Mit Hilfe der Software können nach Firmenangaben Orthopädietechniker in wenigen Schritten eine individuelle Orthese erstellen: Im ersten Schritt erfolgt der Scan durch den Orthopädietechniker, im zweiten werden zusammen mit dem Träger die Farben, Designelemente und gegebenenfalls die Strukturen festgelegt. Nach der Datenübermittlung an den Industriepartner wird das Rohbauteil der Orthese per 3D-Drucker gedruckt und an die Werkstatt zum dritten Schritt, der finalen Bearbeitung, Fertigstellung und Anpassung, geschickt.
„Wir bieten eine Software an, die ein reduziertes, aber notwendiges Werkzeug darstellt, mit der der Orthopädietechniker seine Hilfsmittel bauen kann“, erklärt Peter Fröhlingsdorf, Geschäftsführer der Firma Mecuris, eines Anbieters digitaler Schnittstellen zwischen Handwerk und Industrie. Aus Sicht von Fröhlingsdorf besteht der Vorteil bei der Nutzung der Software für die Handwerker darin, dass sie sich nicht selbst durch die Vielzahl an digitalen Fertigungsverfahren und Werkstoffen für den 3D-Druck arbeiten müssten. Denn die digitale Orthesenwerkstatt sei Teil einer aufeinander abgestimmten digitalen Wertschöpfungskette, die der Orthopädietechniker automatisch mitnutzen könne.
An der Entwicklung der Software war auch der Orthopädietechniker-Meister Christian Schäfer vom Unternehmen Orthotechnik Rummelsberg beteiligt, der gleich drei Vorteile des Verfahrens aufzählt: „Für Patienten ist der berührungslose Abdruck per Scan ein Vorteil.“ Außerdem sei gerade bei Kindern die individuelle Gestaltung wichtig, um die Akzeptanz zu steigern. Zudem erlaube die digitale Werkstatt dem Techniker, mit den Daten zu „spielen“ – anders als bei einem Gipsabdruck könne man immer wieder zurück zum Originaldatensatz gelangen.
Akzeptanz ist auch für Anwenderin Denise Schindler das schlagende Argument: „Es ist wichtig zu verstehen, dass man als Mensch mit Amputation ein Trauma hinter sich hat“, erklärt die erfolgreiche Para-Radsportlerin. Scans schaffen Distanz – das Maßnehmen erfolgt berührungslos, was das Verfahren für die Patienten erleichtere und möglicherweise unerwünschte Körperkontakte überflüssig mache. Dass Anwender nun mehr Einfluss auf die Gestaltung ihrer Orthesen und Prothesen nehmen könnten, helfe ihnen zudem, die Hilfsmittel besser anzunehmen. Durch die digitale Fertigung mit ihren „Mitmachmöglichkeiten“ entstehe ganz viel Akzeptanz, wie die Sportlerin betonte.