PLW: Sti­pen­di­um als Ansporn

Trotz der Pandemie haben Deutschlands Nachwuchshandwerker auch 2020 ihr berufliches Know-how und ihre Leidenschaft für ihren Beruf unter Beweis gestellt. Für ihre Leistungen wurden besondere Talente beim 69. Leistungswettbewerb des Handwerks „PLW – Profis leisten was" ausgezeichnet. Unter ihnen die Bundessiegerin der Orthopädietechniker:innen. Die OT-Redaktion sprach mit Sina Marie Reimann über ihre Erfahrungen.

Die Ortho­pä­die­tech­nik-Mecha­ni­ke­rin, Lan­des­sie­ge­rin aus Schles­wig-Hol­stein, bekam von der Jury die höchs­te Punkt­zahl im Wett­kampf der elf Orthopädietechniker:innen. Die Orga­ni­sa­to­ren des tra­di­ti­ons­rei­chen Berufs­wett­kampfs hat­ten es dank digi­ta­ler Kom­mu­ni­ka­ti­ons­me­tho­den mög­lich gemacht, dass sich die Gesel­len auch in Pan­de­mie­zei­ten dem Urteil der Bewer­tungs­ju­ry stel­len konnten.

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OT: Wie haben Sie von dem Leis­tungs­wett­be­werb gehört und war­um haben Sie sich ent­schie­den dar­an teilzunehmen?

Sina Marie Rei­mann: Wir haben in der Berufs­schu­le erst­mals von dem Wett­be­werb erfah­ren. Ich habe mei­ne Aus­bil­dung im Janu­ar 2020 nach Ver­kür­zung abge­schlos­sen, bin mit mei­nem Gesel­len­stück Lan­des­sie­ge­rin gewor­den und konn­te somit am Bun­des­wett­be­werb teil­neh­men. Das dort aus­ge­lob­te Sti­pen­di­um für die Meis­ter­schu­le war natür­lich ein Ansporn. Außer­dem hat es mich moti­viert, mich mit ande­ren in mei­nem Berufs­feld mes­sen zu kön­nen und neue Kon­tak­te in der Bran­che zu knüpfen.

OT: Wel­chen betrieb­li­chen Auf­trag haben Sie gezeigt?

Rei­mann: Ich habe mein Gesel­len­stück ein­ge­reicht, das ich für einen Jun­gen mit vor­ge­burt­li­cher Ple­xus Bra­chia­lis Läsi­on erstellt habe: eine Ell­bo­gen-Orthe­se in Faser­ver­bund­werk­stoff-Tech­nik (FVW) mit einer Gas­druck­fe­der und sepa­ra­tem Sili­kon-Hand­seg­ment sowie einer ring­för­mi­gen Ober­arm­fas­sung. Mein Prü­fungs­stück unter­schei­det sich von sei­nen vor­he­ri­gen Orthe­sen durch eine Gas­druck­fe­der, wel­che die Bewe­gung geschmei­di­ger und leich­ter macht. Ich habe mich für die Gas­druck­fe­der ent­schie­den, weil der Kenn­li­ni­en­ver­lauf annä­hernd der eines linea­ren Druck­auf­baus gleich­kommt. Die bio­me­cha­ni­sche Berech­nung ist sehr dif­fe­ren­ziert.  In der Sili­kon­tech­nik, die ich für das Hand­seg­ment ein­ge­setzt habe, ist mein Aus­bil­dungs­be­trieb füh­rend – die­se erlernt man nor­ma­ler­wei­se nicht wäh­rend der Ausbildung.

OT: Wel­che Erfah­run­gen haben Sie beim Leis­tungs­wett­be­werb gesammelt? 

Rei­mann: Auf­grund der Pan­de­mie fand der Wett­be­werb als Online-Ver­an­stal­tung statt, in der die Teil­neh­mer ihr Werk­stück in einer 30-minü­ti­gen Prä­sen­ta­ti­on vor­ge­stellt haben. Der Aus­tausch mit ande­ren Teil­neh­mern fiel dadurch lei­der aus, aber wir erfuh­ren zumin­dest, wel­che Werk­stü­cke aus­ge­zeich­net wurden.

OT: Haben Sie durch die coro­nabe­ding­te digi­ta­le Vor­stel­lung etwas vermisst?

Rei­mann: Scha­de fand ich, dass man an den Vor­trä­gen der Mit­be­wer­ber nicht teil­neh­men konn­te. Ich hät­te gern erfah­ren, wel­che Her­aus­for­de­run­gen mit den jewei­li­gen Werk­stü­cken ver­bun­den waren. Und wenn man vom eige­nen Sieg allein vor dem Lap­top erfährt, ist das Glücks­ge­fühl ein biss­chen gedämpf­ter als bei einem Live-Event …

OT: Wie sind Sie zur Ortho­pä­die-Tech­nik gekommen?

Rei­mann: Ich woll­te nach dem Abitur statt eines Stu­di­ums gern etwas Prak­ti­sches machen. Medi­zin und Natur­wis­sen­schaf­ten zäh­len zu mei­nen Inter­es­sen. Außer­dem ist mir sozia­les Enga­ge­ment sehr wich­tig. Im Rah­men mei­ner Inter­net­re­cher­chen zur Berufs­ori­en­tie­rung wur­de mir dann die Ortho­pä­die-Tech­nik vor­ge­schla­gen. Die­ser Job ver­eint Tech­nik und Krea­ti­vi­tät, Medi­zin und Sozia­les – das pass­te. Ich habe in drei ver­schie­de­nen Unter­neh­men Prak­ti­ka gemacht. Bei der Tech­ni­schen Ortho­pä­die Lübeck gefiel mir beson­ders gut, dass hier zu 70 Pro­zent sehr jun­ge Pati­en­ten betreut wer­den. Die strah­len­den Augen der Kin­der, wenn ihnen mit den Pro­the­sen und Orthe­sen gehol­fen wird, sind schon etwas ganz Beson­de­res. Das Ange­bot für einen Aus­bil­dungs­platz habe ich gern angenommen.

OT: Wie sieht Ihre beruf­li­che Zukunft aus?

Rei­mann: Der Sieg im Bun­des­wett­be­werb ist mit einem Sti­pen­di­um der Hand­werks­kam­mer für den Meis­ter­lehr­gang ver­bun­den. Den möch­te ich wahr­neh­men, vor­her aber in der Tech­ni­schen Ortho­pä­die Lübeck, die mich über­nom­men hat, noch wei­te­re Berufs­er­fah­rung sam­meln. Nach Abschluss der Aus­bil­dung ist die Arbeit jetzt mit mehr Ver­ant­wor­tung und kom­ple­xe­ren Auf­ga­ben ver­bun­den. Mir gefällt, dass mein Arbeit­ge­ber mir viel zutraut und mich immer wie­der „ins kal­te Was­ser wirft“.

OT: Wel­che Wün­sche haben Sie für das Jahr 2021?

Rei­mann: Ich hof­fe auf ein Ende der Pan­de­mie und die Rück­kehr zur Nor­ma­li­tät, damit Zusam­men­tref­fen mit Freun­den und der Fami­lie end­lich wie­der mög­lich sind. Die Fami­lie und mein Arbeit­ge­ber haben mich in die­sen ganz beson­de­ren Zei­ten bei der Teil­nah­me an dem Wett­be­werb sehr unter­stützt – dafür möch­te ich mich an die­ser Stel­le ganz herz­lich bedanken.

 

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