Stark durch Viel­falt – Reha­ca­re 2025

Die Rehacare 2025 machte erlebbar, wie Hilfsmittel Teilhabe fördern und Inklusion im Alltag Wirklichkeit wird.

Bas­ket­bäl­le flie­gen von links nach rechts, schräg über mir zieht sich eine jun­ge Frau an einer Klet­ter­wand hoch und im Augen­win­kel sehe ich, wie jemand auf Ski­ern die Pis­te run­ter­fährt: Wäh­rend ich bei mei­nem ers­ten Besuch der Reha­ca­re nicht genau wuss­te, was auf mich zukommt, bin ich die­ses Mal dar­auf vor­be­rei­tet, dass es beim Ein­tre­ten in Hal­le 7 sport­lich hoch her gehen wird. Für mich bie­tet das „Sports­cen­ter“ den idea­len Ein­stieg in das Mes­se­ge­sche­hen, denn hier wird sicht­bar, wie die aus­ge­stell­ten Hilfs­mit­tel tat­säch­lich Teil­ha­be ermög­li­chen und Men­schen mit Behin­de­run­gen dadurch ihr Poten­zi­al voll ent­fal­ten können.

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Außer mir zieht es Mit­te Sep­tem­ber mehr als 34.000 Fach­be­su­cher sowie Betrof­fe­ne und deren Ange­hö­ri­ge in die Düs­sel­dor­fer Mes­se­hal­len, um sich inspi­rie­ren zu las­sen, Neu­es aus­zu­pro­bie­ren und Kon­tak­te zu knüp­fen. Vier Tage lang dreht sich alles rund um Reha­bi­li­ta­ti­on, Prä­ven­ti­on, Inklu­si­on und Pfle­ge. Mehr als 800 Aus­stel­ler prä­sen­tie­ren ihre bewähr­ten Pro­duk­te, Inno­va­tio­nen und Dienst­lei­tun­gen – und das auch durch Unter­stüt­zung von Anwen­dern. So zeigt Lea Habe­kost zum Bei­spiel, wie sie sich mit der sieb­ten Gene­ra­ti­on des Exo­ske­letts Rewalk trotz ihrer Parapa­re­se hin­set­zen, auf­ste­hen und lau­fen kann. Für sie bie­tet das Hilfs­mit­tel eine enor­me Erleich­te­rung im All­tag, sei es beim Spa­zie­ren­ge­hen, beim Griff zum obers­ten Küchen­schrank oder bei der „Kom­mu­ni­ka­ti­on auf Augen­hö­he“ mit ihren Freun­den. „Ich kann wie­der über einen Jahr­markt gehen. Das hät­te ich im Roll­stuhl nie gemacht“, berich­tet sie. „Das sind Erleb­nis­se, die ver­gisst man nicht.“

Bei HKK Bio­nics tref­fe ich auf Anwen­de­rin und Werk­stu­den­tin Clai­re Hors­brugh. Sie trägt seit 2023 die moto­ri­sier­te Orthe­se „Exo­mo­ti­on hand one“ und möch­te die­se seit­dem nicht mehr mis­sen. „Sie erleich­tert mir vie­le Klei­nig­kei­ten im All­tag wie Brot schnei­den oder die Tür auf­ma­chen, die für gesun­de Men­schen selbst­ver­ständ­lich sind.“

In Hal­le 6 fal­len mir gleich meh­re­re Hin­gu­cker auf. Auto­mo­bi­le Soder­manns hat neben aktu­el­len Model­len auch eini­ge Klas­si­ker mit­ge­bracht, alle­samt behin­der­ten­ge­recht umge­baut. Die neue Old­ti­mer-Flä­che macht deut­lich: Nost­al­gie und moder­ne Tech­nik müs­sen sich nicht aus­schlie­ßen. „Vie­le Kun­den bedau­ern es, dass meist nur neue Fahr­zeu­ge umge­baut wer­den und freu­en sich, dass sie ihre Schätz­chen wie­der aus der Gara­ge holen kön­nen“, berich­tet Nan­cy Grü­ter von der stei­gen­den Nachfrage.

Einen der bun­tes­ten Stän­de hat wohl „Que­er­han­di­cap“ – und das nicht nur nach außen. Der Ver­ein „zeigt Regen­bo­gen­flag­ge“, setzt sich für die Rech­te und Sicht­bar­keit von Les­ben, Schwu­len, bise­xu­el­len, trans- und inter­ge­schlecht­li­chen sowie quee­ren Men­schen mit Behin­de­run­gen und chro­ni­schen Erkran­kun­gen ein – ein The­ma, das laut des Ver­eins aktu­ell viel zu kurz kommt.

Fokus­the­ma „Künst­li­che Intelligenz“

Am „Treff­punkt Reha­ca­re“ fin­den täg­lich Vor­trä­ge und Podi­ums­dis­kus­sio­nen in Koope­ra­ti­on mit Ver­bän­den, Gesund­heits­ver­sor­gern, Ver­la­gen, Land­schafts­ver­bän­den und wei­te­ren Unter­stüt­zern statt. Eines der Fokus­the­men lau­tet: „Künst­li­che Intel­li­genz im Sani­täts­haus“. Wie und wo fan­gen Betrie­be am bes­ten an? „Man soll­te immer vom Pro­blem her den­ken und die eige­nen Pro­zes­se hin­ter­fra­gen“, betont Dr. Katha­ri­na Pohl, KI-Inge­nieu­rin bei Opta-Data, statt auf Bie­gen und Bre­chen KI imple­men­tie­ren zu wol­len. Ein gro­ßes Pro­blem vie­ler Betrie­be: Fach­kräf­te­man­gel. Und on top: immer mehr Anfor­de­run­gen und büro­kra­ti­sche Pro­zes­se. „Vie­le Fach­kräf­te müs­sen Din­ge machen, die sie eigent­lich gar nicht machen soll­ten“, berich­tet Shane Fül­ler, Grün­der von „Anni.Care“. Mit KI-Tele­fo­nie will das Unter­neh­men sei­ne Kun­den vom stän­di­gen Klin­geln ent­las­ten und ihnen mehr Zeit für die eigent­li­chen Auf­ga­ben, die Zeit am Pati­en­ten, ermög­li­chen. Die Reak­ti­on der Anru­fer? „Es gibt Kun­den, die las­sen sich dar­auf ein, und Kun­den, die sofort einen Bera­ter wün­schen. Jede Umstel­lung ist erst ein­mal unge­wohnt“, so Fül­ler. Auf die zen­tra­len Vor­be­hal­te vie­ler Betrie­be gegen die Ein­füh­rung von KI ging Güven Kara­ku­zu, IT-Labs, ein. Allen vor­an wer­de das The­ma Daten­schutz genannt. Zudem erle­be er immer wie­der fol­gen­de Ein­stel­lung: Wenn etwas am Anfang nicht zu hun­dert Pro­zent läuft, dann ist es auch nicht gut. „Dabei muss man beden­ken: Men­schen machen auch Feh­ler.“ Groß sei zudem die Angst vie­ler Mit­ar­bei­ter davor, ersetzt zu wer­den. „Ja, der Job wird sich ver­än­dern, aber man darf KI nur unter­stüt­zend sehen. Es braucht immer Men­schen, die die Pro­zes­se über­wa­chen“, so Karakuzu.

Pia Engel­brecht

 

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