Die Orthopädietechnik-Mechanikerin, Landessiegerin aus Schleswig-Holstein, bekam von der Jury die höchste Punktzahl im Wettkampf der elf Orthopädietechniker:innen. Die Organisatoren des traditionsreichen Berufswettkampfs hatten es dank digitaler Kommunikationsmethoden möglich gemacht, dass sich die Gesellen auch in Pandemiezeiten dem Urteil der Bewertungsjury stellen konnten.
OT: Wie haben Sie von dem Leistungswettbewerb gehört und warum haben Sie sich entschieden daran teilzunehmen?
Sina Marie Reimann: Wir haben in der Berufsschule erstmals von dem Wettbewerb erfahren. Ich habe meine Ausbildung im Januar 2020 nach Verkürzung abgeschlossen, bin mit meinem Gesellenstück Landessiegerin geworden und konnte somit am Bundeswettbewerb teilnehmen. Das dort ausgelobte Stipendium für die Meisterschule war natürlich ein Ansporn. Außerdem hat es mich motiviert, mich mit anderen in meinem Berufsfeld messen zu können und neue Kontakte in der Branche zu knüpfen.
OT: Welchen betrieblichen Auftrag haben Sie gezeigt?
Reimann: Ich habe mein Gesellenstück eingereicht, das ich für einen Jungen mit vorgeburtlicher Plexus Brachialis Läsion erstellt habe: eine Ellbogen-Orthese in Faserverbundwerkstoff-Technik (FVW) mit einer Gasdruckfeder und separatem Silikon-Handsegment sowie einer ringförmigen Oberarmfassung. Mein Prüfungsstück unterscheidet sich von seinen vorherigen Orthesen durch eine Gasdruckfeder, welche die Bewegung geschmeidiger und leichter macht. Ich habe mich für die Gasdruckfeder entschieden, weil der Kennlinienverlauf annähernd der eines linearen Druckaufbaus gleichkommt. Die biomechanische Berechnung ist sehr differenziert. In der Silikontechnik, die ich für das Handsegment eingesetzt habe, ist mein Ausbildungsbetrieb führend – diese erlernt man normalerweise nicht während der Ausbildung.
OT: Welche Erfahrungen haben Sie beim Leistungswettbewerb gesammelt?
Reimann: Aufgrund der Pandemie fand der Wettbewerb als Online-Veranstaltung statt, in der die Teilnehmer ihr Werkstück in einer 30-minütigen Präsentation vorgestellt haben. Der Austausch mit anderen Teilnehmern fiel dadurch leider aus, aber wir erfuhren zumindest, welche Werkstücke ausgezeichnet wurden.
OT: Haben Sie durch die coronabedingte digitale Vorstellung etwas vermisst?
Reimann: Schade fand ich, dass man an den Vorträgen der Mitbewerber nicht teilnehmen konnte. Ich hätte gern erfahren, welche Herausforderungen mit den jeweiligen Werkstücken verbunden waren. Und wenn man vom eigenen Sieg allein vor dem Laptop erfährt, ist das Glücksgefühl ein bisschen gedämpfter als bei einem Live-Event …
OT: Wie sind Sie zur Orthopädie-Technik gekommen?
Reimann: Ich wollte nach dem Abitur statt eines Studiums gern etwas Praktisches machen. Medizin und Naturwissenschaften zählen zu meinen Interessen. Außerdem ist mir soziales Engagement sehr wichtig. Im Rahmen meiner Internetrecherchen zur Berufsorientierung wurde mir dann die Orthopädie-Technik vorgeschlagen. Dieser Job vereint Technik und Kreativität, Medizin und Soziales – das passte. Ich habe in drei verschiedenen Unternehmen Praktika gemacht. Bei der Technischen Orthopädie Lübeck gefiel mir besonders gut, dass hier zu 70 Prozent sehr junge Patienten betreut werden. Die strahlenden Augen der Kinder, wenn ihnen mit den Prothesen und Orthesen geholfen wird, sind schon etwas ganz Besonderes. Das Angebot für einen Ausbildungsplatz habe ich gern angenommen.
OT: Wie sieht Ihre berufliche Zukunft aus?
Reimann: Der Sieg im Bundeswettbewerb ist mit einem Stipendium der Handwerkskammer für den Meisterlehrgang verbunden. Den möchte ich wahrnehmen, vorher aber in der Technischen Orthopädie Lübeck, die mich übernommen hat, noch weitere Berufserfahrung sammeln. Nach Abschluss der Ausbildung ist die Arbeit jetzt mit mehr Verantwortung und komplexeren Aufgaben verbunden. Mir gefällt, dass mein Arbeitgeber mir viel zutraut und mich immer wieder „ins kalte Wasser wirft“.
OT: Welche Wünsche haben Sie für das Jahr 2021?
Reimann: Ich hoffe auf ein Ende der Pandemie und die Rückkehr zur Normalität, damit Zusammentreffen mit Freunden und der Familie endlich wieder möglich sind. Die Familie und mein Arbeitgeber haben mich in diesen ganz besonderen Zeiten bei der Teilnahme an dem Wettbewerb sehr unterstützt – dafür möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken.
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