Der Weg von Katha­ri­na Bau­ern­schmidt zu den Paralympics

Das Wasser war schon immer das Element von Katharina Bauernschmidt. Die 30-jährige Para-Kanutin ist seit einem vermeintlichen Routine-Eingriff an der Bandscheibe in ihrem 21. Lebensjahr querschnittgelähmt.

Zuvor war sie im Kin­des- und Jugend­al­ter eine leis­tungs­ori­en­tier­te Schwim­me­rin. „Erst­mal hat­te ich gar kei­ne Lust auf Sport, ich muss­te mich und mei­nen All­tag ja ganz neu orga­ni­sie­ren. Irgend­wann fing es dann an, wie­der in den Fin­gern zu krib­beln. Aller­dings hat mein Schwim­mer-Herz geblu­tet, als mir klar wur­de, dass ich nicht wie­der an mei­ne alten Zei­ten her­an­kom­men wer­de. Des­halb muss­te eine neue Sport­art her“, sagt die Duis­bur­ge­rin. Auf der Suche nach einem neu­en Sport wur­de sie vom Deut­schen Roll­stuhl­sport­ver­band an den nahe ihrer Hei­mat­stadt behei­ma­te­ten Kanu­ver­ein für ein Pro­be­trai­ning ver­mit­telt. So nahm sie im Herbst 2017 mit ihrer heu­ti­gen Heim­trai­ne­rin Kon­takt auf und setz­te sich erst­mals in das Aus­le­ger­boot, den soge­nann­ten Va’a.

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Schnell fand Bau­ern­schmidt Gefal­len an der Sport­art, die bei den Spie­len 2016 in Bra­si­li­en ihre para­lym­pi­sche Pre­mie­re fei­er­te. Schon nach drei Wochen stell­te die Trai­ne­rin ihrem neu­en Schütz­ling die Fra­ge, in wel­che Rich­tung die Rei­se gehen soll. „Leis­tungs­sport oder zum Spaß ein biss­chen Pad­deln – die­se bei­den Optio­nen hat­te ich damals“, erin­nert sich die Ath­le­tin des WSV Nie­der­rhein Duis­burg. Nach kur­zer Bedenk­zeit ent­schied sie sich für den Weg in den Leis­tungs­sport – und von da an ging es auf der Erfolgs­lei­ter zügig nach oben. Bereits bei einer Sich­tung im Früh­jahr 2018 über­zeug­te sie den dama­li­gen Chef­trai­ner der Para-Kanu-Natio­nal­mann­schaft und fei­er­te noch im glei­chen Jahr ihr Debüt auf inter­na­tio­na­ler Wett­kampf-Büh­ne. Mit Platz vier bei der EM und Rang fünf bei der WM schloss sie ihre ers­te Leis­tungs­sport-Sai­son gleich mit zwei Aus­ru­fe­zei­chen ab.

Bei der WM 2019 ein Ticket für Tokio gelöst

Der bis­he­ri­ge Höhe­punkt ihrer jun­gen Kar­rie­re folg­te bereits ein Jahr spä­ter bei den inter­kon­ti­nen­ta­len Titel­kämp­fen im unga­ri­schen Sze­ged. Über einen guten Vor­lauf in der Klas­se VL2 sicher­te sie sich einen Start­platz im Fina­le, in dem die ers­ten Quo­ten­plät­ze für die Para­lym­pics ver­ge­ben wur­den. „Die WM war natür­lich ein wich­ti­ger Mei­len­stein für mich, aber an eine mög­li­che Qua­li­fi­ka­ti­on für die Para­lym­pics hat­te ich im Vor­feld über­haupt nicht gedacht. Die inter­na­tio­na­le Kon­kur­renz ist stark und hat vor allem viel mehr Wett­kampf­erfah­run­gen als ich“, sagt Bau­ern­schmidt. Doch die Duis­bur­ge­rin bewies erneut, dass sie inter­na­tio­nal kon­kur­renz­fä­hig ist und wur­de Fünf­te: Das Ticket für Tokio war damit gebucht. „Ich war total aus­ge­pumpt nach dem Ren­nen und hab es zunächst gar nicht rea­li­siert. Als ich dann an den Steg gefah­ren bin und mir die Leu­te vor lau­ter Jubel fast ins Boot gesprun­gen sind, habe ich ver­stan­den, dass es gereicht hat“, erin­nert sie sich. Ent­spre­chend fie­ber­te Katha­ri­na Bau­ern­schmidt dem Jahr 2020 ent­ge­gen. Doch neben den Para­lym­pics wur­den auch die für Ende Mai geplan­ten Welt­meis­ter­schaf­ten auf der hei­mi­schen Regat­ta­bahn in Duis­burg abge­sagt. „Natür­lich war ich im ers­ten Moment ent­täuscht. Das gan­ze Jahr war auf die bei­den Wett­kämp­fe aus­ge­rich­tet, das Pri­vat­le­ben und das gan­ze Umfeld passt sich an den Wett­kampf­ka­len­der an und dann ver­än­dert sich alles“, berich­tet Bau­ern­schmidt über ihre Gefühls­la­ge nach der Ver­schie­bung, sagt jedoch: „Abge­se­hen davon spielt mir per­sön­lich die Ver­le­gung sogar in die Kar­ten.“ Nur eini­ge Wochen bevor die Coro­na-Beschrän­kun­gen auch den Trai­nings­all­tag beein­fluss­ten, muss­te sie sich einer Ope­ra­ti­on unter­zie­hen. „Das hat mich ziem­lich zurück­ge­wor­fen. Des­halb kommt das zusätz­li­che Jahr gele­gen, um wie­der mein vor­he­ri­ges Niveau zu errei­chen und die­ses noch zu stei­gern. Ich wer­de 2021 stär­ker an den Start gehen, als es in die­sem Jahr mög­lich gewe­sen wäre.“

Unab­hän­gig­keit dank Exoskelett

Die Ent­wick­lung und die Erfol­ge, die die jun­ge Para-Kanu­tin in den ver­gan­ge­nen Jah­ren durch­lebt und gefei­ert hat, sind mit har­ter Arbeit ver­bun­den. Ihr All­tag wird längst vom Leis­tungs­sport bestimmt. Neben zwei Ein­hei­ten pro Tag auf dem Was­ser trai­niert Bau­ern­schmidt sechs Tage die Woche zusätz­lich im Kraft­raum. „Ich habe in Duis­burg bes­te Trai­nings­be­din­gun­gen. Bei jeder Ein­heit ist einer mei­ner Heim­trai­ner vor Ort und auch beim Kraft­trai­ning kann ich mich aus­po­wern. Seit­dem ich mich 2017 für die­sen Weg ent­schie­den habe, hat sich viel ver­än­dert“, sagt die 30-Jäh­ri­ge. Außer­dem sucht Katha­ri­na Bau­ern­schmidt auch neben dem Leis­tungs­sport immer neue Her­aus­for­de­run­gen. So pro­bier­te sie vor eini­gen Jah­ren ein Exo­ske­lett aus. Dafür absol­vier­te sie ein zwölf­wö­chi­ges Trai­ning und hat es nun fest in ihren All­tag inte­griert. „Mei­ne Woh­nung liegt im drit­ten Stock in einem Haus ohne Auf­zug. Da ist das Exo­ske­lett aus mei­nem All­tag gar nicht mehr weg­zu­den­ken“, sagt Bauernschmidt.

Update: Katha­ri­na Bau­ern­schmidt gehört zum deut­schen Kader in der Dis­zi­plin Para Kanu bei den Para­lym­pi­schen Spie­len 2021 in Tokio.

TV-Zei­ten der Paralymics
• 24. August: 12.50 bis 17 Uhr (ARD): Eröffnungsfeier
• 25. August: 9.05 bis 12 Uhr und 14 bis 15 Uhr (ARD)
• 26. August: 9.05 bis 13 Uhr und 14.05 bis 15 Uhr (ZDF)
• 27. August: 9.05 bis 13 Uhr und 14 bis 15 Uhr (ARD)
• 28. August: 9 bis 15 Uhr (ZDF)
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• 31. August: 9.05 bis 13 Uhr und 14 bis 15 Uhr (ARD)
• 1. Sep­tem­ber: 9.05 bis 13 Uhr und 14.05 bis 15 Uhr (ZDF)
• 2. Sep­tem­ber: 9.05 bis 13 Uhr und 14 bis 15 Uhr (ARD)
• 3. Sep­tem­ber: 9.05 bis 13 Uhr und 14.05. bis 15 Uhr (ZDF)
• 4. Sep­tem­ber: 9.05 bis 15 Uhr (ARD)
• 5. Sep­tem­ber: 12.55 bis 15.30 Uhr (ZDF)
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