­de­mie-Zei­ten, aber gleich­zei­tig sei es gera­de da sehr schwie­rig gewe­sen. Zum Glück gin­ge das der­zeit wie­der. Die Zukunft sei aber ange­sichts der aktu­el­len Virus­ent­wick­lung ungewiss.

Wahr­neh­mung und Sys­tem­re­le­vanz gefordert

„Man kann die ers­te Bera­tung per Tele­fon oder digi­tal machen, aber für die Ver­sor­gung müs­sen wir den Pati­en­ten vor uns haben“, beton­te der Prä­si­dent des Bun­des­in­nungs­ver­ban­des für Ortho­pä­die-Tech­nik (BIV-OT), Alf Reu­ter. Umso erstaun­li­cher sei es, dass die Ortho­pä­die­tech­nik-Bran­che zwar zum GKV-Sys­tem gehö­re, aber nicht wahr­ge­nom­men und nicht als sys­tem­re­le­vant ein­ge­stuft wer­de. Mit­ar­bei­ter von BIV-OT-Mit­glieds­un­ter­neh­men hät­ten teils kei­nen Zugang zu ihren Pati­en­ten in Kli­ni­ken oder Hei­men erhal­ten und bekä­men bis heu­te kei­ne Aus­gleichs­zah­lun­gen – im Gegen­satz zu den Heil­mit­tel­er­brin­gern – für die drin­gend not­wen­di­gen Schutz­pro­duk­te für Mit­ar­bei­ter und Pati­en­ten. „Wir kau­fen alles sel­ber und auf eige­ne Kos­ten“, so Reu­ter. Für die Zukunft hal­te er die Ein­rich­tung eines bun­des­wei­ten Kri­sen­stabs für sinn­voll, der­zeit habe nicht nur jedes Bun­des­land, son­dern jeder Kreis sei­nen eige­nen Krisenstab.

Jür­gen Gold, Vor­stands­vor­sit­zen­der der Her­stel­ler­ver­ei­ni­gung für Kom­pres­si­ons­the­ra­pie und ortho­pä­di­sche Hilfs­mit­tel – Euro­com, unter­strich die­se Posi­ti­on Reu­ters. Sei­ne Mit­glieds­be­trie­be kämpf­ten zusätz­lich noch mit der euro­päi­schen Ebe­ne. Mit dem Blick auf Deutsch­land for­der­te der Wirt­schafts­in­for­ma­ti­ker: „Der Bund muss ler­nen, uns stär­ker wahrzunehmen.“

Ruth Jus­ten

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