Zuvor war sie im Kindes- und Jugendalter eine leistungsorientierte Schwimmerin. „Erstmal hatte ich gar keine Lust auf Sport, ich musste mich und meinen Alltag ja ganz neu organisieren. Irgendwann fing es dann an, wieder in den Fingern zu kribbeln. Allerdings hat mein Schwimmer-Herz geblutet, als mir klar wurde, dass ich nicht wieder an meine alten Zeiten herankommen werde. Deshalb musste eine neue Sportart her“, sagt die Duisburgerin. Auf der Suche nach einem neuen Sport wurde sie vom Deutschen Rollstuhlsportverband an den nahe ihrer Heimatstadt beheimateten Kanuverein für ein Probetraining vermittelt. So nahm sie im Herbst 2017 mit ihrer heutigen Heimtrainerin Kontakt auf und setzte sich erstmals in das Auslegerboot, den sogenannten Va’a.
Schnell fand Bauernschmidt Gefallen an der Sportart, die bei den Spielen 2016 in Brasilien ihre paralympische Premiere feierte. Schon nach drei Wochen stellte die Trainerin ihrem neuen Schützling die Frage, in welche Richtung die Reise gehen soll. „Leistungssport oder zum Spaß ein bisschen Paddeln – diese beiden Optionen hatte ich damals“, erinnert sich die Athletin des WSV Niederrhein Duisburg. Nach kurzer Bedenkzeit entschied sie sich für den Weg in den Leistungssport – und von da an ging es auf der Erfolgsleiter zügig nach oben. Bereits bei einer Sichtung im Frühjahr 2018 überzeugte sie den damaligen Cheftrainer der Para-Kanu-Nationalmannschaft und feierte noch im gleichen Jahr ihr Debüt auf internationaler Wettkampf-Bühne. Mit Platz vier bei der EM und Rang fünf bei der WM schloss sie ihre erste Leistungssport-Saison gleich mit zwei Ausrufezeichen ab.
Bei der WM 2019 ein Ticket für Tokio gelöst
Der bisherige Höhepunkt ihrer jungen Karriere folgte bereits ein Jahr später bei den interkontinentalen Titelkämpfen im ungarischen Szeged. Über einen guten Vorlauf in der Klasse VL2 sicherte sie sich einen Startplatz im Finale, in dem die ersten Quotenplätze für die Paralympics vergeben wurden. „Die WM war natürlich ein wichtiger Meilenstein für mich, aber an eine mögliche Qualifikation für die Paralympics hatte ich im Vorfeld überhaupt nicht gedacht. Die internationale Konkurrenz ist stark und hat vor allem viel mehr Wettkampferfahrungen als ich“, sagt Bauernschmidt. Doch die Duisburgerin bewies erneut, dass sie international konkurrenzfähig ist und wurde Fünfte: Das Ticket für Tokio war damit gebucht. „Ich war total ausgepumpt nach dem Rennen und hab es zunächst gar nicht realisiert. Als ich dann an den Steg gefahren bin und mir die Leute vor lauter Jubel fast ins Boot gesprungen sind, habe ich verstanden, dass es gereicht hat“, erinnert sie sich. Entsprechend fieberte Katharina Bauernschmidt dem Jahr 2020 entgegen. Doch neben den Paralympics wurden auch die für Ende Mai geplanten Weltmeisterschaften auf der heimischen Regattabahn in Duisburg abgesagt. „Natürlich war ich im ersten Moment enttäuscht. Das ganze Jahr war auf die beiden Wettkämpfe ausgerichtet, das Privatleben und das ganze Umfeld passt sich an den Wettkampfkalender an und dann verändert sich alles“, berichtet Bauernschmidt über ihre Gefühlslage nach der Verschiebung, sagt jedoch: „Abgesehen davon spielt mir persönlich die Verlegung sogar in die Karten.“ Nur einige Wochen bevor die Corona-Beschränkungen auch den Trainingsalltag beeinflussten, musste sie sich einer Operation unterziehen. „Das hat mich ziemlich zurückgeworfen. Deshalb kommt das zusätzliche Jahr gelegen, um wieder mein vorheriges Niveau zu erreichen und dieses noch zu steigern. Ich werde 2021 stärker an den Start gehen, als es in diesem Jahr möglich gewesen wäre.“
Unabhängigkeit dank Exoskelett
Die Entwicklung und die Erfolge, die die junge Para-Kanutin in den vergangenen Jahren durchlebt und gefeiert hat, sind mit harter Arbeit verbunden. Ihr Alltag wird längst vom Leistungssport bestimmt. Neben zwei Einheiten pro Tag auf dem Wasser trainiert Bauernschmidt sechs Tage die Woche zusätzlich im Kraftraum. „Ich habe in Duisburg beste Trainingsbedingungen. Bei jeder Einheit ist einer meiner Heimtrainer vor Ort und auch beim Krafttraining kann ich mich auspowern. Seitdem ich mich 2017 für diesen Weg entschieden habe, hat sich viel verändert“, sagt die 30-Jährige. Außerdem sucht Katharina Bauernschmidt auch neben dem Leistungssport immer neue Herausforderungen. So probierte sie vor einigen Jahren ein Exoskelett aus. Dafür absolvierte sie ein zwölfwöchiges Training und hat es nun fest in ihren Alltag integriert. „Meine Wohnung liegt im dritten Stock in einem Haus ohne Aufzug. Da ist das Exoskelett aus meinem Alltag gar nicht mehr wegzudenken“, sagt Bauernschmidt.
Update: Katharina Bauernschmidt gehört zum deutschen Kader in der Disziplin Para Kanu bei den Paralympischen Spielen 2021 in Tokio.
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