Rück­blick, Ein­blick, Aus­blick: BIV-OT-Prä­si­di­um zieht Bilanz

Wenn man an den März 2020 zurückdenkt, dann werden sich viele daran erinnern, wie die Corona-Pandemie mit voller Wucht in das Leben der Menschen trat. Für Alf Reuter und Albin Mayer bedeutete die Pandemie vor allem eines: den Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik mit Amtsantritt durch eine weltweite ­Krise zu führen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Alf ­Reuter, BIV-OT-Präsident, im Rahmen eines verbands­internen Livetalks bekannte: „Die drei Jahre sind wie im Flug vergangen. Aber: Wir haben viel zu tun. Durch die Pan­demie mussten wir viel aufschieben – nun wollen wir gestalten.“

Dabei war die Pan­de­mie, wie in vie­len ande­ren Lebens­be­rei­chen, ein Fort­schritts­ka­ta­ly­sa­tor. Bei­spiels­wei­se im Bereich der Kom­mu­ni­ka­ti­on waren bereits Vor­keh­run­gen getrof­fen wor­den, zukünf­tig über digi­ta­le Kanä­le zu kom­mu­ni­zie­ren. Doch statt Mona­ten der Vor­be­rei­tung und Eta­blie­rung von Sys­te­men und Abläu­fen muss­te der Ver­band inner­halb von einer Woche von ana­lo­ger auf digi­ta­le Kom­mu­ni­ka­ti­on wech­seln. „Wir waren vor­be­rei­tet“, lau­tet daher Reu­ters Fazit, der durch vor­aus­schau­en­de Pla­nung den Ver­band manö­vrier­fä­hig vor­fand. Ledig­lich im Bereich der Ver­hand­lun­gen mit Kos­ten­trä­gern sorg­ten die neu­en Kom­mu­ni­ka­ti­ons­we­ge teil­wei­se für komi­sche Blü­ten, wie Vize­prä­si­dent Albin May­er zu berich­ten wuss­te. „Es ist ein ganz ande­res Gefühl, über einen Bild­schirm mit­ein­an­der zu spre­chen, als gemein­sam in einem Raum zu ver­han­deln. Wenn dann auch noch auf Kos­ten­trä­ger­sei­te kei­ne Kame­ra ein­ge­schal­tet wird, ver­han­delt man mit einem schwar­zen Moni­tor. Trotz aller Wid­rig­kei­ten haben wir unse­re Ver­hand­lun­gen erfolg­reich abge­schlos­sen“, so Mayer.

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Aus den Erfah­run­gen der Ver­gan­gen­heit haben sich auch die Auf­ga­ben für Gegen­wart und Zukunft abge­lei­tet. „Wir brau­chen mög­lichst wenig Ver­trä­ge und ver­ein­heit­lich­te For­mu­la­re“, for­dert Reu­ter einen deut­li­chen Büro­kra­tie­ab­bau auf­sei­ten der Leis­tungs­er­brin­ger. Nicht zuletzt die Kri­sen, die aus Coro­na und dem Ukra­inekrieg erwach­sen sind, mach­ten deut­lich, dass das aktu­el­le Sys­tem nicht manö­vrier­fä­hig ist, um fle­xi­bel auf äuße­re Ein­flüs­se zu reagie­ren. „Eigent­lich muss ich als Unter­neh­mer jeden Ver­sor­gungs­be­reich mit allen 97 Kran­ken­kas­sen ein­zeln ver­han­deln. Was für ein Wahn­sinn“, beschreibt Reu­ter den Ist-Zustand. Durch Leit­ver­trä­ge wür­de sich die Zahl der ver­han­deln­den Par­tei­en ver­klei­nern und dem­entspre­chend mehr Raum für zeit­na­he Anpas­sun­gen ergeben.

„Wir müs­sen die Betrie­be in die Lage ver­set­zen, betriebs­wirt­schaft­lich ver­nünf­tig arbei­ten und damit ihre Beschäf­tig­ten auch ordent­lich ver­gü­ten zu kön­nen“, fasst May­er zusam­men und spricht damit auch eine wei­te­re Auf­ga­be an, die das Fach bewegt, näm­lich den Fach­kräf­te­man­gel. Eine zeit­ge­mä­ße Ver­gü­tung, die die Ver­sor­gung an den Patient:innen in den Mit­tel­punkt stellt und nicht ein Pro­dukt, wür­de der Arbeit der Orthopädietechniker:innen ­gerecht wer­den und zeit­gleich dafür sor­gen, dass mehr Inter­es­sier­te auch wirk­lich den Weg in das Fach fin­den, statt von schlech­ten Ver­dienst­aus­sich­ten abge­schreckt zu wer­den. „Unse­re Mit­ar­bei­ter haben es ver­dient und sind es auch wert“, erklärt Mayer.

Alf Reu­ter fass­te zudem die poli­ti­sche Arbeit der vergan­genen drei Jah­re zusam­men. Durch die Grün­dung des Bünd­nis­ses „Wir ver­sor­gen Deutsch­land“ hat man nun eine gemein­sa­me Stim­me des Fachs in der Bun­des­po­li­tik in ­Ber­lin. Das Gewicht die­ser Stim­me kön­ne aber noch zu­nehmen, wenn die Betrie­be eben­falls den Dia­log mit der Poli­tik ­suchen. „Ich kann die Leu­te nur auf­ru­fen: Spre­chen Sie ihre Bun­des- und Lan­des­po­li­ti­ker an!“, for­dert Reu­ter auf und fügt an: „Wir brau­chen die Unter­stüt­zung der Häu­ser vor Ort“.

„Wir müs­sen unse­re Rech­te unter­mau­ern“, for­der­te auch May­er – vor allem im Ver­hält­nis zu den Kranken­kassen. Als Vor­sit­zen­der des Wirt­schafts­aus­schus­ses im BIV-OT hat er mit den Ver­hand­lun­gen mit Kran­ken­kas­sen täg­lich zu tun. Die Kos­ten­trä­ger wür­den immer mehr For­de­run­gen stel­len, gegen die sich die Leis­tungs­er­brin­ger auch weh­ren kön­nen. Man­che For­de­run­gen ver­sto­ßen sogar gegen gel­ten­des Recht, so May­er, wie zum Bei­spiel im Bereich der Kompressionsversorgung.

Bei den poli­ti­schen Auf­ga­ben der Gegen­wart spie­len die durch WvD kom­mu­ni­zier­ten Reform­plä­ne für die Bran­che eine gro­ße Rol­le. Sei­en es Leit­ver­trä­ge oder auch die Sou­ve­rä­ni­tät gegen­über Kos­ten­trä­gern. Eini­ge Kompetenzen­ – wie zum Bei­spiel die Gestal­tung des Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis­ses – lie­gen nur bedingt in der Hand der Fach­leu­te. Der Bun­des­in­nungs­ver­band ist bei­spiels­wei­se als einer der weni­gen Ver­bän­de stel­lung­nah­me­be­rech­tigt. Doch statt auf die Mei­nung der Expert:innen aus dem Spit­zen­ver­band zu hören, gab es häu­fig nur frus­trie­ren­de Erleb­nis­se für Alf Reu­ter. „Wir wol­len daher statt eines Anhö­rungs­rechts ein Mit­be­stim­mungs­recht“, erklärt der BIV-OT-Prä­si­dent, der die akti­ve Mit­ar­beit bevorzugt.

Ein ganz aktu­el­les The­ma, dass die Bran­che betrifft, ist, dass die Apo­the­ken künf­tig auf eine Prä­qua­li­fi­zie­rung ver­zich­ten wol­len. „Das ist eine abso­lu­te Ungleich­be­hand­lung“, beur­teilt Reu­ter die For­de­rung. Es gehe um ein Qua­li­täts­merk­mal in der Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung und das sei auf Bun­des­ebe­ne auch schon ent­spre­chend kom­mu­ni­ziert wor­den. Die Bun­des­re­gie­rung müs­se den Antrag prü­fen, die Bedeu­tung der PQ sei dem BMG aller­dings sehr genau bekannt. Durch den Umweg über die Lan­des­po­li­tik haben es die Apo­the­ken­ver­bän­de aller­dings geschafft, die Abschaf­fung der Prä­qua­li­fi­zie­rung für „apo­the­ken­üb­li­che Hilfs­mit­tel“ in ein Gesetz zu brin­gen. Der BIV-OT arbei­tet nun dar­an, dass die­se unver­hält­nis­mä­ßi­ge Vorzugs­behandlung zuguns­ten der Apo­the­ken nicht den Weg in die Geset­zes­um­set­zung findet.

Hei­ko Cordes

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