In Bezug auf die Digitalisierung administrativer Prozesse seien viele Projekte bereits umgesetzt worden, berichtete Bianca Haaser, Fachberaterin Grundsatzfragen Hilfsmittelversorgung der AOK Plus. So würden beispielsweise Gutachtenaufträge maschinell per Datenträgeraustausch (DTA) an den Medizinischen Dienst übertragen. Zudem stehe ein Tool zur Echtzeitabfrage der Zuzahlungsbefreiung für die Leistungserbringer zur Verfügung. „Ein Blick in die Zukunft verrät weitere spannende Themen, wie den möglichen Einsatz von künstlicher Intelligenz oder die Einführung der E‑Verordnung“, betonte Haaser.
Zum zunächst ausgesetzten Angebot der Barmer Ersatzkasse zur Online-Einlagenversorgung bezog Dr. Hartmut Stinus, ehemaliger Präsident der Gesellschaft für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie, Stellung: Individuelle Einlagenversorgung aus der Distanz sei weder machbar noch zulässig.
Dr. Walter Seliger, Teamleiter Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes Bund, stellte das neu entwickelte Webportal vor, das der Verband nutzt, um die fachlichen Herausforderungen bei den Antragsverfahren und der Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses (HMV) digital und für den Antragsteller transparent abbilden zu können.
„Technik ist kein Selbstzweck. Telemetrisch übertragene Gesundheitsdaten müssen sinnvoll in bestehende Versorgungskonzepte integriert und im klinischen Kontext interpretiert werden können“, stellte Prof. Dr. Christoph Schöbel, Leiter des Zentrums für Schlaf- und Telemedizin der Universitätsmedizin Essen, heraus. Nur dann könne Telemonitoring den behandelnden Ärzt:innen helfen und zum Therapieerfolg der Patient:innen beitragen.
André Dick, Leiter digitale Fertigung bei Rahm – Zentrum für Gesundheit, wies auf die Bedeutung des klassischen Handwerks hin. „Auch beim 3D-Drucken muss es immer um einen Mehrwert für den Patienten gehen – wir drucken nicht dem Drucken zuliebe. Vielmehr wählen wir die Herstellungsweise, die in dem konkreten Anwendungsfall einen Mehrwert für den Patienten liefert.“
Wie es um das Patientenwahlrecht bei der Anwendung digitaler Entlassmanagement-Plattformen bestellt ist, erläuterte Alexander Hesse, Justiziar des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik (BIV-OT): „Es greifen hier zahlreiche Gebote und Verbote, Rechte und Pflichten aus verschiedenen Versorgungsbereichen und Interessenlagen ineinander. Zunehmend ist zu beobachten, dass weitere Akteure die Schnittstellen zwischen Kliniken, Kostenträgern und den Leistungserbringern besetzen, in der Hoffnung, nach außen innovativ dazustehen, aber gleichzeitig auch eine lukrative Schnittstelle zu übernehmen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen bleiben dabei oftmals unberücksichtigt. Dies wiederum geht in der Regel zu Lasten der Versicherten, aber auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherungen.“
Laut Dr. Wigan Salazar, Geschäftsführer der Werbeagentur Mslgroup-Germany, hat die Pandemie ein neues Bewusstsein für Gesundheitspolitik geschaffen. Gleichzeitig zeige sie auf, dass bei der Digitalisierung noch Nachholbedarf bestehe. „In der jetzt gerade begonnenen Legislaturperiode muss die Digitalisierung im Gesundheitswesen weiter vorangetrieben werden. Dabei sollte vor allem das Einsparpotential berücksichtigt werden, nicht zuletzt wegen des hohen Kostendrucks im Gesundheitssystem“, betonte Salazar.
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