Heim­be­atmung: Indi­ka­tio­nen, Beatmungs­for­men und Hilfsmittel

L.-O. Harnisch, M. Roessler
Die maschinelle Heimbeatmung gewinnt zunehmend an Bedeutung für Patienten mit pulmonalen und neuromuskulären Erkrankungen. Spezielle Heimbeatmungsgeräte, die für den Einsatz außerhalb des Krankenhauses konzipiert sind, ermöglichen viele verschiedene Beatmungsformen. Mit diesen Geräten kann eine nichtinvasive Beatmung durchgeführt werden, wie sie hauptsächlich bei Patienten mit Lungenerkrankungen eingesetzt wird. Gleichwohl kann mit diesen Geräten auch eine invasive Beatmung über eine Trachealkanüle, die typischerweise bei Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen notwendig ist, in der häuslichen Umgebung der Patienten durchgeführt werden. Über den invasiven bzw. nichtinvasiven Modus hinaus bieten moderne Heimbeatmungsgeräte eine Vielzahl weiterer Beatmungsmodi, die im Grunde genommen auf zwei Basiseinstellungen mit Modifikationen zurückgeführt werden können: volumen- oder druckkontrollierte Beatmung. Wird ein Patient über eine Trachealkanüle beatmet, so muss die Pflege des Stomas und die Kontrolle der Trachealkanüle geübt und mehrfach täglich durchgeführt werden, um eine gefahrlose Heimbeatmung zu ermöglichen. Auch der Umgang mit Notfallsituationen des Tracheostomas muss allen Beteiligten bekannt und von diesen eingeübt sein.

Ein­lei­tung

Beschrei­bun­gen manu­el­ler Beatmung rei­chen zurück bis in die Zeit von Hip­po­kra­tes (460–370 v. Chr.). Der tech­ni­sche Fort­schritt des 19. Jahr­hun­derts ermög­lich­te schließ­lich den Bau von Gerä­ten, mit denen man Pati­en­ten mecha­nisch beatmen konn­te; das bekann­tes­te die­ser Gerä­te ist wohl die „Eiser­ne Lun­ge“ (seit 1876). Mecha­ni­sche Beatmun­gen fin­den in der Mehr­zahl der Fäl­le im Kran­ken­haus statt; vor allem im Ope­ra­ti­ons­saal wäh­rend einer Nar­ko­se, bei kri­tisch kran­ken Pati­en­ten auf der Inten­siv­sta­ti­on oder in spe­zia­li­sier­ten Fach­kli­ni­ken für Beatmungs­the­ra­pie. Galt die mecha­ni­sche Beatmung zunächst nur als tem­po­rä­re Maß­nah­me, so wird sie heu­te immer häu­fi­ger und für ver­schie­de­ne Krank­heits­bil­der als Dau­er­the­ra­pie ein­ge­setzt 12. Pati­en­ten, die dau­er­haft, kon­ti­nu­ier­lich oder inter­mit­tie­rend von der Beatmung abhän­gig sind, kann man daher auch immer häu­fi­ger außer­halb des Kran­ken­hau­ses in Beatmungs­hei­men oder Pri­vat­woh­nun­gen antref­fen. Daten aus einer euro­päi­schen Erhe­bung zei­gen eine Prä­va­lenz von 6,6 Heim­be­atmun­gen auf 100.000 Ein­woh­ner (BRD 6,5/100.000) 3. Neue­re Erhe­bun­gen aus Kana­da 4, Polen 5 sowie Aus­tra­li­en und Neu­see­land 6 erge­ben eine deut­lich höhe­re Prä­va­lenz. Ange­sichts die­ser Daten ist davon aus­zu­ge­hen, dass auch in Euro­pa die Anzahl der heim­be­atme­ten Pati­en­ten ins­ge­samt gestie­gen sein dürf­te 7. Dies liegt zum einen an der gestie­ge­nen Lebens­er­war­tung auch sehr schwer kran­ker Pati­en­ten, zu der auch die Heim­be­atmungs­the­ra­pie ihren Bei­trag leis­tet 89. Zum ande­ren liegt es sicher auch dar­an, dass Krank­heits­bil­der wie das obstruk­ti­ve Schlaf­apnoe­syn­drom oder die COPD („chro­nic obs­truc­ti­ve pul­mo­na­ry dise­a­se“) mit Hil­fe der Heim­be­atmung im häus­li­chen Umfeld behan­delt wer­den. Durch die Heim­be­atmungs­the­ra­pie lässt sich bei den betrof­fe­nen Pati­en­ten auf­grund der Impli­ka­tio­nen ihrer Erkran­kung zwar meist kei­ne Hei­lung errei­chen, jedoch lässt sich für eini­ge Erkran­kun­gen die Lebens­qua­li­tät der Pati­en­ten deut­lich stei­gern 101112131415, für ande­re wie­der­um konn­te die­ser Effekt nicht nach­ge­wie­sen wer­den 1617.

Anzei­ge

Die Beatmung von Pati­en­ten außer­halb des Kran­ken­hau­ses stellt sowohl hohe tech­ni­sche und orga­ni­sa­to­risch­lo­gis­ti­sche als auch fach­li­che Anfor­de­run­gen an Ange­hö­ri­ge, ange­lern­tes wie pro­fes­sio­nel­les Pfle­ge­per­so­nal und nicht zuletzt auch an die Pati­en­ten 18192021. Bei einer engen Anbin­dung an ein Beatmungs­zen­trum mit geschul­tem Per­so­nal und spe­zia­li­sier­ten Hilfs­an­ge­bo­ten konn­te eine Reduk­ti­on der Kom­pli­ka­ti­ons­ra­ten sowie der Kran­ken­haus­auf­nah­men nach­ge­wie­sen wer­den 2223. Die­se Maß­nah­men (regel­mä­ßi­ge Gerä­te­kon­trol­len, Unter­su­chun­gen des Pati­en­ten, Tele­fon­hot­line für Fra­gen) wer­den daher drin­gend emp­foh­len 2425.

Von allen wich­ti­gen Impli­ka­tio­nen der Heim­be­atmung sol­len hier fol­gen­de drei Aspek­te näher beleuch­tet wer­den: die ver­wen­de­ten Beatmungs­ge­rä­te, die ver­schie­de­nen zur Ver­fü­gung ste­hen­den Beatmungs­mo­di sowie der siche­re Umgang mit Trachealkanülen.

Heim­be­atmungs­ge­rä­te

Der Markt bie­tet eine schier end­lo­se Aus­wahl an Beatmungs­ge­rä­ten diver­ser Her­stel­ler. All die­se Beatmungs­ge­rä­te müs­sen, damit sie in Deutsch­land recht­mä­ßig ver­kehrs­fä­hig betrie­ben wer­den kön­nen, das CE-Kenn­zei­chen tra­gen. Dem Nut­zer bie­tet die­ses Zei­chen die Gewiss­heit, dass das Gerät in tech­ni­schen wie sicher­heits­re­le­van­ten Aspek­ten Min­dest­an­for­de­run­gen ent­spricht. Grund­sätz­lich las­sen sich Beatmungs­ge­rä­te nach der Art des Antrie­bes in tur­bi­nen­ge­trie­be­ne und druck­luft­ge­trie­be­ne Gerä­te unterteilen.

Da druck­luft­ge­trie­be­ne Beatmungs­ge­rä­te eine ent­spre­chen­de Ein­spei­sung benö­ti­gen, kom­men die­se Gerä­te bevor­zugt im Kran­ken­haus mit einer zen­tra­len Druck­luft­ver­sor­gung zum Ein­satz; Heim­be­atmungs­ge­rä­te dage­gen sind aus dem zuvor genann­ten Grund haupt­säch­lich als tur­bi­nen­ge­trie­be­ne Gerä­te im Ein­satz. Wird die Luft bei der Ein­at­mung im Beatmungs­sys­tem beschleu­nigt, so wird durch die Tur­bi­ne Luft mit einer hohen Fluss­ra­te in Rich­tung des Pati­en­ten geför­dert. Mit die­sem Prin­zip kann auch sehr effek­tiv die inspi­ra­to­ri­sche Sau­er­stoff­kon­zen­tra­ti­on gestei­gert wer­den. In die­sem Fall wird Sau­er­stoff wäh­rend der Ein­at­mung ein­ge­so­gen; wäh­rend der Aus­at­mung hin­ge­gen gibt es kei­nen Sau­er­stoff­fluss. Auch für die Pati­en­ten ist es ange­neh­mer, mit einem tur­bi­nen­ge­trie­be­nen Respi­ra­tor unter­stützt zu atmen, da die Ver­zö­ge­run­gen, bis das Gerät reagiert, deut­lich gerin­ger sind als bei den druck­luft­ge­trie­be­nen. Das liegt vor allem dar­an, dass druck­luft­ge­trie­be­ne Gerä­te Ven­ti­le besit­zen müs­sen, die den Gas­fluss regeln. Da es sich bei den Ven­ti­len um mecha­ni­sche Bau­tei­le han­delt, unter­lie­gen sie einer – wenn auch gerin­gen – Träg­heit. Die­se Träg­heit kann von Pati­en­ten durch­aus wahr­ge­nom­men wer­den. Da ein tur­bi­nen­ge­trie­be­nes Beatmungs­ge­rät kei­ne Ven­ti­le besitzt, son­dern den Druck­ab­fall bei der Atmung unmit­tel­bar als Fluss­än­de­rung wahr­nimmt und über oben beschrie­be­nen Mecha­nis­mus unmit­tel­bar Luft nach­ge­fah­ren wird, ist die Ver­zö­ge­rung hier gerin­ger. Dar­über hin­aus lie­gen die erzeug­ten Spit­zen­flüs­se bei tur­bi­nen­ge­trie­be­nen Gerä­ten in einem sehr hohen Bereich (Grö­ßen­ord­nung: mehr als 200 ‑l/min). Durch die­se Fak­to­ren erscheint vie­len Pati­en­ten die Atmung mit einem tur­bi­nen­ge­trie­be­nen Beatmungs­ge­rät als weni­ger anstren­gend und direk­ter. Außer­dem bie­ten die­se Gerä­te den Vor­teil der Mobi­li­tät, da sie auch mit der Umge­bungs­luft funk­ti­ons­fä­hig sind und nicht auf eine zen­tra­le Gas­ver­sor­gung ange­wie­sen sind.

Beatmungs­mo­di

Moder­ne Heim­be­atmungs­ge­rä­te besit­zen häu­fig meh­re­re ver­schie­de­ne Beatmungs­mo­di. Grund­sätz­lich wird der Beatmungs­mo­dus durch eine ärzt­li­che Ver­ord­nung fest­ge­legt und die ent­spre­chen­den Ein­stel­lun­gen im Gerät hin­ter­legt. Nach Abschluss der Anpas­sung des Gerä­tes wird es mit einer Zugangs­sper­re geschützt, und die Ein­stel­lun­gen sind nur durch auto­ri­sier­te Per­so­nen ver­än­der­bar. Soll­ten die gewähl­ten Ein­stel­lun­gen nicht mehr zum Pati­en­ten pas­sen, soll­te umge­hend eine Neu­an­pas­sung des Beatmungs­mo­dus mit­samt den Ein­stel­lun­gen initi­iert wer­den. Die Neu­an­pas­sung soll­te unbe­dingt in einem kon­trol­lier­ten Set­ting statt­fin­den, um in die­ser kri­ti­schen Pha­se für den nicht mehr opti­mal beatme­ten Pati­en­ten eine hohe Sicher­heit gewähr­leis­ten zu kön­nen. Häu­fig wird in die­sen Fäl­len die Auf­nah­me in die Kli­nik für den Zeit­raum der Anpas­sun­gen und häu­fi­gen Kon­trol­len gewählt. Die wich­tigs­ten Beatmungs­mo­di sowie deren Beson­der­hei­ten wer­den im Fol­gen­den kurz dargestellt.

Zunächst muss unter­schie­den wer­den, ob der Pati­ent nicht­in­va­siv (also über eine Nasen- oder Gesichts­mas­ke oder eine ande­re „Schnitt­stel­le“) oder inva­siv über eine Tra­che­al­ka­nü­le beatmet wird. Wird ein Beatmungs­ge­rät im nicht­in­va­si­ven Modus (NIV; „non­in­va­si­ve ven­ti­la­ti­on“) betrie­ben, so wird sei­tens des Gerä­tes ein höhe­rer, soge­nann­ter Bias-Fluss ange­legt. Der Bias-Fluss wird vom Gerät auto­ma­tisch ange­legt; es han­delt sich um einen gerin­gen Gas­fluss, der dazu dient, das Beatmungs­sys­tem immer in einem luft­ge­füll­ten Zustand zu hal­ten. Der erhöh­te Bias-Fluss bei der nicht­in­va­si­ven Beatmung dient der Lecka­ge­kom­pen­sa­ti­on. Lecka­gen tre­ten bei der nicht­in­va­si­ven Beatmung häu­fig auf, da die Mas­ke sel­ten zu ein­hun­dert Pro­zent dicht anmo­del­liert wer­den kann. Durch den erhöh­ten Bias-Fluss wer­den Volu­men­ver­lus­te sowie Druck­ab­fäl­le im Rah­men gewis­ser Gren­zen toleriert.

Die ein­fachs­te Form der nicht­in­va­si­ven Beatmung – die streng genom­men kei­ne Beatmung dar­stellt – ist die Appli­ka­ti­on eines kon­ti­nu­ier­li­chen posi­ti­ven Atem­wegs­dru­ckes (CPAP; „con­ti­nuous posi­ti­ve air­way pres­su­re“) bei Pati­en­ten mit leicht kol­la­bie­ren­den obe­ren Atem­we­gen (obstruk­ti­ves Schlaf­apnoe-Syn­drom; OSAS). Wäh­rend bei einem gesun­den Men­schen die obe­ren Atem­we­ge auch im Schlaf wäh­rend des gesam­ten Atem­zy­klus mit Luft gefüllt sind und damit geöff­net blei­ben, ist dies bei Pati­en­ten mit einem OSAS anders: In der akti­ven Ein­at­mungs­pha­se wer­den die Atem­we­ge bei die­sen Pati­en­ten, wie auch bei jedem Gesun­den, zwar durch Mus­kel­zug erwei­tert und geöff­net – in der pas­si­ven Aus­at­mung kol­la­bie­ren die obe­ren Atem­we­ge bei den Pati­en­ten jedoch, ent­we­der durch den erhöh­ten Gewe­be­druck wie im Fal­le einer Fett­lei­big­keit oder durch eine Schwä­che des Bin­de­ge­we­bes. Die Fol­ge ist ein Ver­schluss der obe­ren Atem­we­ge, der in der fol­gen­den Ein­at­mung mit einem erhöh­ten Kraft­auf­wand der Atem­mus­ku­la­tur zu öff­nen ver­sucht wird. Gelingt dies, so ent­steht dabei ein cha­rak­te­ris­ti­sches Geräusch: das Schnar­chen. Gelingt es jedoch nicht, die Atem­we­ge zu öff­nen, so wird die Lun­ge wäh­rend die­ses Atem­zu­ges nicht belüf­tet. Wie­der­holt sich die­ser Mecha­nis­mus wäh­rend des gesam­ten Schla­fes, so ent­steht das Krank­heits­bild des obstruk­ti­ven Schlaf­apnoe-Syn­droms, das an ande­rer Stel­le aus­führ­lich beschrie­ben wur­de 26. Erhal­ten die Pati­en­ten durch eine Gesichts­mas­ke einen kon­ti­nu­ier­li­chen exter­nen Gas­fluss, so wirkt die­ser wie eine pneu­ma­ti­sche Schie­nung der Atem­we­ge; ein Kol­laps wird damit weit­ge­hend ver­hin­dert. Bei einem gro­ßen Teil der nicht­in­va­siv beatme­ten Pati­en­ten wird hin­ge­gen mit einem assis­tier­ten Spon­tan­at­mungs­mo­dus beatmet 27282930. Das bedeu­tet, dass der Pati­ent spon­tan atmet und vom Beatmungs­ge­rät eine vor­ein­ge­stell­te Unter­stüt­zung („Druck­un­ter­stüt­zung“) erhält. Damit kann zum einen die Atem­mus­ku­la­tur ent­las­tet wer­den, zum ande­ren kön­nen fla­che Atem­zü­ge, die über die Zeit zu einer Anrei­che­rung von Koh­len­di­oxid im Blut füh­ren wür­den, unter­stüt­zend ver­tieft wer­den und damit die Hyper­kapnie (erhöh­ter Koh­len­di­oxid­par­ti­al­druck im Blut) mit all ihren nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen ver­hin­dert oder zumin­dest abge­schwächt wer­den. Mit Hil­fe des Gerä­tes wird ein CPAP aufrechterhalten.

Eine nicht­in­va­si­ve kon­trol­lier­te Beatmung ist zwar tech­nisch mög­lich, wird in der prak­ti­schen Anwen­dung jedoch eher die Aus­nah­me als die Regel sein. Soll­te es nötig sein, einen Pati­en­ten auf­grund einer neu­ro­lo­gi­schen Schä­di­gung des Atem­zen­trums oder der Atem­mus­ku­la­tur kon­trol­liert zu beatmen, z. B. bei der Amyo­tro­phen Late­ral­skle­ro­se (ALS, für Details sie­he 31) oder einer Mus­kel­dys­tro­phie, wird in der Regel eine inva­si­ve Beatmung über eine Tra­che­al­ka­nü­le not­wen­dig sein. Für die inva­si­ve Beatmung hal­ten die Her­stel­ler der Beatmungs­ge­rä­te ver­schie­dens­te Beatmungs­mo­di für den Anwen­der bereit. Der nicht­pro­fes­sio­nel­le Anwen­der wird mit dem reich­hal­ti­gen Ange­bot der Beatmungs­mo­di rasch über­for­dert sein. Daher sol­len hier nur die zwei Basis­mo­di – die volu­men- und die druck­kon­trol­lier­te Beatmung – dar­ge­stellt wer­den. Alle ande­ren Modi stel­len Modi­fi­ka­tio­nen und Anpas­sun­gen die­ser bei­den Grund­ein­stel­lun­gen dar.

Bei der volu­men­kon­trol­lier­ten Beatmung wird am Beatmungs­ge­rät ein zu appli­zie­ren­des Atem­zug­vo­lu­men und eine Atem­fre­quenz ein­ge­stellt. Der Vor­teil die­ses Beatmungs­mo­dus besteht dar­in, dass damit ein defi­nier­tes Atem­mi­nu­ten­vo­lu­men sicher­ge­stellt wird und sowohl eine Über- als auch eine Unter­be­atmung (Hypo- oder Hyper­ven­ti­la­ti­on) und damit Ent­glei­sun­gen des Blut-pH ver­hin­dert wer­den. Nach­tei­lig ist, dass bei einer Ver­schlech­te­rung der Dehn­bar­keit (Com­pli­ance) der Lun­ge zwar das glei­che Atem­zug­vo­lu­men, dafür aber ein höhe­rer Druck appli­ziert wird. Da hohe Beatmungs­drü­cke die Lun­ge aber schä­di­gen 3233, kann es über die Zeit (unbe­merkt) zu einer Schä­di­gung der Lun­ge kommen.

Die ande­re Form der Grund­ein­stel­lung ist die druck­kon­trol­lier­te Beatmung. Hier­bei wird ein­ge­stellt, mit wel­chem Druck das Beatmungs­ge­rät die Luft för­dert. Abhän­gig von der Com­pli­ance ergibt sich das Atem­zug­vo­lu­men zum jewei­li­gen Zeit­punkt. Mit die­sem Modus kön­nen hohe Beatmungs­drü­cke, die schä­di­gend auf die Lun­ge wir­ken, weit­ge­hend ver­hin­dert wer­den. Da das Atem­zug­vo­lu­men jedoch abhän­gig von der Com­pli­ance ist, kann es bei Ver­än­de­run­gen der Com­pli­ance zu einer Über- oder Unter­be­atmung – mit unge­woll­ten Ver­schie­bun­gen des Blut-pH – kom­men. Fol­ge einer Über­be­atmung könn­te zudem eine Lun­gen­schä­di­gung sein; eine Unter­be­atmung könn­te zu einem Abfall des Sau­er­stoffs im Blut mit einer mög­li­chen Sau­er­stoff­un­ter­ver­sor­gung des Kör­pers führen.

Die Gegen­über­stel­lung die­ser Grund­ein­stel­lun­gen zeigt, dass es nicht den einen, idea­len Beatmungs­mo­dus gibt. Die Wahl des Beatmungs­mo­dus ist von vie­len ver­schie­de­nen Fak­to­ren abhän­gig und immer ein Kom­pro­miss. Aus die­sem Grund soll­ten Erst­ein­stel­lun­gen sowie Umstel­lun­gen von Heim­be­atmungs­ge­rä­ten im sta­tio­nä­ren Set­ting und unter inten­si­ver Kon­trol­le durch spe­zia­li­sier­tes ärzt­li­ches und pfle­ge­ri­sches Per­so­nal erfolgen.

Vie­le Her­stel­ler bie­ten über die Grund­ein­stel­lun­gen hin­aus eine Viel­zahl wei­te­rer Beatmungs­mo­di an (z. B. druck­kon­trol­lier­te Beatmung mit Volu­men­ga­ran­tie, pro­por­tio­nal assis­tier­te Beatmung oder Clo­sed-Loop-Beatmungs­mo­di) 34. Vie­le die­ser Modi ver­spre­chen eine ver­bes­ser­te Qua­li­tät der Beatmung, höhe­re Pati­en­ten­zu­frie­den­heit, ver­bes­ser­te Kon­trol­le der Beatmung, scho­nen­de­re Beatmung, bes­se­re Adapt­a­ti­on des Beatmungs­ge­rä­tes an den Pati­en­ten und vie­les mehr. Jedoch konn­te nicht für all die­se Beatmungs­mo­di in wis­sen­schaft­li­chen Unter­su­chun­gen ein Vor­teil nach­ge­wie­sen wer­den 353637.

Aus den oben bereits erwähn­ten Prä­va­lenz­un­ter­su­chun­gen lässt sich ein­deu­tig ablei­ten, dass Pati­en­ten, die auf­grund einer neu­ro­lo­gi­schen Schä­di­gung (ALS, diver­se Mus­kel­schwä­chen) eine Heim­be­atmung benö­ti­gen, haupt­säch­lich über ein Tra­cheo-sto­ma beatmet wer­den 38394041 und in den bis­he­ri­gen Erhe­bun­gen nahe­zu aus­schließ­lich eine volu­men­kon­trol­lier­te Beatmung erhal­ten. In Deutsch­land wan­delt sich die The­ra­pie bei die­sen Pati­en­ten jedoch zuneh­mend zu einer druck­kon­trol­lier­ten Beatmung 42. Hin­ge­gen sind Pati­en­ten, die auf­grund einer Lun­gen­pro­ble­ma­tik eine Heim­be­atmung erhal­ten (chro­nisch ob-struk­ti­ve Lun­gen­er­kran­kung, Lun­gen­fi­bro­se), haupt­säch­lich nicht­in­va­siv mit einer druck­kon­trol­lier­ten Beatmung ver­sorgt 434445. Letzt­lich gilt, wie über­all in der Medi­zin: Rich­tig ist, was dem Pati­en­ten am bes­ten hilft.

Umgang mit Trachealkanülen

Luft­röh­ren­schnit­te (Tra­cheo­to­mien) sind schon seit Lan­gem bekannt und wer­den seit alters her durch­ge­führt 46. Neben der offen chir­ur­gi­schen Tech­nik wird seit der Erst­be­schrei­bung von Cia­glia et al. (1985) auch die per­ku­ta­ne Dila­ta­ti­ons­tra­cheo­to­mie regel­haft ein­ge­setzt 47. Bei die­ser Tech­nik wird unter fiber­op­ti­scher Kon­trol­le der Beatmungs­tu­bus in die Stimm­band­ebe­ne zurück­ge­zo­gen und die Luft­röh­re von außen mit einer Hohl-nadel punk­tiert. Über einen ein­ge­leg­ten Draht wird dann das Loch zuneh­mend auf­ge­dehnt und schließ­lich die Tra­che­al­ka­nü­le ein­ge­legt. Bei die­ser Art der Anla­ge muss das Sto­ma über min­des­tens zehn bis vier­zehn Tage „rei­fen“; in die­ser Zeit soll­te kein Wech­sel der Kanü­le statt­fin­den 48.

Bei der chir­ur­gi­schen Tech­nik wird im Ope­ra­ti­ons­saal eine Fens­te­rung der Vor­der­wand der Luft­röh­re durch­ge­führt und die Öff­nung mit der Haut ver­näht. Die­ses Sto­ma ist epi­the­lia­li­siert, und damit könn­te sofort ein Wech­sel der Kanü­le statt­fin­den. Das ist der wesent­li­che Unter­schied zwi­schen die­sen bei­den Tech­ni­ken. Bezüg­lich der Kom­pli­ka­ti­ons­ra­te sowie der Mor­ta­li­tät die­ser Tech­ni­ken konn­te in einer aktu­el­len sys­te­ma­ti­schen Über­sichts­ar­beit kein Unter­schied ermit­telt wer­den 49.

Wird ein Pati­ent in geplan­ter Wei­se mit einem Tra­cheo­sto­ma nach Hau­se ver­legt, so wird man sich dar­um bemü­hen, das Tra­cheo­sto­ma offen chir­ur­gisch anzu­le­gen, da auf­grund der Epi­the­lia­li­sie­rung die Wahr­schein­lich­keit, dass sich das Sto­ma ver­schließt, gerin­ger ist als bei einem dila­ta­tiv ange­leg­ten. Nach der Anla­ge eines Tra­cheo­sto­mas muss die­ses – wie auch die Tra­che­al­ka­nü­le auf­grund ihrer hohen Bedeut­sam­keit für den Pati­en­ten – peni­bel gepflegt werden.

Bei den Tra­che­al­ka­nü­len wer­den im Wesent­li­chen zwei Kanü­len­ar­ten unter­schie­den: Moder­ne Kanü­len sind aus sehr gut ver­träg­li­chem Kunst­stoff (haupt­säch­lich Poly­vi­nyl­chlo­rid) gefer­tigt. Die ein­fachs­te Vari­an­te ist eine Tra­che­al­ka­nü­le, die direkt in das Tra­cheo­sto­ma ein­ge­bracht wird; die­se Kanü­len sind für die Kurz­zeit­an­wen­dung gedacht. Dar­über hin­aus gibt es Kanü­len, die für eine län­ge­re Anwen­dungs­dau­er aus­ge­legt sind, die­se haben ein „Tube-in-Tube“-System. Dabei gibt es eine äuße­re Kanü­le, die in das Tra­cheo­sto­ma ein­ge­führt wird, und eine inne­re Kanü­le, die in die äuße­re Kanü­le plat­ziert wird. Dar­über hin­aus soll­ten nur noch in sel­te­nen Fäl­len Metall­ka­nü­len aus Sil­ber ein­ge­setzt wer­den. Sil­ber­ka­nü­len sind zwar gut ver­träg­lich und gut zu rei­ni­gen, haben jedoch kei­nen „Cuff“ (auf­blas­ba­rer Bal­lon, der das unte­re Ende der Kanü­le umman­telt und dadurch den Raum zwi­schen Tra­che­al­ka­nü­le und Luft­röh­re abdich­tet; die Beatmung wird dadurch effek­ti­ver, da es kei­ne „Neben­luft“ gibt); zudem sind sie häu­fig nicht mit einem 15-mm-Kon­nek­tor für Beatmungs­beu­tel ver­se­hen und nicht zuletzt deut­lich teu­rer als Plas­tik­ka­nü­len 50.

Die mini­ma­le täg­li­che Pfle­ge besteht bei jeder Kanü­le in deren Rei­ni­gung, der Pfle­ge der Sto­ma­haut sowie dem min­des­tens drei­mal täg­li­chen Absau­gen von Sekre­ten 515253. Die­se im Fol­gen­den näher beleuch­te­ten Tätig­kei­ten kön­nen, wenn sie gut geschult sind, von den Ange­hö­ri­gen der Pati­en­ten oder auch von den Pati­en­ten selbst durch­ge­führt wer­den. Obwohl es kei­ne ein­deu­ti­ge Evi­denz für einen regel­mä­ßi­gen Wech­sel der Tra­che­al­ka­nü­len gibt, konn­te in wis­sen­schaft­li­chen Unter­su­chun­gen nach­ge­wie­sen wer­den, dass sich nach 30 Tagen Lie­ge­dau­er rele­van­te Schä­den an den Kanü­len zei­gen 5455. Aus die­sem Grun­de wird emp­foh­len, die Kanü­le min­des­tens vor dem Ablauf von drei Mona­ten geplant zu wech­seln. Täg­li­che Rei­ni­gun­gen der inne­ren Kanü­le soll­ten mit kla­rem Was­ser und bei star­ken Ver­un­rei­ni­gun­gen mit Was­ser­stoff­per­oxid durch­ge­führt wer­den 5657. Mit die­ser simp­len Maß­nah­me kann ein Groß­teil der Ver­le­gun­gen ver­hin­dert wer­den 58.

Das Sto­ma selbst soll­te eben­falls regel­mä­ßig mehr­fach täg­lich gerei­nigt wer­den; es wird emp­foh­len, dies min­des­tens drei­mal pro Tag zu tun. Hier­bei soll­ten die Ver­bän­de gewech­selt und der Haut­zu­stand des Sto­mas ein­ge­schätzt wer­den. Bei Infek­tio­nen oder Schä­di­gun­gen der Haut muss unbe­dingt eine inten­si­ve­re Pfle­ge durch­ge­führt wer­den 59; getrock­ne­te Sekre­te soll­ten unter ste­ri­len Bedin­gun­gen vor­sich­tig ent­fernt wer­den. Zum Sekret­ma­nage­ment gehört neben einer aus­rei­chen­den Flüs­sig­keits­zu­fuhr auch das Absau­gen der Sekre­te sowie die Mobi­li­sa­ti­on des Pati­en­ten, um Sekre­te zu lösen. Da mit dem Zugang zur Luft­röh­re die obe­ren Atem­we­ge umgan­gen wer­den, wer­den eben­falls deren phy­sio­lo­gi­sche Auf­ga­ben der Atem­gas­kon­di­tio­nie­rung (Befeuch­tung, Erwär­mung, Rei­ni­gung) umgan­gen. Aus die­sem Grund wird bei den meis­ten Pati­en­ten mit einem Tra­cheo­sto­ma eine exter­ne Atem­gas­be­feuch­tung und ‑erwär­mung emp­foh­len 6061.

Tra­che­al­ka­nü­len­not­fäl­le

Es gibt drei Not­fall­si­tua­tio­nen, die allen mit Tra­che­al­ka­nü­len beschäf­tig­ten Per­so­nen bekannt sein soll­ten: Ver­le­gung der Tra­che­al­ka­nü­le, Fehl­la­ge der Tra­che­al­ka­nü­le sowie schwe­re Blu­tung. Das Not­fall­ma­nage­ment bei einer Tra­che­al­ka­nü­len­ver­le­gung umfasst zunächst den Wech­sel der inne­ren Kanü­le, womit ein Groß­teil der Not­fäl­le bereits beho­ben wer­den kann. Soll­te die­se Maß­nah­me nicht aus­rei­chen, so soll­te ein Absaug­ka­the­ter durch die Kanü­le ein­ge­führt und die Sekre­te abge­saugt wer­den. Lässt sich der Kathe­ter nicht durch die Kanü­le vor­schie­ben, soll­te unbe­dingt not­ärzt­li­che Hil­fe geru­fen wer­den, denn in die­sem Fall könn­te es sich auch um eine Kanü­len­fehl­la­ge han­deln. Die­se kann voll­stän­dig oder teil­wei­se sein. Eine voll­stän­di­ge Fehl­la­ge kann eine prä­t­ra­chea­le Lage der Kanü­le sein, wodurch bei der Über­druck­be­atmung Luft ins Unter­haut­fett­ge­we­be gedrückt wird. Dadurch wür­de ein sub­ku­ta­nes Haut­em­phy­sem ent­ste­hen. In die­sem Fall wird der Pati­ent nicht mehr suf­fi­zi­ent beatmet. Zu der teil­wei­sen Fehl­la­ge kommt es häu­fig durch Hebel­wir­kung der Beatmungs­schläu­che an der Tra­che­al­ka­nü­le; die Fehl­la­ge kann dann sehr ein­fach durch Ent­las­tung des Zuges beho­ben wer­den. Sowohl für die Ver­le­gung der Kanü­le als auch für deren Fehl­la­ge gilt: Im abso­lu­ten Not­fall soll­te die Tra­che­al­ka­nü­le ent­fernt und eine klas­si­sche oro­tra­chea­le Intu­ba­ti­on durch­ge­führt wer­den; dies gilt selbst­ver­ständ­lich nicht für den Fall einer statt­ge­fun­de­nen Kehl­kopf­ent­fer­nung. Die drit­te und womög­lich dra­ma­tischs­te Not­fall­si­tua­ti­on ist die Arro­si­on eines arte­ri­el­len Gefä­ßes durch die Kanü­le mit der Zeit. In die­sem Fall kommt es zu einer star­ken Blu­tung, die das Leben des Pati­en­ten bedroht. Hier muss schnell chir­ur­gi­sche Hil­fe gesucht wer­den. Bis zur defi­ni­ti­ven Ver­sor­gung soll­te der Cuff der Kanü­le zur Ver­hin­de­rung einer Blutaspi­ra­ti­on gut geblockt wer­den; das Blut soll­te so gut wie mög­lich abge­saugt wer­den. Nicht sel­ten jedoch kann eine Blu­tung – wenn die Quel­le ein ober­fläch­lich lie­gen­des Gefäß am Tra­cheo­sto­ma ist – durch eine Kom­pres­si­on des Gewe­bes um das Tra­cheo­sto­ma her­um kon­trol­liert werden.

Fazit

Die Prä­va­lenz der Heim­be­atmung steigt in den letz­ten Jah­ren deut­lich an, sodass die Wahr­schein­lich­keit steigt, damit kon­fron­tiert zu wer­den. Ein Grund­ver­ständ­nis der Funk­ti­ons­wei­se die­ser Beatmungs­ge­rä­te sowie deren Beatmungs­mo­di erscheint auch für das soge­nann­te para­me­di­zi­ni­sche Per­so­nal von gro­ßer Wich­tig­keit. Da die Heim­be­atmung nicht nur nicht­in­va­siv, son­dern auch inva­siv durch­ge­führt wird, soll­te auch der Umgang mit einer Tra­che­al­ka­nü­le und deren Pfle­ge sowie der Umgang mit den spe­zi­fi­schen Not­fall­si­tua­tio­nen grund­sätz­lich bekannt sein.

Ins­ge­samt lässt sich fest­stel­len, dass durch die Heim­be­atmung, sofern die Ein­stel­lung des Gerä­tes und die Com­pli­ance des Pati­en­ten gut sind, der Krank­heits­ver­lauf posi­tiv beein­flusst wer­den kann und die Pati­en­ten einen Gewinn an Lebens­qua­li­tät erzielen.

Für die Autoren:
Dr. med. Lars-Olav Harnisch
Kli­nik für Anästhesiologie
Georg-August-Uni­ver­si­tät Göttingen
Robert-Koch-Str. 40
37075 Göt­tin­gen
lars-olav.harnisch@med.uni-goettingen.de

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

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