Wie das gelingen kann und welche Möglichkeiten heute und künftig zur Verfügung stehen, zeigen Dr. med. Jennifer Ernst, Oberärztin an der Medizinischen Hochschule Hannover, und Lars Jäger, Geschäftsführer der Orthovital GmbH sowie Mitglied des Vorstandes des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik (BIV-OT), im Weltkongress der OTWorld 2024 auf. Als Chairs haben sie das Symposium „Innovationen in der Amputationsmedizin – Chirurgie, Orthopädietechnik und Rehabilitation“ gestaltet.
„Bereits bei der Amputation sollte bedacht werden, welche Ziele der Patient im Anschluss erreichen will“, erklärt Orthopädietechnik-Meister Lars Jäger. Entscheidend für eine erfolgreiche Prothesenversorgung sei das vertrauensvolle Verhältnis von Orthopädietechniker:in und Anwender:in. Das zeigt das Beispiel von Sebastian Fenske, der bei Orthovital von Bernhard Oelßner betreut wird. „Je klarer ein Patient seine Erwartungen an eine Prothese äußert, desto besser können wir diese erfüllen“, so der Orthopädietechniker. „Sebastian hat von Anfang an signalisiert, dass er technikaffin ist. Er zeigte den Willen, mit der Prothesenversorgung alles, was ihm wichtig war, wieder umsetzen zu können. Das sind zwei wesentliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche, moderne Prothesenversorgung.“
Sebastian Fenske, ehemaliger Stock-Car-Rennfahrer, überschlug sich 2016 mit seinem Fahrzeug mitten im Rennen. Dabei wurde seine linke Hand zwischen Überrollbügel und Betonplatte eingequetscht. Er hatte die Wahl: Entweder bleibt die Hand in Teilen, aber ohne Funktionen erhalten – oder sie wird amputiert. Vor diese Wahl gestellt, entschied sich der heute 40-Jährige für die Amputation. „Ich wollte mein Leben zurück“, erklärt Fenske. „Um für meine Söhne da zu sein, mit ihnen zu spielen, meinem Sport nachzugehen oder meinen Beruf als Mitarbeiter im technischen Vertrieb auszuüben. Für all das brauche ich zwei funktionierende Hände. Deshalb habe ich mich schnell entschlossen, auf eine gute Prothesenversorgung zu setzen.“
„Die richtige Entscheidung“, wie Fenske heute betont. Inzwischen trägt er eine myoelektrische, wasserdichte Prothese, hat einen zusätzlichen Adapter mit Greifer für grobe Arbeiten sowie zwei Adapter für seine Hobbys Fahrrad- und Quadfahren. Damit verfüge er gefühlt über 90 bis 95 Prozent der Funktionen seiner natürlichen Hand, sagt Fenske. „Ich bin zufrieden und dankbar, dass ich heute alles ausleben kann, was mir wichtig ist. Bei den wenigen Einschränkungen, die übrig bleiben, bitte ich entweder um Hilfe oder verzichte, weil es mir nicht wirklich wichtig ist.“
Für Fenske war wichtig, dass seine Prothese inklusive Akku robust und pflegeleicht ist und verlässlich von morgens 6 Uhr bis abends 21 Uhr funktioniert. „Mit meinem Orthopädietechniker verstehe ich mich blind. Er geht auf meine Wünsche ein und weiß genau, was ich will. Entsprechend passgenau sind seine Vorschläge für die Prothesenversorgung“, berichtet der Familienvater. „Er zeigt mir jeweils, was in meinem individuellen Fall möglich wäre. Ich wähle aus, und gemeinsam erarbeiten wir uns eine passgenaue Versorgung, die mir möglichst viel Handlungsspielraum ermöglicht. Denn der Umgang mit jeder Prothese will gelernt sein.“ Bereits in der Rehabilitation direkt nach der Amputation, im Rehaklinikum Moritz Klinik in Bad Klosterlausnitz, habe er erlebt, wie vielfältig Prothesen sein können und wie unterschiedlich Menschen damit umgehen. „Einer meiner Mitpatienten konnte schon nach drei Wochen mit der Prothese gehen, andere konnten bis zum Schluss nicht mit der Prothese umgehen. Ich habe für mich festgestellt, dass der erfolgreiche Umgang mit einer Prothese oft Kopfsache ist. Wer die Prothese für sich nicht annimmt, kann auch mit der besten und teuersten Versorgung nichts anfangen“, so Fenskes Einschätzung.
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