Dr. med. Dirk Theodor Schraeder, Chefarzt der Abteilung für Technische Orthopädie am Hospital zum Hl. Geist Geseke, sowie Finn Buttgereit, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Angewandte Mechanik, Universität Paderborn, und Dr.-Ing. Tommy Schafran, Lehrbeauftragter für das Fach Biomechanik in der Technischen Orthopädie, Universität Paderborn, haben sich das Kompendium genau angeschaut und in der folgenden Rezension bewertet.
Das Kompendium „Qualitätsstandard im Bereich Fuß und Schuh“ ist als Zusammenstellung der üblichsten Fußdeformitäten und deren Behandlungsmöglichkeiten eine praktische Hilfestellung für die leidensgerechte Versorgung von Betroffenen.
Die Einführungen in die Untersuchungen des Fußes durch die Mediziner und in die Grundlagen der orthopädie(schuh)technischen Versorgung durch die Orthopädieschuhmacher können in ihrer Kürze für alle beteiligten Parteien einen guten Überblick erzeugen, der durch die gemeinsamen Checklisten sinnvoll ergänzt wird. Hervorzuheben sind auch die tabellarischen Zusammenstellungen der Verordnungstexte zu verschiedenen Indikationen sowie die Aufführung der Anpassungsmöglichkeiten der Hilfsmittel. Diese bieten für die Praxis besonderen Mehrwert und können insbesondere Mediziner dabei unterstützen, zielgerichteter zu verschreiben und somit bessere Kommunikation und Versorgung zu gewährleisten.
Mit der im Kompendium aufgezeigten Systematik, die sich an der klinischen Untersuchung orientiert, können Standardformulierungen in Rezepten wie beispielsweise „ein Paar Formeinlagen nach Abdruck“ im Alltag zukünftig vermieden werden.
Im Ergebnis kann eine leidensgerechte Versorgung umgesetzt werden, die sich am Wirtschaftlichkeitsprinzip orientiert, da die klinikbasierte Zuordnung der Hilfsmittelversorgung die notwendige Einordnung ermöglicht.
In dem zuvor genannten Zusammenhang kann auf die von Prof. Bernhard Greitemann propagierte „High-end-Versorgung“ verwiesen werden, die zweckmäßig sein muss sowie das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf und sich in der Realität an wissenschaftlichen Kriterien messen lassen muss. Zudem ist der individuelle Bedarf der Patienten zu berücksichtigen. Das „Wirtschaftlichkeitsprinzip“ ist kein „Prinzip der billigsten Lösung“ und in diesem Zusammenhang ist die individuelle Versorgung in den im Kompendium aufgeführten Kategorien zielführend. Der verordnende Arzt bekommt detaillierte Hinweise zur Verordnung und den klinischen Befunden, die in der Verschriftlichung des Rezeptes wichtig sind und mit denen auch klinische Nuancen bedacht werden können. Die Strukturierung anhand der klinischen Befunde und die Einteilung der Deformität vereinfacht das Vorgehen. Wünschenswert wäre hier eine genauere Einteilung in funktionelle und strukturelle Deformitäten sowie genaue Kriterien, die ansonsten subjektive Einordnungen relativieren. Was „schwer“ und was „leicht“ bedeutet, wird im Alltag subjektiv geklärt, hier bietet sich z. B. eine Ergänzung durch Kategorisierung der Deformitäten mithilfe von Winkeln im Röntgenbild an. Diese Objektivierung ist insbesondere für die Argumentationen mit den Hilfsmittelabteilungen der Krankenkassen und dem Medizinischen Dienst ein wichtiges Werkzeug.
Wünschenswert wäre für die Zukunft des Kompendiums eine Trennung von Deformitäten und Pathologien des Fußes. Denn schon vor den alltagsbedingten Erkrankungen haben Menschen meist eine Deformität im unteren Sprunggelenk („Pes cavus“ bis „Pes plano“) sowie im oberen Sprunggelenk („Pes equinus“ bis „Pes calcaneus“). Zur besseren Einordnung hilft es, wenn diese von klinischen pathologischen Zuständen wie Lähmungen und dem rheumatischen oder diabetischen Fußsyndrom getrennt werden. Derzeit werden diese jeweiligen Erkrankungen auf die Deformitäten aufgestülpt. Aus dem Wissen über die Kombination aus Erkrankung mit der jeweiligen Vordeformität vereinfacht sich das Verständnis für die sichtbaren Schädigungen. So ergibt sich erst aus der Kombination, warum beispielsweise bei der Neuropathie unter Verkürzung der Achillessehne das Malum perforans beim Pes plano unter MFK 1 (Mittelfußknochen, Anm. d. Red.) und beim schweren Cavus unter MFK 5 liegt.
Insgesamt ist die vorgelegte Systematik ein sehr gutes Hilfsmittel, um im Verordnungsalltag eine gemeinsame Systematik und Sprache zwischen orthopädischen Ärzten, Orthopädie(schuh)technikern/machern und Krankenkassen sowie dem Medizinischen Dienst herzustellen, was die Alltagsarbeit sowohl in der Versorgung der Patienten als auch in den Genehmigungsverfahren zu vereinfachen hilft. Wenn alles aufgeschrieben und mit allen Seiten gut geklärt ist, können der Schreibaufwand des Alltags reduziert und Stress minimiert werden.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Kompendium ein sehr guter Grundstein für die Versorgung ist. Wünschenswert wäre es, das Kompendium insbesondere unter biomechanischen Kriterien für die Zukunft weiterzudenken.
Dr. med. Dirk Theodor Schraeder,
Finn Buttgereit, Dr.-Ing. Tommy Schafran
Das Kompendium „Qualitätsstandard im Bereich Fuß und Schuh“ kann als Print- und E‑Book-Version bestellt werden.
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