Ent­wick­lung der Medi­zin­tech­nik-Bran­che gehemmt

Kostensteigerungen, bürokratische Hemmnisse durch die MDR, Fachkräftemangel – der Druck auf die Medizintechnik-Branche wächst. Das zeigen die Ergebnisse der Herbstumfrage, die der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) im Rahmen seiner Jahrespressekonferenz vorstellte. Im hybriden Format ließen die Verantwortlichen die vergangenen Monate Revue passieren und machten deutlich, was es braucht, um den Herausforderungen der kommenden Monate erfolgreich zu begegnen.

„In den letz­ten bei­den Jah­ren haben wir gese­hen, dass sich die Medi­zin­tech­nik-Bran­che in einer welt­um­span­nen­den Coro­na-Kri­se als ver­läss­li­cher Part­ner für alle Akteu­re erwie­sen hat“, beton­te Dr. Mein­rad Lugan, Vor­stands­vor­sit­zen­der des BVMed. „Wir stel­len tag­täg­lich die Resi­li­enz des Gesund­heits­sys­tems unter schwie­rigs­ten Rah­men­be­din­gun­gen sicher. Ob die Logis­tik funk­tio­niert oder nicht, ob unse­re Mit­ar­bei­ter krank oder in Qua­ran­tä­ne sind oder nicht. Das Leben geht wei­ter. Und wir ver­sor­gen wei­ter.“ Laut Lugan stellt die Bran­che auch einen wich­ti­gen Wirt­schafts- und Arbeits­markt­fak­tor dar. Doch der Druck auf die Her­stel­ler wach­se: Stei­gen­de Ener­gie- und Roh­stoff­prei­se, Logis­tik- und Fracht­kos­ten, regu­la­to­ri­sche Kos­ten durch die MDR sowie Infla­ti­on und Arbeits­kos­ten wür­den die Ver­sor­gung mit medi­zin­tech­ni­schen Lösun­gen und Pro­duk­ten in Deutsch­land erschwe­ren. Bun­des­re­gie­rung und Wirt­schaft müss­ten gemein­sam Her­aus­for­de­run­gen ange­hen und Lösun­gen mit der Indus­trie ent­wi­ckeln, ist der BVMed überzeugt.

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Die Aus­wir­kun­gen der Kos­ten­stei­ge­run­gen spie­geln sich auch in den Ergeb­nis­sen der Herbst­um­fra­ge wider, die BVMed-Geschäfts­füh­rer und Vor­stands­mit­glied Dr. Marc-Pierre Möll bei der Pres­se­kon­fe­renz prä­sen­tier­te. 50 Pro­zent der Mit­glieds­un­ter­neh­men haben sich an der Online-Befra­gung im August/September betei­ligt. Die Umsatz­ent­wick­lung der Medi­zin­tech­nik-Bran­che hat sich mit einem pro­gnos­ti­zier­ten Plus von 3,3 Pro­zent gegen­über dem Vor­jahr leicht erholt. Ein Ergeb­nis, das aller­dings in Rela­ti­on zu den zwei schwie­ri­gen Coro­na-Jah­ren betrach­tet wer­den müs­se, so Möll. Die erwar­te­te welt­wei­te Umsatz­ent­wick­lung schnei­det mit einem Plus von 3,5 Pro­zent nur knapp bes­ser als die Inlands­ent­wick­lung ab. „Nor­ma­ler­wei­se ist die welt­wei­te Umsatz­ent­wick­lung deut­lich vor der natio­na­len. Das ist auch ein Indi­ka­tor für eine sehr lang­sa­me Erho­lung.“ Auf­grund der dra­ma­ti­schen Kos­ten­stei­ge­run­gen erwar­ten nur elf Pro­zent der Unter­neh­men in die­sem Jahr Gewinn­stei­ge­run­gen. „62 Pro­zent gehen von einer Ver­schlech­te­rung der Gewinn­si­tua­ti­on aus“, beton­te Möll ein­drück­lich. Allein die Kos­ten für die Imple­men­tie­rung der MDR, also für die Rezer­ti­fi­zie­rung von Bestands­pro­duk­ten, sei­en enorm. Ein Zer­ti­fi­kat – und davon wür­den etwa 25.000 benö­tigt – kos­tet ein Unter­neh­men im Schnitt 300.000 bis 500.000 Euro. „Heißt, wir spre­chen von Mil­li­ar­den, die die­se Imple­men­tie­rung kos­tet“, so Möll.

Die Kos­ten­stei­ge­run­gen und büro­kra­ti­schen Hemm­nis­se durch die MDR füh­ren zudem zu einem Rück­gang der Inno­va­ti­ons­dy­na­mik. Auf einer Ska­la von 0 bis 10 bewer­te­ten die Unter­neh­men das Inno­va­ti­ons­kli­ma für Medi­zin­tech­nik in Deutsch­land im Durch­schnitt nur noch mit 3,6. Für Möll ein erschre­cken­des Ergeb­nis: „Seit Erhe­bung des Inde­xes 2012 ist das der abso­lu­te Tiefstwert.“

Trotz des erheb­li­chen Drucks auf die Bran­che erhöht über ein Vier­tel der Unter­neh­men auch in die­sem Jahr die Inves­ti­tio­nen am Pro­duk­ti­ons­stand­ort Deutsch­land. Bei knapp der Hälf­te bleibt die Höhe der Inves­ti­tio­nen unver­än­dert. Nur noch 18 Pro­zent der befrag­ten Unter­neh­men geben an, die Inves­ti­tio­nen in For­schung erhö­hen zu können.

For­de­run­gen der Bran­che an die Poli­tik rich­ten sich vor allem auf MDR-bezo­ge­ne The­men. 80 Pro­zent wün­schen sich einen prag­ma­ti­schen Umgang mit dem MDR-Sys­tem hin­sicht­lich der Bestands­pro­duk­te – bei­spiels­wei­se durch Aner­ken­nung kli­ni­scher Pra­xis und Regis­ter­da­ten sowie Zer­ti­fi­ka­ten unter Auf­la­gen. Eben­so gefor­dert wer­den eine Ver­kür­zung der Dau­er der Bewer­tungs­ver­fah­ren und eine gene­rell ermä­ßig­te Mehr­wert­steu­er für Medizinprodukte.

Trotz der Krie­ge, Kri­sen und stei­gen­den Kos­ten schafft die Bran­che wei­te­re Arbeits­plät­ze. 40 Pro­zent der Unter­neh­men gaben an, die Zahl der Mitarbeiter:innen gegen­über dem Vor­jahr zu erhö­hen, 43 Pro­zent, dass die Zahl der Stel­len sta­bil bleibt. Auch wenn sie durch die Kri­sen der­zeit etwas stot­te­re: „Die Bran­che ist nach wie vor ein Job­mo­tor“, schluss­fol­gert Möll.

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